Protokoll der Sitzung vom 26.09.2002

Ich glaube, Sie hätten uns diese Diskussion durchaus ersparen können, denn viel Neues hat sie tatsächlich nicht gebracht. Wir haben nun die lange Diskussion zum Brandenburger Tor mit einem breiten Konsens in der Stadt abgeschlossen, zur allgemeinen Überraschung. Es ist ja immerhin so weit, dass nicht einmal mehr die CDU-Fraktion ultimativ fordert, dass das Tor für den Individualverkehr geöffnet werden soll, sondern nur noch Nebenbedingungen für die offensichtlich akzeptierte Schließung. Wenn man sich überlegt, was da früher alles gesagt wurde: Günter Nooke meinte, die deutsche Einheit sei erst vollendet, wenn man mit dem Auto durchs Tor fahren kann.

[Heiterkeit]

Angeblich gab es ja Pläne von Herrn Klemann, das Brandenburger Tor um 90 Grad zu drehen,

[Kittelmann (CDU): Ha, ha!]

um den Verkehr dort endlich vorbeifahren lassen zu können. Ich glaube, die jetzige Entscheidung wird den Anliegern gerecht, wird den Besuchern und Einwohnern der Stadt gerecht.

[Beifall des Abg. Müller (SPD)]

Insofern begrüßen wir erst einmal, dass der Senat den Mut gehabt hat, das auch durchzusetzen.

[Kittelmann (CDU): Ha, ha!]

Herr Cramer, Sie sind der Geist, der stets verneint. An allen anderen Stellen kommen Sie und sagen, Straßenbahnen müssten und könnten durch Fußgängerzonen fahren, bringen Beispiele aus Kassel, Trier, von sonstwoher und sagen, das sei überhaupt kein Problem, die Leute sollten sich nicht so haben. – Sie haben da übrigens Recht in der Regel,

[Frau Oesterheld (Grüne): Oh!]

auch am Alexanderplatz, wo die Straßenbahn durch die Fußgängerzone fährt, finde ich es richtig, dass dort der ÖPNV durchfährt. Das beeinträchtigt dort die Aufenthaltsqualität auch nicht. Wenn Sie meinen, nur am Brandenburger Tor wäre es nicht nötig, dass der ÖPNV eine gewisse Bevorzugung erfährt, da kann ich nur sagen: Reden Sie einmal mit Ihrem Lieblingsunternehmen, der BVG, die wird Ihnen erzählen, welche Meinung sie dazu hat. Das ist nicht Ihre, da können Sie ganz sicher sein.

[Beifall der Frau Abg. Dr. Tesch (SPD)]

Und wenn Sie hier ständig sagen, Sie wollen das Brandenburger Tor für den gesamten Individualverkehr schließen,

[Cramer (Grüne): Für Autos!]

haben Sie jetzt Busse und Taxis auch unter diesem Punkt subsumiert. Sie haben nämlich die ganze Zeit diesen Satz gesagt: Kein Individualverkehr mehr durch das Brandenburger Tor. – Da stimme ich Ihnen zu. Aber dass Busse und Taxen hier weiterhin durchfahren, halte ich für eine richtige Entscheidung. Wenn es tatsächlich zu den Beeinträchtigungen kommt, die ich nicht sehe, dann kann man sich das noch einmal überlegen. Aber ich sage Ihnen: Gehen Sie das ganz ruhig an, so wie wir uns angeguckt haben, was passiert, wenn man das Tor wieder schließt, und festgestellt haben, es passiert nichts, so werden wir uns jetzt ansehen, was passiert, wenn man den Platz für Fußgänger und ihre Aufenthaltsqualität vorrangig nutzt, aber Busse und Taxen noch durchfahren lässt. Sollte es dann noch Änderungsbedarf geben, können wir darüber reden. Aber dass Sie immer alles schon vorher wissen, Herr Cramer, das geht einem langsam wirklich auf die Nerven.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die CDUFraktion hat das Wort der Herr Abgeordnete Kaczmarek!

[Zuruf von der FDP: Durchfahren!]

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir befinden uns jetzt in der Phase der Wiederholungen. Das Thema Brandenburger Tor ist eines, Herr Cramer, mit dem man sein Politikerleben einige Jahre ganz gut ausfüllen kann. Man könnte es sich ja leicht machen wie Sie und in die Textbausteine alter Reden greifen, sie einfach recycelen. Da ich aber ein sehr harmoniebedürftiger Politiker bin, habe ich mir gedacht, ich greife einfach in die Auslage der Textbausteine anderer Politiker und nehme eine Rede von Herrn Strieder, dann bekomme ich nämlich auch Beifall von der SPD.

[RBm Wowereit: Strieder kriegt auch nicht immer Beifall von der SPD!]

Und Herr Strieder sagte am 7. März – ich lese ihnen vor, an welchen Stellen Sie klatschen müssen, ich erwarte, dass Sie das dann auch wiederholen –, dass die Debatte über die Öffnung des Brandenburger Tors

nicht gerade ein Zeichen des Mentalitätswechsels in Berlin ist, dass wir also immer noch die Themen von Anfang der 90er Jahre in dieser Ideologie hier behandeln.

Meine Damen und Herren: Beifall von der SPD.

[Beifall bei der SPD]

„Zweiter Punkt“, sagte Herr Strieder:

Der Pariser Platz ist ein ganz wichtiger Platz

da können wir ihm zustimmen –

[Beifall des Sen Böger]

natürlich auch für Touristen, aber auch für die Berlinerinnen und Berliner. Aber er ist keine Fußgängerzone, keine Bummelmeile. Er ist trotz der Möglichkeit, von Osten nach Westen durch das Brandenburger Tor zu fahren, ein Platz, an dem man sich gut aufhalten kann, an dem man Lokale und Restaurants besuchen kann. Wenn wir diesen Platz jetzt fertiggestellt haben mit der neuen Pflasterung, bin ich sicher, dass dann auch optisch der Platzcharakter deutlich wird, eine Verlangsamung des Verkehrs eintritt

[Beifall des Abg. Benneter (SPD)]

Das ist falsch, an der Stelle hatten Sie damals nicht geklatscht. – [Heiterkeit]

und noch eine größere Aufenthaltsqualität erreicht wird.

[Beifall des Abg. Dr. Flemming (SPD)]

Das reicht dann aber auch.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU und der SPD]

Ich finde, die Stadt hat wichtigere Themen als die Frage Tor auf oder Tor zu.

Beifall bei der SPD, Zuruf des Abgeordneten Niedergesäß.

[Heiterkeit – Pewestorff (PDS): Was hat er denn gesagt?]

Ich will Ihnen, den Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch noch eine Rätselaufgabe stellen. Ich denke, das lockert Sie jetzt am Abend auch ein bisschen auf. Ich lese Ihnen eine Äußerung vor, und dann werden wir gemeinsam ermitteln, wer sie denn gemacht hat.

[Heiterkeit bei der SPD]

Mit mir wird es keine Schikanen geben. Solange keine ausreichenden Angebote für den Ost-West-Verkehr existieren, wird die Durchfahrt des Brandenburger Tores für den Innenstadtverkehr gebraucht. Gleichberechtigte Mobilität für alle am Verkehr Beteiligten ist ein unverzichtbarer Bestandteil für das Funktionieren unserer Großstadt.

Wer hat das gesagt? War es der Präsident des ADAC, Herr Wegener? War es der Vorstandsvorsitzende von Daimler? Oder war es der Stadtentwicklungssenator Strieder?

[Zurufe von der SPD]

Richtig, c) war die richtige Antwort, Herr Strieder hat das gesagt. In dem Fall geben wir ihm voll und ganz und vollkommen Recht. Da können Sie ruhig klatschen.

[Beifall bei der CDU und der FDP – Vereinzelter Beifall von der SPD]

Wir unterstützen Herrn Strieder in diesen Äußerungen ganz ausdrücklich und hundertprozentig. Deswegen werden wir ihn auch mit einem Antrag, der auch im Ausschuss behandelt wird, auffordern, schnellstmöglich eine Grundsatzentscheidung über die Verlängerung der Französischen Straße herbeizuführen. Das ist lange überfällig.

[Zuruf des Abg. Dr. Flemming (SPD)]

Es muss auch endlich mit dem Bund verhandelt werden, dass die Dorotheenstraße dauerhaft für den Durchgangsverkehr genutzt werden kann. Dann kann er auch ein Verkehrskonzept für den Bereich Brandenburger Tor, Pariser Platz erarbeiten. Wenn dieses Konzept vorliegt und die Bedingungen für die Umleitung des Verkehrs gegeben sind, können wir über alles reden. Aber erst dann können wir darüber reden, nicht vorher, wir können nicht Entscheidungen ideologischer Art treffen.

Wir wären froh, meine Damen und Herren von der SPD, wenn Herr Strieder wenigstens ein Mal sein Wort halten würde. Vielleicht – und das ist unsere Empfehlung – könnte er wieder eine Bürgerabstimmung im Internet machen. Und wenn ihm das Ergebnis nicht passt, wenn es vielleicht nur 10 000, 20 000 oder 50 000 Bürger sind, könnte er hinterher wieder sagen: Machen wir ganz anders, als es die Bürger gewollt haben. – Wir