Protokoll der Sitzung vom 08.06.2000

Wenn wir uns angucken, was wir heute als Vertragsmodell ausgehandelt haben, ist das zwar auf den ersten Blick ein wenig unübersichtlich im Ergebnis, aber durchaus eine Verbesserung gegenüber dem Stand von Dezember 1999. Vorteile sind auf jeden Fall ein Festpreis von 473 Millionen DM. Und wir haben im Grunde eine Beteiligung des Landes Berlin von 283 Millionen DM, die durch 100 Millionen DM vom Bund und 90 Millionen DM durch eine Kreditaufnahme durch Walter Bau ergänzt werden. Berlin hat hier ab dem 14. Jahr – gegebenenfalls auch durch die Verlängerung der Verträge etwas später – Erlöse erst in Höhe von 35 % und dann darüber hinaus zu erwarten. Damit ist dieser neue Vertrag gegenüber allen vorher diskutierten Modellen eine wesentlich bessere Beteiligung des Landes am Erlös, der aus diesem Stadion fließen soll.

Ich denke, dass auch durch die Einbeziehung der Errichter und der Nutzer als Betreiber eine gute Lösung gefunden worden ist, die das Land Berlin begünstigt. Auch hat das Vertragswerk in erheblichem Maße Risiken, die entstehen können, ausgeschlossen oder abgesichert, so dass wir hier mit einem positiven Vertragswerk beginnen können. Der Hauptausschuss hat noch einige Verbesserungen eingebaut, die die Position des Landes Berlin stärken. Damit können wir dem Ganzen zustimmen.

Ich ziehe hier noch einmal aus unserer Sicht das Resümee dieser Vertragsverhandlungen: Es ist unter den gegebenen Bedingungen ein Optimum erreicht worden, das durch die Senatsverwaltung, von Herrn Strieder und seinem Staatssekretär Bielka, vorgelegt worden ist. Man sollte dies an dieser Stelle auch einmal positiv bewerten und herausstellen.

[Beifall bei der SPD]

Aber, meine Damen und Herren – und jetzt komme ich noch einmal zu dem haushälterischen Aspekt vom Anfang zurück –, ich denke, wir haben hier keinen Grund zum Jubeln. Die Ausgabe, die hier für das Land Berlin in den nächsten Jahren ins Haus steht, ist eine schwere Belastung für den Haushalt; denn wenn wir das eine wollen – das muss ganz klar sein –, müssen wir auch auf das andere verzichten. Insofern – das will ich nicht verhehlen – bin ich sehr enttäuscht über das, was in der Senatssitzung am letzten Dienstag abgelaufen ist. Es war klar, dass hier

Verzicht zu leisten ist, dass der Senat und die einzelnen Senatoren auch zu dem stehen müssen, was sie vorher beschlossen haben. Ich hoffe, dass dieses nachgebessert wird.

[Beifall bei der SPD]

Ich will noch einmal sagen, wir nehmen hier mit dieser Beschlussfassung heute, und die SPD-Fraktion trägt dieses voll mit, eine Schwerpunktsetzung vor, eine politische Schwerpunktsetzung. Sie belastet den Haushalt von Berlin, jedenfalls wenn man die Haushaltskonsolidierung ernst nimmt, bis an die Grenze. Und das heißt, um es ganz konkret zu sagen, auch, dass keine weiteren Großprojekte aus dem Haushalt in den nächsten Jahren mehr möglich sein werden. Das heißt auch: keine „Olympia“-Eissporthalle, [Ah! bei der CDU]

kein „Olympia“-Stadtschloss, kein „Olympia“-Flughafen.

[Beifall bei der SPD]

Vielen Dank, Frau Dunger-Löper! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Einzelberatung und verbinde die Einzelabstimmungen mit der Schlussabstimmung. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme der Vorlage. Wer dem Ersten Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2000 in der Fassung der Vorlage zur Beschlussfassung Drucksache 14/359 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Stimmenthaltungen? – Gegenstimmen? – Bei mehrheitlicher Ablehnung der Opposition ist damit das Gesetz angenommen.

[Beifall bei der CDU]

Wir kommen damit zur

lfd. Nr. 3:

a) Drucksache 14/408:

II. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie (DKLB-Gesetz), Drucksache 14/194, gemäß Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 17. Mai 2000

b) Drucksache 14/409:

Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 17. Mai 2000 zum Antrag der Fraktion der PDS über Änderung der Satzung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Drucksache 14/226

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden. Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann rufe ich auf die Artikel I und II, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut des Antrags der Fraktion der Grünen, Drucksache 14/194. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt jeweils gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Ablehnung. Hierzu lasse ich abstimmen. Wer dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Stiftung Deutsche Klassenlotterie im Wortlaut des Antrags der Fraktion der Grünen, Drucksache 14/194, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Die Gegenstimmen waren die Mehrheit. Diese Gesetzesänderung ist damit abgelehnt.

Wer nun dem Antrag der Fraktion der PDS über Änderung der Satzung der Stiftung Deutsche Klassenlotterie, Drucksache 14/226, zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Stimmenthaltungen? – Ablehnung? – Die Ablehnung war die Mehrheit. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsident Dr. Luther

Nun kommen wir zur

lfd. Nr. 3 A, Drucksache 14/448:

II. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Gesetz über die Errichtung der Stiftung „Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen“, Drucksache 14/105, gemäß Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Kulturelle Angelegenheiten vom 21. Februar 2000 und des Hauptausschusses vom 7. Juni 2000

Hierzu Änderungsantrag der Fraktion der PDS, Drucksache 14/448-1.

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall. Ich eröffne dann die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 13 Paragraphen miteinander zu verbinden. Auch hierzu höre ich keinen Widerspruch. Ich rufe auf §§ 1 bis 13, die Überschrift und die Einleitung im Wortlaut der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, Drucksache 14/448, sowie den Änderungsantrag der Fraktion der PDS, Drucksache 14/448-1. Eine Rederunde hierfür ist nicht vorgesehen.

[Doering (PDS): Doch!]

Die Fraktion der PDS möchte jedoch sprechen. Sie haben das Wort, Herr Abgeordneter Brauer!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Land Berlin ist mit originalen Orten historischen Geschehens überregionaler Bedeutung aufgrund der Geschichte dieser Stadt überreich gesegnet. Daraus erwächst eine besondere Bedeutung auch für die Landespolitik, diese Orte einerseits zu erhalten, andererseits als Orte der Information und der aktiven Auseinandersetzung mit allen Seiten der Geschichte dieser Stadt und dieses Landes zu qualifizieren. Die PDS bekennt sich grundsätzlich zur Unteilbarkeit der Geschichte und wendet sich nachdrücklich gegen Monopolisierung und Missbrauch einzelner Abschnitte aus mehr oder weniger kurzschlüssigem politischem Kalkül heraus. Insofern stehen wir auch hinter jedem Versuch, sich auf qualifizierte Weise mit dem politischen Erbe der DDR, auch mit den repressiven Seiten deren gesellschaftlichen Systems, auseinander zu setzen. Dazu gehören für uns auch die Aufarbeitung und Auseinandersetzung mit Strukturen, Inhalten und Folgen politischer Unterdrückung einschließlich der Repressionsstrukturen von MfS und politischer Justiz. Aus diesem Grunde unterstützen wir die Errichtung der Gedenkstätte BerlinHohenschönhausen. Ich möchte an dieser Stelle nachdrücklich die engagierte, von permanenter Mittelknappheit begleitete Arbeit, die dort bislang geleistet wurde, hervorheben. Es wird Zeit, dass diese Arbeit endlich auf eine solide rechtliche Basis gestellt und perspektivisch gesichert wird.

[Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Dies nicht nur, weil die wissenschaftliche und bildungspolitische Arbeit zu diesem Thema naturgemäß erst am Anfang stehen kann. Wer von Ihnen die Hohenschönhauser Einrichtung gesehen hat, weiß, welches gerüttelt Maß an investiver und gestalterischer Anstrengung noch zu bewältigen ist.

Von besonderer Bedeutung erscheint mir auch, dass die Gedenkstätte für viele ehemalige Verfolgte wichtige Betreuungsaufgaben auch hinsichtlich Recherchearbeit für noch laufende Rehabilitierungsanträge wahrnimmt. Dies ist eine Arbeit, die kleinteilig aussieht, in ihrer menschlichen Dimension aber nicht zu unterschätzen ist. Allerdings erfordert sie einen hohen Aufwand an Zeit, kostet Geld und bedarf auch langjähriger Erfahrung. Wie z. B. bei der Stiftung Topographie des Terrors steht und fällt eine qualitativ hochwertige wissenschaftliche und bildungspolitische Arbeit mit dem Niveau und den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiterinnen. Und hier liegt das Problem, das wir mit der vorliegenden Beschlussempfehlung des Hauptausschusses haben, hier liegt der Grund für unseren Änderungsantrag, dem zuzustimmen ich Sie sehr herzlich bitten möchte.

Was ist das Problem? – Nach fast halbjähriger Debatte in den verschiedensten Gremien dieses Hauses, einer Fülle von Stellungnahmen der diversen Senatsverwaltungen liegt uns heute ein äußerst merkwürdiges Konstrukt zur Entscheidung vor. Das Land Berlin errichtet „eine rechtsfähige Stiftung öffentlichen Rechts“ – so § 1 – und erklärt im selben Atemzuge, § 8, dass für die Stiftung „die Anwendung des Tarifrechts des öffentlichen Dienstes ausgeschlossen“ sei. Noch irrsinniger wird die Regelung, wenn dann in § 12 auch noch festgelegt wird, dass sämtliche Rechte und Pflichten, die das Land für die Gedenkstätte übernommen hatte, auf die Stiftung übergeleitet werden. Was ist die Folge?

Erstmals wird vom Land eine Stiftung öffentlichen Rechts eingerichtet, in der das Tarifrecht von Anfang an ausgehebelt ist. Hier wird versucht, einen Präzendenzfall zu schaffen, der es ermöglicht, sowohl das Tarifgefüge des öffentlichen Dienstes als auch die entsprechenden Kündigungsschutzbestimmungen zu unterlaufen. Im Vergleich zu den Mitarbeiterinnen der anderen Stiftungen sollen die Mitarbeiterinnen in Hohenschönhausen offensichtlich zu Dumpinglöhnen und auch noch quasi als arbeitsrechtliches Freiwild tätig werden.

[Zuruf von der CDU: Nein]

Besonders perfide wird dieses Vorgehen noch dadurch, dass die Betroffenen seit Jahren, das scheinen Sie vergessen zu haben, nur mit Zeitverträgen tätig sind, die zudem noch Ende dieses Monats auslaufen. Letztlich wurde hier eine erpresserische Situation geschaffen, und die wird von Ihnen nun schamlos ausgenutzt.

[Zuruf von der CDU: Ist eine Unverschämtheit!]

Da uns in den Debatten der letzten Monate – lesen Sie bitte nach, bevor Sie hier laut herumschreien – kein einziges sachliches Argument zur Begründung dieser Ungleichbehandlung gegeben werden konnte, lässt dies nur die Vermutung zu, dass mit diesem Errichtungsgesetz der Einstieg in den Ausstieg des Landes Berlin aus dem öffentlichen Tarifsystem vorbereitet werden soll. Und ausgerechnet mit dieser dermaßen sensiblen Einrichtung soll der Testballon gestartet werden.

Ich darf Sie daran erinnern, dass gerade in der letzten Zeit immer intensiver über Rechtsformänderungen, vor allem bei kulturellen Einrichtungen des Landes herumschwadroniert wird, angeblich, um eine höhere Effektivität in deren inhaltlicher Arbeit zu erreichen. Der vorliegende Gesetzentwurf demaskiert dieses allerdings als bloße Rhetorik. Um mit Shakespeare zu sprechen: „Das ist kein Wahnsinn; da ist Methode drin!“

[Gram (CDU): Sprechen Sie mal mit Zlatko, der kennt ihn!]

Im Interesse einer Gleichbehandlung der Beschäftigten und im Interesse der Wahrung des sozialen Friedens in der Stadt, auch im Interesse – das möchte ich unterstreichen – der weiteren inhaltlich effektiveren Arbeit der Stiftung, bitten wir Sie, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses könnte meine Fraktion ansonsten nicht folgen. Wir schließen uns hier inhaltlich voll der Argumentation der Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur an, die, bevor sie offensichtlich auf Druck des Innen- und des Finanzsenators am 11. Mai von ihrer lange vertretenen Position abrückte, noch vier Wochen vorher, am 11. April, feststellte: –

Denken Sie bitte an Ihre Zeit!

Es ist der letzte Satz. – Ich zitiere: „dass nach eingehender Prüfung in diesem Fall abschließend die Anlehnung an das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes unabweisbar und angesichts der Gleichbehandlung zu den Gedenkstätten des NS-Unrechts politisch geboten sei.“ So beurteilt dies die zuständige Fachverwaltung. Dem ist nichts hinzuzufügen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der PDS]

Vielen Dank! Ich schließe die Einzelberatung und verbinde die Einzelabstimmungen mit der Schlussabstimmung.

Zuerst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS, Drucksache 14/448-1, abstimmen. Wer für den Antrag ist, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer ist dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei einigen Stimmenthaltungen ist der Antrag damit abgelehnt. – Wer nun dem Gesetz über die Errichtung der Stiftung Gedenkstätte Berlin Hohenschönhausen in der Fassung der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses, Drucksache 14/448, zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und keinen Gegenstimmen ist dies damit so beschlossen.

Die lfd. Nr. 4 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.