Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

Aufgabenkritik haben Sie in Ihrer Begründung angesprochen. Da fehlen uns aber Impulse. Als Kernpunkt fehlt mir das Konzept, in dem man Ihren Gesetzentwurf als einen Unterpunkt einordnen könnte, weil Sie beim Personalvertretungsrecht, was wir thematisiert und problematisiert haben, sagen, dass man da im Wesentlichen nicht herangehen darf. Bei der Öffnungsklausel im Beamtenbesoldungsrecht sagen Sie: Nein, da darf man im Wesentlichen nicht herangehen. Bei – als letztes Mittel – betriebsbedingten Kündigungen sagen Sie: Nein, da darf man nicht herangehen. Und jetzt, in dieser dramatischen Situation des Landes Berlin, schlagen Sie mit diesem Gesetzesentwurf in der Phase der extremen Haushaltslage lediglich einen verbesserten Stellenpool vor. Das ist zu wenig, Herr Zimmer. Viel zu wenig.

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Es geht darum, die Personalkosten zu verringern oder zumindest kurzfristig sicherzustellen, dass sie nicht weiter dramatisch ansteigen. Wie immer geht es um die Zukunftschancen Berlins, um die Chancen zukünftiger Generationen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es Ihnen immer noch daran fehlt, sich der Wirklichkeit dieser Stadt zu stellen. Die Einsicht in die strukturellen Haushaltsprobleme ist zwar vorhanden, aber noch nicht die Erkenntnis, wie man damit umgeht. Die Verantwortung einer Partei, die in den letzten 10 Jahren maßgeblich an der Regierung beteiligt war und natürlich mit verantwortlich ist, fehlt mir. Das kommt in den Anträgen nicht genügend heraus.

Mein erster Eindruck ist, dass das Gesetz nicht nur nicht vollständig durchdacht ist, sondern als Gesetz an sich auch unnötig ist. Vielleicht sind einige wenige Gedanken dort überlegenswert, aber die können wir dann im Zusammenhang mit der Errichtung des zentralen Stellenpools diskutieren. Was ich aber viel wichtiger finde, ist eine Diskussion über echte Fragen, die sich stellen, wie die Personalbedarfsplanung und die Personalentwicklungsplanung – wichtige Aufgaben nach Aufgabenkritik. Da freue ich mich, dass der Senat demnächst ein aufgabenkritisches Paket beschließen will, in dem er mit dem Ziel wirkungsorientierter Steuerung an die Aufgaben der öffentlichen Hand herangeht. In dem Zusammenhang wird man dann Personalbedarfsplanung, Personalentwicklungsplanung und auch ein vernünftiges Personalmanagement machen können.

Im Ergebnis erscheint mir dieses Gesetz überflüssig. Die meisten Ideen, die Sie dort formuliert haben, erscheinen mir überflüssig, und was Sie hier ausgeführt haben, mit Stellen und Mitarbeiter anpassen: Wir wollen zukünftig über Personalmittel steuern und nicht über Stellenpläne. Wir wollen Schrägstrichstellen, das heißt, wir wollen Beamte und Angestellte gleichwertig im Land Berlin. Wir wollen sogar weniger Beamte, nämlich Beamte nur im Sinne des Grundgesetzes dort, wo sie vorrangig hoheitliche Aufgaben ausführen, weil wir eben nicht wollen, dass diese Wechsel auf die Zukunft weiter ausgegeben werden. Zu den Themen, die wirklich wichtig und notwendig sind, sagen Sie in diesem Gesetzentwurf nichts. Insoweit enttäuscht er mich, denn von Ihnen bin ich Besseres gewohnt, aber in letzter Zeit schwächeln Sie, Herr Zimmer. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Für die FDP-Fraktion hat Herr Ritzmann jetzt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das erklärte Ziel dieses Gesetzentwurfes ist die Senkung der Personalkosten durch Flexibilisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Das ist zwingend notwendig. Die CDU fokussiert sich auf die Stärkung der Managementverantwortung, die Verbesserung der Stellenpools – Herr Zimmer hat das ausgeführt – und die Verbesserung des Personalüberhangmanagements. Das sind sicher teilweise richtige Ansätze, die von uns auch unterstützt werden können.

[Niedergesäß (CDU): Aha!]

Aber, Herr Zimmer, das greift zu kurz, dramatisch zu kurz aus unserer Sicht. Es fängt schon im Titel an. Der Titel des Gesetzes lautet: „Gesetz über die Senkung der Personalkosten der Berliner Verwaltung sowie Verwaltung und Abbau des Personalüberhangs in Berlin in der Phase der extremen Haushaltsnotlage“. Wir haben in Berlin die Situation, dass wir 20 000 bis 40 000 Beschäftigte zu viel haben. Das ist der Rahmen, in dem sich die Einschätzungen der Experten bewegen, die

Vergleiche zwischen der Personalausstattung der Bundesländer aufstellen. Das ist die Situation.

[Beifall bei der FDP]

Deswegen sage ich auch: Gaukeln Sie bitte den Beschäftigten nicht vor, dass das ausreichen könnte, dass das in Anbetracht der Situation Berlins genug wäre. Wir brauchen leider mehr, auch schmerzhafte, Reformen, um das Land Berlin wieder auf Linie zu bekommen. Deswegen leistet die FDP ihren eigenen Beitrag mit struktureller Aufgabenkritik – damit haben wir angefangen –, konkreten Vorschlägen: Privatisierung, Verkauf von Landesbeteiligungen, Umstrukturierungen der Verwaltungen, Schließung überflüssiger Ämter, Abbau von unnötigen Vorschriften, damit verbunden der Abbau der Personalkosten mit letztem Mittel betriebsbedingter Kündigungen. Das Ziel des Ganzen sind wieder Kostensenkungen und Leistungsverbesserung für die Berliner.

[Beifall bei der FDP]

Abschließend fasse ich zusammen: Der Gesetzentwurf ist teilweise unterstützenswert. Aber eingeordnet in Ihre Gesamtposition, die Sie als CDU vertreten, entsteht der Eindruck, das sei Ihr Beitrag zur Senkung der Personalkosten des Landes Berlin. Wenn dann nicht noch etwas nachkommt, wäre das ganz bitter und bedauerlich. Deswegen hoffen wir auf mehr und werden versuchen, Ihren Gesetzentwurf konstruktiv weiter zu verbessern. Wenn aber nicht mehr kommt, ist es zu wenig!

[Beifall bei der FDP]

Drittens – das steht mit der Prozess- und Verfahrenskritik in engem Zusammenhang – brauchen wir einen radikalen Abbau der ausgewucherten Überregulierung. Dazu hat Kollege Ritzmann gesprochen. Ich habe das letzte Mal, am 14. November, schon darauf hingewiesen, dass allein die Innen- und die Wirtschaftsverwaltung über

100 Vorschläge eingebracht haben, die jetzt auch umgesetzt werden. Aber erst wenn Verwaltung von Aufgaben entschlackt, wenn Prozesse entbürokratisiert und wenn die Regulierung reduziert ist, wissen wir, wie viel Personal wir wirklich brauchen. Dann muss das in Gang kommen, was Sie hier etwas – unserer Meinung nach zu – separiert vorgeschlagen haben.

Viertens brauchen wir ein Aufbrechen der starren leistungs- und modernisierungsfeindlichen dienstrechtlichen Vorschriften. Auch hier sind wir dabei. Es geht eigentlich um mehr. Die Zeit, in der die Dauer der Beschäftigung im öffentlichen Dienst maßgeblich über die Höhe der Funktion und des Einflusses sowie der Verantwortung und Entscheidungsmöglichkeiten entscheidet, hat sich längst überlebt. In einer Zeit, in der es überall zu gravierenden Brüchen und neuen Entwicklungen in der Arbeitswelt kommt, kann diese starre Abschottung zwischen Angestellten- und Beamtenstellen – die Kollegin Flesch sprach von den sogenannten Schrägstrichstellen – ebenso wenig förderlich sein wie die bisherige Praxis, die fachlich kompetenten Seiteneinsteigern so gut wie keine Chance lässt. Solche Systemänderung müsste in einem breiten Konsens geschehen, sonst ist es nicht durchsetzbar.

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat das Wort der Abgeordnete Dr. Zotl!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die Personalkosten des Berliner öffentlichen Dienstes viel zu hoch sind, darin besteht wohl zwischen der antragstellenden CDUFraktion und der Fraktion der PDS wie sicherlich auch mit den anderen Fraktionen in diesem Haus – die Beiträge haben dies gezeigt – eine völlige Übereinstimmung.

Es kristallisiert sich allerdings als Kernproblem die Frage des Wie heraus. Da scheint auch uns im Gesetzentwurf der CDU ein sonderbarer Mix vorzuherrschen. Es werden viele Dinge festgeschrieben, die alle schon praktiziert sind – Frau Kollegin Flesch hat darauf hingewiesen –, aber de facto als neu ausgegeben werden. Zugleich habe ich den Eindruck, als sollten – darauf hat Kollege Ritzmann eben hingewiesen – hier auch dienstrechtliche Beruhigungspillen verteilt werden, nach dem Motto: Es wird alles anders, aber es ändert sich nichts.

Vor allem aber ist das Problem – so sehen wir es auch –, dass der Personalabbau zu separiert, zu vereinzelt gesehen und aus dem notwendigen Gesamtzusammenhang herausgenommen wird. Um einen wirklichen Personalabbau, eine wirkliche Personalwirtschaft durchzusetzen, die sozial ausgewogen ist und die Sache wieder vom Kopf auf die Füße stellt, dass die Verwaltung für die Bürger und nicht umgekehrt da ist, ist ein anderes Vorgehen erforderlich. Ein solches Vorgehen haben wir in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. Hier möchte ich um Ihre Mitarbeit werben.

Erstens beginnt eine wirkliche Personalwirtschaft bei einer nutzerorientierten Aufgabenkritik, Herr Zimmer. Hier hat die Scholz-Kommission weitreichende Vorgaben gemacht. Der Senat hat sich dazu verhalten. Dass dies noch nicht verwirklicht wurde, liegt daran, dass unser Parlament zustimmen muss. Aber die Stellungnahmen des Innenausschusses sowie des Rechtsausschusses liegen noch nicht vor; das blockiert die Verhandlungen im Verwaltungsreform- und im Hauptausschuss.

[Wieland (Grüne): Das ist schade!]

Diese beiden Ausschüsse, deren Stellungnahmen noch fehlen, Herr Zimmer, stehen beide unter CDU-Vorsitz!

Zweitens ist eine konsequente Prozesskritik eine wichtige Grundlage für die nachhaltige Personalwirtschaft. Auch hierzu gibt es Vorgaben. Am 17. Dezember wird der Senat einen grundsätzlichen Beschluss zu einer umfassenden Prozesskritik und Prozessoptimierung in der Verwaltung fassen und zügig umsetzen.

[Dr. Lindner (FDP): So ein Quatsch!]

Das wäre im Interesse einer wirklich bürgernahen Verwaltung unbedingt notwendig.

[Dr. Lindner (FDP): Sie wollen es doch nur wieder auf die lange Bank schieben. Das ist doch alles, was Sie können!]

Fünftens und letztens wollen die SPD und die PDS unter Beachtung all dieser Schritte von der bisherigen Stellenwirtschaft zu einer tatsächlichen Beschäftigtenplanung übergehen. Das findet auch Ihre Zustimmung. Herr Zimmer, wir haben im Unterausschuss für Stellenplanung schon darüber gesprochen.

Das Geld für die nachgewiesenen notwendigen Beschäftigten soll – so steht es im Koalitionsvertrag – nur kommen, wenn klare analytische und strategische Zielvereinbarungen vorliegen. Das konnte in dem Doppelhaushalt noch nicht geschehen. Es wird auch noch nicht in dem Nachtragshaushalt geschehen. Jetzt haben wir aber diese Schritte eingeleitet. Ich sage hier einmal zumindest für unsere Fraktion, dass der feste Wille und die feste Absicht besteht, mit dem Haushalt 2004 genau auf diese Art und Weise vorzugehen. Ich würde gern dafür werben, dass wir das möglichst gemeinsam und möglichst mit den vielen Ideen umsetzen, die es gibt. Natürlich werden wir Ihren Gesetzentwurf in den beiden Ausschüssen gründlich prüfen. Wir werden versuchen, das Neue herauszufinden. Eigentlich ist der richtige Weg aber der, wie er in der Koalitionsvereinbarung steht. – Danke schön!

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Offenbar macht Herr Zimmer das alles morgens zwischen 3.00 Uhr und 4.00 Uhr in Heimarbeit. Ich sage, dass er durchaus mein Mitleid hat. Aber für eine Fraktion ist dies zu wenig. Es sind einige durchaus überlegenswerte Ideen enthalten. Das Grundkonzept ist aber wieder das, dass der Leiter einer Verwaltungsstelle, den Sie nicht definieren, wer das sein könnte – sie sagen, dass es in den Bezirken das Bezirksamt ist, wer ist es aber in der Hauptverwaltung? –, gerade hingehen und feststellen soll, wer in seinem Bereich überflüssig ist. Ja, was glauben Sie denn, welcher Jubel da ausbrechen wird und wie viele Hände hochgehen: „Ich habe hier die überzähligen, unsinnigen Leute; ich erkläre sofort: Ich bringe die Vermerke an.“? – Niemand wird das tun. Die grundsätzliche Frage, wer den Druck macht, fehlt bei Ihnen. Dann gehen Sie hin und schreiben in die Begründung – gottvoll geradezu oder göttinnenvoll –

Allgemeines: Solidarpakt ist gescheitert, und das liegt alles an diesem Senat, der kostenartenbezogene Konsolidierungsstrategien nicht will. – Dann geht es weiter. Dieses Verbeißen in die Personalkosten führt nicht weiter, zumal die Personalkosten nicht der größte Kostenblock des Haushalts sind. Gleichzeitig legen Sie hier ein Personalkostensenkungsgesetz vor. Was soll das alles dem geneigten Leser, der geneigten Leserin sagen, Herr Zimmer? Und welche Logik soll darin liegen, hundert dezentrale Stellenpools zu bilden, damit der Verwaltungsleiter die Stellen zunächst einmal selbst herumschieben kann? – Dann wird er die Stellen doch nie an den zentralen Stellenpool abgeben, den wir im Übrigen seit Jahr und Tag gefordert haben

Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat das Wort der Abgeordnete Herr Wieland!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geschätzter Kollege Zotl! Sie sagen immer Identisches: „Wir haben eine prima Koalitionsvereinbarung. Haben Sie Geduld, Geduld mit der Umsetzung. Irgendwann wird sie kommen.“

[Doering (PDS): Ist ja auch etwas dran!]

Daran ist etwas dran! Das ist so wie früher: Was der Parteitag beschloss, wird sein. Doch dann wurde nie etwas.

[Beifall bei den Grünen]

Da muss man schon einmal nach einem Jahr fragen, wie es denn nun aussieht und ob wir auf dem Weg oder nicht auf dem Weg sind.

Der Kollege Zimmer kann einem fast schon Leid tun. Er unterbreitet hier Vorschläge und bekommt von allen Seiten zu hören, es sei nicht so ganz das Gelbe vom Ei. Ich muss es auch wieder sagen, lieber Kollege Zimmer. Vielleicht liegt es daran, dass Sie so eine Art Ein-MannGmbH&Co da vorn bei Ihrer CDU sind und offenbar immer alles allein machen müssen.

[Gram (CDU): Ich-AG!]

Gestern noch kündigte Ihr Fraktionsvorsitzender in der „BZ“ unter der schönen Überschrift an: „CDUFraktionschef Steffel fordert Stubenarrest für Klaus Wowereit“.

[Beifall bei den Grünen]

Das ist eine Forderung, die wir voll und ganz unterstützen. Dies gilt natürlich weniger für die Begründung. Herr Steffel sagt: „Es war so in meiner Schulzeit. Ich durfte erst dann auf Partys und zum Spielen, wenn ich meine Hausaufgaben gemacht hatte. Bei Wowereit habe ich den Eindruck, dass nur noch Stubenarrest hilft.“ Wir haben nicht die Hoffnung, dass ein Stubenarrest hier irgendetwas ändert. Aber ein gewisses Bestrafungsbedürfnis haben wir auch. Deshalb: d´accord.

Dann kündigt Ihr Fraktionsvorsitzender an: „Wir haben einen Masterplan zur Haushaltssanierung und ein Sofortprogramm.“ Die „BZ“ fragt: „Wie meinen Sie das? Was heißt das konkret?“ „Zum Beispiel denke ich an einen Bürokratie-TÜV. Ein Drittel der Gesetze könnte abgeschafft und neue auf fünf Jahre befristet werden.“ Das leuchtete mir sofort ein. Weil ich mich nun zur Entlastung meines Kollegen Eßer bereiterklärte, hier zu reden, schaute ich einmal, wie es denn nun mit der Befristung aussieht. Ist sie denn enthalten? Dann las ich natürlich nur: Inkrafttreten, hier fehlte sogar noch das „treten“. Sie haben das „tritt“ bei Ihrem § 11 vergessen. Das letzte Mal war es die Verwaltungsdruckerei, die bei Ihnen zu unsinnigen Überschriften geführt hat. Die gibt es nun nicht mehr. Sagen Sie mir wenigstens, wer nun für Ihre

verballhornten Anträge – bei denen es in § 7 statt „Stellenpool“ „Stellepools“ heißt – zuständig ist.