Dann zur Sache mit dem Missverständnis von Herrn Münschke: Ich habe versucht, dem im Antrag dezidiert entgegenzuwirken. Wenn man den Antrag liest, erkennt man, da steht genau drin: Wie differenzieren sich diese Angebote einerseits vom RE, der schon in die Tiefe des Raumes fährt, und andererseits von der S-Bahn? Ich habe versucht, das eins zu eins - ABC für Erstklässler - zu erklären. Ich bedauere, dass das dann trotzdem nicht verstanden worden ist.
Sie werfen uns vor, wir würden hier Vorschläge aus dem Elfenbeinturm bringen. Nein, wir bringen die Vorschläge, die jahrelang von Bahnexperten diskutiert und verifiziert worden sind - und
nicht wie bei der Reaktivierungsstudie Dinge, die sich Fachleute von irgendeinem einzelnen Büro am grünen Tisch ausgedacht haben, wo dann herauskommt: Da sind aber Häuser und Umspannwerke drauf gebaut.
Die Bahnstrecken müssen danach beurteilt werden, wo die verkehrliche Erforderlichkeit für die Ergänzung des Liniennetzes im ländlichen Raum besteht, nicht danach, ob sie sich nach betriebswirtschaftlichen Kriterien, die noch dazu auf die heutigen und nicht auf die zukünftigen Gegebenheiten angewendet werden, rechnen.
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrter Herr Dr. Zeschmann, wir sind beide im vierten Jahr in diesem Parlament. Ich finde, nach einer gewissen Lernkurve
sollte man wissen, wann Sachen stattfinden und wie der Gesamtkontext herzustellen ist, wenn es um den Schienenverkehr in Brandenburg geht.
Und das lassen Ihre beiden Anträge einfach komplett vermissen. Darin findet sich kein Wort zum Landesnahverkehrsplan, auch nicht zu den Verfahren, nach denen die Umsetzung ablaufen muss, sondern Sie haben sich irgendetwas ausgedacht und aufgeschrieben.
Zeitpunkte, technische Umsetzbarkeit, wirtschaftliche Abwägung - all das fehlt in Ihren Anträgen. Das werfen wir Ihnen vor, übrigens nicht nur ich, sondern fast alle Fraktionen. Das sollte Ihnen zu denken geben.
Alle haben bei der Sache ein bisschen den Kopf geschüttelt; das war schon vorhin bei Zwischenfragen so. Ihre Anträge werden
hier auseinandergenommen - und Ihnen fällt nichts anderes ein, als irgendwelchen Whataboutism zu betreiben?
Auf einmal geht es bei Ihnen um Enertrag und andere energiepolitischen Themen. Es ist einfach schwach, wenn Sie der fachlichen Debatte ausweichen und Ihnen nichts anderes mehr einfällt, als zu irgendeinem anderen Thema zu wechseln statt bei dem zu bleiben, um das es eigentlich geht.
Und, Herr Zeschmann: Wenn Sie sagen, die Erforderlichkeit ergebe sich aus bestimmten Gründen, und es gehe zunächst nicht um Betriebswirtschaft, dann sage ich: Richtig, bei der NKU geht es überhaupt nicht um Betriebswirtschaft. Das ist eine volkswirtschaftliche Betrachtung der verkehrlichen Wirkungen, insbesondere der Frage, welcher Nutzen aus der Strecke erwächst und welche Kosten beim Bau der Strecke entstehen.
Aber das Verfahren grundsätzlich infrage zu stellen und einfach zu sagen: „Ich, Dr. Zeschmann, halte diese Strecke für erforderlich“, ist einfach zu wenig.
Staatssekretärin im Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung Angela Brandenburg (m. d. W. d. G. b.):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie Sie wissen, besteht mit dem Brandenburg-Berlin-Takt seit über zehn Jahren ein landesweit abgestimmter Taktverkehr auf den Hauptachsen des Schienenpersonennahverkehrs. Dieser ermöglicht - klar und verständlich - ein sehr einprägsames Angebot für die Fahrgäste
mit überwiegend stündlichen, gleichen Abfahrtszeiten. Mit dem Start der Netze Elbe-Elster, Elbe-Spree und Lausitz im vergan-
genen Dezember wurden sowohl die Sitzplatzkapazitäten als auch die Taktdichte auf den Hauptachsen deutlich erhöht.
Zudem erfolgen die ersten Abfahrten bereits gegen 4 Uhr und die letzten Ankünfte gegen 24 Uhr, insbesondere an Wochenenden auch deutlich später. Beispielhaft nennen möchte ich die im Dezember 2022 neu eingeführte Taktverdichtung der Linie RE 7 zwischen Bad Belzig, Beelitz-Heilstätten und Berlin-Wannsee. Dies geschieht auch auf vielen anderen Linien - ohne eine sogenannte Regio-S-Bahn. Kein anderes Bundesland weitet seine Angebote so stark aus wie wir in Brandenburg.
Bis 2030 werden wir die Angebote im Schienenpersonennahverkehr um 45 % gegenüber 2018 steigern. Damit wir diese Welle der Angebotsausweitung fortführen können, benötigen wir zusätzlich die Regionalisierungsmittel des Bundes. Dafür setzt sich das Land Brandenburg genauso wie alle anderen Bundesländer im Bundesrat weiterhin ein.
Im Entwurf des Landesnahverkehrsplans 2023 werden die Ziele der Mobilitätsstrategie des Landes, unter anderem die erhöhte Attraktivität des Umweltverbundes, aufgezeigt. Dabei ist es unerheblich, ob die Linien als Regionalverkehr, Regionalexpress oder Regio-S-Bahn bezeichnet werden. Eine verkehrlich möglichst optimale zeitliche Reihenfolge der Züge, also die Taktung, ist in den Netzen Elbe-Spree und Lausitz bereits weitestgehend umgesetzt und kann für den Regionalverkehr im Übrigen nicht beliebig verändert werden. Vielmehr richten sich die zeitlichen Abstände der Züge auch nach den Restriktionen der Verfügbarkeit der Infrastruktur und der Streckennutzung durch andere Züge, also solche des Fern- und des Güterverkehrs. Regionalexpresszüge stellen bereits schnelle Expressverbindungen zwischen Berlin und vielen Städten und Regionen in Brandenburg und darüber hinaus her.
Regionalzüge haben jedoch auch die wichtige Funktion der Daseinsvorsorge und können nicht nur als Direktverbindungen zwischen Ober- und Mittelzentren ausgestaltet werden. Das Angebot der Bahn muss den ländlichen Raum natürlich ebenso berücksichtigen und ermöglichen, damit Achsenzwischenräume erreicht werden.
Ich fasse zusammen: Die in dem ersten vorliegenden Antrag gegenständlichen Forderungen gegenüber der Landesregierung sind auf den Hauptstrecken des Schienenpersonennahverkehrs dort, wo es infrastrukturell möglich ist, bereits vollumfänglich fixiert.
Noch kurz zu dem zweiten Antrag: Das weitere Vorgehen beim Thema Strecken- und Haltreaktivierungen wird im neuen Nahverkehrsplan festgelegt. Dieser befindet sich bereits in der finalen Erstellungsphase. Dort werden die in einer zuvor durchgeführten Potenzialanalyse ermittelten Erkenntnisse dargestellt und wird das weitere Vorgehen beschrieben. Die Durchführung von Kosten-Nutzen-Analysen ist erforderlich. Bei einem KostenNutzen-Faktor über 1 soll - als Voraussetzung für die Förderung über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz - das Regelver-
fahren angewendet werden. Wir haben in der genannten Potenzialanalyse eine ganze Anzahl von Reaktivierungsvorschlägen aufgezeigt. Daran werden wir Stück für Stück arbeiten. Insofern ist auch dieser Antrag nicht zielführend.
(Beifall SPD sowie vereinzelt B90/GRÜNE sowie der Abge- ordneten Bretz [CDU] und Frau Fortunato [DIE LINKE] - Vida [BVB/FW]: Was?!)