Protokoll der Sitzung vom 01.03.2001

[Beifall bei der PDS]

Wir können heute nach vier Wochen eine Bilanz ziehen: Wir haben damals die Befürchtung angesprochen, dass mit der Veräußerung der Immobilienholding der Bankgesellschaft, der IBG, und ihrer Umwandlung in die IBAG, einer Aktiengesellschaft, eine Bilanzvertuschung, eine Bilanzbeschönigung bei der Bankgesellschaft Berlin stattfinden soll, mit der die notwendige Wertberichtigung überdeckt werden soll.

Uns wurde gesagt, es handele sich dabei um eine notwendige Umstrukturierung, die schon seit langem geplant war. Mittlerweile, nach der Aufsichtsratssitzung der Berliner Bankgesellschaft, hat man festgestellt, erstens: Es handelt sich hier überhaupt nicht um einen realen Verkauf, sondern faktisch um ein In-sich-Geschäft, das auf eine Eigenkreditierung der Bankgesellschaft Berlin hinausläuft. Der Wirtschaftsprüfer testiert diesen Vorgang nicht, akzeptiert ihn nicht. Der Aufsichtsrat und die Führungsgremien der Bankgesellschaft haben sich inzwischen dazu entschlossen, diese Transaktionen – da nicht seriös – in dieser Form nicht durchzuführen, und es droht die Rückabwicklung des gesamten Geschäftes, was heißt: Verschiebung der Jahreshauptversammlung der Bankgesellschaft, keine Dividendenauszahlung, Verlustabschluss der Bankgesellschaft Berlin mit allen Konsequenzen. Das hat sich realisiert. Die Befürchtung, die wir damals formuliert haben, sind übertroffen worden.

[Beifall bei der PDS]

Zweitens: Wir haben über die Frage Dividendenausfall diskutiert, und wir haben die Befürchtung des Dividendenausfalls angesprochen. Auch da wurde gesagt: Wir gehen davon aus, dass die Dividende der Bankgesellschaft gezahlt wird. Die Bankgesellschaft hat das erklärt. Auch hier die Realität: Mittlerweile gehen fast alle davon aus, dass die Dividende nicht nur in diesem

Jahr nicht gezahlt wird, sondern möglicherweise auch für Folgejahre auf Grund der Wertberichtigung, die bei der Bankgesellschaft vorgenommen werden muss, bedroht ist.

Eine weitere Konsequenz ist inzwischen schon eingetreten: Auf Grund des Dividendenausfalls und wegen des rapiden Kursverlustes der Bankgesellschaft Berlin und der damit verbundenen Unmöglichkeit, in diesem Jahr – wie ursprünglich vorgesehen – weitere Anteile an der Bankgesellschaft Berlin zu veräußern, haben wir seit gestern eine allgemeine Haushaltssperre im Land Berlin. Der Haushalt 2001 ist Makulatur. – Herr Landowsky, schütteln Sie nicht den Kopf! Es muss sich auch bis zu Ihnen durchgesprochen haben, dass eine Haushaltssperre verhängt wurde. Zumindest das werden Sie nicht leugnen können, dass es eine Haushaltssperre im Land Berlin gibt!

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Wir haben die Doppelfunktion von Herrn Landowsky als Fraktionsvorsitzender im Berliner Abgeordnetenhaus auf der einen Seite und seine Funktion als Vorstandssprecher der Berlin-Hyp sowie als Verantwortlicher für das Immobiliengeschäft der Bankgesellschaft Berlin auf der anderen Seite wie schon in so vielen Jahren zuvor angesprochen und kritisiert und haben die Auflösung dieser Doppelfunktion gefordert. Schneller als erwartet hat Herr Landowsky seinen Rücktritt angekündigt. Dies tat er aber eigenartigerweise wegen seiner Verfehlungen in seiner Partei, in seiner politischen Funktion, weil er eine Spende angenommen und nicht ordnungsgemäß deklariert hat. Ich frage mich, warum man in einem solchen Fall von seiner Bankfunktion zurücktritt, wenn eine politische Verfehlung nachgewiesen wird. Das bestätigt doch die Vermutung, Herr Landowsky, dass Sie nur einer Situation zuvorgekommen sind, in der Sie in der Bankgesellschaft nicht mehr haltbar waren. Deshalb haben Sie selbst diesen Schritt vollzogen. Der zweite Schritt muss auch noch erfolgen: Ihr Rückzug von der politischen Funktion! Darauf werde ich nachher noch eingehen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Auf Nachfragen nach dem von der Berlin-Hyp kreditierten Aubis-Geschäft danach, wie es kommen konnte, dass eine solche Unternehmensgruppe, die keine vernünftigen Sicherheiten anbieten konnte, die unsaubere Kalkulationen hatte, diesen Kredit ausgereicht erhielt, wurde uns erklärt, dass dies alles kein Problem sei und in der Bankgesellschaft geprüft worden sei. Herr Landowsky war am Rand der Sitzung zu vernehmen und sagte, dort sei nichts. Es hat nicht lange gedauert! Es liegen mittlerweile Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass diese Kalkulation der Aubis-Gruppe nicht seriös ist. Vor allen Dingen ist der Spendenvermerk von Herrn Wienhold sehr schnell öffentlich geworden, dem einerseits festgestellt wurde, dass es notwendig sei, eine Beschleunigung der Kreditvergabe zu erreichen, und andererseits gesagt wurde, die zugesagte 40 000 DM Spende müsse ausgereicht werden. Dieser unmittelbare zeitliche Zusammenhang mit der Ausreichung der Barspende in den Räumen der Bankgesellschaft und der Genehmigung des Kredits hat unsere Befürchtungen übertroffen. Soweit sind wir in unseren Vermutung nicht gegangen, dass es so einfach und so banal läuft. Wir dachten, es hätte andere Verpflichtungen gegeben.

Jetzt geht es um die Frage der Parteispende. Es ging lange mit der Aufklärung hin und her. Diese Parteispende ging wundersame Wege. Der Parteivorsitzende Diepgen hat mehrfach erklärt, der Weg der Spende sei aufgeklärt, die Affäre sei beendet. Ich finde, dass an diesem Punkt überhaupt nichts aufgeklärt ist. Bislang ist einzig der Weg dieser Spende technisch nachvollzogen worden. Es ist aber von Seiten der CDU nicht über die Motive aufgeklärt. Sie ist auch nicht der Frage nachgegangen, warum es dazu gekommen ist. Das ist die Frage, die die CDU angehen muss und die die Öffentlichkeit in dieser Stadt und das Parlament interessiert. Wie konnte es kommen, dass eine 40 000-DM-Spende, immerhin die zweigrößte Spende in diesem Jahr – wenn man dem Rechenschaftsbericht der CDU glaubt, aber dem kann man ja anscheinend nicht immer glauben –, in bar übergeben wurde, nicht in den Rechenschaftsbericht eingegangen ist und ein Teil dieser Spende – 15 000 DM – beim Geschäftsführer im Schrank über mehrere Monate gelegen

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und er erklärt hat, es seien ihm dabei die Schweißperlen gekommen? Was ist das für ein Finanzgebaren? Was ist das für ein Vorgang? Man muss nachfragen und sich nicht einfach sagen lassen, es sei so gewesen, es seien Fehler gemacht worden und damit die Affäre für beendet halten. Herr Diepgen, hier ist Aufklärung von Seiten der CDU notwendig. Da müssen die Fragen beantwortet werden, wie es dazu kommen konnte. Es stellt sich natürlich auch die Frage, wenn mit einer Spende so umgegangen wurde –

[Zuruf von der CDU: Mit allen!]

nicht mit allen! Wenn sowohl der Fraktionsvorsitzende in seinem Büro in der Bankgesellschaft eine 40 000-DM-Barspende entgegennimmt, dafür keine Quittung ausstellt –

[Zuruf von der CDU]

Sie können noch einmal klären, ob es zweimal 20 000 DM oder einmal 40 000 DM; dies gehört noch zu den nicht aufgeklärten Bereichen –

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

In der Summe sind es 40 000 DM. Wenn eine solche Spende so aufgenommen wird, wenn der damalige Schatzmeister der CDU, Herr Buwitt, die Aufteilung dieser Spende freihändig mit Herrn Landowsky vereinbart und Herr Buwitt diese Spende auch nicht verbucht, sondern 4 000 DM an seine Mitarbeiterin, 21 000 DM an Herrn Wilczek gibt, der davon eine Weihnachtsfeier bezahlt und 15 000 DM im Schrank bunkert und ihm dabei die Schweißperlen kommen, muss man sich doch die Frage stellen, ob ein solches Verfahren auch bei anderen Spenden angewandt worden ist. Die allgemeine Lebenserfahrung spricht dafür, dass es auch noch andere Fälle gegeben hat, wenn ein solches Spendengebahren in einem Einzelfall aufgetreten ist. Es sollte in Ihrem Interesse liegen, hier für Aufklärung zu sorgen und dabei nachzuhaken, bevor Sie sagen, dass dies ein einmaliger Fall gewesen sei, da sei nichts gewesen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Das sind die Komplexe, wo der Parteivorsitzende und der Regierende Bürgermeister gefragt ist. Warum wurde diese Spende in bar ausgezahlt? Wie konnte es zu diesem engen zeitlichen Zusammenhang kommen? Warum wurde keine Quittung ausgestellt? Warum wurde diese Spende nicht verbucht? Die Frage stellt sich auch, ob dies üblich war. Es war immerhin ein dreifacher Verstoß, wie Sie selbst festgestellt haben: Zum einen war es ein Verstoß gegen das Parteiengesetz, was keine Bagatelle ist. Dahinter steht immerhin das Publizitätsgebot des Grundgesetzes. Zum anderen war es ein Verstoß gegen Ihre eigene Finanz- und Beitragsordnung und ferner ein Verstoß gegen Ihre eigenen internen Regelungen. Da muss doch die Frage gestellt werden, warum und wie es dazu gekommen ist.

Herr Diepgen, Sie sollten heute in dieser Aktuellen Stunde nicht nur dem Finanzsenator die Beantwortung der Großen Anfrage überlassen. Sie sind selbst unmittelbar zu einer Stellungnahme aufgefordert. Sie müssen Ihre Politik des Aussitzens und des Verschweigens, der Behauptung, dort sei nichts gewesen, es sei alles aufgeklärt, beenden. Sie müssen daran gehen, selbst rücksichtslos aufzuklären, aufzudecken und reinen Tisch zu machen. Wenn Sie es nicht tun, werden es andere tun. Dann wird alles vor einen Untersuchungsausschuss gezogen. Das wird für Sie, nach allem was wir inzwischen wissen und was dann herauskommen wird, nicht gut ausgehen.

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Sie haben in Ihrer Eigenschaft als Regierender Bürgermeister eine Fürsorgepflicht gegenüber der Bankgesellschaft Berlin, immerhin der wichtigsten Beteiligung des Landes. Sie haben auch eine Fürsorgepflicht, dass diese Bankgesellschaft aus dem Gerede kommt, in dem sie zur Zeit steht. Sie haben auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten dieser Bankgesellschaft. Können Sie sich beispielsweise vorstellen, was sich derzeit kleine Sachbearbeiter anhören müssen, wenn sie Antragsteller für einen kleinen Kredit für ein neues Auto ablehnen? Was glauben Sie, was diese zurzeit zu hören bekommen. Es wird gesagt, dass bei den Kleinen die Kredite abgelehnt werden,

während sich die Großen oben bedienen. Auch auf dieser Ebene haben Sie eine Verpflichtung, Herr Regierender Bürgermeister! Sie müssen Klarheit schaffen und mögliche Verquickungen aufdecken. Sie müssen dies nicht nur in Ihrer Eigenschaft als Parteivorsitzender, sondern auch in Ihrer Eigenschaft als Regierender Bürgermeister tun!

[Beifall bei der PDS und den Grünen]

Wir erleben jetzt das Übliche solcher Affären. Es wird erklärt, es komme nichts mehr, das sei alles gewesen, es sei aufgeklärt. Jeden Tag können wir dagegen in der Zeitung eine neue Enthüllung lesen. Heute Morgen stand etwas über das Sonderkonto der CDU über 100 000 DM bei der Fraktion. Wir wissen nicht, woher diese Gelder in den 70er und 80er Jahren hergekommen sind. In den 80er Jahren hat es ja auch einiges bei der CDU gegeben; ich erinnere mich. Es stellt sich die Frage, woher das Geld kommt. Auch dies müsste einmal aufgeklärt werden. Welche Altlasten existieren möglicherweise?

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Dr. Steffel (CDU): Sie sind die Altlasten! – Landowsky (CDU): Reden Sie doch weiter!]

Ja, Herr Landowsky, ich rede weiter. Ich möchte nur die ungeteilte Aufmerksamkeit haben, und die schien mir im Moment nicht ganz gegeben.

[Ah! von der CDU – Frau Ströver (Grüne): Die tun nur so! – Kittelmann (CDU): Wir haben Mitleid mit Ihnen!]

Ich habe vorhin in „Inforadio“ die Meldung gehört, dass das Fernsehmagazin „Kontraste“ heute Abend in der Sendung berichten wird, dass ihm eine interne Stellungnahme eines hochrangigen Kreditprüfers der Berliner Bankgesellschaft vorliegt.

[Kittelmann (CDU): Dann müssen wir ja unsere Sitzung unterbrechen!]

In dieser Stellungnahme heißt es, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Aubis-Gruppe nicht ausreichend geprüft seien. Und es heißt weiter in dieser Stellungnahme:

Offenbar verspürt man der Aubis-Gruppe gegenüber eine gewisse moralische Verpflichtung. Anders ist für mich nicht erklärbar, dass der Kredit doch noch genehmigt werden soll.

Eine derartige Stellungnahme intern aus der Bankgesellschaft – es war ja immer wieder zu hören, dass es sie geben soll –, die klar sagt, dass dieser Kredit nicht hätte genehmigt werden dürfen, und die die Vermutung äußert, dass es sachfremde Erwägungen gibt, das schreit nun wirklich nach Aufklärung. Und ich finde, das schreit auch danach, Herr Diepgen, dass Sie endlich Ihre schützende Hand über Herrn Landowsky wegnehmen und dass personelle Konsequenzen gezogen werden.

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Beifall des Abg. Dr. Köhler (SPD)]

Herr Landowsky ist ohnehin nur noch Fraktionsvorsitzender auf Abruf. Das haben Sie selbst erklärt, indem Sie, wie zu lesen war, nach der Fraktionssitzung am Dienstag festgestellt haben – Sie wissen ja manchmal sehr präzise zu formulieren –, dass Herr Landowsky die nächsten Wochen und Monate das Amt des Fraktionsvorsitzenden ausüben werde. Das ist ein relativ kurzer Zeitraum. Damit haben Sie erklärt, dass er Fraktionsvorsitzender auf Abruf ist.

[Dr. Steffel (CDU): Sie auch! – Weitere Zurufe von der CDU]

Nachdem, was jetzt an neuen Fakten vorliegt, meine ich aber, dass jetzt wirklich Klarheit geschaffen und diese Verquickung aufgelöst werden muss. Es ist nicht hinnehmbar, dass man bei dieser Sachlage – der engen zeitlichen Verquickung zwischen der nicht verbuchten Spende der Herren Wienhold und Neuling von der Aubis-Gruppe und der Kreditvergabe; der interne Vermerk der Bankgesellschaft mit der Stellungnahme, wo die Vermutung geäußert wird, dass angesichts der wirtschaftlichen Daten nur sachfremde Erwägungen leitend sein könnten und

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eine gewisse moralische Verpflichtung gegenüber der AubisGruppe existiere – weiter abwartet. Das ist skandalös. Das kann nicht Wochen und Monate warten, sondern hier sind Konsequenzen gefordert, und zwar sowohl auf der Ebene der Aufklärung als auch auf der personellen Ebene.

[Beifall bei der PDS und den Grünen – Kittelmann (CDU): Merken Sie nicht, dass Sie sich pausenlos wiederholen?]

Es wird wahrscheinlich von Seiten der Berliner CDU – das war auch schon in der „Berliner Rundschau“ zu lesen – gleich versucht werden, den Gegenangriff zu starten, dass es sich hier um eine Kampagne einer angeblichen vereinigten Linken handele, mit der versucht werden solle, die Bankgesellschaft, die CDU und andere in Verruf zu bringen. Ich kann dazu nur sagen: Weder wir noch die SPD oder die Grünen haben diesen Spendenskandal verursacht.

[Landowsky (CDU): Aha!]

Das ist Ihr hausgemachter Skandal.

[Landowsky (CDU): Das ist der Regierungssprecher!]

Wir haben auch nicht die Bankgesellschaft in Verruf gebracht mit der Verquickung von politischen Funktionen, parteipolitischem Interesse und dieser Vorstandsfunktion bei der Berlin-Hyp, sondern auch das haben Sie zu verantworten. Es waren auch nicht wir, die die Affäre für beendet erklärt haben und jeden Tag mit neuen Enthüllungen rechnen müssen. Das alles ist hausgemacht und Ihre Verantwortung, und Sie können sich nicht mit dem lauten Ruf: „Haltet den Dieb!“ aus der Verantwortung stehlen.

Wenn es mir gestattet ist, als Außenstehender einen Eindruck zu vermitteln,