Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

Dem zweiten Antrag der FDP kann man zustimmen. Da werden wir im Ausschuss diskutieren. Wir werden sicher Möglichkeiten der Regelung finden.

Beim dritten Antrag ist mir klar, Sie gehen davon aus, Studiengebühren sind interessant. Sie wissen, dass die SPD und die Grünen es geschafft haben, im Bund Studiengebühren tatsächlich zu verbieten.

[Beifall der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Dass das gut ist, ist nicht die Ansicht aller, auch in meiner Fraktion nicht. Ich mache daraus kein Geheimnis. Frau Fugmann-Heesing hat dies immer gesagt. Mein Fraktionsvorsitzender lächelt auch wissend. Die Diskussion über Studiengebühren ist verkürzt. Wir müssen über die Bildungsfinanzierung diskutieren. Wir können nicht einfach einen Teil herausgreifen und wieder an einer anderen Stelle hineinstecken. Ich nenne Ihnen ein Beispiel, bei dem Sie sofort aufschreien werden. Viele sagen Studiengebühren, das geht doch wie in den USA, wunderbar.

[Frau Senftleben (FDP): Australien!]

Australien, das geht doch nicht, die sind doch bald pleite! Sie wissen, dass dort 70 % nicht zurückgezahlt werden. Das ist das große Problem in Australien. Wenn Sie jemanden finden, der das bei uns macht, dann realisieren wir das gern. Aber es kostet Geld und bringt nichts. Australien ist ein schlechtes Beispiel. – Aber nehmen wir die USA. Dort werden hohe Studiengebühren bezahlt. Aber dort ist zum Beispiel die Vermögensteuer bedeutend höher als bei uns. Wenn wir sagen, wir führen die Vermögensteuer bei uns genau so ein, dann sagen Sie, das geht nicht. Es sei eben nicht vergleichbar. Genauso ist es mit Studiengebühren. Das System ist nicht vergleichbar. Wir müssen andere Möglichkeiten finden. Lassen Sie uns gemeinsam darüber diskutieren, denn es gibt viele Facetten, über die zu reden ist. Ich bin mir sicher, am Ende werden auch Sie der Meinung sein, dass es eine Diskussion wert ist. Aber man kann nicht einfach plakativ sagen, jetzt ziehen wir an einem Knöpfchen. Sie haben ja auch gezogen, weil Sie wussten, dass es innerhalb der SPD unterschiedliche Diskussionen gibt. Das ist auch gut so. Das werden wir intern austragen und extern dann mit Ihnen besprechen. – Ich danke Ihnen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke! – Für die CDU Fraktion hat das Wort die Abgeordnete Frau Grütters.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hochschulpolitik einmal wieder auf der Agenda, aber leider eben nicht, weil der Senat uns durch kluge Vorschläge eine Debatte aufdrängte, Herr Flemming, sondern weil Sie es nicht einmal schaffen, die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen aus diesem Niedergangsszenario herauszuhalten, das Sie, Herr Sarrazin, immer gern als Berlin-Bild entwerfen.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU]

[Beifall der Frau Abg. Paus (Grüne) – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

[Gaebler (SPD): Das sind die Drohgebärden der Universitäten, nicht des Senats!]

Ja, das ist die Antwort der Hochschulen auf diese Polemik des Senats! – Vom ersten Tag der rot-roten Koalition an fehlte es an konstruktiven Vorschlägen. Ich erinnere daran, dass Sie Ihre Politik begonnen haben mit dem Vorschlag, das UKBF zu degradieren, die Berufsakademie in eine duale Fachhochschule umzuwandeln, die Kunsthochschulstudienplätze zu halbieren, 98 Millionen € in der Medizin, 40 Millionen € bei den künstlerischen Hochschulen, sagt Herr Sarrazin jetzt, und 410 000 € sind bei der Berufsakademie schon weg.

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Das ist ein Kahlschlag, ausgerechnet in der Wissenschaftspolitik, eine glatte Umkehrung dessen, was Sie, Herr Gaebler, in der großen Koalition immerhin noch ein Stück weit mitgemacht haben, dass Wissenschaft und Forschung nämlich Stärken sind, die man unterstützen muss.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Eine solche Sprachlosigkeit, oder wie gesagt: Polemik, etwas anderes ist es ja nicht, bestimmt das Bild. So ist das vorher im Verhältnis zwischen Senat und Universitäten noch nie gewesen.

[Gaebler (SPD): Fragen Sie einmal Herrn Kurth!]

Die Folge ist, Sie brechen einseitig die Hochschulverträge, verleiben sich 11 Millionen € aus der

Ich komme zum Schluss. – Es ist schon grotesk, wenn Sie den Hochschulen vorwerfen, dass sie jetzt ein schräges Wissenschaftsbild machen. Das hat der Finanzsenator mit seinen Forderungen besorgt. Wer schwach ist, sollte auf seine Stärken setzen. Für Berlin ist und bleibt das die Wissenschaft. Auch Rot-Rot darf diese Chance unseres Erachtens nicht verspielen. – Vielen Dank!

ein, und die Unis reagieren mit einer Klage darauf. Ist das eine gesunde und konstruktive Wissenschaftspolitik hier von Rot-Rot, Herr Gaebler? Ist das Ihr Stil? – Ich frage mich manchmal, was Sie sich dabei denken. Der Schaden wird schließlich schon in dem Augenblick angerichtet, in dem Sie die Hochschulen damit bedrohen, sie seien Kostenfaktoren und in eine Rechtfertigungshaltung drängen. Das passiert nicht erst, wenn Sie Ihre irrationalen Vorschläge wirklich umsetzen.

[Gaebler (SPD): Welche Vorschläge meinen Sie eigentlich?]

Ich meine z. B., 200 Millionen € den Hochschulen wegzunehmen – da sind wir beim Thema von heute – und gleichzeitig zu behaupten, wir blieben bei 85 000 Studienplätzen.

[Gaebler (SPD): Wo sind denn diese Vorschläge?]

Dass das irrational ist und dummes Zeug, Herr Gaebler, werden Sie trotz Ihrer Zwischenrufe auch begreifen müssen.

[Gaebler (SPD): Wo sind denn diese Vorschläge? Von wem?]

Die hat Herr Berger in dem Gutachten gemacht, das anschließend in der Zeitung veröffentlicht wurde.

[Gaebler (SPD): Wer ist denn Herr Berger?]

Und Sie kommen mit Ihrem norddeutschen Hochschulenkennzahlenvergleich,

[Gaebler (SPD): Ich? – Ich komme überhaupt nicht mit Kennzahlen!]

weil es Ihnen lieber ist, Berlin mit Greifswald, mit Bremen und mit Oldenburg zu vergleichen statt – wie es sich gehört – mit München, Hamburg und Heidelberg. Dabei käme etwas anderes heraus.

Und wenn die FDP heute hier fragt, wollen Sie tatsächlich 85 000 Studienplätze sichern und gleichzeitig Finanzprobleme lösen, müssen Sie sich ein bisschen mehr dazu einfallen lassen. – Finanzierungsspielräume mit Gebühren, ist ja nett, die lösen aber die Probleme nicht.

[Beifall der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Das Thema Studiengebühren gehört unseres Erachtens auf die Agenda, allerdings nicht, wie es jetzt bei der SPD passiert, durch Haushaltspolitiker, sondern – wie wir es seit Jahren anmahnen – durch die Wissenschaftspolitik.

[Vereinzelter Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP]

Die Hauptbedingung ist nämlich die, dass das Geld eben nicht zur Deckung von Haushaltsproblemen verwendet wird, sondern ausschließlich zur Verbesserung von Forschung und Lehre. Damit das nicht wieder in eine falsche Richtung läuft: Lösen Sie Ihre Denktabus! Das war die SPD, auf Bundes- und Landesebene, die das Thema noch nicht einmal auf die Agenda gebracht hat: Nein wir sind dagegen, wir müssen es auch nicht diskutieren. – Jetzt tun Sie es, es kommt aus der falschen Ecke, machen Sie es

richtig, tun Sie es im Bildungs- und Wissenschaftsbereich! Ich habe gehört, Sie haben eine Antragskommission für Ihren Parteitag, da ist es ja knapp abgestimmt worden.

[Zuruf des Abg. Müller (SPD) – Gelächter der Abgn. Müller (SPD), Gaebler (SPD) und Frau Dunger-Löper (SPD)]

Der Senat, Herr Müller, Herr Gaebler, sollte endlich im Einvernehmen mit den Unis handeln,

[Gaebler (SPD): Da vorne sitzt der Senat, wir sind die Fraktion!]

das sind die reformfreudigsten Einrichtungen der letzten Jahre, sie haben ein Drittel ihrer Potentiale bereits abgebaut. Sie sollten sich mit denen verständigen.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der FDP]

Danke schön! – Das Wort für die PDS-Fraktion hat der Abgeordnete Hoff!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man die Maßstäbe des etwas autoritär strukturierten FDP-Fraktionsvorsitzenden anlegen würde, müsste man die Rederunde gar nicht machen, weil Herr Schmidt ja Student ist, insofern seinen Studienabschluss noch nicht hat, insofern nicht legitimiert ist, hier sprechen zu dürfen, wenn man das Kriterium von Herrn Dr. Lindner für unseren exzellenten rechtspolitischen Sprecher zu Grunde legt.

[Zuruf des Abg. Schruoffeneger (Grüne)]

Weil wir dieses autoritäre Politikverständnis aber nicht haben, spreche ich zu dem Antrag, auch wenn ich glaube, dass die Diskussion, so wie sie läuft, nur bedingt richtig ist. Es ist völlig klar, so hatte ich zumindest Teile der FDP-Fraktion verstanden, dass Sie nicht nur auf Populismus setzen, sondern sich auch Gedanken darüber machen, wie man eine Haushaltsnotlage in Berlin überwindet und gleichzeitig Investitionen in Bildung und sinnvolle Aufgaben tätigt. Das beides miteinander zu verknüpfen ist ein relativ schwieriger Akt. Die Regierungskoalition versucht es seit dem ersten Tag. Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen versucht, genau diesem Anspruch gerecht zu werden.

Wenn der „Tagesspiegel“ – und damit komme ich zur Rede von Frau Grütters – und eine ganze Reihe andere Zeitungen angesichts des Konflikts, den die CDUFraktion gerade hat – und Sie können mir glauben, über Parteikonflikte können wir gerade ein Wörtchen mitre

Und aus diesem Grund ist es in gewisser Hinsicht vertane Zeit, sich damit auseinander zu setzen. Die Aufgabe heißt, und dieses Programm ist auch beschrieben worden: 85 000 Studienplätze zu realisieren und zu sichern.

Da brauchen wir den Stöckchenantrag der FPD nicht, über das Stöckchen müssen wir nicht springen.