Protokoll der Sitzung vom 31.05.2001

Herr Senator Strieder, immer noch Ihre Zeit!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Der Konsensbeschluss sieht vor, dass der Flughafen Berlin-Tempelhof geschlossen wird mit Rechtskraft des Planfeststellungsverfahrens für Berlin Brandenburg International – wann immer es sein wird. Eine Jahreszahl, wie Sie behaupten, ist in dem Konsensbeschluss nicht enthalten. Der Konsensbeschluss ist bis heute unverändert geblieben. Keiner der Eigentümer der Berliner Flughafenholding hat bisher einen Antrag auf Abänderung des Konsensbeschlusses gestellt, weshalb der Konsensbeschluss nach wie vor gilt.

Herr Cramer hat das Wort zu einer weiteren Nachfrage – bitte!

Sie hatten vorhin in Ihrer Antwort gesagt, dass Sie anstreben, dass die Rechtsverbindlichkeit so hergestellt wird, dass mit Inbetriebnahme von BBI die Flughäfen Tempelhof und Tegel geschlossen werden. Nun kann man aus den Planfeststellungsunterlagen, die heute für die Öffentlichkeit diskutiert werden, ersehen, dass die Rechtsverbindlichkeit, wie sie seinerzeit in München gegeben war – Schließung von MünchenRiem bei Inbetriebnahme von Erdinger Moos –, in diesem Planfeststellungsverfahren nicht gegeben ist. Das heißt, hier gibt es nicht die einklagbare Entscheidung, bei Inbetriebnahme von BBI die Flughäfen Tempelhof und Tegel zu schließen. Kann ich Ihre Aussagen so verstehen, dass Sie anstreben, dass im Planfeststellungsbeschluss die rechtsverbindliche und einklagbare Verbindung verankert werden soll, so dass mit Inbetriebnahme von BBI die Flughäfen Tempelhof und Tegel geschlossen werden?

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Sie haben mich insofern falsch verstanden, als ich nicht gesagt habe, dass die Flughäfen Tempelhof und Tegel mit Inbetriebnahme von Berlin Brandenburg International geschlossen werden sollen, sondern ich habe gesagt: Es gilt der Konsensbeschluss. – Der Konsensbeschluss sieht vor, dass der Flughafen Tempelhof mit der Rechtskraft des Planfeststellungsverfahrens für Berlin Brandenburg International geschlossen werden soll. Und der Flughafen Tegel soll mit Inbetriebnahme von Berlin Brandenburg International geschlossen werden. Der Konsensbeschluss zwischen den Gesellschaftern, zwischen dem Senat von Berlin, der Landesregierung von Brandenburg und der Bundesregierung, steht. Er ist bisher nicht verändert worden. Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten; Herr Abgeordneter Wieland, Sie kennen das! –, und infolgedessen kann daran gar kein Zweifel bestehen.

Zu der Frage, ob man das in das Planfeststellungsverfahren hineinnimmt, um es rechtssicher zu machen, sage ich Ihnen: Genau das ist unsere Absicht. Wir wollen, dass verbindlich geklärt wird, dass Berlin Brandenburg International ein SingleFlughafen für diese Region ist und die anderen innerstädtischen Flughäfen Berlin-Tegel und Berlin-Tempelhof endgültig geschlossen werden.

Es besteht jetzt die Möglichkeit zu zwei weiteren Nachfragen. Am schnellsten und zur rechten Zeit gedrückt haben Frau Schaub und Herr Dr. Kaczmarczyk. – Zunächst Frau Schaub!

Herr Senator! Ich unterstelle zunächst einmal positiv, dass die Schließungspläne auch verwirklicht werden. Selbst dann bleibt aber eine Zeitspanne, in der die beiden innerstädtischen Flughäfen so, wie gehabt, beflogen werden. Meine Frage lautet: Welches Sicherheitskonzept gibt es für die beiden Flughäfen? – Es dürfte sich vermutlich unterscheiden, weil z. B. Ihre Aussage in Bezug auf Tegel nur die halbe Wahrheit trifft, denn die Anflüge finden selbstverständlich nicht nur über den Tegeler Forst statt. Wenn Sie sich einmal in diese Gegend

begeben – ich wohne dort –, dann werden Sie feststellen, dass alle zwei Minuten eine Maschine direkt über das Wohngebiet fliegt. Was ist eigentlich, wenn da mal eine herunter fällt? – Deshalb meine Frage: Welche Sicherheitskonzepte gibt es?

Herr Senator, immer noch Sie in der Pflicht!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Ich habe nicht gesagt, dass alle Anflüge über den Tegeler Forst stattfinden, sondern ich habe gesagt, sie können darüber stattfinden.

[Wieland (Grüne): Maximal 10 %, weil wir immer Westwind haben, wie Sie wissen – oder auch nicht!]

Der zweite Punkt dabei ist, dass wir meines Erachtens nicht der Gefährdung nachgeben dürfen, wegen dieses Flugzeugunglücks so zu tun, als würde jetzt stündlich auf den Flughäfen ein Flugzeug herunter fallen. Sie wissen, dass es andere Verkehrsmittel gibt, die weitaus gefährlicher sind. Die Mehrzahl von Ihnen dürfte wieder einmal mit dem Pkw zur Arbeit hierher gekommen sein. Das ist weitaus gefährlicher als die Benutzung eines Flugzeugs. Insofern muss man dann nicht immer alles dramatisieren, wenn einmal in 50 Jahren etwas passiert ist – so bedauerlich das ist. Aber jetzt so zu tun, als hätten wir ein System der Unsicherheit auf Berliner Flughäfen, wäre unverantwortlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die in der Nähe dieser Flughäfen leben.

[Beifall bei der SPD und der CDU]

Die letzte Nachfrage zu diesem Themenkomplex geht an Herrn Dr. Kaczmarczyk – bitte!

Herr Senator! Ist es Ihrer Aufmerksamkeit als ausgewiesenem Berlinkenner entgangen, dass mit den Ortsteilen Bohnsdorf, Müggelheim, Wilhelmshagen und Grünau mehrere 10 000 Einwohner Berlins regelmäßig beim Landeanflug auf Schönefeld überflogen werden? Ist Ihnen in diesem Zusammenhang in Erinnerung, dass bei Schönefeld insgesamt 267 Tote durch Flugzeugabstürze zu verzeichnen sind?

Herr Senator!

Letzteres ist mir in der Tat entgangen. Wahrscheinlich war das zu DDR-Zeiten.

Zum Zweiten kann ich Ihnen nur sagen: Selbstverständlich wird das ganze Stadtgebiet von Flugzeugen überflogen. Die Frage ist aber, in welcher Höhe und ob die Landebahn unmittelbar hinter dem Vorgarten eines Hauses beginnt, wie das in Tempelhof der Fall ist. Diesen Unterschied zwischen Tempelhof und Schönefeld wird man wohl noch einräumen dürfen, wenn man Kenner der Stadt ist.

[Zurufe von der PDS]

Vielen Dank, Herr Senator! – Wir haben damit diesen Fragenkomplex 2, 3 und 4 abgearbeitet.

Die Mündlichen Anfragen 5 und 6 werden ebenfalls gemeinsam behandelt. Zunächst hat Frau Kasten das Wort zu Ihrer Mündlichen Anfrage über

Verhülltes Denkmal

Ich frage den Senat:

1. Wie ist der aktuelle Stand der Instandsetzungsarbeiten am Berliner Wahrzeichen, dem Brandenburger Tor?

2. Liegen die Sanierungsvorhaben im Zeit- und Finanzlimit?

Diese Mündliche Anfrage wird mit der folgenden verbunden. Frau Dr. Neef hat das Wort zu ihrer Mündlichen Anfrage über

Verwirrungen bei der Sanierung des Brandenburger Tores

Ich frage den Senat:

1. Wie beurteilt der Senat die im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ zitierten Äußerungen von Wissenschaftlern, das Brandenburger Tor würde sich womöglich nach der Restaurierung in einem „kritischeren“ Zustand befinden als zuvor, und sind diese potentiellen Befürchtungen gegebenenfalls auf die bei der Restaurierung angewendete Lasertechnik oder die politisch motivierte Verkürzung der Sanierungszeit zurückzuführen?

2. Hält der Senat eine Verlängerung der Zeitspanne für die Sanierung am Brandenburger Tor für möglich, um eine gründliche Restaurierung sicherzustellen und eine dreidimensionale Computeranimation als Grundlage für ein dauerhaftes Pflegekonzept zu ermöglichen?

Herr Strieder! Schon wieder – Sie sind heute Dauergast!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Berichterstattung über die Sanierungsmaßnahmen am Brandenburger Tor entbehren eines jeden Wahrheitsgehaltes. Sie sind falsch. Die Reinigungs- und Restaurierungsarbeiten sind im Zeit- und Arbeitsplan entsprechend dem zwischen der Stiftung und dem Senat vereinbarten Rahmen. Die Stiftung Denkmalschutz hat uns mitgeteilt, dass die Arbeiten innerhalb des vom Senat vorgegebenen Zeitraums liegen würden. Über den Finanzierungsstand können wir keine Aussagen machen, da der Nachweis der Kosten nicht Gegenstand der Vereinbarungen zwischen dem Land Berlin – vertreten durch die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur – und der Stiftung Denkmalschutz Berlin ist.

Ich will noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, dass in Vorbereitung und Durchführung der Restaurierungsarbeiten neben den zuständigen Fach- und Genehmigungsbehörden – Landesdenkmalamt, Bezirksamt Mitte, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung – außerdem noch eine Reihe von ausgezeichneten, externen Sachverständigen, Gutachtern und Instituten eingeschaltet sind, die mit Voruntersuchungen, Analysen und Begleituntersuchungen sowie Empfehlungen die erforderlichen Einzelmaßnahmen abstimmen. Die konkreten Maßnahmen werden auf der Grundlage von vorbereitenden Muster- und Probeflächen am Denkmal bestimmt und von sehr erfahrenen und einschlägig qualifizierten Fachleuten auf dem Gebiet der Denkmalrestaurierung durchgeführt. Dem Senat sind keinerlei ernst zu nehmende Hinweise bekannt, dass die eingesetzten Reinigungsverfahren und restauratorischen Reparaturmaßnahmen einschließlich der Oberflächenbehandlung dem Brandenburger Tor unter konservatorischen oder ökonomischen Gesichtspunkten Schaden zufügen. Das Gegenteil ist der Fall.

„Der Spiegel“ beruft sich auf eine Äußerung eines Professors, Herrn Dr. Wiedemann, des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff und Strahltechnik. Der hat sich in einem Schreiben, das er uns zur Verfügung gestellt hat, vom dem „Spiegel“-Bericht distanziert. Ich zitiere aus diesem Brief:

Sehr geehrter Herr Wenserski,

das ist der „Spiegel“-Redakteur, der den Artikel geschrieben hat –

Bezug nehmend auf meinen Anruf vom 28. Mai 2001 zum Bericht „Desaster am Tor“ möchte ich Ihnen hiermit nochmals mitteilen, dass ich mich von dem mir einleitend direkt unterstellten Satz, dass sich das Tor nach den Sanierungsarbeiten in einem kritischeren Zustand befinden könnte als vorher, distanziere, da ich so etwas nie gesagt habe.

(A) (C)

(B) (D)

Sen Strieder

Ebenso distanziere ich mich von weiteren Passagen des Berichtes, die mit mir in Zusammenhang gebracht werden können und bereits wurden, wie zum Beispiel „Folgekosten“, „Prof. Engel hat bisher keine gute Arbeit geleistet“, „konzeptionslose Säuberungsversuche mit Laser“, da ich das überhaupt nicht beurteilen kann. Ich bitte Sie in aller Dringlichkeit, dies öffentlich klarzustellen.

Ich denke, es ist damit klargestellt worden, dass „Der Spiegel“ einen Artikel veröffentlicht hat, der wenig Wahrheitsgehalt aufweist.

Der Senat geht nach wie vor davon aus, dass die umfänglichen Maßnahmen am Brandenburger Tor zeitgerecht abgeschlossen werden können. Wir bereiten zurzeit einen Bericht gemeinsam mit dem Landesdenkmalamt vor, um festzustellen, welche Arbeiten notwendigerweise nach Bestandsaufnahme am Brandenburger Tor erledigt werden müssen. Wir werden daraus ein weiteres Sanierungs- und Zeitkonzept entwickeln müssen. Die Verlängerung von Arbeiten durch weitere Aufnahmen, durch die Herstellung von dreidimensionalen Aufnahmen beispielsweise der Reliefs am Brandenburger Tor, ist vom Senat abgelehnt worden. Der Senat hat ein Interesse daran, dass nur über einen überschaubaren Zeitraum das Brandenburger Tor verhüllt ist. Nicht alles, was Denkmalschützer sich wünschen, kann jetzt realisiert werden. Entscheidend ist, dass das Brandenburger Tor mit dieser Sanierung endlich wieder in einen Zustand versetzt wird, der dem Symbol und Wahrzeichen Berlins gerecht wird.

Vielen Dank Herr Senator Strieder! – Frau Kasten, haben Sie eine Nachfrage? – Bitte!

Ich frage den Senat, ob er in der Lage ist, darüber Auskunft zu geben, wann das Brandenburger Tor fertiggestellt sein wird.

Herr Senator Strieder!

Nach dem gegenwärtigen Zeitplan ist vorgesehen, dass zum 3. Oktober 2002 das Tor enthüllt darstehen wird.