das jedenfalls im Ältestenrat besprochen. Die Fraktionen entscheiden in freier Aufteilung über die Redebeiträge. Nach einer ersten Fraktionsrunde hat der Senat die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. In der Aussprache beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, und für die Fraktion der Abgeordnete Wieland.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kette der Anschläge auf jüdische Synagogen in Deutschland hat die Öffentlichkeit wachgerüttelt und erschüttert. Auch und gerade in Berlin hat die Provokation durch zwei Nackte vor der Synagoge in der Rykestraße während eines Gottesdienstes zum jüdischen Neujahrsfest und haben vor allem die Steine am Fraenkelufer Abscheu und Empörung ausgelöst. Wir haben deshalb von Anfang an nicht verstanden, warum es Bedenken der großen Koalition gegeben hat, dass wir dies hier zum Thema machen. Erst recht haben wir kein Verständnis dafür, dass Präsident Führer heute in der Tagespresse vor der Beliebigkeit dieses Themas warnt. Dieses Thema wurde uns schließlich aufgezwungen. Es wurde uns aufgezwungen von Tätern – woher diese auch immer kamen –, die nicht davor zurückschreckten, in der deutschen Hauptstadt, in der früheren Zentrale des nationalsozialistischen Terrorsystems wiederum gegen die Reste der jüdischen Gotteshäuser vorzugehen, nämlich die Reste, die den Holocaust und die Reichspogromnacht überstanden haben. Uns treibt nicht Beliebigkeit, uns treibt die Sorge um, was in dieser Stadt noch geschehen könnte. Deswegen und nicht aus Rechthaberei und nicht wegen einer parteipolitischen Profilierung – was uns unterstellt worden ist – haben wir auf diese heutige Debatte gedrängt. Wenn heute im Bundestag von Seiten der CDU gerügt wurde, dass die Bundesregierung an einer identischen Debatte nicht teilnahm, so fragen wir uns, ob hier nicht gleiches Maß gilt. So meinen wir, dass hier ein Wort des Bedauerns und der Entschuldigung des Parlamentspräsidenten durchaus angebracht wäre.
Für uns ist dabei die Frage des Polizeischutzes nicht das Hauptthema bei der Erörterung, wie der innere Frieden in dieser Stadt auch an dieser Stelle wieder hergestellt werden kann. Hauptthema zu diesem Punkt muss der Antisemitismus und seine Bekämpfung sein. Die Jüdinnen und Juden in Deutschland sitzen nicht auf gepackten Koffern – um das klarzustellen. Aber es muss zu denken geben, dass mit Paul Spiegel nunmehr zum zweiten Mal der höchste Repräsentant der Juden in Deutschland nach Ignatz Bubis laut die Frage stellt und in die Erörterung tritt, ob es richtig war, nach dem Holocaust wieder jüdisches Leben in Deutschland aufzubauen. Für Berlins Ehrenbürger Heinz Galinski ist das noch eine Selbstverständlichkeit gewesen. Wir müssen sehen, wie viel sich in der Zwischenzeit zum Negativen gewendet hat. Wir alle haben es stillschweigend hingenommen und es zur Normalität werden lassen, dass seit Jahr und Tag jüdisches Leben in Berlin nur noch unter Polizeischutz stattfinden kann, ja, dass selbst die Totenruhe nur mit Polizeibegleitung gewährleistet ist. Wenn mir vor 20 Jahren jemand gesagt hätte, dass es möglich sein wird, dass in Deutschland ein Mensch, nur weil er eine andere Hautfarbe hat, auf offener Straße erschlagen wird, wenn er mir gesagt hätte, dass es demnächst so sein wird, dass sich ein Jude nicht mehr traut, seine Kippa in der Öffentlichkeit zu tragen, dann hätte ich ihn zum Paranoiker erklärt. Inzwischen weiß man, dass es eher ein Realist gewesen wäre. Auch in der Frage des Antisemitismus wurde das Prinzip „Wehret den Anfängen!“ nicht oder zu wenig befolgt. Dies rächt sich heute bitter. Seit über 20 Jahren zum Beispiel wird im Olympia-Stadion bei missliebigen Schiedsrichterentscheidungen der Sprechchor „Jude“ angestimmt. Niemand regte sich darüber laut auf. Selbst hier im Haus wurde mit dem Klischee des reichen Juden gearbeitet, von einem früheren Vorsitzenden des Hauptausschusses, just als es um die Finanzierung der Topographie des Terrors ging – als ob es Sache des jüdischen Bevölkerungsteils, der Opfer sei, diese Gedenkstätte zu finanzieren. Nein, latenter Antisemitismus hat breite Wurzeln. Laut „Berliner Morgenpost“ vom 8. September können sich Dreiviertel der Heranwachsenden in Brandenburg nicht vorstellen, dass sie einen jüdischen Freund haben. Da ist es hilflos, wie es der Innensenator in der Fernsehsendung „Berliner Platz“ getan hat, darauf hinzuweisen:
Es gäbe doch an sich so wenige Juden in Deutschland; dann könne doch der Antisemitismus nicht so groß sein. – Es gibt ihn, den Antisemitismus: ohne Juden, genauso wie es den Rassismus ohne Fremde gibt und gab. Gerade in den neuen Bundesländern waren die Baseballkeulen schon bereitgelegt, bevor der erste Fremde ins Dorf kam, bevor der erste Fremde dort auftauchte.
Aber es geht nicht nur um den physischen Terror, sondern es geht auch um die geistige Auseinandersetzung. Es geht um die Walser-Debatte mit dem unsäglichen Ausspruch von „Auschwitz als Moralkeule“. Es geht um die Leugnung der Singularität des Holocaust durch Historiker nach dem Motto: So etwas haben doch alle gemacht. – Im Radio konnte man in Berlin den Werbetrailer hören: „Eva Braun ist back in town“. Damit machte man Werbung. Offenbar niemand von den Werbetreibenden oder den Theaterleuten hat sich die Frage gestellt, wie eine derartige Banalisierung des Bösen eigentlich auf Holocaust-Überlebende in dieser Stadt wirken musste und gewirkt hat. Dies ist das Traurige; dies sind die vielen Versäumnisse der Vergangenheit. Mit derartigen Verharmlosungen muss einmal Schluss sein!
Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, dies speist sich aus der gleichen trüben Quelle. Die Jüdische Gemeinde in Berlin hat dies scharf und klar erkannt. Sie waren es, die zu Beginn der 90er Jahre in einmaliger Weise solidarisch waren mit den Angegriffenen in den Flüchtlingsheimen. Das waren für sie nicht die schäbigen, armen Schicksalsverwandten, sondern das waren für sie Menschen, mit denen man Solidarität üben musste. Heute, meinen wir, müssen die Jüdinnen und Juden in dieser Stadt ähnliche Zeichen der Solidarität erfahren. Die Blumen der Nachbarn am Fraenkelufer waren ein erster ermutigender Anfang. Aber was noch aussteht, ist das, was Gerhard Schröder den „Aufstand der Anständigen“ genannt hat. Wenn man das Wort „Aufstand“ nicht mag, dann soll man von mir aus vom Aufbruch der Anständigen sprechen. Aber dieser Aufbruch muss kommen, und wir müssen darauf hinarbeiten.
Im Ältestenrat wurde von der SPD eingewendet, dieses eigene sich nicht für eine kleinkarierte, innenpolitische Debatte. – Diese wollen wir auch nicht führen, das ist richtig. Aber eine Arbeitsteilung, wonach der Innensenator den Generalangriff von Rechtsaußen dafür instrumentalisiert, dass er seine Einschränkung des Demonstrationsrechts, seine Bannmeilen und die Videoüberwachung der gesamten Stadt sowie des gesamten öffentlichen Raumes fordert, dass er jetzt sogar Berlins Informationsfreiheitsgesetz in Frage stellt und gleichzeitig die Opposition wegen des Ernstes der Situation zu schweigen hat oder sich nur in gemeinsamen Erklärungen aller vier Fraktionen zu äußern hat, eine solche Arbeitsteilung können wir nicht mitmachen. Wir finden es abenteuerlich und atemberaubend, wie gerade dieser Senator sein eigenes Versagen immer wieder zu Parforceritten und Angriffen auf die Bürgerrechte instrumentalisiert. Auch damit sollte einmal Schluss sein.
Der mangelhafte Polizeischutz am Fraenkelufer ist nicht unser Hauptthema, aber natürlich ist er zu kritisieren, weil das auch nicht erstmalig in Berlin so geschehen ist. Wir hatten dort monatelang stationären Objektschutz, wie es selbstverständlich war, nur in der Tatnacht nicht. Wir hatten eine doppelte Bedrohungssituation wegen der Kette von Synagogenangriffen von Rechtsaußen und wegen der zugespitzten Situation in Nahost – beides lief vor den bedrohten Synagogen zusammen. Man muss sich doch mal fragen, was geschehen wäre, wenn auch noch ein Brandsatz geworfen worden wäre, welche Reaktionen es dann gegeben hätte und welcher Schaden dann entstanden wäre. Dies muss gefragt werden. Hier muss mehr gesagt werden als das, was wir nun seit dem israelischen Generalkonsulat aus dem Haus des Innensenators kennen: „Ja, ja, wir schützen die ganze Welt!“ und jetzt hier: „Ja, ja, wir mussten 50 jüdische Einrichtungen schützen, mehr konnten wir nicht leisten!“ – Wer alles
schützt, schützt gar nichts. Dieser Satz gilt hier. Es wäre eine Schwerpunktsetzung notwendig gewesen. Sie wurde nicht vorgenommen, und ein Innensenator, der Jahr um Tag nicht zu einer Selbstkritik bereit ist, der immer behauptet, die Sicherheitsorgane machen alles richtig, und der aus dem israelischen Generalkonsulat gar nichts gelernt, ein solcher Innensenator ist eine Sicherheitsrisiko für diese Stadt.
Abschließend: „Aus Nachbarn wurden Juden“ – das war das Motto einer beklemmenden Photoausstellung zum 50. Jahrestag der Reichspogromnacht. Sie zeigte den Alltag, wie in der NSZeit die Entrechtung und Verfolgung der Juden Schritt für Schritt geschah. Vor ihrem physischen Tod starben sie den so genannten bürgerlich-rechtlichen Tod. Verträge mit ihnen waren nicht mehr einzuhalten. Schikane folgte auf Schikane: Schließung aller jüdischen Geschäfte, Führerscheinverbot, Telefonverbot, Judenbann, Judenstern und schließlich die Deportation. – Diese Ausstellung zeigte eben auch, dass die Mehrheitsbevölkerung zusah und zum Teil sogar davon profitierte.
„Aus Nachbarn wurden Juden“ – das war damals das Motto. Ich meine, heute müssen wir – die gesamte Gesellschaft, die von uns in dem Thema angerufen wurde – dieses Motto umkehren. Heute müssen wir sagen: „Aus den hier lebenden Juden müssen verstärkt wieder Nachbarn werden.“ – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Wieland! Ihre Fraktion hat noch ca. 4 Minuten Redezeit. – Nun hat Herr Gewalt das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach den jüngsten Anschlägen auf jüdische Synagogen in deutschen Städten und leider auch in Berlin ist es gut und notwendig, dass sich das Berliner Parlament erneut mit den Gefährdungen durch Extremisten befasst. Es ist ebenso gut und notwendig, dass wir von den grundsätzlichen Bekenntnissen der letzten Debatte an diesem Ort heute fortschreiten zu konkreten Maßnahmen. Jedenfalls will ich das in dieser Debatte versuchen.
Spätestens seit dem Wochenende, nachdem auch in Frankreich Brandanschläge auf mehrere Synagogen verübt wurden – mir liegt eine dpa-Meldung vom heutigen Tag vor, dass auch in dieser Nacht erneut eine Synagoge in Paris mit Brandsätzen angegriffen wurde –, ist wohl jedem klar, dass sich durch die Krise in Israel ein weiteres, ganz erhebliches und vor allem auch weltweites Gefährdungspotential aufbaut. Wir erinnern uns noch an die schlimmen Anschläge während der letzten Nahostkrise. Hier ist allerhöchste Wachsamkeit von Polizei, Verfassungsschutz und Bundesgrenzschutz geboten, gerade auch in der deutschen Hauptstadt.
Ich halte es allerdings für falsch, Herr Kollege Wieland, wenn so getan wird, als könnten wir voraussehen, wo die Täter zuschlagen werden, und als müsste die Polizei nur so lange am Ort des Geschehens warten, bis die Täter kommen, um sie dann dort in Empfang zu nehmen. So hörte sich Ihr Beitrag an. Am allerwenigsten sollten jene, Herr Kollege Wieland, so argumentieren, die bei jeder Gelegenheit den Abbau der Polizeistärke fordern, wie Sie es tun.
Niemand kann sagen, wo diese Kriminellen als nächstes auftauchen werden – seien es nun Rechtsradikale, radikale Palästinenser oder Nachahmungstäter. Das ist bei mehr als 50 potentiell gefährdeten jüdischen Objekten in Berlin auch völlig unmöglich. Wer etwas anderes behauptet, ist unrealistisch. Wer ehrlich ist, muss zugeben, dass gegen den Terrorismus kein
totaler Schutz möglich ist, wohl aber ein optimaler Schutz. Das Konzept des Innensenators und der Polizei, das eng mit der Jüdischen Gemeinde und deren Sicherheitskräften abgesprochen ist, trägt dem Ziel des optimalen Schutzes, wie ich meine, in vollem Umfang Rechnung. Dabei haben für uns – und das sage ich an dieser Stelle mit aller Deutlichkeit – Kindergärten oder auch das Jüdische Krankenhaus – um ein anderes Beispiel zu nennen – absolute Priorität bei den Schutzmaßnahmen, weil dort Menschen leben, die bei einem Angriff keine Chance haben, diesem zu entkommen. Da die Kapazitäten der Berliner Polizei begrenzt sind – das ist in diesem Haus sicher nichts Neues –, muss man sich umso intensiver über alternative Schutzmöglichkeiten Gedanken machen. Die CDU-Fraktion hat dies getan.
Schon einmal gab es einen Steinewerfer, der es auf die Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer abgesehen hatte. Das ist noch gar nicht so lange her. Weil es damals einen konkreten Verdacht gegeben hatte, durfte die Polizei nach der Strafprozessordnung eine Videokamera installieren, und das führte auch sehr rasch zu einer Festnahme des Täters. Unsere Rechtslage zwang jedoch die Polizei, die Kamera wieder abzubauen, weil das noch gültige Polizeigesetz in Berlin präventive Videoüberwachung nicht vorsieht. Hätte die Kamera da bleiben dürfen, wo sie war, dann hätte es den jüngsten Vorfall vielleicht nicht gegeben, oder wir hätten den Täter zumindest dingfest machen können.
Das führt uns mitten in die Problematik. In den letzten Wochen und Monaten haben wir viele Beiträge, Analysen und Rezepte gehört. Leider beschränken sich die Vorschläge der Grünen und der PDS – auch Ihre, Herr Wieland – im Wesentlichen auf symbolische Gesten wie Demonstrationen, Runde Tische, öffentliche Bekenntnisse oder Workshops. Wenn es uns aber wirklich ernst ist mit dem Kampf gegen politisch motivierte Gewalt und gegen den Extremismus, dann sollten wir in der Analyse genau und vor allem bei den Maßnahmen wesentlich konkreter sein.
Demonstrationen sind dann, wenn solche furchtbaren Vorfälle stattfinden, sicher wichtig. Ich habe nach den Vorfällen von Solingen selbst an solchen Demonstrationen und Kundgebungen teilgenommen. Aber die Frage muss doch wohl erlaubt sein, ob ich mit einer Demonstration wirklich einen zu allem entschlossenen Täter an seiner Tat hindern kann. Auch werden, wie wir am Wochenende in Köpenick wieder erleben mussten, solche Demonstrationen leider allzu oft zum Ausgangspunkt von Gewalt. Verletzte Polizeibeamte und eingeworfene Fensterscheiben diskreditieren das eigentlich gute politische Ansinnen einer solchen Demonstration, und die Teilnehmer einer solchen Demonstration sollten sich vorher überlegen, mit wem sie dort auf die Straße gehen.
Empörung und Entrüstung sind uns Demokraten allen gemeinsam, aber Empörung und Entrüstung sind zu wenig. Wir brauchen konkrete Maßnahmen, die auch unmittelbar greifen können. Wie der französische Dichter Molie`re sagt, sind wir nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir zu tun unterlassen. Die aktuelle Entwicklung der extremistischen Szene zeigt, dass wir nur dann erfolgreich sein können, wenn wir auch bereit sind – und ich sage das mit aller Klarheit –, mit Polizei und Justiz repressiv zu reagieren. Es reicht nicht aus, sich über rechtsradikale Aufmärsche am Brandenburger Tor aufzuregen, sondern man muss auch bereit sein, der Versammlungsbehörde das gesetzliche Rüstzeug in die Hand zu geben, damit sie solche Aufmärsche verbieten kann.
Ich freue mich deshalb über die sehr konkreten Vorschläge unseres Innensenators Dr. Werthebach, der entgegen Ihren Vorwürfen, Herr Wieland, sehr effektiv auf das, was in Berlin geschieht, reagiert.
Der Herr Innensenator hat die Schaffung befriedeter Bezirke vorgesehen und stößt damit mittlerweile auf Bundes- und auf Landesebene auch bei den Sozialdemokraten auf Zustimmung.
Es ist zu hoffen, dass sich die momentane, im Bundestag noch vorhandene Mehrheit der Unentschlossenen, wenn man durchzählt, in eine Mehrheit der Entschlossenen wandelt, damit der Versammlungsbehörde rechtzeitig vor dem 27. Januar wirksame Rechtsgrundlagen zur Verfügung stehen.
Er war auch zweifellos misslich, dass bei dem Vorfall an der Synagoge Rykestraße – als zwei unbekleidete Täter versuchten, einen jüdischen Gottesdienst zu stören – private Wachschützer Pfefferspray einsetzen mussten, weil die ebenfalls vor Ort befindlichen Wachpolizisten damit nicht ausgerüstet waren. Die Koalition wird – wir haben das im Innenausschuss gesagt – hier rasch Abhilfe schaffen. Ich bin unserem Koalitionspartner dankbar, dass er bereits im September einer entsprechenden Novellierung des Unmittelbaren-Zwangs-Gesetzes zugestimmt hat. In Kürze können daher unsere Polizeibeamten – insbesondere die Objektschützer – mit diesem wirksamen Abwehrmittel ausgestattet werden. [Beifall bei der CDU]
Ich will an dieser Stelle nicht die Debatte über die Videoüberwachung in allen Einzelheiten führen. Aber, Herr Wieland, mit einer Kameraüberwachung gefährdeter jüdischer Objekte, die an der Hauswand endet – wie Sie es im Innenausschuss vorgeschlagen haben –, wird es nicht getan sein. Es ist realitätsfern anzunehmen, dass sich ein Angreifer, wenn er die Möglichkeit hat, aus zehn oder zwanzig Meter Entfernung einen Stein oder eine Brandflasche zu werfen, unmittelbar vor die Hauswand stellt, an der die Kamera installiert ist, um sich für das Polizeiarchiv ablichten zu lassen. Man kann über den Einsatz von Videoüberwachung streiten. Ich will diese Debatte heute nicht führen. Aber wenn man Kameras installiert, dann müssen sie das gesamte Umfeld des betreffenden Objekts – also auch die Straße und den Bürgersteig – erfassen, sonst kann man sich das schenken. [Beifall bei der CDU]
Wenn wir diese Punkte auch in dieser Debatte ansprechen, dann sollten Sie nicht – wie im Innenausschuss geschehen – Empörung vorspielen, Herr Wieland, nur weil Sie selbst keine Vorschläge unterbreiten können.
Wir haben konkrete Vorschläge gemacht. Sie sollten sich mit diesen auseinander setzen. Unbestritten ist, dass wir dem Phänomen politisch motivierter Gewalt nur mit einem Bündel von Maßnahmen begegnen können. Weder Repression noch Prävention allein sind ausreichend.
Man kann beklagen – wie es die Opposition tut –, dass zu wenig getan wird. Es gehört jedoch zu einer realistischen und fairen Bestandsaufnahme, sich auch der Dinge zu besinnen, die bereits geschehen. So haben wir in Berlin zum Beispiel eine große Zahl an Gedenkstätten und Jugendbildungseinrichtungen geschaffen. An vielen dieser Stätten wird hervorragende Arbeit für die Bewusstmachung historischer Schuld geleistet. Wir haben mit vielen Millionen DM das Programm „Jugend gegen Gewalt“ finanziert. Wir fördern die Aktion Zeitzeugen. Das Sportförderungsprogramm Kick, das noch von Senator Schönbohm eingeführt wurde, erweist sich als ausgesprochen wirkungsvoll. Wir haben die Landeskommission „Berlin gegen Gewalt“. Wir stehen keineswegs – wie es die Opposition suggerieren will – mit leeren Händen da.
Allerdings gibt es auch im präventiven Bereich eine Forderung, deren Erfüllung noch aussteht. Wir brauchen dringend die Einführung eines verbindlichen, werteorientierten Pflichtfachs an allen Berliner Schulen.