Protokoll der Sitzung vom 23.01.2025

Was wir tun, ist – ich denke, ich habe es deutlich gemacht –, auf EU-Ebene dafür zu sorgen, dass am Ende auch in Europa wieder die Genfer Flüchtlingskonvention als die große Grundlage gilt, warum und weshalb wir Flüchtlinge aufnehmen. Das ist auch sehr weitreichend. Ständig zu versuchen, Gründe zu finden, warum es nicht geht, wird uns an dieser Stelle nicht weiterhelfen.

(Beifall CDU)

Das ist die Situation, die wir derzeit haben, und die müssen wir verbessern.

Damit bin ich am Ende meiner Rede angelangt, Frau Präsidentin; ich staune selbst, dass ich schon fertig bin. – Ich denke, an solch einem Tag muss das Richtige gesagt und vor allen Dingen das Richtige getan werden. Ich hoffe, dass sich die SPD-Fraktion

vielleicht doch dazu durchringen kann, ihr Abstimmungsverhalten, was den Entschließungsantrag der CDU angeht, noch einmal zu überdenken. – Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Danke schön. – Für die Fraktion des BSW spricht Herr Abgeordneter Lüders. Bitte sehr.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Für die BSW-Fraktion ist klar: Wer hier kein Bleiberecht hat, hat Deutschland zu verlassen. Dies gilt in besonderem Maße auch für Straftäter, die das Bleiberecht verwirkt haben. Es fällt mir als Vater eines kleinen Sohnes außerordentlich schwer, auf die erschütternden Ereignisse in Aschaffenburg tiefer einzugehen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich angesichts des Mitgefühls mit den Betroffenen meine Emotionen unter Kontrolle halten kann – Sie merken es schon. Deswegen möchte ich gleich auf den Sachantrag eingehen.

Es geht um die Abschiebung Ausreisepflichtiger. Ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass unserer Ansicht nach der eigentliche Schlüssel für die Regulierung von Migration – die so wie gehabt natürlich nicht weitergehen darf – nicht bei den Abschiebungen liegt. Vielmehr braucht es Regelungen, die schon bei der Einreise ansetzen. Es kann und darf doch nicht sein, dass nach wie vor so viele Menschen, die nicht schutzbedürftig sind, ungeregelt in unser Land strömen. Dafür werden wir uns als BSW im Bund und auf europäischer Ebene einsetzen, Stichworte: Externalisierung von Asylverfahren und wirksame Einreisesperren.

(Beifall BSW)

Aber auch auf der Ebene unseres Landes müssen und werden wir gleichwohl an der konsequenten Abschiebung Ausreisepflichtiger arbeiten. Unsere diesbezüglichen Forderungen haben auch Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden: Ausländer ohne Bleiberecht und Bleibeperspektive werden deutlich länger zentral untergebracht, um Rückführungen schneller und konsequenter durchführen zu können. Wir schaffen landesweite Strukturen – wie Ausreisezentren und das Behördenzentrum am BER mit Gewahrsamseinrichtung – bzw. bauen diese mit Nachdruck weiter aus.

Medienwirksame Reden schwingen, das ist relativ einfach. Das BSW handelt und liefert. Und wenn solche Reden – wie leider so oft, auch heute wieder – mit rassistischen und völkischen Untertönen daherkommen, verhindern sie sogar eine vernünftige und sachliche Eindämmung der irregulären Migration.

(Zuruf des Abgeordneten Andreas Galau [AfD])

Jedenfalls fördern solche Reden die Eindämmung nicht, eben weil man sich dann nicht mit der Sache auseinandersetzen kann, sondern sich mit irgendwelchen Untertönen auseinandersetzen muss.

(Beifall BSW sowie vereinzelt SPD)

Dabei ist der Nachholbedarf im Sinne echter Lösungen riesig.

(Lena Kotré [AfD]: Jetzt wissen wir, woran es gelegen hat, all die Jahre!)

Die bereits vorhandenen Möglichkeiten der Rückführung Ausreisepflichtiger werden bei Weitem nicht ausgeschöpft. Zum Beispiel scheitern Rückführungen nach der Dublin-III-Verordnung im Normalfall und nicht etwa im Ausnahmefall. Im Jahr 2023 hatte Deutschland für 74 622 Asylantragsteller ein Übernahmeersuchen an andere EU-Staaten gestellt. Tatsächlich vollzogen wurden gerade einmal 5 053 Überstellungen.

Im ersten Halbjahr 2024 richtete Deutschland 43 469 Übernahmeersuchen an die EU-Mitgliedsstaaten; von diesen wurden 25 049 tatsächlich bewilligt. Zu einer Überstellung kam es dann aber nur in 3 512 Fällen. Das entspricht nur etwa 8 % der ursprünglichen Ersuchen. Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, kann man durchaus als Staatsversagen bezeichnen.

(Beifall BSW sowie vereinzelt AfD)

Es braucht auch hier in Brandenburg eine deutlich spürbare Trendwende. Ich muss sagen, die Aussagen von Frau Innenministerin Lange zur Migration gleich zu Beginn dieses Jahres stimmen mich sehr optimistisch, dass uns diese Trendwende gemeinsam mit der SPD gelingen kann.

(Vereinzelt Beifall BSW)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Eher nicht, weil ich finde, dass die Aktuelle Stunde genug Gelegenheit gibt, auf das Thema einzugehen. Ich bitte um Verständnis.

(Vereinzelt Beifall BSW und SPD – Lars Hünich [AfD]: Kön- nen Sie uns trotzdem sagen, was völkisch und rassistisch war?)

Ja, darauf werde ich vielleicht später noch eingehen.

Die AfD möchte stattdessen eine „Abschiebeindustrie“ aufbauen, und zwar eine private. Ich frage mich, ob das am Ende nicht dazu führt, dass diese „Abschiebeindustrie“ ein monetäres Interesse daran entwickelt, mehr illegale Einwanderung zu fördern, um Geld durch die dann folgenden Abschiebungen zu verdienen.

(Beifall BSW und SPD)

Mit Verlaub, meine Damen und Herren: Was für eine Schnapsidee! Wie gut die Kommerzialisierung staatlicher Kernaufgaben funktioniert, kann man bei der Deutschen Bahn oder im Gesundheitswesen sehr gut bewundern. Aber nach den jüngsten gegenseitigen Liebesbekundungen zwischen der AfD und dem Oligarchen Elon Musk kann ein solcher Ansatz nicht mehr wirklich

überraschen. Ein handlungsunfähiger Minimalstaat, in dem der Kommerz regiert? Nicht mit uns!

(Beifall BSW)

Es ist klar, dass wir diesen Antrag nur ablehnen können.

Noch ein Wort zu dem Entschließungsantrag der CDU: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich danke Ihnen sehr für diesen Entschließungsantrag und die darin quasi enthaltene Ankündigung, uns, die Koalition, bei der Umsetzung vieler Aufgaben im Bereich der Migration zu unterstützen. Die Problemstellungen, Aufgaben und Zielsetzungen sind aber bereits vollständig im Koalitionsvertrag enthalten und präzise beschrieben. Ich sehe also keinen Bedarf, extra einen Entschließungsantrag dazu zu beschließen – ganz abgesehen davon, dass ich unter Ziffer 1 eine recht gewagte rechtliche Argumentation in Bezug auf die tatsächlich kritisch zu bewertende Dublin-III-Verordnung gefunden habe, auf die ich aber an dieser Stelle gar nicht weiter eingehen will.

Am Schluss noch eine Anmerkung zu der Zwischenfrage aus der AfD-Fraktion: Wenn bei Ihnen immer betont vom „deutschen Volk“ die Rede ist, halte ich das schon für einen Unterton, der unangenehm ist.

(Beifall BSW und SPD – Lars Hünich [AfD]: Aber wir sind doch das deutsche Volk! – Weitere Zurufe von der AfD: Was? Wir leben doch in Deutschland!)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, Herr Abgeordneter Bretz hat eine Kurzintervention angemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Lüders, ich finde, es wäre mit Blick auf die Debatte ein verdammt starkes Zeichen, wenn dieser Landtag am Ende dieser Aktuellen Stunde, auch angesichts der gestrigen Ereignisse, die Kraft aufbringen würde, einen Antrag zu verabschieden. Es ist doch genau die Aufgabe eines Parlaments, sich zu aktuellen Ereignissen und grundsätzlichen Fragen auch in Form von beschlossenen Anträgen zu äußern.

Wir als Fraktion bieten Ihnen deshalb an, unseren Entschließungsantrag, der übrigens Positionen enthält, die alle mit den Landräten und der gesamten kommunalen Familie sowie mit Vertretern der Landesregierung abgesprochen sind, gemeinsam zu beschließen. Wir bieten Ihnen sehr gern an, sich als Mitantragsteller unserem Entschließungsantrag anzuschließen. Und wir fragen Sie, ob nicht auch Sie es gut fänden, wenn wir als Landtag heute dieses gemeinsame Signal aussenden würden. – Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Herr Abgeordneter Lüders, möchten Sie auf diese Kurzintervention reagieren? – Bitte schön.

Damit zwingen Sie mich quasi, auf die rechtlichen Probleme, die ich in Ihrem Antrag sehe, einzugehen. Sie formulieren unter Ziffer 1, dass Sie unter Bezugnahme auf Artikel 16a des Grundgesetzes das Dublin-III-Verfahren aussetzen wollen. Das halte ich – abgesehen davon, dass Artikel 16a in der migrationsrechtlichen Praxis überhaupt keine Rolle spielt – für eine sehr gewagte rechtliche Konstruktion. Schon deshalb fällt es uns schwer, diesem Antrag zuzustimmen. Tut mir leid!

(Beifall BSW sowie vereinzelt SPD)

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, wir setzen die Aussprache fort. Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Lange. Bitte schön.

Katrin Lange (Ministerin des Innern und für Kommunales):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich bin es – wie der Bundeskanzler – leid, dass sich alle paar Wochen solche Gewalttaten wie die am gestrigen Tag in Aschaffenburg bei uns zutragen. Der Tatverdächtige stammt aus Afghanistan. Er war ausreisepflichtig und mindestens dreimal wegen Gewalttaten aufgefallen.

Olaf Scholz hat auch mit Folgendem recht: Aus den gewonnenen Erkenntnissen müssen sofort Konsequenzen folgen.

Der brutale Angriff auf kleine Kinder, ihre Betreuer und auf Passanten zeigt wie ein Brennglas, dass mit der Asylpolitik in Deutschland etwas ganz erheblich nicht stimmt. Die Menschen in Deutschland erwarten dringend Veränderungen – und sie haben recht damit! Schon im aktuellen DeutschlandTrend der ARD nannten die Befragten das Thema „Zuwanderung, Flucht“ als eines der beiden drängendsten Probleme, noch vor der Wirtschaftspolitik.

Unser Koalitionsvertrag stellt dazu Folgendes fest:

„Brandenburg unterstützt alle geeigneten und rechtssicheren Maßnahmen zur Eindämmung, Verhinderung und Zurückweisung von irregulärer Migration.“

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?