Protokoll der Sitzung vom 12.12.2002

lfd. Nr. 23 G:

Dringliche Beschlussempfehlung

Verfahren zur Ermittlung des Verkehrswertes bei der Veräußerung von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken an den Erbbauberechtigten

Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/1125 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/1002

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht.

Beratung wird gewünscht, nach der Geschäftsordnung bis zu fünf Minuten pro Fraktion. Es beginnt die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Eßer hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte Sie bitten, erinnern Sie sich an den Verkauf des Zoofensters Anfang des Jahres. Damals konnten wir uns fraktionsübergreifend nicht des Eindrucks erwehren, hier werde durch einen Verkauf unter Verkehrswert indirekt dem Erbbauberechtigten und seiner kreditgebenden Bank unter die Arme gegriffen. Damals konnten wir darüber noch diskutieren. Wenn Sie der jetzt vorliegenden Vorlage des Senats zustimmen, dann werden vergleichbare Vorgänge das Parlament nicht mehr erreichen.

[Dr. Flemming (SPD): Das ist nicht wahr!]

Der Verkauf à la Zoofenster und auch andere Verkäufe unter Verkehrswert an Erbbauberechtigte werden gewissermaßen generalisiert und zur Regel erklärt. Abschließend will ich zitieren, was der Rechnungshof zu dieser Vorlage des Senats an die Senatsverwaltung für Finanzen im Briefwechsel geschrieben hat:

Zu unserem Bedauern müssen wir Ihnen mitteilen, dass das von Ihnen vorgesehene neue Bewertungsmodell auch unter Würdigung Ihrer Ergänzungen nicht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs steht.

[Beifall bei den Grünen – Beifall des Abg. Thiel (FDP)]

[Beifall des Abg. Hoff (PDS) – Zuruf: Hört, hört!]

Das möchte auch der Finanzsenator.

[Frau Jantzen (Grüne): Wir auch!]

Dafür müssen wir Vermögensaktivierungen durchführen. Das steht bei uns im Haushaltsplan. Dazu muss man Grundstücke und Immobilien verkaufen.

[Czaja (CDU): Sie sind ja besonders schlau!]

Die Frage ist: Wie kommt man dazu, das zu verkaufen? – Normalerweise wird ein Verkehrswert ermittelt. Der ist aber im Markt nicht sehr wichtig. Wenn Sie ein normales Grundstück haben, haben Sie Bieter, und dann entscheidet der Marktwert, und das ist der Verkehrswert. Allerdings haben wir in Berlin eine große Anzahl von Grundstücken, Erbbauberechtigte oder Nutzer, die darauf sitzen, die praktisch ein privates Recht haben. Hier gibt es keinen Markt, hier gibt es nur einen Käufer,

[Frau Oesterheld (Grüne): Gar nicht wahr!]

nämlich denjenigen, der das Erbbaurecht oder die Nutzung hat. Hier ist die Verkehrswertermittlung schwierig. Es gibt ein Urteil des BGH, das sagt, das dürfte nicht berücksichtigt werden. Aber die Praxis ist so, dass man dann kein Grundstück verkaufen kann.

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

Die OFD sagt eindeutig, dass Verkäufe zum vollen Bodenwert bei Erbbaurecht grundsätzlich gescheitert sind. Er richtet sich ebenfalls nach dem so genannten Berliner Modell. Auch die Umfrage bei verschiedenen Gemeinden

Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Der Hauptausschuss empfiehlt gegen die Stimmen der Fraktion der Grünen die Annahme in neuer Fassung. Wer also der Beschlussempfehlung Drucksache 15/1126 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist dies so angenommen!

zeigt, dass die größte Zahl der Städte nicht nach diesem Urteil verkaufen können, sondern immer eine andere Einschätzung machen.

[Zuruf des Abg. Eßer (Grüne)]

Das ist logischerweise so, weil die kein Erbbaurecht haben und nichts verkaufen müssen. Das wissen Sie auch! – Die Frage lautet konkret: Wie gehen wir damit um? – Der Rechnungshof hat sich an dieser Vorlage beteiligt. Es gibt zwei Schreiben vom Rechnungshof, vom August und vom Oktober. Aus dem letzten ist zu ersehen, dass die Bedenken zwar aufrechterhalten werden, aber gesagt wird, dass es ein Verfahren ist, das man zumindest anwenden kann. Dass man nicht zufrieden ist, dass es eine endgültige Lösung gegeben hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung. Es ist notwendig, dass wir, um Verkäufe zu machen, ein Verfahren finden. Was Sie, Herr Eßer, hier an die Wand gemalt haben, ist deshalb falsch, weil das Zoofenster einen Betrag von 100 Millionen hatte, aber alle Verkäufe über 5 Millionen weiterhin in das Abgeordnetenhaus kommen werden. Das trifft es also überhaupt nicht. Es geht um Verkäufe unter 5 Millionen, die dann, wenn das Verfahren angewendet wird, nicht unterbewertet worden sind, sondern dann heißt es, es hat eine Bewertung stattgefunden. Das ist der einzige Unterschied. Es handelt sich aber um ein leichteres Verfahren. Mit diesem Verfahren ist es dann möglich, viele Grundstücke, die im Besitz des Landes Berlin sind, zu veräußern, und wir können Einnahmen erzielen. Ich bitte, dem zuzustimmen. Das Abgeordnetenhaus wird weiterhin – bei Beträgen über 5 Millionen und bestimmten Flächenüberschreitungen – beteiligt.

[Eßer (Grüne): Und darunter nicht mehr!]

Es ist überhaupt nicht vorgesehen, dass das nicht der Fall wäre. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Der Hauptausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme der Vorlage – zur Beschlussfassung –. Wer also der Drucksache 15/1002 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist diese Vorlage angenommen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 23 H:

Dringliche Beschlussempfehlung

Einbringung von Grundstücken in den Liegenschaftsfonds Berlin GmbH & Co. KG im Wege der 6. Nachbestückung (Nr. 24/2002 des Verzeichnisses über Vermögensgeschäfte)

Beschlussempfehlung Haupt Drs 15/1126 Vorlage – zur Beschlussfassung – gemäß § 38 Abs. 1 GO Abghs

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das höre ich nicht.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 24:

Zusammenstellung

Vorlagen – zur Kenntnisnahme – gemäß Artikel 64 Abs. 3 VvB

Drs 15/1103

Mir liegen keine Überweisungsanträge vor. Ich stelle fest, dass das Haus von den Verordnungen Kenntnis genommen hat.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 25:

Antrag

Wahlversprechen einhalten – Gegensteuern statt neue Steuern!

Antrag der CDU Drs 15/1075

Nach unserer Geschäftsordnung besteht eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion. Es beginnt die antragstellende Fraktion. Für die CDU hat Herr Abgeordneter Dietmann das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Grund, warum wir an dieser Stelle über unseren Antrag zu sprechen haben, ist die planlose, kopflose und Haushaltslöcher kurzfristig stopfende Abgaben- und Steuerpolitik der Bundesregierung, die die wirtschaftliche Stagnation verschärft und Jobs vernichtet. Dies ist insbesondere für Berlin wichtig, weil wir – wie in der letzten Plenarsitzung schon diskutiert – bei einer Arbeitslosigkeit von über 17 % angelangt sind und die jetzt vorgesehenen Steuern- und Abgabenerhöhungen selbstverständlich dazu führen werden, dass Unternehmen weiter belastet werden und weiter Arbeitsplätze in Berlin verloren gehen. Das so genannte Steuervergünstigungsabbaugesetz – ein sehr kreativer Name – wird unterdessen, so hat man den Eindruck, von einigen führenden SPD-Politikern so ausgelegt, als wäre jeder, der nicht 100 % Steuern zahlt, jemand, der Subventionen abgreift.

[Frau Oesterheld (Grüne): Es gibt viele, die überhaupt keine Steuern zahlen!]

Ich habe nicht erst seit dem Ausspruch von Herrn Müntefering, der uns erklärt hat, dass privater Konsum zurückzustecken hat und der Staat stattdessen dieses Geld für seine Aufgabenerfüllung bekommen sollte, den Eindruck, dass dies tatsächlich Programm von Rot-Grün ist. Steuer-

Wir erleben seit Tagen eine weitere Posse, nämlich die Vermögensteuerdiskussion. Diese Diskussion hat offensichtlich auch die Berliner SPD erreicht. Der Vorsitzende Strieder, der an seiner Vorstandssitzung nicht teilnahm, sagt, die Vermögensteuer dürfe nicht kommen. Der Vorstand beschloss, dass sie kommen müsse. Ich bin gespannt, wie sich die Berliner SPD letztlich dazu verhält.