Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen über Entzug des Vertrauens betreffend den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen über Entzug des Vertrauens betreffend den Bürgermeister und Innensenator Dr. Eckart Werthebach
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen über Entzug des Vertrauens betreffend den Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur Dr. Christoph Stölzl
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen über Entzug des Vertrauens betreffend den Senator für Finanzen Peter Kurth
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der Grünen über Entzug des Vertrauens betreffend den Senator für Wirtschaft und Technologie Wolfgang Branoner
Antrag der Fraktion der PDS auf Annahme einer Entschließung über Neuwahlen in Berlin zum 23. September 2001
Der Ältestenrat empfiehlt zur gemeinsamen Aussprache eine Redezeit von bis zu 20 Minuten pro Fraktion bei freier Aufteilung auf die Redebeiträge. Nach einer ersten Fraktionsrunde hat der Senat das Recht zur Stellungnahme.
Es liegen bereits Wortmeldungen vor. Aber ich möchte zunächst das ganze Haus bitten: Obwohl wird alle in einer etwas hitzigen und emotionalen Stimmung sind, bitte ich Sie, zumindest den Versuch zu unternehmen, die Würde des Hauses zu wahren. [Beifall bei allen Fraktionen]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Berliner SPD hat die große Koalition beendet, weil die CDU unfähig ist, die schwierige Situation, in der sich Berlin befindet, wahrzunehmen, zu bewältigen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen.
Ich habe allerdings auch persönlich keine Probleme damit, zu sagen: Wir haben über ein Jahrzehnt gemeinsam wichtige Arbeit für Berlin geleistet. Wir haben eine Vielzahl von wichtigen und richtigen Entscheidungen in der großen Koalition getroffen.
Genauso richtig und notwendig ist es jetzt aber, diese Koalition zu verlassen. [Beifall bei der SPD – Niedergesäß (CDU): Das müssen Sie begründen!]
Noch vor wenigen Monaten hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass diese Koalition in so kurzer Zeit beendet ist
und dass wir heute über Misstrauensanträge gegen den Regierenden Bürgermeister und CDU-Senatoren Kurth, Werthebach, Stölzl und Branoner beraten. Niemand hätte allerdings auch für möglich gehalten, in welch dramatische Finanzkrise Berlin gerät und welch politischer Schaden für Berlin durch die Spendenund Filzaffäre der Berliner CDU entsteht.
Erst Anfang diesen Jahres sind viele unglaubliche Vorgänge aus der Bankgesellschaft bekannt geworden, und mittlerweile haben sich daraus alle bösen Ahnungen, Verstrickungen, Verantwortlichkeiten und die erschreckenden Zahlen, die jeden Tag korrigiert werden, bewahrheitet.
Einige Dinge muss man ganz klar festhalten. Es stimmt: Klaus Landowsky hat eine Barspende von 40 000 DM in der BerlinHyp von zwei Parteifreunden entgegengenommen, und er hat diesen beiden verdienten CDU-Mitgliedern für riskante Immobiliengeschäfte für rund 600 Millionen DM Kredit gewährt. Es stimmt, dass diese beiden verdienten CDU-Mitglieder keinerlei Sicherheiten oder Qualifikationen vorweisen konnten und bankinterne Gutachten dringend von dieser Kreditvergabe abgeraten haben.
Es stimmt darüber hinaus, dass diese 40 000 DM niemals ordnungsgemäß in der CDU angekommen sind und abgerechnet wurden. Die Verquickung von wirtschaftlicher und politischer Macht, von Fraktionsvorsitz der CDU und Bankvorstand hat offensichtlich viele Entscheidungen zum Schaden Berlins begünstigt.
Für riskante Immobiliengeschäfte der Bankgesellschaft mussten Milliardenwertberichtigungen gebildet werden. Dem Land ist allein durch Steuer- und Dividendenausfälle ein Schaden in Höhe von mehreren 100 Millionen DM entstanden.
[Niedergesäß (CDU): Wo waren denn die Aufsichtsräte? – Die haben alle geschlafen! – Frau Dr. Klotz (Grüne): Der Lärm ist ja unerträglich!]
Für all diese unglaublichen Vorgänge hat die Berliner SPD immer wieder Konsequenzen von der CDU angemahnt und sie aufgefordert, diese Konsequenzen zu ziehen. Für einen kurzen Augenblick, meine Damen und Herren von der CDU, sah es so aus, als ob Sie sich bewegen würden und wir endlich wieder zur Sacharbeit für die Stadt zurückkehren könnten.
Wir waren dazu bereit. Ob Sie es glauben oder nicht: Wir waren dazu bereit. [Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU: Das glauben wir nicht!]
Doch leider hat sich spätestens nach der Regierungserklärung Eberhard Diepgens und der Antrittsrede des neuen Fraktionsvorsitzenden der CDU, Frank Steffel, vor 14 Tagen gezeigt, dass die CDU und allen voran auch der Regierende Bürgermeister nicht willens oder nicht in der Lage waren und sind, diese schwierige Situation für die Stadt in den Griff zu bekommen und endlich auch die Verantwortung zu übernehmen.
Wir haben in den letzten Wochen und Monaten einen Verfall von Führungsfähigkeit und politischer Kultur in einem Maße erlebt, wie es diese Stadt noch nicht gesehen hat. Anstatt endlich die Gesamtverantwortung zu übernehmen, wurde die Situation durch ständiges Zögern, Zaudern und Verdrängen jeden Tag schlimmer. [Beifall bei der SPD]
Die Berliner CDU hat nicht etwa sofortige Konsequenzen von Klaus Landowsky verlangt, nein: So, als ob sie gerade jetzt noch eins draufsetzen wollte, hat sie ihn auf Vorschlag Eberhard Diepgens zum stellvertretenden Landesvorsitzenden der Berliner CDU befördert, in voller Kenntnis des Aubis-Skandals und der Tatsache, dass das BAKred ihm die Befähigung als Bankvorstand absprechen würde.
Der Regierende Bürgermeister hat gerade gesagt, jeder muss prüfen, mit wem er in Zukunft zusammenarbeiten will – wie wahr, wie wahr!, wenn man sich diese Vorgänge noch einmal vor Augen führt. [Zuruf von der SPD: Aber wirklich!]
Wut und Empörung in der Stadt sind zu Recht so groß, wenn man sich den Schaden ansieht, den Herr Landowsky verursacht hat, und wenn man sieht, dass er noch immer von der Bank ein Monatsgehalt in Höhe von 60 000 DM bezieht. Das ist mehr, als viele Menschen im Jahr verdienen, und das natürlich alles nebst Dienstwagen, und sein Abgeordnetenmandat behält er auch noch. Aber, meine Damen und Herren von der Union, diesen letz
ten Rücktritt, der jetzt noch fällig ist, den werden wir ihm erleichtern und ihm alle gemeinsam helfen – durch die Auflösung des Parlaments.
Die finanzielle Situation und der Imageschaden für die Bank, den Finanzplatz Berlin und die 16 000 Beschäftigten hat unglaubliche Züge angenommen, und diverse Sonderprüfungen ermitteln ständig neuen Kapital- und Wertberichtigungsbedarf. Trotzdem hat die CDU über Monate wichtige personelle und strukturelle Entscheidungen verhindert. Die Konsequenzen für die Finanzpolitik und den Berliner Haushalt will die Berliner CDU offenbar nicht erkennen. Viele Jahre Konsolidierungspolitik, die von der SPD eingeleitet wurde, wurden durch die Krise bei der Bankgesellschaft kaputtgemacht.