Ralf Wieland
Sitzungen
15/4
15/5
15/6
15/7
15/10
15/11
15/12
15/13
15/16
15/17
15/18
15/19
15/20
15/21
15/22
15/23
15/24
15/26
15/27
15/29
15/30
15/32
15/33
15/34
15/35
15/36
15/37
15/42
15/44
15/45
15/49
15/50
15/51
Letzte Beiträge
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Fast hätte ich es der PDS geglaubt, dass Sie diese Aktuelle Stunde nur mir zuliebe beantragt haben,
Dazu sage ich – hier endet dann auch der Werbeblock Brandenburgwahl –, auch ganz deutlich in Richtung CDU: Wer mit den vielen Innensenatoren, die sich von Ihnen daran versucht haben, es niemals geschafft hat, mit einer Linie der Härte, mit einer Linie der Verbote dem 1. Mai beizukommen, der sollte in der Analyse des diesjährigen 1. Mais lieber ganz ruhig sein und schweigen.
Es wurde schon gesagt: Es ist nachgerade ein Scherz, Herr Henkel, Sie fühlten sich letztes Jahr noch wie in Beirut. Wir hatten schon Angst, dass Sie in diesem Jahr kommen und sagen, dieses Mal sei es wie in Falludschah. So ist es dann nicht gekommen. Aber die Begründung, die Polizei habe nun just das gemacht, was Sie ihr immer vorgeschlagen haben, nimmt Ihnen in dieser Stadt niemand ab. Die Polizei – insbesondere auch der Polizeipräsident Dieter Glietsch, der dies in seiner Antrittsrede gleich gesagt hat – hat trotz vielen Gegenwindes an der Strategie der Deeskalation festgehalten, die Polizei hat sie verfeinert. – Da mussten Sie wirklich nicht kommen, und Herr Ritzmann, bei allem Respekt, da brauchten wir auch die Vorschläge der FDP nicht.
Wieland, Wolfgang
Ich will Ihnen einmal sagen, insbesondere auch Ihnen, Herr Zimmer – ich habe die Ergebnisse Ihrer Klausur am Wochenende gelesen –, wenn Sie wirklich der Ansicht sind, mit Forderungen wie Wiedereinführung der Rasterfahndung – die haben wir im Übrigen –, Wiedereinführung der Schleierfahndung – die haben wir gerade abgeschafft –, flächendeckender Videoüberwachung, gar mit einer Reanimation des Freiwilligen Polizeidienstes die neue, kreativere CDU in der Stadt zu sein, kann ich Ihnen nur sagen: Bekommen Sie die absolute Mehrheit,
Es waren schon Staatsanwälte am 1. Mai vor Ort, als Sie noch geübt haben. Frau Hertel hat schon darauf hingewiesen: Der Erfolg hat für mich einige Väter zu viel oder besser gesagt einige vermeintliche Väter.
Die Polizei hat nüchtern analysiert, was in den letzten beiden Jahren falsch gelaufen ist: das Umschalten von Phase 1 auf Phase 2, was nicht klappte, die Frage, wer den Schalter überhaupt umlegt, das Zurück zur Auftragstaktik, zum Dezentralisieren, das ist in diesem Jahr hervorragend aufgegangen in Kreuzberg. Ich habe im Innenausschuss schon gesagt – und wiederhole es hier –: Der Direktionsleiter Klug hat seinem Namen alle Ehre gemacht an diesem Tag. Das war durch und durch erfreulich, über das von uns Erwartete hinaus erfreulich. Das soll hier deutlich festgestellt werden.
Und ich füge hinzu: Wenn mein Kollege Ströbele und ich uns heute einig sind in der Feststellung, dass man beruhigter sein kann am 1. Mai abends auf Kreuzbergs Straßen, wenn man Berliner Polizeibeamtinnen und Beamten gegenübersteht und nicht denen aus anderen Bundesländern, dann ist das das größte Kompliment, das wir der Berliner Polizei machen können und es hiermit machen. Denn dies ist jahrzehntelang leider anders gewesen.
Da ich hier von den Medien zu einer Art Nostalgietour verleitet worden bin, als Veteran, der jedes Mal dabei war – was richtig ist –, auch am 1. Mai 1987 hinzutelefoniert worden bin – das kam für alle überraschend, auch für uns –, muss ich sagen: Das Desaster zeigte sich damals darin, dass einzelne Einsatzhundertschaftführer buchstäblich weinend auf Parkbänken saßen, weil nicht nur ihre Einheiten nicht mehr da waren, sondern auch ihr Weltbild zerbrochen ist in dieser Situation. Wer gesehen hat, wie geplündert wurde, wie Bewag-Kästen, U-Bahnhöfe verwüstet wurden, konnte nicht die Lösung, die der seinerzeitige Senat hatte, akzeptieren, nämlich, darauf mit Rigorosität und Härte zu antworten – so seinerzeit der Innensenator Kewenig. Die Folgen sind bekannt, sie waren spektakulär. Es war die berüchtigte EbLT, die „Einheit für besondere Lagen und einsatzbezogenes Training“. – Ich werde diesen Begriff nie vergessen. – Es waren, wie der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag formulierte, der „Prügelausflug ins Franz-Josef-Land“, nach Wackersdorf und andere Aktionen, die die Berliner Polizei in Verruf gebracht haben. Es war ein langer Weg von einer Polizei, die ein Jahr später selbst ihre Vorgesetzten, nur weil sie in Zivil waren, am Lausitzplatz niedergeschlagen hat – Herr Lorenz, wir erinnern uns –, von einer Polizei, die von oben die Parole bekam „Vor dem Schlagstock sind alle gleich“ – so die Interpretation des Grundgesetzes durch den besagten Herrn Kewenig –, hin zu einer Polizei, die sich dem Interesse und dem Wohl des Bürgers verpflichtet sieht. Es war ein langer Weg. Man ist
auch noch nicht am Ende, aber man hält eine gute Richtung. Dies ist durchaus erfreulich.
Für Sie! Für Sie soll sie auch traurig sein.
denn diese Horrorliste, diesen Quatsch macht noch nicht einmal die FDP mit. Damit begeben Sie sich völlig ins Abseits.
Natürlich gebührt das gleiche Lob, das für die Polizei auszusprechen ist, auch den Veranstaltern des „Myfestes“, gebührt dem Bezirksamt, gebührt den beteiligten Organisationen, insbesondere auch den türkischen Vereinen, die dieses Jahr in vorbildlicher Weise ihre Verantwortung für die Kinder und Jugendlichen der zweiten und dritten Generation gesehen und wahrgenommen haben, die sich eingereiht haben in dieses Bündnis für Prävention, mehr als in den vergangenen Jahren. Da gab es das auch schon, aber es ist in diesem Jahr sehr erfolgreich gewesen. Auch hier muss dieser Weg beschritten werden.
Wir hatten dieses Mal auch – viel sichtbarer als sonst – eine Art Sicherheitspartnerschaft im Kiez. Wir hatten Menschen mit Transparenten, die sich gegen Steinewerfer gestellt haben, die leider zum Teil hinterher in einem Restaurant regelrecht überfallen wurden, weil das genau den Nerv der ca. 200 bis 300 Steinewerfer getroffen hat. Es waren nicht mehr, es waren nicht weniger, aber ich darf mit einem Zitat schließen, das Berlins letzter Landesschutzpolizeidirektor Gernot Piestert einmal formuliert hat:
Wir haben die Hand ausgestreckt und die Faust zurückbekommen.
Ich appelliere an den Senat, dabei zu bleiben, die Hand auszustrecken. Nur so werden die Fäuste immer weniger. Sie sind immer weniger geworden. Wenn diese Balance zwischen Zurückhaltung und Entschlossenheit gewagt wird, dann wage ich die Prophezeiung, dass der zwanzigste 1. Mai in Berlin nach 1987 endlich gewaltfrei sein wird. Ich werde dann aus Brandenburg zu Besuch kommen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das wird nun wirklich mein letzter Redebeitrag werden.
Ich kann nur empfehlen, als Politiker öfter einmal ein Amt niederzulegen. Dann kann man die Nachrufe schon zu Lebzeiten lesen
und sich darüber freuen und auch die netten Worte des Präsidenten zur Kenntnis nehmen.
Die zweite Runde dient dazu, sich mit der Argumentation des jeweiligen Senatsmitglieds auseinander zu setzen.
Seine Gesichtsfarbe ist wirklich nicht zu beanstanden; das sehe ich auch so. Viel mehr ist bei mir nicht haften
)
Wieland, Wolfgang
Nein, überhaupt nicht, Herr Lindner! Aber wenn Sie nicht in der Lage sind – und Sie sind es offenbar am allerwenigsten –, auch einmal selbstkritisch zu reflektieren und sich zu überlegen, ob ein Parlament nicht mehr sein sollte als eine Gelegenheit, Schaum zu schlagen und das eigene Ego in den Vordergrund zu stellen und sich ansonsten in Nichts um den Eindruck zu kümmern, den das auf Außenstehende macht, dann müssen Sie noch viel lernen, um in diese Schuhe hineinzuwachsen. Das haben Sie noch vor sich.
(D
Nicht jeder hier ist ein Demosthenes oder eine Demosthena; das werden Sie auch nicht werden, und das sollte man auch nicht verlangen. Aber zuhören kann eigentlich jeder, und das kann man auch von jedem und jeder verlangen. Dazu fehlt der Wille. Es fehlt aber auch das, was wir mit den Änderungen der Geschäftsordnung auf den Tisch zu legen haben und machen müssen. Die Veranstaltung hier muss spannender werden, ansprechender auch für uns selbst. Ansonsten sind es nur Appelle – das sehe ich auch so. Und für diese Geschäftsordnung gilt auch der Satz „Ecclesia est semper reformanda“, die Reformen sind nie zu Ende. Das kann noch nicht das Endgültige sein, auch in der Frage des Beginns unserer Sitzungen.
geblieben. Und auf die Ebene einzusteigen, ob dem Kollegen Over zu Recht oder zu Unrecht am Ohrläppchen gezupft wurde,
sollte man mir auch nicht zumuten.
Ich halte das, lieber Herr Ritzmann, nicht für ein Thema, das in einem Parlamentsplenum ausgewälzt werden sollte, wenn Sie meinen, das Fehlverhalten eines Kollegen festgestellt zu haben in der Frage: Welche politischen Schlussfolgerungen ziehen wir aus dem 1. Mai?
Da muss ich zu Gunsten der PDS sagen – obwohl sie meine Verteidigung weder nötig noch in Auftrag geben hat –: Vieles von dem, was am 1. Mai in der Polizeikonzeption richtig läuft, ist auch auf Initiative der PDS und auf ihren Dialog hin geschehen. Insbesondere Frau Seelig hat sich seit Jahr und Tag um eine sachliche Kritik am polizeilichen Verhalten – da, wo sie nötig war – bemüht und das tatsächlich auch geleistet. Hier nun wie ein Großinquisitor zu sagen: Nun beweisen Sie mal bitte, dass Sie auf dem Boden der Demokratie stehen – das kommt zwölf Jahre zu spät, Herr Ritzmann. Auch da haben Sie Ihren Einsatz verpasst.
Da es nun wirklich der Abschluss ist, erlaube ich mir, bei dieser Gelegenheit einige Sätze zu sagen. – Wir haben in Berlin die Öffentlichkeit aller Ausschusssitzungen. Das ist eine schöne Sache, gerade, wenn ich an Brandenburg denke, wo die Türen der Sitzungsräume zu sind, wo man hinterher Verlautbarungen erhält. Aber diese Transparenz führt auch dazu, dass wir alle unter ständiger Beobachtung der Öffentlichkeit sind. Die Frage ist: Genügen wir unserer Vorbildfunktion?
Schüler der Heinrich-Ferdinand-Eckert-Oberschule haben im April einen Brief an den Parlamentspräsidenten geschrieben. Ich hoffe, alle haben ihn zur Kenntnis bekommen, so wie bei uns in der Fraktion. Ich zitiere:
Viele der Abgeordneten sind nicht erschienen. Zwei der anwesenden Politiker hatten Geburtstag und waren während der Sitzung damit beschäftigt, Gratulationen und Geschenke entgegenzunehmen.
Die Respektlosigkeit der Abgeordneten gegenüber denjenigen, die ihr Anliegen am Mikrofon vortrugen, war für uns erschreckend.
Es wurde ihnen weder Beachtung noch Aufmerksamkeit geschenkt. Viel wichtiger war es einigen Abgeordneten, Zeitung oder SMS zu lesen oder sich zu unterhalten.
Die Schüler schließen mit der Frage:
Ist das der Normalzustand einer Sitzung?
Deswegen, zum Abschluss in diesem Haus: Im Preußischen Landtag wurden während der Novemberrevolution 1918 die entscheidenden Weichen hin zur Repräsentativen Demokratie gestellt. Hier wurde auch der Traum gegen das preußische Dreiklassenwahlrecht von der Volkssouveränität der Gleichen wahr. Wir müssen uns fragen – und da tut es weh, wenn Schülerinnen und Schüler heute den Eindruck eines gelangweilten Schlaflabors erhalten –, ob wir diesem Anspruch gerecht werden und inwieweit wir in der Lage sind, uns der demokratischen Tradition dieses Hauses als gerecht zu erweisen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Pewestorff, ich nehme Ihren Zuruf auf: Cottbus liegt in Brandenburg. – Diese Debatte, die wir jetzt vor uns haben, eignet sich vortrefflich dazu – und so wird sie zum Teil in Brandenburg auch geführt: Da sieht man es mal wieder, wenn es ernst wird, wollen die Berlinerinnen und Berliner nicht nach Cottbus gehen. – Oder wie es der brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck gesagt hat: Cottbus liegt doch nicht auf dem Mond. – Da hat er Recht.
Auch nicht fast, ich nehme diesen Zuruf der PDSFraktion auf, damit er im Protokoll steht. – Die Landschaft sieht dort teilweise auf Grund der Politik, als Sie noch SED hießen, aus wie eine Mondlandschaft, da haben Sie allerdings Recht.
Aber dennoch haben die Menschen dort einen Anspruch darauf, dass auch Strukturpolitik in ihrem Sinne gemacht wird. Und so ist dieser Standort – Finanzgericht Cottbus – seinerzeit, im Jahre 1995, in den Fusionsvertrag hineinge
Wieland, Wolfgang
Herr Pewestorff, das kommt doch noch! Sie sind für diese Uhrzeit sehr munter. Sie haben sich offenbar bei der vorigen Debatte ausgeschlafen und sind jetzt erfrischend engagiert. – Es ist eine Blockade insbesondere innerhalb der CDU, und das ist nicht neu. Das war schon so, als Eberhard Diepgen das Justizressort mitverwaltet hat – Justizsenator war er ja bekanntlich nicht –, als sein Staatssekretär Rauskolb in Brandenburg im Rechtsausschuss einritt und sagte: Wir gehen nicht noch Cottbus, basta! – Und
genauso kam zurück: Basta, Cottbus wollen wir haben, darüber reden wir erst gar nicht. – Diese Blockade, die nunmehr seit vier Jahren andauert, hätte die CDU insbesondere untereinander auflösen müssen.
Wir haben damals Kompromissvorschläge gemacht und machen sie auch jetzt noch. Wir sagen: Wenn es denn sein muss, dann ein gemeinsames Finanzgericht mit zwei Standorten, mit Außenstellen, wo insbesondere die Publikumssachen in Berlin verhandelt werden. Das ist im Übrigen eine Forderung, die auch die Nordbrandenburger erheben, die sagen: Wenn wir schon nach Berlin reisen, ist das schon eine ganz schöner Weg, nach Cottbus verdoppelt er sich. Das ist eine Forderung, die insbesondere die Laienrichter erheben, die Steuerberater und andere mit guten Gründen erheben.
Wir sagen gleichzeitig: Weil uns Cottbus wichtig ist und wir Cottbus aufwerten wollen, ist unser Vorschlag, das gemeinsame Verfassungsgericht des Landes Berlin und Brandenburg, das man auch wird bilden müssen, wenn man es mit der Fusion ernst meint, und das man auch im Vorgriff bilden kann – mit zwei Senaten, einen für Berlin, einen für Brandenburg –, dann nach Cottbus verlegen soll.
Dies sind Kompromissvorschläge, um die Kuh vom Eis zu holen, um zu einer Lösung zu kommen, die von allen auch mitgetragen werden kann. – Vielen Dank!
kommen. Das fiel damals nicht sonderlich auf. Mir konnte bis heute niemand sagen, obwohl es mich interessiert, warum unter die Frage, wohin die gemeinsamen Obergerichte gehen, ein Gericht fiel, das gar kein Obergericht ist, nämlich ein erstinstanzliches Gericht, ein Eingangsgericht, zu dem viele Menschen, wie wir als Juristen so schön sagen, in Person gehen, zu Kindergeldsachen, zu Kfz-Steuern, weil es sich für sie nicht lohnt, sich anwaltlich vertreten zu lassen, weil es um geringe Beträge geht. Das ist das Problem. Wir haben einen klassischen Zielkonflikt zwischen einer sinnvollen raumordnungs- und regionalpolitischen Forderung, auch Cottbus soll Gerichtsstandort sein, und der Frage, die wir ansonsten auch immer haben: Kann ich ein Gericht wie eine normale Behörde behandeln? – Wie beispielsweise das Umweltbundesamt, wo man gesagt hat: Ihr müsst nach Dessau gehen, ob ihr wollt oder nicht, ihr geht dorthin. – Und dann sind sie murrend nach Dessau gegangen. Dies ist eine Behörde ohne Publikumsverkehr. Wenn wir über Gerichtsstandorte reden, müssen wir auch hier über Servicefreundlichkeit, Bürgerinnen-/Bürgerfreundlichkeit reden. So weit sind wir inzwischen. Und dann muss man sagen, dass der Standort Cottbus für ein erstinstanzliches Gericht leider ein ganz und gar ungeeigneter ist.
Das ist leider so, und dies weiß man, Herr Brauer, nicht erst seit heute. Dies weiß man seit vier Jahren. Was uns auch ärgert, ist, dass man dennoch, obwohl man das wusste, dass es insbesondere bei der CDU, aber auch bei der FDP einen massiven Widerstand gibt, nicht vorher mit der Opposition geredet hat, dass wir quasi aus der Zeitung erfahren, dass dieser Staatsvertrag abgeschlossen wird und Herr Wowereit in seiner oberflächlichen, nonchalanten Art einfach sagt: Wir unterschreiben erst einmal, und dann werden sie schon springen müssen. Dann können wir es ausschlachten, dass sie zicken und nicht nach Cottbus gehen wollen. –
Dies ist eine Art und Weise, die wir nicht akzeptieren und die scharf zu kritisieren ist.
Es ist aber auch merkwürdig, Herr Zimmer, das muss ich Ihnen ganz freimütig sagen, dass eine Justizministerin in Brandenburg sich hinstellt und sagt, Cottbus sei nicht verhandelbar. Ich gehe nicht in Verhandlungen und erkläre nicht vorab einen Teil für nicht verhandelbar.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin Ströver hat es gemutmaßt, Herr Henkel hat es gesagt: Es erinnert an einen Aprilscherz. – Wenn es ein solcher sein sollte, dann war es wirklich ein mäßiger von Rot-Rot, hier heute zu formulieren, ich darf zitieren: „Ordnungsämter in den Bezirken – jetzt schnell und handlungsfähig einrichten“. – Die Betonung liegt auf „schnell“.
Herr Zotl, wir sollen uns nun darüber freuen, wie Sie so schön formulierten – ich nehme an, Frau Grunert hat den Begriff mitgeschrieben –, dass in vorausschauender Wirkungs-Folgen-Analyse
ja, oder Folgen-Wirkungs-Analyse oder was auch immer, der Senat nun das vorgelegt hat, was inzwischen als Berliner Untempo sprichwörtlich gewesen und geworden ist. Heute sollte es losgehen, das haben wir alle hier beschlossen am 26. Juni 2003. Dass es nicht losgeht, dass
wir wieder einen Sommer der Vermüllung und des ungebremsten Grillens erleben werden,
das wird die einen freuen, die anderen werden darunter zu leiden haben. Das wahrlich ist kein Grund zur Freude, sondern es ist scharf zu kritisieren, dass der Senat nicht „zu Potte gekommen“ ist.
Man hat die Zeit auch nicht genutzt zur notwendigen Vorbereitung des Ganzen, zur Aufgabenabgrenzung, zur Personalauswahl – darauf ist schon hingewiesen wor- den –, selbst die Finanzierung ist wie immer ungeklärt. Anstatt das Personal jetzt zu schulen, hat man zunächst diese ominöse Bewaffnungsdebatte vom Zaun gebrochen. Ob nun diese angebliche Kiezpolizei – –
Lieber Herr Zotl! Da sind Sie etwas einäugig! Dieser Wettstreit wurde unter den Dorfschulzen allgemein ausgetragen – nicht nur unter denen der CDU –, wer denn nun in der Stadt der schärfste Bulle ist. Der erst Sieger wurde der Bürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, bekanntlich kein CDU-, sondern SPD-Mitglied, Herr Band. Der hatte sozusagen die erste Schlagzeile auf seiner Seite. Dann ging es munter so weiter. Die Bezirksbürgermeister – und leider auch die CDU – haben einiges deutlich missverstanden: Es geht hier um keine Kiezpolizei. Es geht auch um keine Polizei im Kiez, keine Ersatzpolizei und keine Polizei light, wie so gern von Ihnen formuliert wird. Hier soll überhaupt keine Polizei geboren werden, sonder hier sollen Mitarbeiter im Außendienst der Bezirksämter zum Einsatz kommen. Wann endlich werden Sie das verstehen? – Das galt für die Freiwillige Polizeireserve, das gilt für die Bundeswehr im Inneren, die Sie so gern einsetzen wollen
und das gilt auch hier, Herr Henkel. Sie wollen es nicht begreifen. Nur wo Polizei drin ist, darf auch Polizei drauf stehen, sonst verwischen Sie alle Grenzen. Dazu sagen auch wir: Nicht mit uns!
Der Missstand wird dadurch noch größer, dass sich die eigentliche Polizei peu à peu aus den Kiezen verabschiedet und diesen ganzen Missverständnissen dadurch noch Vorschub leistet. Klammheimlich haben wir erfahren, dass die so genannten Piestert-Runden, nämlich die Verpflichtung, zwei Stunden pro Schicht zu Fuß zu gehen, kassiert worden sind. Das wird einfach nicht mehr gemacht. Die Polizeiführung konnte das bei den eigenen Leuten nicht durchsetzen. Man ist scharf auf den neuen BMW, man hat die berühmte Freude am Fahren, zu Fuß zu gehen ist zu mühsam, das Wetter ist auch manchmal schlecht – nicht so wie heute –, also war es immer unbeliebt, also sagt man einfach: „Das ist nun obsolet geworden.“ und „Die neue Polizeistruktur erfordert das nicht mehr.“. – Das ist ein Vorwand, das entspricht nicht der
Realität. Praktisch selbstverständlich wurden auch die neuen Polizeifahrräder – die Porsche unter den Fahr- rädern –, die man einst für viel Geld samt Montur und Helm angeschafft hat, äußerst sparsam eingesetzt. Frau Seelig behauptet, Sie habe sie in der Hasenheide schon gesehen. Darüber freue ich mich, Frau Seelig. Ich weiß nicht, was Sie in der Hasenheide tun, es geht mich auch nichts an.
Ja, es geht mich wirklich nichts an. Ich fahre da manchmal durch, und, beim besten Willen, mir sind sie noch nicht begegnet.
Aber wenn sie dort im Einsatz sein sollten, nehme ich es erfreut zur Kenntnis.
Wenn uns jedoch Polizeipräsident Glietsch die vielen Stunden angeblicher Fußstreifen der Berliner Polizei auflistet, dann fällt mir dazu nur noch Didi Hallervorden ein: Ja, wo laufen sie denn?
Und nicht nur ich tue das, sondern viele fragen sich das in der Stadt. Bei jeder Umfrage über die innere Sicherheit in den letzten 20 Jahren ist es zentrales Thema gewesen, dass die Menschen die sichtbare Polizeipräsenz vermissen, dass sie mehr Grün auf der Straße wollen, dass sie die Abwesenheit der Polizei als Mangel empfinden. Die Kobs sollten die Lücke einst schließen bei der Polizeireform 1974, als die Reviere wegfielen. Auch sie werden mit dem Berliner Modell eingespart. Es bleibt der vorbeifahrende Funkwagen, es bleibt die Telefonnummer 110. Dies ist alles, aber dies ist zu wenig an Kontaktmöglichkeiten für die Polizei.
Nun zu glauben, dass dieses Vakuum durch das Ordnungsamt gefüllt werden könnte, ist falsch. Wer so tut, als könne dies geschehen, legt jetzt schon die Wurzeln für ein grandioses Scheitern dieses Projekts. Aber genau das können wir uns nicht erlauben. Die verquere Bewaffnungsdebatte hat im Vorfeld auch ein völlig schiefes Bild – da gebe ich Ihnen recht, Herr Zotl – von den Ordnungsämtern gezeichnet. Sie sollen nicht nur ein Repressivorgan sein, sie sollen vor allem auch eine bürgerfreundliche Dienstleistungsbehörde werden. Dies ist das Doppelgesicht der Ordnungsämter. Entsprechend qualifiziert soll auch die Tätigkeit in diesen Ordnungsämtern gestaltet werden, als anspruchsvolle Aufgabe. Wenn ich nun aber monatelang nur das Bild zeichne von HundehaufenNachschnüfflern und von Schlagstock schwingenden Antigrillern, brauche ich mich wahrlich nicht zu wundern, wenn das Ordnungsamt für die Überhangkräfte den Charme einer Strafkompanie entwickelt. Dann werde ich Schwierigkeiten haben, dieses Personal überhaupt zu erhalten. Hier müsste eigentlich das Scheitern von Strieders Gassi-Polizei Warnung genug sein. Denn wir erinnern uns noch sehr genau, wie es hier im Frühjahr im Jahr 1996 losging. Kaum war mit Mühen die große Koalition wiedergewählt worden, entdeckte der damalige Senat
unter Eberhard Diepgen als Kernaufgabe des Staats das Putzen. Wir erinnern uns: Jörg Schönbohm wurde als Meister Proper von uns so bezeichnet, Frau PeschelGutzeit wollte gleich mit wetteifern und legte sich selbst die Bezeichnung „Clementine“ zu. Man wartete noch Ostern ab, bis der Müllberg vom Eis befreit war, und dann ging es los mit einer großen Schauaktivität. Peter Strieder, der seinerzeit noch als Anlernling in diesem Senat saß, neu hereingekommen war, fabulierte etwas von kommunitärem Bewusstsein, das nun der Bevölkerung damit vermittelt wurde. Nichts an Nachhaltigkeit, nichts geschah, es war ein völliger Schuss in den Ofen, und ein ganzer Senat machte sich zu einem Lachkabinett.
Bitte ersparen Sie uns die Wiederholung solcher Schauaktivitäten, meinen Sie es diesmal ernst, und nehmen Sie es diesmal ernst mit den Ordnungsämtern! Denn das Versagen der öffentlichen Hand ist sehr lang und sehr ernst. Berlin erlaubte sich als einzige Stadt bisher den Standpunkt des Geisterfahrers, zu meinen, auf Ordnungsämter verzichten zu können. Nun werden einen weiteren Sommer lang Parks und Grünanlagen unter diesem Irrtum zu leiden haben, unter dem Ansturm unvernünftiger Griller – es gibt auch sehr viele vernünftige – und unter nächtlichem Vandalismus. Sorgen wir dafür, dass wenigstens ab Herbst dieser Spuk zu Ende ist. Die Alternative kann nicht die Erhebung von Eintrittsgeldern sein. Die Bürgerinnen und Bürger haben für ihre Steuern einen Anspruch auf gepflegte Parks und Grünanlagen, und zwar gratis.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Zillich! Der Mentalitätswechsel wurde uns seinerzeit vom Regierenden Bürgermeister allerdings in Fragen von Filz und Korruption versprochen.
Da warten wir noch auf die Einlösung, insbesondere beim SPD-Teil dieses Senats.
Was Sie hier getan haben, ist etwas anders. Es verdient natürlich Anerkennung. Das habe ich hier schon während der Haushaltsdebatte gesagt. Es ist eine kleine historische Stunde, was dieses Haus wieder einmal nicht bemerkt, aber das liegt an diesem Haus und nicht an dem, was geschieht. Tatsächlich wird erstmals in einem Bundesland eine seinerzeit verschärfende Maßnahme aus dem Polizeirecht wieder gestrichen. Bevor es nicht geschehen ist, kann ich es immer noch nicht glauben.
Deswegen rede ich auch nicht lange. Ich will das nicht gefährden und will hier keine Eilt-Faxe oder Anrufe des Kollegen Innenministers Schily provozieren. Natürlich macht sich ein Innensenator damit keine Freunde in der herb-männlichen Innenministerkonferenz, das muss man auch sehen.
Man muss auch sehen, dass es ein gewisses Rückgrat und einen gewissen Widerspruchsgeist erfordert, bei dieser Linie zu bleiben. Es war auch ein weiter Weg, Kollege Zillich, denn die ersten Stellungnahmen zu unserem Antrag, die Schleierfahndung abzuschaffen, lauteten aus dem Hause der Innenverwaltung noch: Selbst wenn wir keine Erfolge haben, können wir nicht ausschließen, dass sie doch etwas bewirkt, weil wir nicht wissen, wer was unternommen hätte, wenn es die Schleierfahndung nicht gäbe, dieses „man weiß ja nicht, was ansonsten geschehen wäre“. Eine ähnliche Argumentation haben wir auch noch bei der Rasterfahndung.
Dennoch, obwohl oder gerade weil der Weg sehr weit war, ist diese Entscheidung eine mutige. Sie ist allerdings auch überfällig. Mit der Schleierfahndung wurde der rechtsstaatliche Rubikon seinerzeit deutlich überschritten. Sie war in Berlin auch deswegen völlig deplaziert, weil Berlin bekanntlich keine wegfallende Schengeninnengrenze hatte. Wir sind nur von einem Land umgeben, Herr Henkel, das ist das Land Brandenburg. Nur, anders als Sie vermuten, tragen wir dort noch nicht die Verantwortung für die Regierungspolitik. Deswegen ist auch Videoüberwachung in Potsdam nicht, wie Sie es eben gesagt hatten, uns anzulasten, da müssen Sie noch warten bis zum 19. September, dann wird sich das ändern.
Dann können Sie uns auch mit der Brandenburger Innenpolitik konfrontieren.
Schließlich und endlich ist es notwendigerweise auch ein Anfang einer rechtsstaatlichen Besinnung darauf, was der Staat eigentlich darf, ob er – wie die CDU uns immer sagt – alles darf, weil er ja per se gut ist und rechtsstaatlich handelt oder ob wir nicht hier auch die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, die klassischen Bürgerrechte, in Abwägung bringen müssen.
Da gefällt uns die Einschränkung der Rasterfahndung deutlich weniger, denn wir hatten drei Dinge auf Grund der Erfahrungen mit der Rasterfahndung gefordert. Und, Herr Felgentreu, das waren nicht kleine Nicklichkeiten,
die man hier gemacht hat, man hat schlicht losgerastert ohne polizeiliche Anordnung, man lief jeden Tag mit einem anderen Antrag zum zuständigen Richter, der sie dann jeweils unterschrieben hat. Man fiel von einem Extrem ins andere mit dieser Rasterfahndung. Dem wollten wir durch dreierlei vorbeugen: Wir wollten die Entschei
dung einem Kollegialgericht überantworten, wir wollten den Datenschutzbeauftragten zwingend vorher einschalten, und wir wollten eine Benachrichtigungspflicht für alle, die von der Rasterfahndung umfasst werden. Dies haben wir nicht bekommen. Nur bei wohlwollender Betrachtung ist das Glas dessen, was Sie heute ändern, halb voll. Aber auch hier wird das letzte Wort noch nicht gesprochen sein. Denn auch für die Rasterfahndung gilt: Alles Rastern hat bundesweit keinen einzigen Treffer erbracht. Der Flurschaden war groß. Der bürgerrechtliche Flurschaden war immens. Der Ertrag war gleich null. In Zukunft wird man sich überlegen müssen, was man tut.
Ich schließe meinen Redebeitrag mit einem Zitat des Datenschutzbeauftragten, der gestern bei der Vorstellung seines Berichts gesagt hat:
Die Notwendigkeit der Bekämpfung von Terrorismus und Schwerkriminalität verschärft zusehends Forderungen nach neuen Maßnahmen zur Strafverfolgung und Gefahrenabwehr. Die flächendeckende Videoüberwachung auf Bahnhöfen, die Telefonüberwachung zu präventiven Zwecken und die Bewegungsverfolgung durch Nutzung stiller SMS sind nicht mit rechtsstaatlichen Grundsätzen zu vereinbaren.
Da hat er Recht. An diesen Dingen werden wir weiter arbeiten. Sie werden weitere Anträge von uns bekommen, Herr Ritzmann, zu mehr Liberalität in Berlin. Heute wurde ein Schritt gemacht, weitere sollten folgen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin heute ganz milde gestimmt – keine Angst! Es wird keine Beschimpfungen geben. Jedenfalls ist dies nicht vorgesehen.
Zunächst vorneweg: Das Tempodrom war von Anfang an – und ist es zum Teil heute noch – eine wunderbare Bereicherung des kulturellen Lebens dieser Stadt. Viele Menschen – und nicht nur die, die Sie zur rot-grünen Klientel zählen und die sich darüber wundern dürften, dass Sie es tun – haben hier in der Vergangenheit unvergessliche Stunden erlebt. Nicht nur, aber auch deswegen war es richtig, im Herbst 2001 diese besagte Rettungsaktion zu unternehmen, so wie es im Senat im August formuliert worden war. Das zirkuliert zurzeit alles in den Medien, dieser denkwürdige Satz: Gemeinsam wird festgestellt, dass es keine rechtliche und keine politische Verpflichtung zur Rettung des Tempodroms gibt, aber man ist bereit, quasi Überlebenshilfe, d. h. Hilfestellung für das Tempodrom zu leisten.
Daraus wurde dann mehr, und zwar in dem Moment, als die Alternativen klar wurden. Es ist bereits geschildert worden, dass die Alternative eine Bauruine ohne Dach gewesen wäre und eine gleichzeitige Inanspruchnahme durch die Bürgschaft von damals bis zu 25 Millionen DM. Deshalb sage ich noch einmal ganz deutlich, weil behauptet wird, wir wollten uns aus der politischen Entscheidung herausstehlen: Das „Wie“ dieser Rettungsaktion ist diskussionswürdig und wird diskutiert werden. Das „Dass“ ist meines Erachtens damals richtig gewesen und ist auch im Nachhinein heute noch als richtig zu bezeichnen.
Gerade wir Grünen mussten aufpassen, dass wir uns nicht von zweierlei leiten ließen: Von einer bei uns sehr verbreiteten Strieder-Allergie und von einer auch sehr verbreiteten Neues-Tempodrom-Beton-Allergie. Denn viele waren der Ansicht, dass der Auszug aus dem Zelt ein falscher Schritt ist, aber wir konnten nicht unsere Ästhetik, unser Stilempfinden und unser Bedürfnis vormundschaftlich über das stellen, was die Betreiber mit ihren Plänen, Ideen und enormen Elan vorhatten.
Wir waren allerdings nicht beteiligt und lassen uns hier auch nichts in die Schuhe schieben, was die Planung angeht, was die Kostenüberschreitung angeht. Da ging es uns so, wie der Kollege Wechselberg es geschildert hat, da standen wir tatsächlich vor einer sehr merkwürdigen Alternative. Das war wirklich ein bisschen die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Gleichzeitig gilt für uns auch, was ich einmal das „Mediamarktprinzip“ nennen möchte: Wir sind doch nicht blöd! – Für viele – im Stiftungsrat zum Beispiel Volker Hassemer –, aber an erster Stelle immer auch Peter Strieder war das Tempodrom das Einfallstor in die Alternativszene, sollte auch immer gegen uns gewendet werden – die Provinzdattel, damit meinten Sie uns, lieber Herr
Strieder. Bei der Grundsteinlegung haben Sie das so auch deutlich gesagt: Ich, Peter Strieder, baue euch ein Schloss, und die Grünen blockieren nur. Und nicht wir saßen bei der Grundsteinlegung auf dem Elefanten, und nicht wir saßen auf dem Trapez bei der Einweihungsfeier. Das waren andere.
Auch deswegen haben wir zu Recht in unserem Vorschlag für die Aktuelle Stunde heute formuliert: Tempodrom – ein Berliner Drama; Produktion, Regie, Hauptdarsteller: Peter Strieder, mit freundlicher Unterstützung des Berliner Filzes. Hauptdarsteller heißt nicht, dass es nicht auch andere Darsteller gab. Wir sagen nicht, Strieder hat das alles allein gemacht. Natürlich nicht! Wir sagen auch im Nachhinein: Die Dreiteilung der Rettungssumme in Darlehen, in Lottogeld und in IBB-Sponsoring sehen wir heute hinsichtlich der IBB kritischer als seinerzeit, weil die Gegenleistung – die zum damaligen Zeitpunkt nicht bekannt war, da der Vertrag deutlich nach der Senatsentscheidung geschlossen wurde – wirklich etwas wenig ist.
Auch wer nicht meint, dass man das Ganze in „IBBodrom“ oder Ähnliches hätte umbenennen müssen, muss feststellen, dass es Fragen zum Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gibt, insbesondere auch die Frage, ob für die zur Verfügung gestellte Summe nicht viel intensivere Werbemaßnahmen möglich gewesen wären, als sie dann vereinbart wurden.
Auch die geplante Anrechnung auf den Bankenbeitrag wurde ohne uns ausgeknobelt. Wir wissen bis heute nicht einmal von wem. Man wird eventuell für die Zukunft empfehlen müssen, von jeder Senatssitzung Videoaufnahmen zu machen und jeder der beteiligten Fraktionen zur Beweissicherung eine Kopie zur Verfügung zu stellen. Das erspart vielleicht in Zukunft den einen oder anderen Untersuchungsausschuss.
Es sollte – und jetzt komme ich zu dem, was gestern und heute eine Aufregung verursacht hat – diese Rettungsaktion unter zwei Bedingungen stattfinden. Darin war sich der Senat völlig einig und hat sie mehrfach – wir waren insgesamt vier Mal damit befasst – formuliert. Einmal sollte es eine Art Enteignungslösung gegenüber Frau Moessinger und ihrem Clan geben. Vor dem Hintergrund, dass das Tempodrom insgesamt von öffentlichem Geld finanziert war, sollten nicht Privatpersonen davon profitieren. Quasi also Eigentumsübergang – es war ja eine Stiftung, deswegen quasi – von Frau Moessinger auf das Land Berlin. Dieses Manöver – beinahe das einzige – hat auch geklappt. Aber es sollte auch noch etwas anderes geschehen.
Es war eindeutig gesagt worden, dass die Pachtverträge so zu gestalten sind, dass die Einnahmen aus der Pachtsumme von allen drei Komponenten insgesamt ausreichend sein sollten, damit das Tempodrom im dann laufenden Betrieb schuldenfrei, mit schwarzen Zahlen zu führen wäre. Das waren die Auflagen zur Änderung der
Pachtverträge an ein – wie uns gesagt wurde – renommiertes Münchener Anwaltsbüro. Ich habe nur noch einen Dr. Theo Waigel auf dem Briefkopf in Erinnerung, sonst ist die Erinnerung relativ blass. Bei den Journalisten zirkuliert erstaunlicherweise mehr, als wir in der Hand haben. Deswegen war es notwendig, von unserer Seite aus zu erklären, was die Bedingungen waren, die eintreten sollten, und zu erklären, dass uns von Senator Peter Strieder mitgeteilt wurde, diese Verträge seien nun so gestaltet, dass der Übergang des Risikos der nicht wirtschaftlichen Bespielungsweise nicht bei der Stiftung, sondern bei den Gesellschaften, bei den Betreibern – man kann auch sagen –, vor allem bei Irene Moessinger ist.
Das war die Bedingung, das hat Peter Strieder selbst noch am Tag nach dieser Senatsentscheidung gegenüber dem „Tagesspiegel“ ausgeführt. Es war so, dass der Senatssprecher Lölhöffel das nicht vertreten wollte. Wir haben daraufhin gesagt, dann macht es der stellvertretende Senatssprecher, Albert Eckert. Er hat es auch dargestellt, weil es keine geheime Kommandosache war, sondern weil diese Entscheidung zwei Seiten hatte, die von uns ganz bewusst und ganz offensiv vor der Wahl vertreten werden sollten. Herr Strieder hat gesagt – und der „Tagesspiegel“ hat es wie immer korrekt zitiert, ich darf vorlesen –:
Prüfungen hätten ergeben, dass der Bankkredit aus den Einnahmen des Tempodroms refinanziert werden könne. Sollte diese Rechnung nicht aufgehen, kann der Senat den Pachtvertrag mit der Tempodrom GmbH bei Zahlungsverzug fristlos kündigen und einen anderen Betreiber suchen.
So war es geplant, nicht vereinbar mit einer bloßen Umsatzpacht, einer Umsatzpacht, wo die Pacht null ist, wenn im Extremfall der Umsatz null ist. Diese Vertragsgestaltung hat der Rechnungshof gerügt. Sie war nicht das, was bestellt worden war. Ob und wieweit wir blauäugig waren, ob wir trottelig waren, dass wird der Untersuchungsausschuss ergeben. Gegebenenfalls wird man sagen müssen und können, da hätten wir im Ergebnis noch genauer hinsehen müssen. Aber uns wurde, kurz bevor es in den Senat kam, Vollzug dieser neuen Vertragsgestaltung gemeldet. Das ging alles immer sehr knapp vonstatten.
Wir freuen uns auf den Untersuchungsausschuss, Frau Klotz hat es bereits gesagt. Ich dachte von Anfang an, dass er notwendig sei und kommen müsse, gerade weil wir auch auf Grund der Berliner Filzgeschichte einige Erwartungen haben, wenn Herr Specker im Fernsehen erklärt, er habe gleich an drei Parteien gespendet, er habe sehr oft und sehr gern gespendet. Spenden an sich, lieber Herr Müller – da widersprechen wir nicht –, ist noch neutral. Hier ist der Eindruck – wir werden sehen – einer Dankeschönspende, so zeitnah und so kurz nach der Entscheidung. Was uns natürlich auch interessiert, ist, wie weit Herr Specker, der stets als „Ex“ bezeichnet wird – und ich bin da etwas sensibel, weil ich auch unentwegt gleich mehrfach als „Ex“ bezeichnet werde – wirklich ein Ex-Baulöwe ist. Inwieweit hat er nicht noch in anderer Form munter noch weiter Grundstücksgeschäfte oder
andere Geschäfte getätigt? Auch danach wird man fragen müssen. Auch das ist unser Interesse: Gibt es so etwas wie eine Achse Strieder-Specker, die über die Jahre hin bestimmte Dinge in dieser Stadt bewegt hat? Das ist eine Frage, einiges spricht dafür. Man muss dem jetzt nachgehen, da hilft alles nichts.
Am 1. Februar 2001, sehr früh, als die Bankenaffäre gerade aufkam, habe ich gesagt, die Melodie klingt ein wenig nach Götterdämmerung im System Diepgen-Landowsky. Nun hat Herr Strieder höchstens in seiner Selbstwahrnehmung göttliche Züge, aber auch Halbgötter können stürzen. Ich denke, lange wird es damit nicht mehr dauern.
Herr Regierender Bürgermeister! Jenseits aller Peinlichkeiten habe ich schlicht eine sachliche Frage. Ist es nicht so, dass Herr Senator Strieder auch Abgeordneter dieses Hauses ist, deshalb Immunität genießt und die Staatsanwaltschaft, wenn sie denn ermitteln wollte, zunächst ein Verfahren zur Immunitätsaufhebung einleiten müsste? Wissen Sie, ob sie dies getan hat oder ob sie dieses plant? Können Sie uns darüber aufklären?
Ich habe eine Frage an den Bürgermeister und Senator für Wirtschaft, Herrn Wolf. Da Sie – wie jedes Jahr – auch in diesem Monat wieder an der Spitze Zehntausender von Werktätigen, sozusagen als Teil der Partei- und Stadtführung, an der Gedenkstätte für Karl und Rosa – für Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg – mit so bekannten Persönlichkeiten wie Egon Krenz, Heinz Kessler und Markus Wolf einen Kranz niederlegten, frage ich Sie: Sind Sie sicher, dass die Maßnahmen des Berliner Senats wie Kürzungen des Blindengeldes oder Aufhebung der Lernmittelfreiheit wirklich den sozialrevolutionären Geist von Karl und Rosa atmen?
Herr Senator! Ich habe Sie ja nicht gefragt, in welcher Gesellschaft Sie dort waren. Deswegen versuche ich es noch einmal: Als prominentes Mitglied der Partei des Demokratischen Sozialismus´ können Sie mir möglicherweise sagen, welche Ihrer Maßnahmen als Wirtschaftssenator uns den demokratischen Sozialismus näher bringt?
Oder einfacher gefragt: Auf welcher Bank, auf welcher Versicherung werden Sie als Erstes die rote Fahne hissen?
Herr Präsident! Sie können eigentlich nicht wissen, was ich jetzt sagen werde.
Sie werden es auch nicht ahnen. Vielleicht haben Sie aber den Wunsch, dass ich zu neuen Koalitionspartnern etwas sage – dem Wunsch entspreche ich möglicherweise.
Es ist immer wieder faszinierend, lieber Herr Henkel, wie Sie die FDP und uns zwingen, Opposition nicht gegen Rot-Rot zu machen, sondern Opposition gegen Sie zu machen. Das ist wirklich faszinierend.
Sie haben mit einem Aplomb heute – es ist beim letzten Mal verschoben worden – die I. Lesung einer kleinen Gesetzesänderung auf die Tagesordnung gesetzt, damit Sie heute Ihren großen Auftritt haben, und stellen eine entsetzliche Sicherheitslücke fest. Sie sagen selbst, dass Sie vor einem Jahr nicht ansatzweise geahnt haben, dass diese auftreten könnte. Das ist ein ziemliches Armutszeugnis, lieber Herr Henkel, das Sie sich selbst ausgestellt haben. Das muss ich bei der Gelegenheit mal sagen.
Zillich
Wir sehen es in der Sache wirklich anders und sind gespannt, was Herr Dr. Körting nun als Ergänzung dieses Straftatenkataloges ausbrüten will. Es gab doch eine Grundüberlegung, deretwegen wir es gemacht haben, Herr Zillich. Das, was der Bundesgesetzgeber im Wege der Strafverfolgung – nachdem Straftaten geschehen sind – an Telefonüberwachung zulässt, nur das darf auch präventiv von der Polizei nach eigenem Recht gemacht werden. Das ist die Grundüberlegung gewesen. Wenn sie richtig war, kann man jetzt den Katalog nach § 100a auch nicht irgendwie erweitern. Ich bin gespannt, was sich Herr Körting von seiner Fachabteilung aufschreiben ließ. Ich befürchte, es ist nichts Gutes. Wir werden es aber sehen. Es gibt hier auch keine Vorverurteilung eines Innensenators.
Ich kann mich noch erinnern, die Frau Seelig kann sich möglicherweise auch erinnern, denn sie war dabei, als wir 1992 dieses ASOG in einer Arbeitsgruppe formuliert haben. Schon damals gab es ein massives Unbehagen auch auf Seiten der FDP. Damals war ein Herr Seerig noch dabei. Ich weiß nicht, ob Sie ihn kennen. Es ist auch relativ egal. Jedenfalls hat auch er an dieser Stelle mit uns gemeinsam für die Bürgerrechte gefochten. Herr Henkel, Sie sprechen immer von Vertrauen in die Polizei. Ich möchte einmal etwas überspitzt formulieren: Mein Vertrauen in die Polizei ist so groß, dass ich ihr alles zutraue. Das möchte ich deutlich sagen. Mein Vertrauen, dass sie natürlich bestmögliche Arbeitsbedingungen haben wollen, dass sie natürlich am liebsten – wie es seinerzeit unter Herold formuliert wurde – vor dem Täter am Tatort sein wollen, dass sie Straftaten glauben, verhindern zu können, indem sie alles wissen, indem sie alles überwachen – diese Überzeugung in der Euphorie der frühen 70er Jahre ist dann als grandioser Irrtum zurückgewiesen worden.
Es hat einige Mühen bereitet zu sagen: Das ist nicht das einzige Interesse, das Interesse der Polizei, alles zu wissen und so auch möglichst schnell die Täter zu finden. Es gibt auch das Interesse einer Bürgerschaft, die nicht a priori, ohne dass sie irgendetwas getan hat, in den Bereich der polizeilichen Überwachung, der Verdachtsschöpfung kommen möchte; deswegen die Einschränkungen im Polizeirecht, die notwendig sind; deswegen die Erkenntnis, dass es ein vorbeugendes Agieren ist, bevor Straftaten geschehen sind. Umso vorsichtiger muss man sein, weil es nur Prognoseentscheidungen sind.
Was Sie in die Begründung Ihres Antrages geschrieben haben, ist zum Teil schlicht falsch. Gegen die Türsteherszene kann ich schon heute alle verdeckten Maßnahmen einsetzen, die ich will, weil die Straftaten, die dort geschehen, bereits festgestellt sind. Da gab es Tote auf den Straßen. Dafür brauche ich nicht das ASOG, dafür brauche ich nicht die Änderung, die Sie hier wollen.
Kurzum: Für uns ist völlig klar, dass wir nicht zurück wollen. Wir wollen nicht diese „Rolle rückwärts“. Wir sehen auch nicht die Notwendigkeit zu einer Ergänzung des Kataloges. Wir versperren uns aber auch nicht der
Diskussion. Dann soll aber von den Praktikern gesagt werden, was sie bis dato nicht tun können, aber tun wollen. Ich fürchte, da kommt nicht viel. Vielleicht kann man bei der Gelegenheit auch einmal über den Unsinn reden, dass immer noch Ordnungswidrigkeiten bei der Frage des Einsatzes dieser verdeckten Polizeimittel diesen Straftaten gleichgesetzt sind. Auch das könnte man möglicherweise ändern. Dann wären wir tatsächlich einen Schritt weitergekommen.
Herr Regierender Bürgermeister! Ob Sie mir als Regierender Bürgermeister oder als Privatperson antworten werden, ist mir relativ gleichgültig. Ich frage nicht nach Eingriffen in das Programm des RBB – Frau Ströver auch nicht –,
diese Art des Hineinregierens à la Klaus-Rüdiger Landowsky wollen wir nicht zurück haben. Ich frage Sie, –
– So viel Geduld haben wir, Herr Präsident! –, ob nicht eine Planung, die uns alle betrifft, nämlich die Übertragung aus den Plenarsitzungen einzustellen, von einem Sender, der für viel, viel Geld in diesem Haus seinerzeit extra ein Studio eingerichtet hat und es unterhält, nicht nur das Parlament, sondern auch den Senat, der an hervorragender Stelle an diesen Plenarsitzungen teilnimmt,
betrifft und ob Sie nicht bereit sind, möglicherweise gemeinsam mit dem Präsidenten Momper, diesen Standpunkt dem RBB darzustellen, dass eine solche Entpolitisierung des Programms für uns kritisch zu sehen ist zum Programmauftrag?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich habe eine Frage an die Senatorin für Justiz, damit sie heute auch eine Frage gestellt erhält. – Frau Senatorin Schubert! Wie beurteilen Sie die Äußerung Ihres Kabinettskollegen Thilo Sarrazin im „Handelsblatt“, wonach Berlin über zwei mittelmäßige juristische Fakultäten verfüge, die darüber hinaus auch nur Anwälte produzierten, die kein Mensch brauche?
das die juristische Ausbildung in Berlin absolviert hat, dass dies nicht nur eine Frechheit gegenüber der Anwaltschaft und den Professoren ist, sondern insbesondere auch gegenüber den streikenden Studenten nichts als Zynismus bedeutet?
(D
Frau Senatorin! Wie kommt es denn, oder haben Sie dafür eine Erklärung, dass Herr Sarrazin, obwohl er so schlecht über Berliner Anwältinnen und Anwälte denkt, im Beistand gleich zweier solcher Anwälte in den Rechtsausschuss einzieht, um dort die Bedenken Ihres Hauses, insbesondere auch Ihre eigenen Bedenken gegen den Stellenpool zu widerlegen, wie er meint? Und haben Sie ihn denn nicht darauf hingewiesen, dass beispielsweise Sie nun nicht das Produkt einer Berliner Juristinnen- und Juristenausbildung sind und dass er Ihre Bedenken möglicherweise ernster zu nehmen habe, als er es offenbar getan hat?
Ich habe eine Frage an Senator Flierl: Trifft die Meldung der aktuellen Ausgabe des „Spiegels“ zu, wonach Sie dem Leiter der StasiGedenkstätte in Hohenschönhausen, dem Historiker Hubertus Knabe, eine Abmahnung zugesandt haben, weil dieser es sich erlaubt hat, als Wissenschaftler zu möglichen oder tatsächlichen Stasi-Verstrickungen Ihres Parteivorsitzenden Lothar Bisky Stellung zu nehmen?
Dann muss der „Spiegel“ Sie gründlich missverstanden haben. Die Frage ist: Was sind das für Grundsätze? – Herr Knabe ist ein ausgewiesener Forscher, wenn es um die Unterwanderung der Bundesrepublik – alt – durch die Stasi geht. Auch wenn man ansonsten möglicherweise anderer Meinung sein kann als er, ist seine Kompetenz auf diesem Gebiet meiner Ansicht nach noch nie bestritten worden. Welche Möglichkeit hat er – aber auch andere Wissenschaftler, zu denen beispielsweise auch Universitätsprofessoren gehören – sich als Wissenschaftler zu diesem Komplex zu äußern?
Ich habe eine Frage an Sie, Frau Senatorin Knake-Werner. Da Sie am Sonntag auf Ihrem Parteitag geäußert haben, es sei bis dato zu wenig gelungen darzustellen, dass es die Hauptfunktion der PDS im Senat sei, Schlimmeres zu verhindern, greife ich Ihnen unter die Arme und frage: Welche schlimmen Dinge wären denn in diesem Senat geschehen, wenn Sie nicht mit am Kabinettstisch säßen?
Ihr Bundesvorsitzender, Lothar Bisky, hat neulich gesagt – ich bitte um Entschuldigung, es ist sein Sprachgebrauch –, die PDS sei kernrot, und die SPD sei schlüpferrosa.
Deswegen noch einmal anders gefragt: Was war denn an der Regierungstätigkeit der letzten eineinhalb Jahre kernrot?
Herr Senator! Ich frage jetzt nicht nach den kleinen Unterbringungsschwierigkeiten, die wir in diesem Jahr hatten, sondern nach den großen, die wir im nächsten Jahr haben werden: Nach den Zahlen, die Sie selbst vorgelegt haben, können 641 ausgebildete Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte nicht mehr in den Landesdienst übernommen werden. Welche Planungen für Übergangsmodelle haben Sie? Warum hat es ein dreiviertel Jahr gedauert, bis Sie diese Erbsünde Ihrer Vorgänger entdeckt und in der Zwischenzeit immer noch selbst eingestellt haben?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ist wirklich nicht mein Lieblingsthema, Herr Ritzmann.
Aber – und das verstehen Sie offenbar nicht – es ist im Ernst nicht so, dass unser gesamtes Normenwerk von Gesetzen und Verordnungen sinnlos vom Himmel gefallen wäre. Tatsächlich ist einiges überflüssig geworden. Das Zweckentfremdungsgesetz ist durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom März diesen Jahres überflüssig geworden. Damit kann man es streichen.
Tun Sie doch nicht so, als hätte die FDP, solange sie im Bund noch mitregierte, nicht dieses lawinenartige Ansteigen von Gesetzen und Verordnungen mitverantwortet. – Ich zitiere, wie es in den letzten Jahren im Bund war. Die Bundesregierung hat auf eine Kleine Anfrage stolz geantwortet:
Seit dem 1. Januar 1999 bis Anfang Juli 2003 sind 89 Stammgesetze und 456 Rechtsverordnungen aufgehoben worden.
Das ist eine stolze Zahl.
Das kommt jetzt. Aber das war bei Ihren komischen FDP-CDU-Regierungen nicht anders. – Gleichzeitig wird mitgeteilt,
Wieland, Wolfgang
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir hätten es, ehrlich gesagt, im Jahre 2 nach der Aufdeckung der Bankenaffäre nicht für möglich gehalten, dass dieser Fall Bielka sich so abspielen kann. Frank Bielka ist ja nicht irgendjemand. Das ist nun wahrlich nicht einer dieser Kurzzeitstaatssekretäre, die wir hier in letzter Zeit von Herrn Flierl und anderen hatten, einmal für sechs Monate nach Berlin gekommen, enttäuscht und wieder gegangen, Frank Bielka ist über Jahre sowohl Stadtrat als auch Staatssekretär gewesen. Er ist immer noch Vorsitzender des Kreisverbands Neukölln der SPD. Und er war immer die Zentralfigur der SPD-Rechten des Britzer Kreises und ist es wahrscheinlich bis zum heutigen Tage.
tisiert. So weit zum Thema juristischer Sachverstand bei der FDP.
Zum Abschluss Folgendes: Keine Partei sollte in der nun erforderlichen Debatte so tun, als sei sie die der besseren Menschen, die alle frei sind von anrüchigen Praktiken, wenn sich Gelegenheiten dazu bieten. Dies beschränkt sich nicht auf die in den Anträgen benannten Interessen- und Ämterkonstellationen, sondern tatsächlich auch auf Abgeordnete und nichtöffentliche Unternehmen. Es ist keine Neuigkeit, dass im Feld zwischen Politik und Unternehmen die Möglichkeiten und Verlockungen besonders groß sind, unterschiedliche Ämter und Verantwortlichkeiten miteinander zu verquicken, um sich persönliche Vorteile zu sichern.
Das zeigt nicht nur die Geschichte des Berliner Sumpfs, sondern ist in der bundesdeutschen Historie noch mit weiteren Namen verknüpft.
Ich mache Ihnen jetzt einmal einen Vorschlag: Machen Sie es einfach wie Herr Lindner letztens im Rechtsausschuss. Machen Sie ein Nickerchen, und das hebt die Debattenkultur enorm, wirkt sofort und nachhaltig, ohne Gesetzesanträge!
Sie kommen ja noch einmal dran, wenn Sie sich zu einer Kurzintervention melden, dann können wir das ausdiskutieren.
Der Staatslehrer Hans Herbert von Arnim hat 2001 zu Recht hervorgehoben, dass in konkreten Fällen blitzartig deutlich wird, wie allgemein unterentwickelt das Gefühl für den Grundsatz von „check and balance“ in Deutschland ist. Das ist auch eine Frage, die strafrechtlich zu regeln ist.
Deutschland hält sich augenblicklich im Bereich der Abgeordnetenkorruption ausdrücklich zurück. Ich würde mir wünschen, dass diese Diskussionen auch auf der Bundesebene weitergeführt werden.
Darauf können Sie sich wirklich verlassen, dass wir uns dem nicht aus Deckelungsgründen und Abwiegelei entziehen. – Vielen Dank!
Das ist mir nicht bekannt. Es sind auch Tatsachen, die ohne Weiteres belegbar sind. Wenn
es dazu kommt, dann werden wir sie belegen. Ich habe nicht gesagt, dass das Besetzungsverfahren nicht ordnungsgemäß gewesen wäre, darüber weiß ich nichts. Das, was Herr Sarrazin uns heute geschildert hat, mit den 70 Bewerbern und, und, und – darüber weiß ich nichts. Was ich aber weiß, wie es seinerzeit in der Anhebung der Bezüge der Vorstandsmitglieder im Jahre 2001gewesen ist. Was ich nie verstanden habe, warum man den Vorstandsmitgliedern von städtischen Wohnungsbaugesellschaften, die allesamt im Minusbereich surfen, die allesamt ein Riesenproblem für uns werden, fast in ähnlicher Höhe wie die Bankgesellschaft, nun noch erfolgsmäßig ihre Gehälter systematisch erhöht hat im Jahre 2001. Möglicherweise kann uns der eine oder andere ExSenator Aufklärung geben.
(D
Für uns ist die Sache völlig klar. Die Parteibücher – es sind in der Regel immer CDU- oder SPD-Parteibücher, ob sie Arndt, ob sie Görler, ob sie von der Lancken heißen – sind uns im Kern egal. Was wir nicht wollen – und was wir selbst bei Abteilungsleitern erlebt haben –, ist dieses unappetitliche Wechseln. Ich erinnere an Herrn Fuderholz, der Grundstücke für den Senat an eine Gesellschaft verkauft hat, und, nachdem die Tinte unter dem Vertrag gerade trocken war, in eben diese Gesellschaft wechselte und dann noch gegen die Kritiker zivilrechtlich zu Felde zog und sich von seinem früheren Arbeitgeber, dem Senat, die Gerichtskosten bezahlen lassen wollte. Das darf es nicht mehr geben. Insofern ist das, was die beiden Oppositionsparteien CDU und FDP vorgelegt haben, im Kern nicht nur richtig, sondern dringend notwendig.
Da kann man zurückgehen in die Historie Berlins, was ich getan und in dem Buch von Cordula Ludwig nachgelesen habe. Ich werde Ihnen ein Zitat aus dem Jahre 1922 hier vortragen:
Das Magistratsmitglied, zu dessen Dezernat die Berliner Häfen gehören, hat sein Amt niedergelegt, um Direktor der von ihm bisher kontrollierten Berliner Hafen- und Lagerhaus AG zu werden. „Das sollte grundsätzlich besser nicht geschehen“,
sagte der damalige Stadtsyndikus
so etwas gab es damals –
Friedrich Lange über den SPD-Stadtrat Wilhelm Schüning.
Der hat sich später aufgehängt, nachdem auch noch Korruption in Zusammenhang mit der Sklarek-Affäre dazukam. Das alles wünschen wir Frank Bielka natürlich nicht und sind auch sicher, er wird es nicht tun.
Denn dieses Maß an Abgebrühtheit – um das einmal deutlich zu sagen –, Herr Kollege Müller, offenbar zielgerichtet auch auf eine Erhöhung der Bezüge der Vorstandsmitglieder in allen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hingearbeitet zu haben, was man hört, wenn immer man mit den dort Verantwortlichen spricht, diese Abgebrühtheit, das im Jahre 2001 gemacht zu haben und dann diese Position anzustreben, ist selbst in Berlin einmalig und ist eine klare Spitze dieser Ämterpatronage und dieser politischen Besetzung von Ämtern.
Da es einer der wenigen ist, der der deutschen Sprache mächtig ist, gerne.
In besonderem Maße auch noch der alten Sprachen mächtig ist, Herr Präsident.
Ich habe eine Frage an den Senator für Wirtschaft, Arbeit und Frauen, Herrn Wolf. – Stimmt ein Bericht in der Zeitung „Die Welt“, in der es heißt, dass Sie den Umzug des Vorstandes des SpringerKonzerns nach Berlin als Zeichen für die Stadt begrüßten und in diesem Zusammenhang geäußert haben sollen, man habe in konstruktiven Gesprächen die Rahmenbedingungen für die Verlagerung des Vorstandes nach Berlin zügig klären können? Was sind das für konstruktive Gespräche über welche Bedingungen gewesen? Bestellen Sie die Möbelwagen, oder gab es finanzielle Zusagen oder Zahlungen an den Springer-Konzern?
Herr Senator Wolf, bei Ihrer Fraktion löst diese Frage eine gewisse Heiterkeit aus. Deswegen frage ich, Sie haben sich auch zum demokratischen Sozialismus in den vielen Interviews bekannt, die Sie in den Ferien gegeben haben. Kann ich das als einen, wenn auch etwas verschlungenen Weg hin zum demokratischen Sozialismus werten, den Sie uns hier bescheren? Ernsthaft gefragt, sehen Sie keine Gefahr für die Unabhängigkeit der Presse, wenn schlicht einem der Hauptkritiker dieses Senats – und das ist ja nun wohl die Springer-Presse – Steuergelder gezahlt werden?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben ja heute viel in der Presse über den Stellenwert dieses Parlaments lesen dürfen, ob das Niveau steigt oder sinkt. Diese Anträge sind leider ein weiterer Versuch, das Niveau zu senken, und die Debatte war es teilweise auch.
müssen, Rechtspopulismus und ähnliches, das spricht letztlich für sich.
Aber wogegen ich mich und die FDP-Fraktion aufs Schärfste verwahre, ist die unverschämte, infame und beleidigende Unterstellung, wir hätten etwas gegen Leute, die mit der Waffe in der Hand gegen Hitler gekämpft haben.
Das ist eine solche Unverschämtheit, die ich mir von einem solchen zotteligen Lümmel wie Sie anhören muss.
Das ist wirklich eine solche Unverschämtheit, und das nehmen Sie zurück!
Das nehmen Sie zurück, dass wir Freie Demokraten damit ein Problem hätten! Man kann über alles diskutieren, man kann diskutieren, ob man eine Straße so oder so benennt, aber einem anderen letztlich zu unterstellen, dass er Nazi sei – und nichts anderes tun Sie –, ist eine Unverschämtheit ohne Ende. Und das nehmen Sie gefälligst zurück!
Ich habe eine Frage an die Senatorin für Justiz, Frau Schubert, zum so genannten Fall Mi
chel Friedman. – Frau Senatorin! Ist der Umstand, dass eine so genannte Informationssperre bei der Staatsanwaltschaft verhängt worden sein soll, als Schuldeingeständnis zu werten, dass vorher zu viel und zu freimütig insbesondere auch von der Justizpressestelle in diesem Fall informiert wurde, und gehen Sie davon aus, dass in diesem sensiblen Fall die Persönlichkeitsrechte des Beschuldigten gewahrt wurden, wenn gleichzeitig sehr genau über die Ergebnisse von Durchsuchungen, welche, so der Justizsprecher, szenetypischen Packungen man wo gefunden hat, berichtet wird und gleichzeitig aus allen Ebenen weitere Details in die Öffentlichkeit gedrungen sind?
Frau Senatorin! Ist Ihnen bekannt, dass die Verbreitung des Inhaltes mitgehörter Telefongespräche strafbar ist, sofern es unbefugt geschieht? Gehen Sie davon aus, dass sich jemand strafbar gemacht haben muss, der in dem Ermittlungsverfahren tätig ist, wenn solche Details wie der Name, unter dem sich Herr Fried
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da ich gemeinsam mit dem geschätzten Kollegen Momper hier zu den Methusalems, zu den dienstältesten Abgeordneten gehöre, bin ich genau der Richtige, diesen bewegenden Streit, wer denn nun ein Erstgeburtsrecht an den Ordnungsämtern hat, ebenso wie die Frage von Herrn Senator Strieder: Warum haben alle über mich gelacht?, zu beantworten.
die Dackel Berlins waren losgelassen, und die CDU warb mit Nilpferden und Dackeln, da erklärte Eberhard Diepgen: So ist es nicht gemeint, es bleibt zwar bei dem Straßenreinigungsgesetz, aber wir werden es nicht durchsetzen, es gibt keine Bußgeldbescheide, es gibt keine Ordnungsmaßnahmen. – Dann hat auch die letzte Oma ihre Plastiktüte und ihr Schäufelchen wieder zu Hause gelassen. Das ist das Typische in Berlin. Es wird geredet und beklagt, aber wenn es ums Umsetzen geht, dann hat die Politik bis dato gekniffen. Das sollte nun anders werden.
Nun zur Frage des Kollegen Strieder: Auch daran erinnere ich mich genau, es war die Wahl im Jahr 1995. Die SPD nahm sich einige Wochen und Monate Auszeit, ob sie die große Koalition überhaupt fortsetzt. Es gab eine Koalitionsvereinbarung, die sehr schlecht für die SPD war. Die Mitglieder meuterten. Sie wurde nachgebessert. Es gab einen Sitz mehr für die SPD und einen weniger für die CDU. Es gab einen Sitz für unser Peterchen Strieder. So wurde er Senator, nachdem er als Bezirksbürgermeister von Kreuzberg sozusagen gerade verfügbar geworden war. Er stand für dieses Amt zur Verfügung, und er ist der einzige, der aus diesem Senat überlebt hat. Das muss man ihm immerhin lassen. Er hat sich sozusagen festgesetzt.
Wenn im CDU-Antrag steht: Ein Gemeinwesen, das nicht in der Lage ist, das öffentliche Eigentum zu schützen und die Einhaltung der gesetzten Normen durchzusetzen, hat keine Daseinsberechtigung –, was soll das denn heißen? Sollen wir Berlin auflösen, weil zu viel Müll herumliegt, weil wir keine Daseinsberechtigung mehr haben? – Ein bisschen kleiner, lieber Wambach, zielgenau! Da sind die Weichen gestellt. Das hat Herr Zotl alles richtig gesagt. Der Antrag ist doch einstimmig mehrfach beschlossen, es geht in Richtung zentrales Ordnungsamt in den Bezirken. Wir müssen es aber richtig stricken. Das ist klar. Sie wollen immer noch viel zu viel und verzetteln sich in Ihrem Antrag. Die Kritik, die geäußert wurde, teile ich, das wären viele Ordnungsämter und kein zentrales Ordnungsamt. Das soll jetzt gemacht werden. Die Bezirke sind beteiligt. Dann reden wir hoffentlich nicht mehr nur
davon, dass Berlin sauberer wird, sondern dann wird Berlin möglicherweise tatsächlich einmal sauberer.
Wir müssen nun über die Beschlussempfehlung Drucksache 15/1857 abstimmen. Der Innenausschuss empfiehlt einstimmig, der Hauptausschuss mehrheitlich – gegen die Fraktion der FDP – die Annahme des Antrags Drucksache 15/181 in neuer Fassung. Wer dem so seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit haben wir das einstimmig so beschlossen.
Aber dieser neue Senat, der sich dann endlich gebildet hatte, mit dem General Schönbohm – das war das Bonbon für die CDU, ein Senator weniger, aber dafür kommt der General. Damit hat Diepgen seine Mitgliederversammlung wieder hinter sich gebracht: Der General räumt auf. – Er nannte sich gleich Meister Proper – der Titel stammte von uns, aber er hat ihn gerne genommen –, und Frau Peschel-Gutzeit meinte: Dann bin ich Klementine, wenn das Meister Proper ist.
Dieser Senat erkannte, Berlin ist zu dreckig. Wohl wahr! Januar 1996: Wir müssen als Senat das Putzen zur Kernaufgabe des Staates erklären. – Niemand tat das so gut wie Peter Strieder, kommunitäres Bewusstsein usw. Man wollte Ostern loslegen. Da war der Müllberg noch vereist, frei nach Goethe. Man musste also warten, bis das Eis geschmolzen war, legte dann einige Wochen später los. Und als Highlight flog der gerade gekürte Senator Strieder nach Paris, um zu sehen, wie die Franzosen ihre Champs-Elysées von Kaugummi befreien. Das war diese Art, da sagte ich immer – ich habe es wirklich gesagt und sage es noch heute –: Nur gut, dass meine Großmutter selig das nicht noch erleben musste, dass ein deutsches Regierungsmitglied ausgerechnet in Paris nachsieht, wie man richtig putzt!
Das ist ihr erspart geblieben. Sie hat Kriege erlebt, Währungsreformen und hatte nur eine Gewissheit: Nirgends wird so geputzt wie in Deutschland. – Deswegen fuhr sie auch sonst nirgendwohin, weil sie diese Gewissheit hatte. Und nun steht alles auf dem Kopf.
Es sind keine Griller vom Balkan oder aus dem Kaukasus – Herr Ritzmann, dies hieße, das Problem vereinfachen –, die uns diese Mülllawine beschert haben. Daran ist ein Gutteil der Bevölkerung beteiligt. Da muss es eine Änderung geben – das sagen wir, ohne je Ordnungsfanatiker gewesen zu sein –, aber mit dem Beispiel des Senats, der putzend vorangeht, hat es nun wirklich nicht geklappt. Deswegen muss man mit Ordnungsbehörden unterbauen, ohne hier in Alarmismus oder sonst was zu verfallen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie erkennen mich wieder, schön so!
Wir haben fünf Anträge mit der Überschrift „Mehr Liberalität in Berlin“ eingebracht, die sich im Wesentlichen darauf richten, das Berliner Polizeigesetz, das ASOG, zu evaluieren, wie man auf Neudeutsch sagt. Das ist keine originäre Idee von uns, spielte schon in den Ampelverhandlungen eine Rolle – da waren wir uns einig, dass dies zu geschehen habe –, ist auch in die Koalitionsvereinbarung von SPD und PDS eingeflossen, und ein Satz ist sogar ist den Richtlinien der Regierungspolitik gelandet. Ich zitiere:
Zur Förderung von Bürgernähe und Transparenz werden Berliner Polizeibeamte eine individualisierbare Kennung gut sichtbar an ihrer Uniform tragen.
Nun sind wir nicht unbescheiden und auch nicht ungeduldig. Wir haben die ersten 100 Tage dieses Senats abgewartet, die zweiten 100 Tage. Wir haben 300 Tage abgewartet. Nun sind wir so zwischen 400 und 500 Tagen und waren irgendwie der Ansicht, nun solle das einmal kommen. Wir geben Ihnen, geschätzte Kollegin Seelig, hier etwas Hilfestellung. Seien Sie bitte nicht beleidigt, sondern nehmen Sie dieses Angebot einfach an!
Ja, diese Verwandtschaft!
Worum geht es? – Erstens: Die Schleierfahndung ist für uns schon immer ein rechtsstaatlicher Sündenfall gewesen. Die Unschuldsvermutung, dass der Bürger per se als brav zu gelten habe, dass er, sofern er keine Gründe setzt, auch nicht polizeilichen Maßnahmen unterworfen werden darf, dass man ihn schlicht in Ruhe zu lassen habe, diese rechtsstaatliche Unschuldsvermutung wird mit der Schleierfahndung außer Kraft gesetzt.
Herr Präsident! Perfekt, wie Sie das gesagt haben. – Meine Damen und Herren! Als wäre man nicht gestraft genug, dass man Sprecher im Ausschuss für Verwaltungsreform ist!
Nein, man muss auch noch vierzehntägig bei diesem Wettlauf der Oppositionsfraktionen CDU und FDP mitmachen, wer der größte „Entbürokratisierungsrambo“ ist. Wir erinnern uns an die Badefreiheit von Herrn Goetze von vor 14 Tagen. Nun sind die beiden geschätzten Oppositionskollegenfraktionen auf die Berliner Hebammen gekommen. Bei der FDP ist es die Nr. 35, bei der CDU ist es die Nr. IX. Das zu der Frage, wer wen hier unterstützt, Herr Wambach.
Man fragt sich nun: Hat der Bürger hauptsächlich in Berlin ein Bürokratieproblem damit, dass es eine vergessene Verordnung über das Mindesteinkommen von Hebammen gibt? –
Hat er nicht. Dann darf ich aber auch nicht unter der großartigen, aufgeblasenen Überschrift „Mehr Berlin, weniger Staat“ oder – wie bei der CDU – „Wir entrüm
Irgendwann landen Sie dann – ich zitiere Sie, Herr Ritzmann – „mutig und zukunftsorientiert“ wie die FDP ist, bei der Geschäftsanweisung 7 aus 1984 für das Leichen- und Bestattungswesen. Da landet dann die zukunftsorientierte FDP, unabhängig davon, ob sich ein Parlament mit einer Anweisung befassen muss. Was Sie dort vorschlagen, heißt doch nichts anderes, als dass eine Meldung an das Meldeamt nicht mehr von dem Bestattungsunternehmer vorgenommen werden soll, sondern vom Standesamt. Was entbürokratisiert denn das? Was wird dort einfacher? Es gibt nach wie vor zwei Meldungen. Es muss sie nur nicht mehr Ihr früherer Geschäftsführer Dr. Lange für Grieneisen machen, sondern das Standesamt. Aber was hat das Ganze denn wahrlich mit Entbürokratisierung zu tun? Wieso haben wir dann, um Ihre Ansprüche einmal zu nehmen, mehr Berlin und weniger Staat?
Die Bürger haben ernsthafte Fragen gerade anhand der Vorfälle der letzten Tage, beispielsweise anlässlich des schrecklichen Unglücks beim Karneval der Kulturen. Dort stellt sich die Frage, was davon zu halten ist, dass jahrelang ein offenbar genehmigungsbedürftiges Baugerüst ungenehmigt aufgebaut wurde. Sie haben auch die Frage, wie es mit Ordnungsämtern und Parkverslumung, Grillen und ähnlichem ist. Hier wird die Frage gestellt, ob wir eine effektive Verwaltung und einen effektiven Verwaltungsvollzug haben. Diese wäre zu beantworten, statt sich einen albernen Wettlauf darum zu liefern, wer nun die Vergütung der Hebammen als erster killt.
peln den Berliner Bürokratiedschungel“ mit solchen Peanuts, mit solchen Kleinstfeldmäusen kommen, wenn ich das ernst meine, was ich als Anliegen aufgeschrieben habe.
Aber ich gebe gern zu, dass der Urheber des Ganzen hier sitzt. Von dem haben Sie das übernommen, das ist Gedankenklau. Der Erste, der auf die Hebammen stieß, war im September vergangenen Jahres der geschätzte Herr Innensenator. Mit seiner 68- oder 65-Punkteliste hat er sich damals den ersten Beifall der Ränge geholt. Er hat gesagt: Ich durchforste jetzt mal, ich bin der große Erneuerer, ich bin der große Entschlacker. Nach dem Beifall kamen dann die Arbeitskreise, von denen Herr Schimmler gesprochen hat. – Beifall für Arbeitskreise, Herr Schimmler, bekommt man hier nie. Das wissen wir nun. Die Ankündigung des Innensenators zählt. Die Mühen der Ebene, daraus etwas Praktikables zu machen, zählen hier nicht.
Aber mal im Ernst: Dass Sie nun, ich gebe zu, nach einer zu langen Frist, diese Frage hervorholen, kann nicht jedes Mal in erster Sitzung eine Debatte über dieses Sammelsurium von Anträgen erforderlich machen und begründen.
Und dann ist da wieder mal eine wilde Mischung von sehr Sinnvollem und Unsinnigem. Sicherheitsüberprüfung doppelt und dreifach brauchen wir wirklich nicht. Anderes ist auch richtig gesagt worden. Mit entstempelten oder abgelaufenen Pkw muss man anders umgehen, das hat Herr Schimmler gesagt. Aber großartig zu sagen, Baumschutzverordnung soll fallen, brauchen wir nicht, woanders wachsen auch Bäume... Lieber Herr Dr. Lindner! Wir hatten hier das Beispiel eines Präsidenten mit dem kleinen Kettensägenmassaker im Streifen an der Mauer. Wir haben sehr viele sehr unvernünftige Grundstückseigentümer, die eben nicht einen Baumschutzgedanken pflegen, sondern sechs, sieben Bäume fällen, um ihren dritten, vierten Carport dort hinzustellen und die Nachbarn mit ihren Autos zu beglücken. Das ist nicht absurd; das ist die Realität in dieser Stadt. Hier sagen wir ganz deutlich Nein.
Die Biergartenfrage war genauso eine: Oans, zwoa, gsuffa, jetzt trinken wir bis 24 Uhr, ohne Rücksicht auf irgendwelche anderen Interessen von Anwohnern, die es auch gibt – dieser Populismus richtet sich selbst. Wir sind nicht bereit, ihn mitzumachen. Und Sie als großartige Entrümpler und großartige Entbürokratisierer wollten in diesem Biergartenantrag auch noch gleich das Bundesimmissionsschutzgesetz so ausrichten, dass es sich an der Regelung für Sportanlagen orientiert. Das wäre geradezu kontraproduktiv für Ihr Ansinnen. Aber die Hauptsache ist doch, dass Sie nicht unterscheiden zwischen tatsächlichen Biergärten, die im Freien liegen, und den Vorgärten in dicht besiedelten Wohngebieten, als sei alles, was in den letzten Wochen und Monaten an Konflikten aufgetreten ist – Stichwort: Simon-Dach-Straße – völlig an Ihnen
vorbeigegangen. Sie können wahrlich nicht erwarten, dass wir einen solchen Schlichtpopulismus mitmachen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es geschehen hier merkwürdige Dinge. Es liegt ein Antrag vor, in dem es schlicht darum geht, dass ein Haushaltstitel von einem Ressort in das andere wandern soll. Mehr steht darin nicht. Ich kann Frau Schaub von der PDS beruhigen, die eben schon wieder die Klerikalen aufmarschieren sah. Darin steht nur, dass der Haushaltstopf wandern soll. Frau Schultze-Berndt hat zu einem Antrag geredet, den sie irgendwo in ihrem Kopf hat, der aber nicht vorliegt,
wie Religionsunterricht ihrer Ansicht nach auszusehen hat. Sie hat die Uraltdebatte wieder aufgegriffen. Sie mag selbst beantworten, warum sie das getan hat. Ich kann es nicht.