In dem Antrag Nr. 679 ist weder von einem Bebauungsplan noch von einem Wachturm oder dem größten Teil, über den Sie geredet haben, die Rede. Sie haben über Sachen gesprochen, die gar nicht in dem Antrag stehen, und die Koalition für etwas beschimpft, worüber Sie im Ausschuss überhaupt nicht gesprochen haben. Insofern ist das jetzt schon ein merkwürdiger Auftritt von Ihnen gewesen.
Ich weiß, dass Ihnen das besonders am Herzen liegt, weil Sie wollen, dass ganz Berlin von einem Radweg umgeben wird, den man auf diesem Mauerstreifen anlegt. Aber auch da, Herr Cramer, haben Sie offenbar übersehen, dass dieses Parlament das am 5. April dieses Jahres bereits beschlossen hat, und zwar auf einen Antrag von Ihnen hin in leicht geänderter Form, aber mit dem klaren Bekenntnis, dass man eine Dokumentation im Zuge des Mauerstreifens macht und dass man möglichst einen durchgängigen Rad- und Fußweg anlegen soll. Derartige Forderungen stehen in diesem Antrag, aber Sie entblöden sich nicht – das muss ich wirklich sagen –, hier noch einmal das Gleiche zu erzählen und über Dinge zu reden, die nicht in dem Antrag stehen und die – ehrlich gesagt – für dieses Parlament langsam zu einer Belastung werden, wenn Sie sie jedes Mal wieder neu erzählen. [Beifall bei der SPD und der CDU]
Insofern fehlt eigentlich nur noch, dass Sie noch fordern – das würde nämlich dann naheliegen –, dass alle Mauerreste horizon
tal verlegt werden, damit Sie anschließend eine Skaterbahn darauf bauen können. Das wäre in etwa das Niveau, das Sie hier gezeigt haben.
[Beifall bei der SPD und der CDU – Wieland (Grüne): Ha, ha! – Frau Ströver (Grüne): Etwas mehr Niveau bitte!]
Herr Gaebler! Jetzt bringen Sie das Niveau aus dem Ausschuss auch noch in das Parlament: Demnach hat die Opposition keine Ahnung und bringt nur Anträge ein, die populistisch und dumm sind.
Ich weiß, nur Sie haben die Weisheit mit Löffeln gefressen, und insbesondere die SPD hat in Bezug auf den Mauerverlauf die Weisheit gepachtet. Da sollten Sie nicht einen solchen großen Mund riskieren, sondern einmal nachdenken, was es hierbei an Versäumnissen gegeben hat und was wir noch zu retten versuchen. Es ist nicht mehr viel, aber das Wenige wollen wir retten.
Ich bringe keineswegs meine Anträge durcheinander, und ich kenne auch den Antrag, den wir einstimmig beschlossen haben. Im vorliegenden Antrag geht es nur darum, die Markierung und Beschilderung des Mauerverlaufs durchzusetzen. Dazu konnten Sie sich nicht durchringen und haben einen Antrag gebracht, der in der Tat mit unserem Antrag nichts zu tun hat, denn in dem Originalantrag stand nichts vom Erhalt der Mauerreste. Das kam von Ihnen. Wir wollten auch den gesamten Mauerweg ausschildern, aber Sie schreiben nur vom Mauerweg im Stadtraum, als hätte die Mauer zwischen Westberlin und Brandenburg nichts damit zu tun. Das sind doch Ihre Worte, die Sie hier als Blödheit gegeißelt haben. Das fällt voll auf Sie zurück. Dem sollten Sie sich stellen! [Beifall bei den Grünen] Noch einmal die Frage: Wie verhalten Sie sich zu dem Mauerturm? – Der gehört zu den Grenzanlagen. Das müssen Sie doch einmal begreifen. [Zurufe von der SPD] Ich rede über Ihren Änderungsantrag bzw. Ihre Beschlussempfehlung. Lesen Sie bitte Ihre eigenen Worte, und regen Sie sich nicht über unseren Antrag auf! [Gaebler (SPD): Es steht aber in dem Antrag! – Weitere Zurufe von der SPD] Sie haben unseren Antrag völlig entstellt. Das habe ich am Anfang auch gesagt. Ihr Änderungsantrag hat mit unserem Antrag nichts zu tun. Jetzt möchte ich es doch genau wissen – und reden Sie sich nicht formal heraus: Wollen Sie den Wachturm retten? [Zurufe von der CDU: Ja!] Zu der Grenzanlage gehören die äußere Mauer, die innere Mauer, der Grenzstreifen dazwischen und die Wachtürme. Es gab über 300, und es sind nur noch fünf, davon zwei auf Berliner Gebiet erhalten. Die wollen wir retten. Auf diese Frage wollen wir eine Antwort, und deshalb möchte ich Sie bitten, klar Position zu beziehen, damit wir den Wachturm retten können. [Beifall bei den Grünen]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich empfand den Beitrag von Herrn Cramer nicht als Belastung. Was hier vorliegt und was die große Koalition beantragt hat, ist meiner Ansicht nach in seinem Geist und in seiner Formulierung ein selbstverständlicher Antrag. Ich nehme auch an, dass er die Mehrheit des Hauses finden wird.
Ich möchte zur Herrn Cramer und den Grünen eine Bemerkung machen, die die Überschrift und auch Ihre Begründung angeht, Herr Cramer: „Attraktion für Berlin und seine Besucher“. – Mit dieser Formulierung sind Sie doch in der Spaßgesellschaft angekommen. Die Mauerreste haben mit der Love Parade oder ähnlichen Ereignissen nicht viel zu tun.
Selbstverständlich interessieren sich auch die Touristen für die Mauer, aber entscheidend ist doch, was die Mauer in ihrer Bedeutung auch heute noch aussagt. Wir sind uns doch darüber einig, dass wir dieses ganze Jahrhundert brauchen werden, um mit den körperlichen, seelischen und materiellen Folgen fertig zu werden. Denken Sie an die Mauerschützenprozesse! Wenn Sie ganz aktuell wissen wollen, was im Schatten der Mauer auch geschah, das hat das Buch von Ines Geipel gerade gezeigt: Die Dopingfälle – wie Kinder, 13- oder 14-jährige Mädchen gedopt wurden und zu Monstern wurden!
Das alles sind Mauerfolgen, und deshalb würde ich – das ist eine freundschaftliche Empfehlung, Herr Cramer – mit dem Wort „Attraktivität“ und dem Hinweis, über die Mauer so viele Touristen heranzulocken, ein wenig vorsichtiger umgehen.
Nun noch zu einem ungelösten Problem, und dabei stimme ich Herrn Cramer zu: Dieser Antrag macht nur Sinn, indem er das aufnimmt – insoweit haben die Kollegen von der Sozialdemokratie Recht –, was wir schon einmal beschlossen haben. Wir haben in der Tat beschlossen, dass der Wachturm am Leipziger Platz nicht abgerissen wird, sondern erhalten bleibt. Verehrter Herr Senator Strieder – schön, dass Sie jetzt da sind –, hierbei haben Sie uns versprechen müssen, dass Sie uns bis zum 28. Februar – ich glaube, so lautete der Termin – eine entsprechende Vorlage machen. Auf diese Vorlage warten wir jetzt zweieinhalb Monate, und ich nutze die Diskussion und den Antrag, um Sie daran zu erinnern.
Herr Cramer, vielleicht können wir die Kontroverse so entschärfen: Ich verstehe den Antrag so, dass er auch den Wachturm enthält.
Ein Mauerrest ist auch der Wachturm, und deshalb werden wir diesem Antrag jetzt zustimmen – hoffentlich mit Ihnen zusammen. Dann haben wir eine Bekräftigung und Bestätigung des einstimmigen Willens des Parlamentes, dass dieser Wachturm am Leipziger Platz dort, wo er steht, auch erhalten bleibt.
Verehrter Herr Strieder! Ich nehme an, dass Sie ein Argument überzeugen wird. Es gibt jetzt einen Button, auf dem ein für Sie sehr schmeichelhaftes Foto von Ihnen und Herrn Momper zu sehen ist. Herr Stahnke nennt das den „Taliban von Berlin“, und niemand in dieser Stadt und vor allem niemand in diesem Parlament hat eine Interesse daran, dass dieser Begriff an Ihnen haften bleibt. Deshalb nehme ich an, dass auch Sie diesem Antrag zustimmen werden. – Danke schön!
Danke sehr, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Cramer! Eigentlich wollte ich Ihnen vorwerfen, dass das ein Stück aus dem Tollhaus war, aber über das, was Kollege Lehmann-Brauns abgeliefert hat, bin ich nun noch erstaunter. Dass wir bei dem Thema „Erhalt der Mauerreste“ über das Doping im Sport reden, ist doch etwas abwegig. interjection: [Goetze (CDU): Das passt Ihnen natürlich nicht!]
Der Antrag der Grünen beschäftigt sich mit der Kennzeichnung des Mauerverlaufs und mit einem Radweg. Wenn ich mich so recht an die Debatte im Ausschuss erinnere, so sind Sie, Herr Cramer, von Herrn Strieder und seinen Verwaltungsbeamten aufgefordert worden, Ihre durchaus sinnigen Vorschläge, wie gewisse Probleme bei der Durchwegung gelöst werden können, auf direktem Weg an die Verwaltung heranzutragen. Sie hatten auch Vorschläge gemacht, wie dort die Finanzierung zum Teil durch die DB AG und durch Bundesmittel erfolgen könnte, wenn man jetzt rechtzeitig handeln würde. Bei all diesem gehen wir vollkommen mit. Aber ich verstehe nicht, warum Sie jetzt nicht einfach sagen können: Ja, diesem Antrag über Erhalt der Mauerreste, für den sich inzwischen alle Fraktionen des Hauses aussprechen, stimmen wir einfach einmal zu! – Stattdessen wiederholen Sie die Debatte von vor sechs Wochen um den Wachturm. In diesem Fall muss ich ausnahmsweise einmal Herrn LehmannBrauns zustimmen: Auch ich würde diesen Wachturm als Mauerrest verstehen, den es zu erhalten gilt. Es geht um die Grenzsperranlagen der ehemaligen DDR und damit auch um diesen Wachturm.
Nun ist der Antrag der Grünen geprägt durch symbolträchtige Termine: Der Bericht sollte am 9. November 2000 vorliegen, die Eröffnung am 13. August 2001 stattfinden. Ich denke, wir sind uns darin einig, dass beide Termine so nicht zu halten sind. Ich hätte deshalb zumindest einen entsprechenden Änderungsantrag Ihrer Fraktion erwartet. Weshalb also dieses Getrampel hier? Fühlen Sie sich in Ihrer Arbeit nicht genügend gewürdigt, Herr Cramer? – Bringen Sie diese Vorschläge ein. Ich habe die Verwaltung zumindest so verstanden – wir werden darauf achten, dass diese Zusagen auch eingehalten werden –, dass gerade die Vorschläge, die Sie mittels der durchnummerierten Anträge eingebracht haben, geprüft und teilweise übernommen werden sollten. Deshalb denke ich, dass der Antrag in dieser Form genau das ausdrückt, was uns alle in diesem Haus bewegt, nämlich, dass die Reste der Berliner Mauer erhalten bleiben, der Nachwelt als Mahnung und als Ansicht, auch für Touristen in dieser Stadt. Lassen Sie uns heute einmal in dieser Frage Gemeinsamkeit zeigen. – Danke!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will nicht wiederholen, was eigentlich von allen bekräftigt worden ist: dass wir im 40. Jahr des Mauerbaus in diesem Parlament darauf bestehen und auch weiter darauf bestehen werden, alles, was von diesem Bauwerk, der Mauer, noch erhalten ist, zu erhalten. In diesem Sinn ist auch unser Ergänzungsantrag zu dem der Grünen zu verstehen. Wenn wir ein Konzept vom Senat fordern, dann beinhaltet es einmal, dass über alles noch Vorhandene Aufschluss gegeben, es erfasst, es für uns auch noch einmal nachvollziehbar gemacht wird. Zum zweiten – das bedeutet „Konzept“ –, dass bindend festgelegt wird, wie die Mauerreste im oben genannten Sinn des Erhalts behandelt werden. Darunter verstehen wir selbstverständlich alle noch vorhandenen materiellen Rückstände der Mauer.
Im zusammenwachsenden Berlin und in der anhaltenden Erleichterung darüber, dass die Grenze fiel, war und ist das Anliegen mitunter ambivalent bis widersprüchlich, möglichst viel davon zu erhalten. Der kompakte und aggressive Charakter dieses Bauwerks ist ohnehin nicht mehr nachzuempfinden. Vieles ist Bautätigkeit und der Wiederherstellung der Verkehrswege gewichen. Das ist eine positive Entwicklung für ganz Berlin, und insofern ist es eine schwierige Aufgabe, sich mit dem Erhalt und dem Verlauf der Mauer auseinander zu setzen.
Der Tenor Ihres Antrags ging sehr in die Tourismus-Richtung, also im Sinne einer Touristenattraktion. Gut, sicher fragen Touristen, wo eigentlich die Mauer gestanden hat. Das hört sich etwas
oberflächlich an. An dieser Stelle sei mir eine persönliche Bemerkung gestattet: Diese Tendenz bringt das Andenken und die Empfindungen, die andere Menschen gegenüber diesem Bauwerk haben, ein wenig in die Schieflage. Ich halte es für eine Bagatellisierung, das Ganze als eine „Attraktion“ zu bezeichnen. Ich denke, dass wir Wert darauf legen müssen, dass es nicht nur um etwas geht, das Touristen wahrnehmen können, sondern vor allem auch um die Bewahrung unserer eigenen Erinnerungen daran. Es ist eine Frage des Geschichtsbewusstseins und nicht eine Frage der Radwege, sage ich einmal verkürzt.
Die Erfahrungen, die Sie auf jener Seite der Mauer gemacht haben, auf der Sie nur von Brandenburg ausgegrenzt waren, waren andere, als die, die wir gemacht haben, die mit dieser Mauer von der ganzen Welt getrennt waren. Insofern ist es vielleicht auch zu verstehen, wenn wir Wert darauf legen, dass die ganze Angelegenheit noch einmal prinzipiell betont wird: ein zusammenhängendes Konzept, alles erfassend und noch einmal alle Möglichkeiten gebündelt, um recht viel davon zu erhalten. Deshalb denke ich, könnten dem auch alle Fraktionen zustimmen. – Danke! [Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der CDU]
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Der Ausschuss für Stadtentwicklung empfiehlt mehrheitlich, gegen die Stimmen der Fraktion der Grünen, die Annahme des Antrages mit neuer Überschrift und neuer Fassung. Diese Fassung wird vom Hauptausschuss zusätzlich ergänzt.
Wer diesem Antrag gemäß der Beschlussempfehlung mit der Drucksachennummer 14/1199 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist dann dieser Antrag einstimmig so angenommen.
Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung vom 7. März 2001 und des Hauptausschusses vom 9. Mai 2001 zum Antrag der Fraktion der Grünen über Verbesserung der Situation der Lehrbeauftragten an den Hochschulen (II), Drucksache 14/823