Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das strikte Konnexitätsprinzip gemäß Artikel 97 Abs. 3 Satz 2 und 3 der Landesverfassung sieht vor, dass das Land einen vollständigen und finanzkraftunabhängigen Mehrbelastungsausgleich für neue öffentliche Aufgaben schafft, zu denen es die Kommunen durch seine Gesetze oder Rechtsverordnungen verpflichtet. Das gilt seit 1999. Hierbei muss die neue Aufgabenverpflichtung dem Land als Verursacher aber unmittelbar zurechenbar sein.
Weiterhin ist zu beachten, dass das Verfassungsgericht der Landes Brandenburg klargestellt hat, dass das strikte Konnexitätsprinzip nicht auf eine allgemeine Stärkung der kommunalen Finanzkraft abzielt, sondern vielmehr deren Schutz durch Sicherung des finanziellen Status quo bezweckt. Soweit - das sage ich klar für die Landesregierung - der Anwendungsbereich des strikten Konnexitätsprinzips eröffnet ist, beachtet die Landesregierung bei der Erarbeitung ihrer Gesetzentwürfe und Rechtsverordnungen die insoweit geltenden hohen Sorgfaltsanforderungen entsprechend den Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes und der Landesverfassung.
Insbesondere prüfen die Ministerien der Landesregierung bei konnexitätsrelevanten Regelungssachverhalten intensiv, welche Kostenfolgen mit den neuen Verpflichtungen verbunden sein könnten. Dabei geht es natürlich auch immer um eine Prognose. Auf der Grundlage dieser Prüfung entwickeln sie Kostendeckungsbestimmungen, die einen vollständigen Mehrbelastungsausgleich gewährleisten.
Hierbei beteiligt die Landesregierung auch die kommunalen Spitzenverbände - das sieht Artikel 97 Abs. 4 der Landesverfassung vor. Das hat auch den Vorteil, dass sich unsere Ministerien mit Blick auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Ort anschauen können, wie die Kommunen die Annahmen vortragen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Antrag der AfDFraktion ist sowohl im Hinblick auf seine Prämissen als auch hinsichtlich der darin geäußerten Unterstellungen zweifelhaft. Ich will das kurz belegen: Da die Landesregierung ihren verfassungsrechtlichen Verpflichtungen in Bezug auf die Kommunalverfassung und die Finanzen vollumfänglich nachkommt, besteht kein Anlass für diesen in der Sache irreführenden Antrag. Dieser stellt lediglich einen fachlich misslungenen Versuch dar, der Landesregierung eine unzureichende Finanzausstattung der Kommunen vorzuwerfen, ohne auf die Komplexität des Systems der Kommunalfinanzen einzugehen. Stattdessen werden Beispiele ohne hinreichend aussagekräftigen Kontext angeführt, welche die im Antrag vertretenen Thesen scheinbar belegen sollen. Diese Scheinbelege sind allerdings denkbar ungeeignet, insbesondere deshalb, da im Antrag wesentliche Informationen fehlen, die für eine fundierte fachliche Beurteilung zwingend erforderlich wären.
Frau Spring-Räumschüssel, ich habe jetzt Folgendes mitbekommen: Sie haben Kämmerer gefragt, die Ihnen gesagt haben: „Wir kriegen - gefühlt - soundso viel Prozent nicht ausgeglichen.“ - Ich weiß nicht, ob Sie nachgefragt haben. Worauf gründet sich das? Sind das Zahlen, die darauf basieren, dass Kämmerer sagen: „Wenn es seit 33 Jahren, also seit 1990, strikt so wäre, dann müsste ich soundso viel ausgeglichen bekommen“? - Ja, das ist eine fixe Zahl. Da kann man natürlich rechnen und sich ärgern, dass es das Konnexitätsprinzip nicht seit 1990 gibt. Das ist aber keine belastbare Zahl. Deshalb unterstelle ich Ihnen, dass diese Zahlen in keiner Weise belastbar sind und schon gar nicht darstellen, dass dieses Land - also unsere Ministerien - das strikte Konnexitätsprinzip angeblich nicht einhält. Wenn - ich weiß nicht, woher Sie die Zahl haben - der Stadt Cottbus nach striktem Konnexitätsprinzip im Jahr - ich weiß auch nicht mehr, welches Jahr Sie vorgelegt haben - angeblich 54 Millionen Euro - wenn ich mich recht erinnere - nicht ausgeglichen wurden - worauf sie verfassungsrechtlich Anspruch haben -, frage ich mich, warum die uns nicht längst verklagt haben und das Verfassungsgericht uns nicht längst dazu verknackt hätte, dieses Geld zu zahlen, denn es ist klar: Wenn wir gegen die Verfassung verstoßen, geht das vor Gericht und dann werden wir gezwungen, Recht und Gesetz, das wir bis dahin nicht eingehalten haben, umzusetzen.
Sie insinuieren mit Ihrem Antrag aber auch, dass die Kommunen ihr Recht nach striktem Konnexitätsprinzip regelmäßig einklagen, also erstreiten müssten. Auch das ist eine völlig falsche Unterstellung. Sie müssen wissen: Jahr für Jahr werden nach Anhörung der kommunalen Spitzenverbände zahlreiche Mehrbelastungsausgleichsregelungen geschaffen, welche in der Praxis nicht beanstandet werden. Manchmal gibt es vorher Streit, aber zum Schluss gibt es immer einen Ausgleich. Regelmäßig müssten die Kommunen das von uns erstreiten, heißt es. Ich habe nachgeschaut: Wir hatten in den letzten 13 Jahren in der Tat zwei Mal Landesverfassungsgerichtsurteile: einmal das schon erwähnte Kindertagesstättengesetz; dort wurden wir verurteilt, weil das Land nicht hinreichend gemäß Konnexitätsprinzip ausgeglichen hat - 2010 war das -, dann betraf es die LandeszuschussAnpassungsverordnung von 2011 - seitdem kein einziges Mal mehr! Wie kommen Sie also dazu, zu behaupten, wir würden das nicht tun? Wenn wir uns nicht an die Regeln hielten, unterlägen wir mehrmals jährlich vor Gericht.
Deshalb sage ich Ihnen: Gefühlt sagt jeder Bürgermeister: „Ich brauche mehr Geld.“ - Gefühlt sagt jeder Minister: „Ich auch, ich
brauche mehr Geld.“ - Selbstverständlich. Auch jeder Landrat sagt dasselbe, ja jeder von uns. Wir könnten das Geld auch sehr sinnvoll zum Wohle der Bürger einsetzen - das ist doch richtig. Tatsache ist aber, dass wir mit den vorhandenen Mitteln das machen, was notwendig ist.
Ich bin fertig, Frau Präsidentin. - Wir sollten uns also nicht gegenseitig die Schuld für Dinge, die nicht nur nicht begründbar, sondern auch noch völlig falsch sind, zuschieben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Frau Abgeordnete Spring-Räumschüssel, Sie hätten jetzt sowieso das Wort. Wollen Sie die Kurzintervention in einen Redebeitrag umwandeln?
(Frau Spring-Räumschüssel [AfD]: Ja, sehr gern. Ich muss aber noch etwas holen! - Stefke [BVB/FW]: Mit Kurzinter- ventionen sollte man sparsam umgehen!)
Frau Präsidentin! - So, ich fange einmal an: Herr Minister, erstens habe ich in meiner Rede gesagt: Zwei Mal hat Cottbus geklagt, und zwei Mal hat Cottbus gewonnen. - Wir haben nicht ständig geklagt - so ist es nicht. Hören Sie bitte hin, ich möchte hier nicht der Lüge überführt werden. Was ich nicht gesagt habe, ist nicht gesagt worden.
Die zweite Geschichte ist: Ich habe hier das Originaldokument, ich habe es extra mitgebracht. Daraus kann ich Ihnen vorlesen und zeigen, dass Cottbus die Mittel für die übertragenen Aufgaben immer nicht bekommen hat. Jetzt sage ich Ihnen das genau an: 2013 waren es 48 454 000 Euro, 2014 46 720 000 Euro, 2015 45 017 000 Euro, 2016 46 509 000 Euro.
- Ich höre zu, und ich lese jetzt die Zahlen, die ich möchte, vor, weil hier unterstellt wurde, wir hätten hier Zahlen genannt, die nicht stimmen.
Das sind nicht meine Zahlen, sondern es sind die Zahlen, die ich aus dem Originaldokument habe - so, Herr Bretz! - Ich fahre fort: 2017 waren es 48 257 000 Euro, 2018 51 216 000 Euro, 2019 44 255 000 Euro; vorläufige Rechnung für das Jahr 2020: 39 943 000 Euro; vorläufige Rechnung für das Jahr 2021: 38 245 000 Euro; Plan für das Jahr 2022: 43 007 004 Euro; Plan für das Jahr 2023: 54 596 000 Euro - das habe ich schon erwähnt. - Auch der Ausblick ist erschreckend. Plan für das Jahr 2024 nach heutiger Erkenntnis: 55 663 000 Euro, Plan für das Jahr 2025: 56 253 000 Euro und Plan für das Jahr 2026: 57 947 000 Euro. - Na, wenn das keine aussagekräftigen Zahlen sind, weiß ich nicht, was Sie hier noch hören wollen!
Frau Wernicke - sie ist leider nicht im Raum -, mit unserem Antrag haben wir nie gefordert, dass wir klagen - im Gegenteil: Ich habe aufgrund des Gesprächs mit Herrn Graf das noch einmal dargestellt, weil der Städte- und Gemeindebund genau dieses Klagen bemängelt; er sieht es ja genauso wie wir. Das ist doch der Grund. Schade, dass sie nicht hier ist. Vielleicht liest sie meine Aussage im Protokoll noch einmal.
Wie gesagt: Das ist überhaupt nicht der Ansatz. Wir wollen überhaupt nicht klagen. Ich werde aber meinen Kämmerer ermuntern, weitere Klagen einzureichen. Danke für den Hinweis! Wir werden in Cottbus leider wieder dieses scharfe Schwert ziehen müssen.
Ich möchte, dass die Kommunen endlich mit Geld ausgestattet werden, denn - ich habe es schon einmal gesagt -: Die Lebensqualität der Bürger wird nur in den Kommunen organisiert. - Ein Beispiel, von dem ich vor Kurzem stolz erzählt habe: Bei mir um die Ecke ist eine nicht einmal 250 m lange Straße. Nach 30 Jahren steht sie endlich im Plan. Jetzt gucke ich in den neuen Plan und sehe: Da ist sie schon wieder raus. - Wir kriegen also nicht einmal 250 m kriegen hin. Verdammt noch mal, was ist denn das für ein Land?!
Dann erzählen wir in jede Kamera: Deutschland ist ein reiches Land. - Ja, für wen denn? Nicht für die Steuerzahler und nicht für die Bürger! Das ist doch das Problem - Manometer!
Wir sind damit am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache und komme zur Abstimmung. Ich lasse über den Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Konnexität oder: ‚Wer bestellt, muss auch bezahlen‘“, Drucksache 7/7648 - Neudruck -, abstimmen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.
Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und erinnere an unsere Verabredung von heute Morgen, dass Tagesordnungspunkt 24 von Freitag auf jetzt vorgezogen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren und Gäste am Livestream! Jetzt werden einige sagen: „Jetzt kommt der schon wieder mit dem Thema Atomkraft oder Kernenergie um die Ecke.“ - Das mag so sein.
Wir wollten den Antrag jetzt noch einmal spielen, damit uns in der Sommerpause die CDU nicht mit dem Thema Kernenergie rechts überholt,