Protokoll der Sitzung vom 29.11.2001

Einsetzung des Ältestenrats

Der Ältestenrat der 15. Wahlperiode soll auf Vorschlag des Ältestenrats der 14. Wahlperiode vom 27. November mit insgesamt 12 Mitgliedern eingesetzt werden. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann war das einstimmig. Damit ist der Ältestenrat mit insgesamt 12 Mitgliedern eingesetzt; das heißt mit dem Präsidenten und den zwei Vizepräsidenten und neun weiteren Mitgliedern. Ich bitte, mir gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses die übrigen Mitglieder des Ältestenrats möglichst bald und bitte schriftlich zu benennen, soweit die Namen mir nicht schon vorliegen. Die Fraktion der SPD hat das Benennungsrecht für drei weitere Mitglieder, die Fraktionen der CDU und der PDS für zwei weitere Mitglieder und die Fraktionen der FDP sowie die der Grünen für je ein Mitglied.

Dann rufe ich als zusätzlichen Tagesordnungspunkt auf

lfd. Nr. 6 A:

Aktuelle Stunde zum Thema: Wahlversprechen einhalten – der Bildung den Vorrang geben

auf Antrag der Fraktion der PDS. Der Antrag ist am Montag eingegangen. Im Ältestenrat wurde bereits darauf hingewiesen, dass eventuell für heute die Aussprache vertagt werden soll. Wer will den Antrag begründen? – Oder wird dem nicht widersprochen? – Doch, der Begründung wird widersprochen durch Herrn Wolf. Bitte schön, Herr Wolf!

[Wolf, Harald (PDS): Meines Wissens liegt bisher kein Vertagungsantrag vor! – Gaebler (SPD): Doch! Wir haben ihn gestellt!]

Gut, dann ist der gestellt. Herr Gaebler meldet sich. Die Fraktion der SPD bittet um Vertagung und möchte das durch Frau Dunger-Löper begründen lassen. Bitte schön, Frau DungerLöper!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen uns gegen die heutige Behandlung dieser Aktuellen Stunde aus. Ich will das ganz kurz begründen. – Wir haben am 21. Oktober gewählt. Heute haben wir die konstituierende Sitzung, und diese dient in erster Linie dazu, dass wir uns als Parlament arbeitsfähig machen. Wir haben das Präsidium gewählt und den Ältestenrat eingesetzt, und wir werden von jetzt an in den nächsten Sitzungen arbeitsfähig sein. Es gilt natürlich an dieser Stelle auch – der Präsident hat in seiner Antrittsrede schon darauf hingewiesen – nach außen hin zu dokumentieren, dass dieses Parlament handlungsfähig, arbeitsfähig und vor allen Dingen auch zu ernsthafter Arbeit gewillt ist.

[Zuruf von der PDS: Fangen wir gleich an!]

Seien Sie doch mal ganz ruhig und hören Sie sich erst einmal an, was ich sagen will, und dann kommen Sie vielleicht auch noch dran. –

[Gelächter bei der PDS und der CDU]

Wir wollen an dieser Stelle nicht ungelegte Eier diskutieren. Wir haben die Wahl gehabt, wir haben Sondierungsgespräche gehabt, und wir sind mitten in Koalitionsgesprächen. Es gibt an dieser Stelle noch kein Ergebnis. Und ich denke, ein ernsthaft arbeitendes Parlament wird sich nicht auf Zeitungsmitteilungen oder Ähnliches stützen, sondern auf das, was hinterher in einer Regierungserklärung vorgetragen wird, und mit dem man sich dann ernsthaft auseinander setzen kann.

[Beifall bei der SPD, der FDP und den Grünen]

Ich denke, so weit können Sie auch noch geduldig sein. Wir stellen uns gern der Diskussion, aber wirklich dann, wenn eine Grundlage vorhanden ist, und nicht schon jetzt.

Aber eine Sache möchte ich an dieser Stelle noch einmal hervorheben. Wir sind in einer sehr schwierigen finanzpolitischen Situation. Und es ist wirklich auch Ernsthaftigkeit des Umgangs damit geboten. Und deswegen ärgert es mich auch, wie man hier sprachlich mit bestimmten Fakten umgeht. Ich höre immer wieder: Die neue Koalition, die SPD will im Lehrerbereich 2 000 Stellen streichen und sparen. Das ist einfach falsch.

[Beifall bei der SPD]

Wir haben eine andere Situation – Sie wissen das ganz genau –, wir haben in den nächsten Jahren einen erheblichen Schülerrückgang. Wenn man ihn heute hochrechnet, bedeutet dieser Schülerrückgang, dass 2 000 Stellen nicht mehr gebraucht werden.

[Zuruf von der CDU: Haha!]

Wenn man von diesen 2 000 Stellen nicht jede wegnimmt, sondern welche belässt, dann ist das pädagogische Verbesserung. Diese Redlichkeit in der Argumentation sollten Sie alle an den Tag legen, auch die Opposition. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD, der FDP und den Grünen – Hoff (PDS): Ich frage mich, was das für eine Begründung war!]

Gegen den Vertagungsantrag möchte der Abgeordnete Wolf das Wort ergreifen. Bitte schön, Herr Wolf!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dunger-Löper, zur Redlichkeit in der Argumentation gehört auch, dass Sie wie alle anderen Fraktionen in diesem Abgeordnetenhaus bezüglich der 2 100 Stellen, die quasi verfügbar werden durch den Rückgang der Schülerzahlen, im Wahlkampf versprochen haben, dass sie für Verbesserungen in der Schule und für die Verbesserung der pädagogischen Situation eingesetzt werden. Und darüber hätten wir heute gern einmal geredet.

[Beifall bei der PDS und der CDU]

Das ist ja nun das, was Sie versprochen haben, und das ist nun das, was Sie verhandeln. Insofern kann man darüber reden, ob das Glas halb leer ist oder halb voll – gegenüber Ihren Wahlversprechen ist in dem Glas, was Sie zurzeit verhandeln, deutlich weniger drin. Sie gehen ab von dem, was Sie in den Wahlen versprochen haben. Das kann man doch erst mal so zur Kenntnis nehmen, und dann können Sie es hier auch vertreten und begründen, warum Sie das tun. Dann könnten wir hier darüber diskutieren. Das ist genau das, was wir vorschlagen. Ich denke, es kann nicht angehen, dass das Parlament wartet, bis eine Koalition oder die Regierung zu Potte gekommen ist. Das Parlament ist doch in der Lage und alle Fraktionen in diesem Parlament sind in der Lage, ihre Position hier in der offenen Diskussion darzustellen, gegenüberzustellen und – Frau Dunger-Löper, wenn Sie es wollen – vielleicht auch Missverständnisse aufzuklären. Sie treten einerseits vor die Presse, verkünden Ergebnisse, und dann sagen Sie: Im Parlament dürfen diese Ergebnisse nicht diskutiert werden. Ich finde, das ist kein Umgang mit dem Parlament. [Beifall bei der PDS und der CDU]

Und Zweitens kann es doch auch nicht angehen – das ist im Übrigen auch nicht die Rolle und die Aufgabe der Opposition –, herzugehen und zu sagen: Na ja, dann warten wir halt mit jeder Diskussion, bis die Koalition in Gründung zu Potte gekommen ist. – Nein, das Parlament ist jetzt arbeitsfähig, es hat sich konstituiert, und es kann diskutieren.

Eine Anmerkung an die Grünen zum Thema parlamentarischer Brauch: Ich kann mich gut erinnern, als wir beide noch in der Opposition waren, dass wir 1995 gesagt haben, es gibt keine Schonfrist für eine Koalition in Gründung, und dass wir das 1999 auch gesagt haben. Und es wurde damals gegen unsern gemeinsamen Protest von Seiten der großen Koalition weggestimmt. Wir bleiben bei unserer Haltung: Es gibt keine Schonfrist für eine Koalition in Gründung, sondern das Parlament kann hier in freier Aussprache diskutieren. Wir werden uns doch hier nicht einer Verhandlungsdisziplin unterwerfen. Das ist nicht unsere Rolle. [Beifall bei der PDS]

Ich finde auch, dass es nach der langen Pause, die wir gehabt haben, dem Parlament gut ansteht, das zu diskutieren, was in der Stadt für Unruhe und für öffentliche Diskussionen sorgt. Es steht diesem Parlament gut an, gerade wenn wir sagen, die Finanzlage ist so katastrophal, so schwierig, darüber zu diskutieren: Wie können denn die Wege gefunden werden? Und da möchte ich z. B. auch einmal darüber diskutieren, ob das, was man zurzeit hört von der Koalition in Gründung, nämlich dass die einzigen konkret unterlegten Maßnahmen der Personaleinsparungen diejenigen sind, die Spielräume im Lehrerbereich in erheblichem Umfang für die Konsolidierung zu verfrühstücken, dass die Kürzungen im Bereich der Kitas vorgenommen werden und – das gebe ich zu – das Landespolizeiverwaltungsamt noch einmal ordentlich abspecken muss und bei allen andern 20 % pauschale Minderausgaben diskutiert werden, um auf 1 Milliarde DM Einsparungen zu kommen. Und gleichzeitig – damit Herr Rexroth zufrieden ist – schließt man einen Vertrag zu Lasten Dritter: 1 Milliarde bringt die Regierung, 1 Milliarde müssen die Gewerkschaften bringen. Wenn die Ihnen mal keinen Strich durch die Rechnung machen! Darüber möchte ich gern heute diskutieren, ob das wirklich der Neuanfang ist, ob das die strukturellen Veränderungen sind, ob das die konkreten Maßnahmen sind, die wirklich dauerhaft dazu führen, dass Berlin wieder auf die Füße kommt und die Berliner Finanzen gesunden werden. Das möchte ich gern mal diskutieren. Vielleicht können Sie auch den einen oder anderen wertvollen Hinweis für Ihre Koalitionsverhandlungen verwenden. Insofern bitte ich Sie: Stimmen Sie diesem Antrag zu!

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Wolf! Es ist für und gegen diesen geschäftsordnungsmäßigen Antrag gesprochen worden. Ich lasse nunmehr abstimmen.

(A) (C)

(B) (D)

Präsident Momper

Wer der Vertagung seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nunmehr um das Handzeichen! – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Ersteres war die Mehrheit, damit ist die Vertagung – –

[Unruhe – Zuruf aus der PDS: Auszählen!]

Ich bitte um Nachsicht! Wir lassen auch auszählen. – Hat jeder seine Karte?

[Unruhe]

Damit es auch zukünftig keinen Streit gibt: Wer im Saal ist und seine Karte nicht dabei hat, was menschlich ist, den muss ich es schon ermöglichen, diese zu holen. Da bitte ich wechselseitig um Verständnis.

Jetzt geht es los: Wer der Vertagung seine Zustimmung zu geben wünscht, der muss mit „Ja“ stimmen. – Hat jeder Gelegenheit gehabt, seine Stimme abzugeben? Hat es überall funktioniert? – Ich schließe die Abstimmung. Für die Vertagung haben 70 gestimmt, 66 haben mit „Nein“ gestimmt und einer „ohne Abgabe“. Damit ist die Vertagung beschlossen. Damit ist die Aussprache zur Aktuellen Stunde vertagt.

[Beifall bei der SPD – Pewestorff (PDS): Wirklich ein Erfolg der parlamentarischen Demokratie!]

Ich rufe auf

lfd. Nr. 7:

Einsetzung des Hauptausschusses

Auf Wunsch der Fraktionen und vor dem Hintergrund, dass wir als nächsten Tagesordnungspunkt eine Überweisung an einen Ausschuss vornehmen müssen und werden, wurde die Tagesordnung um diesen Punkt erweitert. Der Hauptausschuss muss also schon heute eingesetzt werden.

Es wir vorgeschlagen, dass der Hauptausschuss der 15. Wahlperiode des Abgeordnetenhaus von Berlin aus insgesamt 29 Mitgliedern bestehen soll. Die Aufteilung der Sitze auf die Fraktionen erfolgt nach dem d’hondtschen Höchstzahlverfahren wie folgt: SPD: 9 Mitglieder CDU: 7 Mitglieder PDS: 7 Mitglieder FDP: 3 Mitglieder Grüne: 3 Mitglieder

Mir ist mitgeteilt worden, dass dies Konsens unter den Fraktionen im Hause sei, deshalb wird das Wort jetzt nicht gewünscht. – Wer den Hauptausschuss mit einer Gesamtmitgliederzahl von 29 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Bei wenigen Gegenstimmen aus der Fraktion der Grünen ist das so beschlossen. Damit ist der Hauptausschuss der 15. Wahlperiode mit seinen 29 Mitgliedern eingesetzt worden.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 8, Drucksache 15/2:

I. Lesung der Vorlage – zur Beschlussfassung – über Viertes Gesetz zur Änderung des Kirchensteuergesetzes