Protokoll der Sitzung vom 26.09.2002

Wir kommen zur

lfd. Nr. 39 B, Drucksache 15/810:

Antrag der Fraktion der CDU über zielorientierte Stadtentwicklung – Flächennutzungsplanänderungen für nicht mehr betriebsnotwendige Flächen der Deutschen Bahn AG

Auch hier wird der Dringlichkeit nicht widersprochen.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die Geschäftsführer der Fraktionen empfehlen einvernehmlich die Überweisung an den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. – Hierzu höre ich keinen Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Lfd. Nr. 39 C, Drucksache 15/819:

Antrag der Fraktion der FDP über kein „STEP“ für die Kultur

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die antragstellende Fraktion der FDP bittet um Übeweisung an den Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten. – Dazu erhebt sich kein Widerspruch. Dann verfahren wir so.

Lfd. Nr. 39 D, Drucksache 15/823:

Antrag der Fraktion der Grünen über Berlin-Marathon ohne Verkehrschaos

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Ich lasse sofort abstimmen. Wer dem Antrag der Fraktion der Grünen Drucksache 15/823 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Damit haben wir diesen Antrag einstimmig angenommen.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 39 E, Drucksache 15/824:

Antrag der Fraktion der Grünen über Sorgfalt der bezirklichen Schulentwicklungspläne sichern – kein Vorziehen der Anmeldung der Schulanfängerinnen und Schulanfänger für das Schuljahr 2003/ 2004

Der Dringlichkeit wird nicht widersprochen.

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Die antragstellende Fraktion der Grünen bittet um die sofortige Abstimmung. Allerdings ist hier auch gleichzeitig beantragt worden, den Antrag an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport zu überweisen. Somit stimmen wir zuerst über die Ausschussüberweisung ab. Wer diesem Antrag in den entsprechenden Ausschuss zu über

(A) (C)

(B) (D)

Vizepräsidentin Michels

weisen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Das erste war die Mehrheit. Damit haben wir diesen Antrag so überwiesen.

Wir kommen zu

lfd. Nr. 39 F, Drucksache 15/825:

Antrag der Fraktion der CDU über unsoziale Kürzungen im Bereich der Behindertenhilfe nicht umsetzen

Auch hier wird der Dringlichkeit nicht widersprochen.

Eine Beratung ist ebenfalls nicht vorgesehen. Ich schlage Ihnen vor, den Antrag an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Migration und Verbraucherschutz sowie an den Hauptausschuss zu überweisen. – Ich höre hierzu keinen Widerspruch; dann verfahren wir so.

Somit kommen wir zu

lfd. Nr. 39 G, Drucksache 15/826:

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der PDS und der Fraktion der Grünen auf Annahme einer Entschließung über Wahlentscheidungen zugunsten demokratischer Parteien respektieren – politische Auseinandersetzung sachgerecht führen

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Hier ist Beratung gewünscht worden. Gemäß unserer Geschäftsordnung steht hierfür eine Redezeit von bis zu 5 Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Ich erteile zunächst das Wort für die SPD-Fraktion an den Abgeordneten Herrn Gaebler.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit Montag beschäftigt sich die Öffentlichkeit mit Äußerungen des CDU-Landesvorsitzenden und Parlamentsvizepräsidenten Herrn Stölzl. Dazu ist ganz klar festzustellen: Herr Stölzl, Ihre Äußerungen am Wahltag und am Tag danach sind abwegig und inakzeptabel.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen – Beifall des Abg. Matz (FDP)]

Abwegig und inakzeptabel – diese Bewertung stammt von der Bundesvorsitzenden der CDU, Angela Merkel. Der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende, Herr Steffel, hat ähnliche Worte gefunden.

Herr Professor Stölzl, solche Beschimpfungen des Wahlvolkes und der Gewählten hat es in Deutschland bisher nicht gegeben, nicht einmal zu Zeiten von Franz-Josef Strauß.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Wo kommen wir denn hin, wenn die jeweils bei Wahlen Unterlegenen anschließend das Wahlvolk beschimpfen!

Die Diskussion hier und heute ist dringend notwendig. Denn Sie, Herr Stölzl, versuchen seit Tagen, alles als Missverständnis und böswillige Interpretation abzutun. Aber Ihre Äußerungen sind unmissverständlich. Sie sagen selber in dem Zitat im „Inforadio“: „Ich bin da ganz deutlich und ernst.“ Und so hörte es sich dann auch an: Sieg der Unvernunft, irrationale Stimmung, Propagandaphrasen, „so war es 1914 und 1931/32“.

Bleibt der Verweis auf Leidenschaft des Morgens nach der Wahl. Verfehlt – weil schon am Wahltag im „Notizblock“ der „Morgenpost“ genau diese historischen Vergleiche enthalten waren. In Ihrer Erklärung vom Dienstag schreiben Sie: „Es war nicht meine Absicht, irgendwelche Vergleiche heutiger politischer Kräfte mit historischen Parteien nahe zu legen.“ Was war denn dann Ihre Absicht? Mit dem Artikel in der „Morgenpost“ vom Sonntag haben Sie doch offensichtlich bewusst am Wahltag diese Parallelen herstellen wollen.

Es war kein Versehen, kein emotionaler Fehlgriff. Sie offenbaren einen rückwärts gewandten Konservativismus, der unsere

Demokratie in Frage stellt. Sie ziehen Vergleiche zwischen der Kriegshysterie und dem autoritären Denken 1914 und der Friedenssehnsucht und dem demokratischen Diskurs des Jahres 2002, zwischen den Wirren der späten Weimarer Republik und dem gefestigten demokratischen System in der Bundesrepublik Deutschland. Ihnen als Historiker dürfte wohl bekannt sein, dass die SPD als einzige Fraktion im Reichstag mit Otto Wels an der Spitze gegen das Ermächtigungsgesetz gestanden hat.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Sie haben Ihr Weltbild –

[Zuruf des Abg. Hahn (FDP)]

Ihr Weltbild, dass das Konservative immer Glück für Deutschland bedeutete und alles, was links davon ist, unser Land ins Unglück führte. Das ist nicht nur inhaltlich und historisch falsch, sondern auch zutiefst verletzend.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Für so etwas können Sie sich gar nicht entschuldigen. Sie müssen Ihr Denken, das Sie zu solchen unsäglichen Vergleichen geführt hat, überprüfen.

Ihre Denkweise offenbart sich auch am Ablauf am Sonntagabend. Ihre Definition von Vernunft ist offensichtlich sehr einfach. Sehen Sie für sich, Ihr Anliegen oder Ihre Partei einen Vorteil, dann ist es vernünftig. Ansonsten hat die Unvernunft gesiegt. Als Sie sich bei den ersten Hochrechnungen schon als Bundeskulturminister gesehen haben, war alles vernünftig –

[Quatsch! von der CDU]

laut Zeitungsmeldung. Nachdem Rot-Grün vorne lag, hatte die Unvernunft gesiegt.