Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Hen Berger! Sie haben hier einen Wald beschrieben, wie wir ihn am Ende des Prozesses. den Ihr Waldgesetz nach sich ziehen würde, nicht mehr hätten. Das, denke ich, würden wir alle sehr bedauern. Das werde ich Ihnen im Einzelnen kurz begründen. Das im Moment in Berlin geltende Waldgesetz wurde 1995 letztmalig den Bedingungen der modernen Großstadt angepasst und in seinem Nachhaltigkeitsanliegen weiterentwickelt. Wir haben ein vernünftiges Waldgesetz. Hauptzweck des Waldes in Berlin ist nach wie vor seine Funktion als Schutz- und Erholungs

wald und nicht als Wald für einige wenige ausgesuchte Biologen

und Spezialisten. Er soll weiterhin allen Berlinern in allen Teilen

zur Verfügung stehen!

[Beifall bei der SPD - Berger (Grüne): Gerade deshalb!]

Dennoch, Hen Berger, sieht auch unsere Fraktion die Novellie

rung des Berliner Waldgesetzes in einem begrenzten Umfang als richtig an. Wir sehen dabei als Schwerpunkte die Stärkung der Berliner Forsten als Behörde auch noch mit der Zuweisung an

derer weiterer Aufgaben. Wir sehen auch die Festigung der naturgemäßen Waldwirtschaft als einen wichtigen Punkt anlässlich der Novellierung an. Wir wollen den forstlichen Rahmenplan -darin stimmen wir mit Ihnen überein -weiter stärken, öffentlich machen und auch das Parlament einbeziehen.

Ansonsten geht Ihr Antrag über unsere Ziele der Novellierung

des Waldgesetzes auch in Grundsätzen über die Möglichkeiten, die wir in der Gestaltung von Umweltpolitik sehen, weit hinaus. Er trägt etwas die Regelungswut der 70er in sich und berücksichtigt offensichtlich nicht, dass wir heute versuchen. auch mit Mitteln der Überzeugung und der freiwilligen Selbstverpflichtungen einen Weg zur Durchsetzung umweltpolitischer Ziele zu finden. Das ist mehr ein Zwangskorsett, Herr Berger. Das gipfelt genau in dem Versuch der Zertifizierung des Waldes, der, wenn er sowohl in anderen Ländern als auch in Deutschland durchgeführt wird, immer eine freiwillige Selbstverpflichtung ist, diese Zertifizierung in das Waldgesetz gesetzlich aufzunehmen. Es ist dann auch gleich die extremste Form der Zertifizierung, 10% der Waldfläche als Prozesswald gesetzlich festzuschreiben.

[Berger (Grüne): Warum denn nicht?]

Für mich ist die in der Koalitionsvereinbarung enthaltene Zerti

fizierung, die Geld aus dem Berliner Landeshaushalt kosten wird, ohnehin fragwürdig für ein Land, das zu über 98 °/o Besitzer des Waldes ist. Sinn der Zertifizierung ist in anderen Bereichen, beispielsweise im Tropenwald oder in anderen Ländern, private Waldbesitzer durch die Zertifizierung zu binden. Wir können so ökologisch mit unserem Wald umgehen, wie es uns immer selbst

behagt, und müssen nicht andere Institutionen beauftragen, uns das auch noch zu bestätigen. Das halte ich für sehr populistisch.

[Berger Grüne): Das sieht Ihre Staatssekretärin aber ganz anders! Warum haben Sie es denn so hineingeschrieben?]

Ich weiß, dass dies in der Koalitionsvereinbarung steht. Darüber muss noch einmal nachgedacht werden.

Herr Berger! Ich möchte noch etwas zu dem sogenannten

Prozesswald sagen. Wer in diesem Haus hält wirklich den Nach

vollzug von Evolutionsprozessen 1 0, 1 00 oder 1 000 Jahre am Rand einer Großstadt für das Zukunftsszenariodes Berliner Wal

des? Herr Berger, fachlich werden wir im Ausschuss darüber reden. Viele Fachleute sagen eindeutig, dass wir den Sieg der Kornelkirsche über unsere Nadelwälder erleben werden!

Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Berger?

Wenn Sie mir die Zeit für Frage und Ant

wort dazugeben.

Aber ganz schnell, bitte!

Herr Radebold, ich möchte etwas anmerken,

weil Sie sich gegen den Prozesswald aussprechen. Ist Ihnen bekannt, dass sich auch der Regierende Bürgermeister Diepgen vor einigen Jahren ausdrücklich -und übrigens auch für den gleichen Anteil von 1 0% - für den Prozesswald ausgesprochen hat?

Nein, das ist mir nicht bekannt. Der Regie

rende Bürgermeister wird seine Gründe gehabt haben, warum er den Prozesswald haben wollte. Wir werden aber nicht vermeiden können - wenn wir tiefer in die Materie einsteigen -, dass wir das noch einmal neu bewerten. Sie haben unseren Berliner Wald in seiner jetzigen Form als einen sehr schönen Bestand gesichert und für uns als Erholungswald geschildert.

[Beifall des Abg. Malter (CDU)]

Ich will nicht den Sieg der Kornelkirsche in Berlin und ich will auch nicht bei einem Schädlingsbefall erleben, wie in zwei bis drei Jahren zum Beispiel der Borkenkäfer unsere Nadelholzbestände umbringt und wir dann 30 bis 40 Jahre lang darauf warten, dass sich der Berliner Wald wieder entwickelt. Ich möchte den Berliner Wald in seiner Vielfalt, betreut und fachkundig von unseren Förstern begleitet, vielfältig für die Berliner erhalten. - Danke!

[Beifall bei der SPD - Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Wir sind am Ende der Beratung. Ich

möchte die Damen und Herren im Saal bitten, dem Redner hier vorn nicht permanent den Rücken zuzukehren, indem mit anderen gesprochen wird. Das ist eine große Unsitte!

[Beifall bei der SPD, der POS und den Grünen]

Wir kommen dann zur der Empfehlung des Ältestenrates

bezüglich der Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Wer dieser Empfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!- Gibt es Gegenstimmen?Stimmenthaltungen? Dann haben wir das so beschlossen.

lfd. Nr. 6, Drucksache 14/536:

I. Lesung des Antrags der Fraktion der Grünen über Neuregelung der Praktika in den Sozialberu

fen - Gesetz zur Anderung des Sozialberufe-Aner

kennungsgesetzes

ist durch die Konsensliste mit der Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration bereits erledigt. Es ist die zusätzliche Überweisung auch an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport mitberatend gewünscht worden. Ich nehme an, dass Sie dies so zur Kenntnis nehmen.

Ich möchte noch darauf hinweisen, dass der Chef der Senats

kanzlei im Ältestenrat angekündigt hat, dass noch drei dringliche Erste Lesungen folgen sollten, und zwar zwei Staatsverträge und eine Änderung der Amtsgerichtsbezirke. Wir müssten jetzt hier die Dringlichkeit behandeln. Das ist nicht mehr nötig, da nur um eine Vorabüberweisung dieser drei Angelegenheiten gebeten wurde, die ich auch vornehmen werde.

Wir sind dann bei

lfd. Nr. 7:

Wahl eines Mitglieds des Ausschusses für Verfassungsschutz

Mit der Mandatsniederlegung von Frau Renate Künast zum 26. Juni dieses Jahres ist eine Ausschussneubesetzung durch die Fraktion der Grünen erforderlich. Als neues Ausschussmitglied benennt die Fraktion der Grünen nunmehr Herrn Michael Cramer. Er kandidiert auch. Wer Herrn Cramer in dieses Amt zu wählen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist Hen Cramer gewählt. Ich wünsche ihm eine erfolgreiche Arbeit!

Präsident Führer

(A) Wir kommen nun zur