Vielen Dank, Herr Eichler! – Auch für die Fraktion der Grünen ist die Zeit abgelaufen; Herr Dr. Köppl hat sie ganz ausgeschöpft. Für die Fraktion der SPD stehen noch drei Minuten zur Verfügung. – Ich sehe keine Wortmeldung. Damit hat die Große Anfrage ihre Beantwortung gefunden.
Für die Anträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der PDS empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration sowie an den Hauptausschuss. Hierüber lasse ich abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer enthält sich? – Wer ist dagegen? – Damit ist der Antrag so angenommen.
Für die beiden dringenden Anträge der Fraktion der PDS, Drucksachen 14/136 und 14/137, wird die Überweisung allein an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration empfohlen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich auch jetzt um das Handzeichen. – Das ist die Mehrheit. Dann wird so verfahren.
Die Fraktion der CDU beantragt die Überweisung der lfd. Nr. 16 der Zusammenstellung der Rechtsverordnungen, Verordnung
Nr. 14/29, der Änderungsverordnung der Kehr- und Überprüfungsgebührenordnung, an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Hierüber lasse ich ebenfalls abstimmen. Wer dafür ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Dann ist dieses damit so beschlossen. Weitere Überweisungsanträge liegen mir nicht vor. Ich stelle fest, dass das Haus von den übrigen Verordnungen Kenntnis genommen hat.
Vorlage – zur Kenntnisnahme – über Dritten Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes gemäß § 19 LGG
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Besprechung dieser Vorlage aus der 13. Wahlperiode bereits beantragt und beginnt mit der Aussprache. Wortmeldungen der Fraktion? – Frau Dr. Klotz! Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt nach wie vor die verbreitete Haltung, die sich zwar verbal zur Gleichberechtigung bekennt, aber meint, diese sei eine freiwillige Veranstaltung und brauche keine Gesetze und keine Quoten. So kommentiert der bayrische Ministerpräsident Stoiber das Urteil des Europäischen Gerichtshofes über die Zulassung von Frauen zur Bundeswehr in der vergangenen Woche so, dass er sagt, es würde bloß noch fehlen, dass auf Grund einer EU-Richtlinie eine Frau in der Bundesrepublik Bundeskanzlerin würde – eine für Stoiber offensichtlich sehr absurde Vorstellung. Da kann ich nur sagen, dass wir daran arbeiten. Bis das der Fall ist, erhöhen wir die Anzahl der Ministerialbeamtinnen, der Abteilungs- und Referatsleiterinnen. Dazu brauchen wir wirksame Gleichstellungsgesetze, und zwar in den Ländern und im Bund, und selbst Bayern wird nicht darum herumkommen. – Früher oder später kriegen wir euch!
Der Dritte Bericht zur Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes verdient zwar das Prädikat „veraltet“, weil er den Zeitraum von 1994 bis 1996 behandelt, aber in die Kategorien „verzichtbar“ und „langweilig“ gehört er mit Sicherheit nicht. Deshalb zunächst einmal Anerkennung für alle die, die ihn ermöglicht haben, die ihm zugearbeitet haben und vor allen Dingen für die, die ihn fertiggestellt haben. Das sind die Kolleginnen aus der Senatsverwaltung für Frauen.
Anerkennen im negativen Sinn muss man allerdings auch die Hardliner, die bis heute nicht bereit oder in der Lage sind, die notwendigen Daten zu diesem Bericht zu liefern. Besonders enttäuschend ist es, dass die Lehrkräfte an den Schulen keine Berücksichtigung finden und dass auch das Datenmaterial zu den Hochschulen – wie es im Bericht heißt – „nicht in der gewünschten tiefen Gliederung“ vorlag. Die Verwaltungen und Dienststellen, die beim nächsten Bericht, der noch dieses Jahr vorliegen soll, ihrer Berichtspflicht erneut nicht nachkommen, sollten – wie wir finden – nicht mehr nach dem Motto „Wir lassen Gnade vor Recht ergehen“ behandelt werden, sondern sie sollten mit Sanktionen belegt werden.
Insgesamt, so lässt uns der LGG-Bericht wissen, hat sich im untersuchten Zeitraum der Frauenanteil in der Berliner Verwaltung leicht erhöht, obwohl insgesamt 20 000 Beschäftigungspositionen abgebaut wurden. Mit Überschneidungen lässt sich feststellen, dass der Abbau stark bei den Lohnempfängerinnen und Lohnempfängern, bei den befristeten Beschäftigungsverhältnissen und bei den Teilzeitbeschäftigten – insbesondere bei den nach dem Arbeitsförderungsgesetz Beschäftigten – stattgefunden hat.
Im Berichtszeitraum hat sich besonders der damals für Ausbildung zuständige Innensenator – wir erinnern uns – immer wieder lobend über die hohe Ausbildungsbereitschaft der öffentlichen Hand geäußert. Das war pure Augenwischerei. Es gab im
Gegenteil – so ist zu entnehmen – sowohl einen Rückgang der Anzahl der Auszubildenden um 847 insgesamt als auch des Frauenanteils unter den Auszubildenden. Ich finde es besonders kritikwürdig, dass auch der öffentliche Dienst in Zeiten, in denen es die Jugendlichen ohnehin schwer haben, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, Plätze abbaut, statt sie auszubauen, zu erhöhen oder ihr Level zu halten.
Die in der Vergangenheit vom Senat immer wieder als hervorragend bezeichnete Steigerung der Teilzeitquote des Berliner öffentlichen Dienstes kam nicht unwesentlich durch nach dem AFG geförderte Beschäftigungsverhältnisse zu Stande. Bei den Beamten, den Richtern und Richterinnen und den Angestellten kommt die minimal angestiegene Teilzeitquote ausschließlich durch Beschäftigungs- und Personalabbau zu Stande. Die Teilzeitquote lag durchschnittlich bei 15 Prozent, was aber nur durch den hohen Anteil bei den Lehrerinnen und Lehrern an den Schulen und Hochschulen zu Stande kommt. Sonst lag die Teilzeitquote vieler Hauptverwaltungen bei Männern bei einem und bei Frauen bei 15 Prozent. Dazu kann man nur feststellen, dass die Teilzeitoffensive des Senats nicht mehr als ein Lippenbekenntnis ist, sie ist ein großer Flop, insbesondere bei den Männern. Dem letzten Senat – ich glaube auch diesem – fällt dazu gar nichts ein.
Was für absurde Formen das annimmt, will ich denen, die hier zuhören, an einem mir bekannten Einzelfall aus der Berliner Verwaltung schildern. Es trug sich zu, dass ein junger Vater sich mit seiner Frau die Erziehung der beiden Kinder teilen wollte, was unstrittig ein lobenswertes Anliegen ist. Beide stellten einen Antrag auf Teilzeit. Dem der Frau wurde ohne Probleme stattgegeben. Dem Mann wurde zunächst erklärt, was für negative Konsequenzen dieser Antrag hätte. Als er dabei blieb, wurde auch seinem Antrag stattgegeben. Aus reiner Schikane und nicht wegen notwendiger Betriebsabläufe sollte er allerdings am frühen Morgen arbeiten, was genau die Zeit war, in der er seine Kinder betreuen wollte, weil seine Frau in der Schule war. Als er sich deswegen versetzen ließ, durfte er zwar später anfangen, aber es wurde ihm erneut erklärt, dass er mit einer solchen Arbeitshaltung in der betreffenden Behörde keinerlei Aufstiegschancen habe. Die Übernahme sozialer Verantwortung wird also nicht belohnt, wie man annehmen sollte und sich wünschen würde, sondern sie wird in der Berliner Verwaltung nach wie vor bestraft. Ich finde das im Namen meiner Fraktion nicht akzeptabel.
Es ist eine Schande, dass sowohl der letzte als auch der vorletzte Senat – auch der jetzige wird es nicht besser machen – keinerlei Klima für Arbeitszeitverkürzung und Teilzeit geschaffen hat. Das ist ein schweres Versäumnis und geht zu Lasten der Gleichberechtigung im öffentlichen Dienst.
Ein zweiter Bereich, in dem der LGG-Bericht einfach durch die Darlegung der Fakten den Finger auf die offene Wunde legt, ist der Anteil von Frauen an Führungspositionen beziehungsweise an den höher dotierten Stellen. Das ist beispielsweise in den Hauptverwaltungen – ohne das Landesschulamt – der Fall. Dort hat sich im Berichtszeitraum bezüglich des Frauenanteils insgesamt nichts getan. Die minimale prozentuale Steigerung ist allein durch Personalabbau zu erklären. Drei Hauptverwaltungen greife ich heraus: Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz bekommt gleich nach der Senatsverwaltung für Inneres die rote Laterne, und zwar nicht nur wegen des mageren Frauenanteils von 34 Prozent, sondern auch, weil sie es als eine der wenigen – trotz eines Zuwachses von 81 Stellen – geschafft hat, den Frauenanteil zu senken. Das hat nur noch die Senatskanzlei geschafft, bei der allerdings das Landesamt für Verfassungsschutz mitzählt, das die Statistik verdirbt. Schlecht für die Statistik war auch die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr mit einem Frauenanteil von 35 Prozent. Daran hat sich nichts wesentliches geändert, aber trotz des Abbaus von Personal konnte der Anteil leicht erhöht werden. Wer hätte gedacht, dass der alte Betonsenator Klemann den Zukunftssenator zumindest in dieser Hinsicht schlägt?
Miserabel sieht es nach wie vor für Frauen im höheren Dienst aus, in dem sie nur einen Anteil von 13,8 Prozent erreichen, während fast jeder zweite männliche Beschäftigte im höheren Dienst eingestuft ist. Wer denkt, dass die Hauptverwaltungen die Stellenbesetzungen im Berichtszeitraum genutzt hätten, um den Frauenanteil zu erhöhen, der hat sich geirrt. Beamtinnen im höheren Dienst wurden nicht einmal entsprechend ihrem Anteil von 13,8 Prozent an Beförderungen beteiligt. Besonders das Abgeordnetenhaus – unter 12 Beförderten war keine Frau –, die Senatskanzlei – unter 14 Beförderten war keine Frau –, die Senatsverwaltung für Inneres – unter 23 Beförderten waren zwei Frauen – und der Rechnungshof – unter 24 Beförderten waren zwei Frauen – haben sich negativ hervorgetan. Das ist ein trauriges Ergebnis, das einen gewissen Geist oder besser eine Geistlosigkeit in den Hauptverwaltungen deutlich macht.
Wärmstens empfehlen kann ich die Tabelle, die über den Anteil von Frauen an Referats- und Abteilungsleiterstellen Auskunft gibt. Bei Abteilungsleitern liegt der Frauenanteil mit 7,7 Prozent sogar noch unter dem der CDU-Fraktion, was einiges heißt. Lediglich sieben von 91 Abteilungsleitungen sind mit Frauen besetzt. Bei den Referatsleitungen kommt man auf 16 Prozent. Das besondere Highlight ist jedoch die Senatsverwaltung für Inneres: Bei überwiegend weiblichem Personal gab es unter den 19 Referatsleitern keine Frau – ebenso wenig unter den Abteilungsleitern. Bezüglich der Umsetzung des LGG scheint die Innenverwaltung ein rechtsfreier Raum zu sein.
Interessant ist auch, was die Teilzeitoffensive des Senats bei den Abteilungs- und Referatsleitungen bewirkt hat. Es geht um 441 Leitungsfunktionen, nämlich Abteilungs- und Referatsleitungen, von denen lediglich eine eine Teilzeitstelle war. Es handelt sich um eine Abteilungsleiterin bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen.
Das liegt wohl noch unter bayrischen Verhältnissen. Das habe ich allerdings nicht geprüft. Aber es ist eine Schande, dass dieser Senat nicht begriffen hat, dass auch verkürzte und individuell zugeschnittene Arbeitszeiten etwas mit hoher Motivation und Identifikation mit dem Unternehmen zu tun haben. Es wird immer vom „Unternehmen Berlin“ und von „modernem Personalmanagement“ gesprochen. Sie haben aber darüber nichts gelernt. Bei Ihnen sind diese Erkenntnis nicht angekommen. Das ist traurig. [Beifall bei den GRÜNEN]
Ich lasse die Passage mit dem hohen Frauenanteil im Senat aus. Den werden wir nächste Woche bei der Aussprache zur Regierungserklärung noch einmal besprechen können.
Dann kommen wir nur noch kurz zu den Bezirksverwaltungen. Bei denen sieht es besser als in den Hauptverwaltungen aus. Immerhin gibt es von 23 vier Bürgermeisterinnen, immerhin 25 Stadträtinnen von 92 Stadtratsposten. Bei den Leitungsstellen kommen Frauen auf 40 %. Bei den Amtsleitungen nur auf 30 %. Ich möchte lobend die Bezirke erwähnen, bei denen es richtig gut aussieht. Besonders gut sieht es in Friedrichshain, in Charlottenburg, in Lichtenberg und in Wilmersdorf aus. Ich habe mich gefragt, woran das liegt, und überlegt, ob die genannten Bezirke wohl Diaspora der besonders klugen Frauen oder der besonders unqualifizierten und nicht so klugen Männer sind, was aber höchst unwahrscheinlich ist. Es muss also offensichtlich auch an einer gezielten Personalpolitik liegen.
Ich bin so gut wie fertig. – Eine gezielte Personalpolitik müsste auch in anderen Bezirken möglich sein. Etwas Bedenken habe ich, ob den Gefahren, die die Bezirksfusion an dieser Stelle bringt, begegnet werden kann. Es ist immer noch so, dass bei den höheren und mittleren Leitungs
ebenen in den Ostberliner Bezirken den Frauenanteil weit höher ist. Wir müssen gewährleisten, dass durch Mitspracheregelungen der Frauenvertreterinnen Beteiligungsrechte gewährt werden und es nicht so ist, dass Frauen aus den Leitungsfunktionen verdrängt werden und der Männeranteil dadurch erhöht wird. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich beschämend, dass wir erst heute, im Jahr 2000 über einen Bericht sprechen, der die Auswirkungen des Landesgleichstellungsgesetzes für 1994–1996 diskutiert.
Immerhin befinden wir uns im Jahr 2000! Aber man sollte keinem Thema die Aktualität gänzlich absprechen, zu dem noch Zeitzeugen leben. Es wäre allerdings zu begrüßen, wenn der nächste, der vierte Bericht über die Umsetzung des Berliner Landesgleichstellungsgesetzes dann – wie zugesagt – tatsächlich im Herbst dieses Jahres vorläge. Wenn man Schlüsse aus Berichten ziehen soll, müssen diese zeitnah vorliegen, um in der Folge tatsächlich Einfluss auf Entwicklungen nehmen zu können. Politik muss Gestaltung der Gegenwart und Zukunft sein und darf sich nicht in zeitgeschichtlichen Betrachtungen erschöpfen.
Grundsätzlich bin ich der Ansicht, dass die Besetzung von Positionen nur anhand der Kriterien von Leistung und Eignung vorgenommen werden darf. Ich lehne deshalb Dirigismus und Eingriff in wirtschaftliche Prozesse ab.
Aber leider ist der Wettbewerb – Sie müssen bis zum Ende zuhören, dann verstehen Sie mich schon – um gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe in vielen Bereichen zu Lasten der Frauen gestört. Dieses Ungleichgewicht muss zu Gunsten der Frauen korrigiert werden. Dies wird maßgeblich durch Frauenförderung gelingen. In vielen Teilen der Gesellschaft gibt es bereits große Aufgeschlossenheit und erste Erfolge im Kampf um berufliche Entfaltungsmöglichkeiten für Frauen.