Protokoll der Sitzung vom 22.06.2023

Im Übrigen: Grundlage für die Vereinbarung, die wir hier treffen bzw. die der Bund trifft, sind nicht Vermutungen, auch nicht Schätzungen, sondern im Regelfall sind es Fakten. Frau SpringRäumschüssel, mir wäre es lieb gewesen, Sie hätten in dem Antrag einmal Fakten benannt. Wir können uns ja nicht auf irgend-

welche Umfragen beziehen und unsere Entscheidungen auf der Grundlage von Umfragen treffen.

(Zuruf von der AfD)

Ich hoffe, dass uns der Innenminister nachher noch ein paar Fakten zur Kenntnis gibt, um dies zu unterlegen.

(Zuruf des Abgeordneten Hünich [AfD])

Es ist allerdings nicht von der Hand zu weisen, dass unsere Kommunen zunehmend auch durch die Verpflichtung, soziale Aufgaben zu erfüllen, finanziell belastet werden. Die Sozialausgaben steigen rasant. Dies geschieht völlig unabhängig von den Ausgaben für geflüchtete Menschen.

Ein Land wie Brandenburg, in welchem Wirtschaftswachstum und Bevölkerungswachstum zu verzeichnen sind, steht vor besonderen Aufgaben, insbesondere bei der Bereitstellung von sozialer Infrastruktur.

Und diese ist zuallererst von den Kommunen bereitzustellen: Kitas, Schulen, Verkehrsinfrastruktur, aber auch die Unterbringung von geflüchteten Menschen. Dabei die Finanzströme im Blick zu haben, ist natürlich gesellschaftliche Gesamtaufgabe

(Beifall SPD, CDU und B90/GRÜNE)

und damit von Bund, Land und Kommunen zu gewährleisten. Neben der strikten Konnexitätsanwendung und den Zuweisungen aus dem Finanzausgleichsgesetz - was in dem Antrag auch keine Rolle gespielt hat …

(Abgeordneter Bretz [CDU] zeigt auf seine Uhr.)

- Herr Bretz, ich weiß, ich werde die 20 Minuten nicht ganz auskosten.

(Heiterkeit)

Sie hätten sich das gerne gewünscht, ist mir klar.

(Stefke [BVB/FW]: Wir können gleich noch eine Kurzinter- vention machen!)

Herr Stefke, das steht Ihnen auch noch frei. Ich bin völlig entspannt. Wenn man hier Redezeit hat, ist das ein schönes Gefühl, und ich möchte das auch ein bisschen genießen.

(Heiterkeit - Keller [SPD]: Bei der Feuerwehr wird der Kaf- fee kalt! - Unruhe)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.

Neben der strikten Konnexitätsanwendung und den Zuweisungen aus dem Finanzausgleichsgesetz werden und wurden die

Kommunen in Krisenzeiten vielfältig unterstützt. Vom Zukunftsinvestitionsfonds bis zum Brandenburg-Paket werden den Kommunen zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung gestellt.

Werte Damen und Herren! Uns liegt ein Antrag vor, der wenig konkret ist und welcher nicht einmal ansatzweise grundlegende Finanzierungsbeziehungen erwähnt bzw. darauf verweist. Aus diesem Grund ist dieser Antrag verzichtbar und sollte hier auch keine Zustimmung finden.

(Beifall SPD, CDU, B90/GRÜNE und DIE LINKE)

Es wurde eine Kurzintervention von Frau Abgeordneter SpringRäumschüssel angezeigt.

(Beifall AfD)

Herr Noack, ich denke, Sie haben den Antrag nicht richtig gelesen.

(Beifall AfD)

Ich habe auf der zweiten Seite exakt die Zahlen wiedergegeben, die wir aus Havelland, aus Spree-Neiße und von Cottbus bekommen haben. Das waren Zahlen aus der Kämmerei. Die habe ich nicht gewürfelt, sondern das sind Zuarbeiten von den Kämmerern, denn wir haben angefragt. Wir hatten noch weitere Zahlen, aber die drei habe ich ausgewählt, weil sie relativ aussagefähig und prägnant waren. Das ist die erste Geschichte.

(Beifall AfD)

Die zweite Geschichte: Ich habe hier das Originaldokument aus meiner Kämmerei von unserem Dr. Niggemann. Hier sind die Zahlen für 2011 alle aufgelistet. Ich habe das Land genommen, Aufwand Bund, Land 2023 - ausgewählte Angaben. Und hier stehen die Summen, die nicht erstattet werden, alles wunderbar zusammengerechnet. Die pauschalen Zuweisungen über das FAG sind abgezogen, und zum Schluss kommt für Cottbus für dieses Jahr 54 596 000 Millionen Euro heraus. Ist das nicht konkret genug?

(Beifall AfD)

Ich weiß nicht, was ich hier noch bringen soll.

(Beifall AfD)

Wir haben die Zahlen genannt. Ich habe sie hier in meiner Rede noch mal dokumentiert, und hier kommt dann so eine …

(Keller [SPD]: Vorsicht!)

Ich möchte mich jetzt nicht in der Wortwahl vergreifen. Aber das ist nicht substanziell, was hier gekommen ist. Tut mir leid. Hier muss ich noch einmal um Nachbesserung bitten. - Danke.

(Beifall AfD)

Ich sehe, dass Herr Abgeordneter Noack erwidern möchte, bitte sehr.

Frau Präsidentin! Frau Spring-Räumschüssel, den Teufel werde ich tun, hier das Klima mit meiner Vorsitzenden im Finanzausschuss zu belasten - aber ich lese aus Ihrem Antrag vor:

„Eine aktuelle, nicht abschließende Umfrage unter den Landkreisen und kreisfreien Städten in Brandenburg belegt diese Situation.“

In meinem Leben habe ich schon viele Umfragen gelesen. Zum Schluss interessieren mich als Finanzpolitiker Fakten, Zahlen, und zwar tatsächliche. Ich habe Haushaltsansätze, Haushaltsplanungen gesehen; die Lebenswirklichkeit war dann immer im Jahresabschluss abgebildet. Von der Seite her denke ich, wir sind alle gut beraten, erstens die finanzielle Situation in unseren Kommunen ernst zu nehmen und, wenn die Notwendigkeit besteht, darauf zu reagieren.

Aber wenn ich jeder Umfrage, jeder Verlautbarung, insbesondere im Zusammenhang mit der Forderung nach zusätzlichen Finanzmitteln, Rechnung tragen würde, hätte das Land Brandenburg nach meiner Auffassung noch mehr Schulden als die, die schon da sind.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Das Wort geht an die Fraktion BVB / FREIE WÄHLER. Für sie spricht Frau Abgeordnete Wernicke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bei einer Hochzeit oder einer Vereinsfeier ist die Sache klar: Wer die Musik bestellt, muss sie bezahlen. - Dieses Bestellerprinzip ist ein unbestrittener Grundsatz für das Funktionieren unserer gesamten Wirtschaft. Ich möchte die rechtlichen Ausführungen nicht wiederholen, die haben meine Vorredner schon gebracht. Ich möchte stattdessen noch einmal auf die Kommunen eingehen.

In den vergangenen Jahren wurden den Kommunen immer weitere Aufgaben übertragen, oder die Aufgaben, die schon übertragen wurden, erhielten andere Standards, andere qualitative Anforderungen hinsichtlich der Erledigung. Diese Standards wurden dann meist nicht mit den nötigen finanziellen Mitteln unterlegt. Ich glaube, das ist das Problem.

Grundsätzlich beinhaltet das Konnexitätsprinzip, dass, wenn die Gemeinden aufgrund eines Gesetzes zur Erfüllung neuer öffentlicher Aufgaben verpflichtet werden, für eine Deckung der Kosten zu sorgen ist. Man kann aber im Vorfeld nicht genau sagen, wie hoch die Kosten werden und in welcher Art und Weise die Kommunen diese Aufgaben im Einzelnen erledigen. Genau das ist der Knackpunkt. Manche Kommunen erledigen Aufgaben etwas kostengünstiger oder haben bessere Bedingungen, um diese zu erledigen, und bei anderen Kommunen ist es eben etwas schwieriger.

Helfen würde aus unserer Sicht eine Änderung des Artikels 97 der Landesverfassung, damit eine verlässliche Regelung der Kostenübernahme geschaffen wird und evaluiert wird, wie sich die Kosten ändern. Wenn die Aufgaben schon einige Jahre erfüllt werden, sollte man noch einmal den Cut machen und gucken: Wie teuer wird das, und was wird da wirklich benötigt?

Die zweite Prämisse ist - ich will das jetzt in Anbetracht der Zeit abkürzen -, dass man sich überlegt, ob der Weg vor Gericht wirklich notwendig ist, wenn eine Kommune sagt, sie kommt mit den zur Verfügung gestellten Finanzmitteln nicht aus, oder ob man hier auch eine etwas andere Methode wählen könnte, um den Kostenaufwand der Kommune zu prüfen. Das ist aus unserer Sicht viel sinnvoller als das, was Sie in Ihrem Antrag vorgetragen haben. Deshalb lehnen wir ihn ab.

(Beifall BVB/FW und B90/GRÜNE - Kretschmer [DIE LINKE]: Kollege Noack, so macht man das!)

Vielen Dank. - Wir kommen zum Redebeitrag der Landesregierung. Für sie spricht Herr Minister Stübgen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das strikte Konnexitätsprinzip gemäß Artikel 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Landesverfassung sieht vor, dass das Land einen vollständigen und finanzkraftunabhängigen Mehrbelastungsausgleich für neue öffentliche Aufgaben schafft, zu denen es die Kommunen durch seine Gesetze oder Rechtsverordnungen verpflichtet. Das gilt seit 1999. Hierbei muss die neue Aufgabenverpflichtung dem Land als Verursacher aber unmittelbar zurechenbar sein.