Meine Damen und Herren! Ich eröffne die 16. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie sowie die Zuschauer und Zuhörer ganz herzlich.
Zu Beginn unserer 16. Sitzung möchte ich einem Geburtstagskind g r a t u l i e r e n. Der Herr A b g e o r d n e t e D r. E k k e h a r d W r u c k hat heute G e b u r t s t a g. – Herzlichen Glückwunsch, Herr Wruck!
Ich bitte um Aufmerksamkeit für etwas, das Sie bis jetzt noch nicht auf Ihren Tischen haben. Ich habe die dringliche
Antrag der Fraktion der CDU, der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS und der Fraktion der Grünen über Sieg der Demokratie in Jugoslawien
Da Sie diesen Antrag noch nicht haben und er gerade in diesem Moment erst zu uns gekommen ist, verlese ich Ihnen diesen Antrag. Ich weise darauf hin, dass wir über diesen Antrag anschließend abstimmen werden. Der Antrag lautet:
Das Berliner Abgeordnetenhaus beglückwünscht das serbische Volk zum Erfolg der unblutigen Revolution, mit der es das eindeutige Wahlergebnis durchsetzen konnte. Wir freuen uns mit den zurzeit in Berlin lebenden Bürgerinnen und Bürgern aus der Bundesrepublik Jugoslawien, von denen viele in unserer Stadt Zuflucht vor dem Belgrader Regime gefunden haben. Der Sturz der Diktatur in ihrem Heimatland hat diesen Menschen wieder eine Perspektive gegeben. Mit dem Sturz des Diktators Milosˇevic´ und der Wahl des Präsidenten Kosˇtunica hat die Bundesrepublik Jugoslawien den entscheidenden Schritt in die Gemeinschaft der Demokratien Europas getan.
Das Berliner Abgeordnetenhaus begrüßt die Unterstützung der europäischen Union für den Demokratisierungsprozess und verbindet damit die Hoffnung auf weitergehende demokratische Veränderungen vor allem auch für die ethnischen Minderheiten in Jugoslawien. Das Abgeordnetenhaus ist erleichtert darüber, dass mit Aufhebung des in Zusammenhang mit dem Kosovokrieg gegen Serbien verhängten internationalen Ölembargos und mit den im Rahmen des Balkanstabilisierungspaktes in Aussicht gestellten Hilfen für den wirtschaftlichen Wiederaufbau Europa und Jugoslawien wieder einen gemeinsamen Weg in die Zukunft finden. Wir wünschen der siegreichen Oppositionsbewegung und den Völkern Jugoslawiens Erfolg bei der Gestaltung eines stabilen demokratischen Systems und der Integration in die europäische Staatengemeinschaft.
Dieser Antrag ist unterschrieben von den Vorsitzenden aller Fraktionen des Berliner Abgeordnetenhauses.
Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei acht Stimmenthaltungen ist dieser Antrag damit angenommen. – Meine Damen und Herren, ich bedanke mich bei Ihnen!
Nun einige geschäftliche Mitteilungen: Die CDU hat mit Schreiben vom 29. September mitgeteilt, dass sie p e r s o n e l l e Ä n d e r u n g e n f ü r d e n U n t e r s u c h u n g s a u s s c h u s s z u m G r o ß f l u g h a f e n S c h ö n e f e l d beschlossen hat. Diese personellen Änderungen müssen nach dem Gesetz vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Als Mitglied scheidet Herr Roland Gewalt aus. Dafür soll Herr Nicolas Zimmer nunmehr im Untersuchungsausschuss für die CDU tätig sein. Als stellvertretendes Mitglied scheidet Frau Abgeordnete Gisela Greiner aus, und Herr Abgeordneter Roland Gewalt soll nunmehr als Stellvertreter fungieren.
Wer so wählen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist das einstimmig beschlossen.
Auf unsere heutigen Tagesordnung steht unter dem Tagesordnungspunkt 16 die Vo r l a g e – z u r B e s c h l u s s f a s s u n g – ü b e r Ve r k a u f l a n d e s e i g e n e r G r u n d s t ü c k e a n g e m e i n n ü t z i g e S p o r t v e r e i n e – Drucksache 14/690 –. Diese Vorlage soll über unsere heutige Konsensliste die Vorabüberweisung an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport und an den Hauptausschuss bestätigen. Die Fraktion der Grünen hat inzwischen beantragt, diese Vorlage z u s ä t z l i c h mitberatend auch an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz zu ü b e r w e i s e n.
Darüber lasse ich nun abstimmen. Wer dem so folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist das einstimmig beschlossen.
Am Montag sind zwei A n t r ä g e a u f D u r c h f ü h r u n g e i n e r A k t u e l l e n S t u n d e eingegangen:
1. Antrag der Fraktion der PDS zum Thema: „Antisemitische Anschläge in Berlin – Herausforderung für Rechtsstaat und Zivilgesellschaft“,
2. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Schutz der jüdischen Einrichtungen Berlins – Aufgabe der Sicherheitsbehörden und der gesamten Gesellschaft“.
Nach intensiver Aussprache im Ältestenrat haben sich die Fraktionen darauf verständigt, das Thema der Fraktion der Grünen für die heutige Sitzung vorzusehen. Ich werde also unter dem Tagesordnungspunkt 1A heute eine Aktuelle Stunde zum Thema „Schutz der jüdischen Einrichtungen Berlins – Aufgabe der Sicherheitsbehörden und der gesamten Gesellschaft“ aufrufen. Die näheren Einzelheiten zum Ablauf der Aktuellen Stunde gebe ich Ihnen zu Beginn dieses Tagesordnungspunkts bekannt.
Folgende M i t g l i e d e r d e s S e n a t s haben sich für die zeitweise A b w e s e n h e i t w ä h r e n d u n s e r e r h e u t i g e n S i t z u n g entschuldigt: Der Regierende Bürgermeister ist zwischen 14.00 und 15.30 Uhr abwesend sowie ab 18.00 Uhr. Der Grund ist der Empfang Seiner Königlichen Hoheit Henri Großherzog von Luxemburg beziehungsweise der Empfang der ADAC-Juristen im Berliner Rathaus. Senator Stölzl ist zwischen 16.00 und 17.00 Uhr abwesend, da er den Regierenden Bürgermeister bei der Einweihung der Botschaft des Großherzogtums Luxemburg vertritt.
2. Hält der Senat an der im Rundschreiben LSA Nr. 48/2000 über „Offensive zur Verringerung von Unterrichtsausfall“ getroffenen Entscheidung fest, nach denen „Schülerfahrten nur genehmigungsfähig sind, wenn das Unterrichtsangebot für die anderen Klassen/Kurse gesichert ist“?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schlede! Schülerfahrten sind wirksame, pädagogisch gewünschte Maßnahmen, die von den Lehrerinnen und Lehrern
sehr viel Engagement und persönlichen Einsatz verlangen. Sie gehören mit ihren Angeboten zum Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule. Ich danke den Lehrerinnen und Lehrern ausdrücklich für ihren Einsatz bei den Schüler- und Klassenfahrten, denn entgegen der landläufigen Meinung ist das keine Freizeit, sondern pädagogische Arbeit.
Das ist mir gerade eingefallen, Herr Kollege. Ich bedanke mich für Ihren Beifall, Sie können das nachprüfen.
Zu Punkt 2: Das Rundschreiben vom Landesschulamt hat zu umfangreichen Diskussionen geführt. Einerseits gibt es konstruktive Kritik, die den Leitsatz dieses Rundschreibens, nämlich die Minimierung von Unterrichtsausfall, zu dem ich mich nachdrücklich bekenne, für richtig erachtet und sagt, dass das in die richtige Richtung gehe. Das Rundschreiben hat übrigens keine neue Rechtsgrundlage geschaffen, sondern hat lediglich vorhandene Vorschriften gebündelt und Verfahrensweisen, die in anderen Bundesländern üblich sind, konzentriert vorgetragen. Andererseits ist von manchen das Rundschreiben nicht positiv empfunden worden, sondern als eine Gängelung. Es sollte jedoch eine Leitlinie für das Konzept, den Unterrichtsausfall zu verringern, sein.
In einem Punkt gibt es Verstimmungen, die auch mir nicht gefallen. Im Rundschreiben steht, dass bei Klassenfahrten der Unterricht vollständig zu vertreten sei. Nur das Wort „vollständig“ ist nicht angebracht. Es geht vielmehr darum, dass der Unterricht weitgehend zu vertreten ist. Das hat das Landesschulamt im Nachgang auch so geschildert. Es geht darum, Klassen- und Schülerfahrten entsprechend zu planen und sich darum zu kümmern, dass der Unterricht weitgehend vertreten werden kann. Das setzt voraus, dass die Schulen ausreichend Lehrkräfte zur Vertretung haben. Das ist ein Prozess, um den wir immer ringen. Im Übrigen unterliegt das Rundschreiben der Mitwirkung. Derzeit ist es in den Gremien, aus denen es geläutert herauskommen kann.
Herr Böger, glauben Sie nicht auch, dass Ton und Inhalt des Schreibens insbesondere bezüglich der Klassenfahrten manch einem Lehrer den Vorwand geboten hat, eine geplante Klassenfahrt unter Berufung auf das Rundschreiben zurückzuziehen und sich damit einer Last zu entledigen?
Ich kann nicht ausschließen, dass manche das so empfinden, aber ich kann nicht ernsthaft glauben, dass sich hochqualifizierte und ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, die in ihrem Beruf eine intrinsische Motivation mitbringen, durch Rundschreiben von etwas abbringen lassen, von dem sie pädagogisch überzeugt sind, nämlich Klassen- und Schülerreisen zu veranstalten.
Ich fände es absurd, wenn Lehrerinnen und Lehrer den Kindern erzählten, sie könnten keinen Ausflug mehr machen, weil es nicht mehr gehe. Nach meinem bescheidenen Schulverständnis ist es so, dass zwei Lehrkräfte zu einer Klassenreise mitfahren.
Die Klasse selbst hat ja auch ein Unterrichtsangebot in der Schule. Für die anderen in dieser Klasse unterrichtenden Lehrkräfte ist dann kein Unterricht. Die Lehrkraft, die mitfährt, hat in der Regel mehrere Stunden in dieser Klasse, so dass es möglich sein müsste, auch eine Vertretung zu organisieren. Ob das dann immer fachspezifisch gelingt, ist eine andere Frage. Aber auch da kann man Tauschprozesse vornehmen. Das und nichts anderes war gemeint. Ich möchte im Gegenteil geradezu dazu ermuntern, dass die Schulen das, was auch in unseren Lehrplänen, Curricula steht, Schüler- und Klassenfahrten, weiter zu planen und durchzuführen.
Herr Senator! Werden Sie dafür sorgen, dass das Ersatzrundschreiben im Ton sensibler gefasst wird, um die Motivation, Klassenfahrten durchzuführen, deutlich zu fördern?
Dieses Ersatzrundschreiben, es gibt ein ergänzendes Rundschreiben, ist schon abgeschickt. Ich fühle mich auch nicht vorrangig als Schulpsychologe angestellt. Ich bin auch nicht ganz sicher, ob man überhaupt, werter Kollege Schlede, im Bereich von Rundschreiben – die sollen etwas aussagen und etwas klarstellen – mit einem hohen Maß von Psychologie arbeiten sollte. Ich finde, sie sollten die Wirklichkeit organisieren, aber sie sollen keine Anforderungen stellen, die mit anderen wichtigen Dingen, nämlich Klassenfahrten, kollidieren könnten. Insofern ist es korrekt.
Wenn Sie mir den bescheidenen Hinweis erlauben – Sie waren ja auch einmal in dieser Profession tätig, ich auch eine Zeitlang, jetzt ist das ja verwehrt –, ich darf sagen, ich habe in meiner langjährigen Unterrichtspraxis Rundschreiben nicht immerfort vor meinen Augen gehabt, und ich glaube, ich war trotzdem ganz gut.