Protokoll der Sitzung vom 08.05.2003

Ich verstehe Ihre Unruhe nicht!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wolf! Ich habe bei Ihnen das Gefühl, dass Sie diesen Bezirk Kreuzberg nicht kennen.

[Gelächter bei der PDS und den Grünen]

Es war immer so, dass die Menschen, die dort wohnen, die Polizei, Polizeibeamte nie als Feinde angesehen ha

Herr Werthebach, wenn das Ihr Erfolg ist, dann verschonen sie uns damit, dann ziehen Sie die Konsequenzen und nehmen Ihren Hut.

Das heißt, Sie haben den damaligen Innensenator aufgefordert zurückzutreten, der weitaus weniger Schäden und eine weitaus bessere Bilanz vorweisen konnte als der jetzige Innensenator.

ben, auch Demonstranten nie als Feinde angesehen haben. Deshalb sollten Sie mit solchen Äußerungen vorsichtig umgehen.

[Doering (PDS): Das ist das Problem mit Verallgemeinerungen!]

Und, Herr Wieland, die FDP heute als Champagnertrinker zu bezeichnen – ich glaube, in diesem Haus weiß jeder, wer zwischenzeitlich am meisten Champagner genießt, das ist immer unser Regierender Bürgermeister.

[Zurufe von der SPD: Oh!]

Und wir wissen, er genießt ihn desto mehr, je mehr Arbeitslose es in dieser Stadt und in Deutschland insgesamt gibt.

[Zuruf des Abg. Mutlu (Grüne)]

Wenn es eine Beleidigung am 1. Mai gegeben hat, Herr Wieland, war es die, dass der derzeitige Bundeskanzler die Menschen, die Angst um ihre Arbeitsplätze haben, als Hohlköpfe bezeichnet hat,

[Liebich (PDS): Wissen Sie, was Helmut Kohl alles erzählt hat? – Zuruf des Abg. Wieland (Grüne)]

weil sie ihn ausgepfiffen haben auf der Demonstration. Das ist sicherlich eine neue interessante Variante des 1. Mais.

Als wir vor zwei Jahren, und zwar am 10. Mai 2001, über den damaligen Verlauf des vergangenen 1. Mais in diesem Haus diskutierten – und das will ich noch einmal an die SPD gerichtet sagen –, waren wir damals mehrheitlich der Meinung, dass wir im Vergleich zu den 1.-MaiVeranstaltungen der letzten Jahre eine positive Bilanz erstellen konnten.

[Wechselberg (PDS): So ein Quatsch!]

Die damals entstandenen Schäden von ca. 120 000 DM waren deutlich geringer als je zuvor. Herr Wieland, die damalige Taktik der Berliner Polizei und ihre umsichtige politische Begleitung hatten die beabsichtigte Wirkung entfaltet.

[Wieland (Grüne): So ein Märchen! – Zurufe der Abgn. Mutlu (Grüne) und Cramer (Grüne)]

Die Ausschreitungen waren 2001 auf ein enges stadträumliches Gebiet, und zwar nur auf den Mariannenplatz beschränkt.

[Wieland (Grüne): Was heißt „nur“? – Liebich (PDS): Da war ein Fest!]

Schon im Umkreis von ca. 100 Metern haben die Menschen in Friedrichshain-Kreuzberg, Herr Innensenator, einen nahezu ungestörten Feiertag erlebt, auch am Heinrichplatz, in der Mariannenstraße und in der Manteuffelstraße.

[Doering (PDS): Und was war am Kottbusser Damm?]

Und der damalige Innensenator Werthebach stellte fest:

Der erste Schritt auf dem Weg zu einem friedlichen 1. Mai ist getan. Der Rechtsstaat ist abwehrbereit. Das Prinzip Deeskalation durch Anwendung von Recht und Gesetz greift.

[Zuruf des Abg. Mutlu (Grüne)]

Dafür wurde er von dem damaligen Sprecher der Grünen, Herrn Wieland, zum Rücktritt aufgefordert.

[Wieland (Grüne): Kam ja dann auch! – Heiterkeit bei den Grünen und der PDS – Liebich (PDS): Zu Recht! – Zuruf von den Grünen: Bravo!]

Sie haben damals wörtlich formuliert, Herr Wieland, ich darf es noch einmal sagen:

[Beifall der Abgn. Wieland (Grüne), Cramer (Grüne) und Doering (PDS)]

[Zuruf des Abg. Mutlu (Grüne)]

Sie dagegen, Herr Innensenator Körting, haben durch Ihre angeordnete Strategie am 1. Mai 2002 und 2003 unseren Rechtsstaat durch linksradikale Chaoten verhöhnen lassen. Unter Ihrer Führung musste das Recht dem Unrecht weichen, denn wer glaubt, zu allem entschlossenen Gewalttätern mit Gesten der Friedlichkeit begegnen zu können, der irrt gewaltig. Die Bilanz der Schrecken der letzten zwei Jahre hat gezeigt, dass Linksextreme und Gewalttäter das Entgegenkommen des Staates nicht honorieren.

Sie, Herr Senator, haben die Menschen im Bezirk Friedrichhain-Kreuzberg insbesondere am 1. Mai dieses Jahres den linksradikalen Gewalttätern überlassen. Die eingetretenen Sachschäden haben ein Ausmaß erreicht, das an die 1.-Mai-Veranstaltungen Ihres sozialdemokratischen Vorgängers erinnert. Herrn Pätzold muss ich Ihnen sicherlich nicht vorstellen. Der wollte damals übrigens auch schon deeskalieren. Brennende Autos von der Mariannenstraße bis zur Manteuffelstraße, 175 verletzte Polizeibeamte, zerstörte Glasscheiben, Geschäfte und Wohnungen ganzer Straßen im Südosten unseres Bezirks und verbrannte Bäume sollten auch für Sie, Herr Innensenator Körting, ein deutlicher Beweis des Scheiterns Ihrer Strategien sein, die Sie mit „Deeskalation“ umschrieben und der Polizei aufgezwungen haben.

Damit haben Sie rechtsfreie Räume im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg zugelassen. Die Bilder von den entfesselten, plündernden und brandschatzenden linken Gewalttätern in Friedrichshain-Kreuzberg sind abends in den Fernsehapparaten über die gesamte Welt hin zu sehen gewesen. Dem ohnehin strukturell benachteiligten Bezirk

Ich möchte mich stattdessen auf eines beziehen, was Herr Wieland angesprochen hat. Er hat verschiedene Neuigkeiten hervorgehoben, die mit diesem 1. Mai verbunden sind. Eine weitere ist mir aufgefallen: Selbst der Bundestagsabgeordnete Rechtsanwalt Ströbele hat den Polizeieinsatz gelobt.

Ich muss gestehen, das hat in der SPD bei dem einen oder anderen leise Zweifel wach werden lassen. Die haben uns aber insgesamt dann doch nicht beirrt. Wir halten – mit dem Innensenator und mit meiner Vorrednerin Frau Kollegin Hertel – diesen Polizeieinsatz am 1. Mai insgesamt für einen Erfolg. Ich muss die Gründe nicht noch einmal wiederholen, aber ich lege Wert auf diese Feststellung, weil Herr Ritzmann darauf gedrungen hat, die Maßnahmen an dem Erfolg zu messen. Ich meine, wir haben uns inhaltlich darüber ausgetauscht, inwiefern hier ein Erfolg nachweisbar ist.

Herr Wolf hatte die FDP-Fraktion noch einmal auf ihre These hin angesprochen, man könnte durch ein Abwechslungsangebot außerhalb von Kreuzberg die Situation entspannen. Ich teile seine Auffassung, dass das nicht gelingen kann, und möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass selbst die Kreuzberger CDU das anders sieht als Sie. Die Kreuzberger CDU hat die Bürgerinnen und Bürger des Bezirks dazu aufgerufen, am 1. Mai die Straßen und Plätze dieses Bezirks selbst in Besitz zu nehmen und den Krawall Suchenden keinen Raum zu bieten. Das war der richtige Ansatz, wie ich ausdrücklich feststellen möchte. Genau das hat auf dem Oranienplatz und auf weiten Teilen der Oranienstraße stattgefunden und gut funktioniert. Ich würde mir deshalb wünschen, dass die CDU Kreuzberg im kommenden Jahr konsequenterweise den zweiten Schritt tut und dort die sinnvollen Anstrengungen des Bezirks unterstützt.

haben Sie, Herr Innensenator, damit keinen Dienst erwiesen. Alle Bemühungen, die Aufmerksamkeit auf die enormen Potentiale des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg zu lenken, wurden im Handumdrehen durch Unvermögen zerstört. Statt Hoffnung erhielt der Bezirk durch den dunkelroten Senat und das gleiche Bündnis auf Bezirksebene den schlimmsten 1. Mai seit 11 Jahren.

Herr Innensenator! Die Folge dieser Politik wird sein, dass viele Menschen, die in diesem Bezirk geboren sind, den Bezirk verlassen. Geschäftsleute werden wieder ihre Geschäfte schließen müssen.

[Gaebler (SPD): Glauben Sie eigentlich, was Sie da erzählen?]

Von wem erwarten Sie, dass er in diesem Bezirk investiert? – Die Arbeitslosigkeit in diesem Bezirk hat zwischenzeitlich bereits drastische Folgen angenommen. Dort sind fast 25 % der Menschen arbeitslos. Dort leben sehr viele Menschen ausländischer Herkunft, die wir nach Deutschland geholt haben und denen wir auf diesem Arbeitsmarkt keine Chance mehr geben. Aber trotzdem überlassen Sie diesen Bezirk am 1. Mai immer den Krawallmachern in dieser Stadt.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen!

Herr Präsident! Ich werde es ganz kurz machen. – Herr Innensenator! Wir fordern Sie auf, intensiv darüber nachzudenken, ob Sie die Sicherheit der Menschen in Friedrichshain-Kreuzberg, aber auch in Gesamtberlin weiterhin so leichtfertig auf das Spiel setzen wollen oder möglicherweise müssen. Unter Ihrer Führung ist mit Unterstützung der PDS Berlin zwischenzeitlich zur Hauptstadt der Kriminalität geworden. Sie sollten aus Ihrem Versagen in der Sicherheitspolitik die gebotene Schlussfolgerung ziehen, um weiteren Schaden von diesem Bezirk und von dieser Stadt abzuwenden. Die Menschen in Friedrichshain-Kreuzberg trauen Ihnen nicht mehr zu, dass Sie für ihre Sicherheit einstehen.

[Beifall bei der CDU]

Das Wort hat nun Herr Dr. Felgentreu – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Innensenator hat gesagt, dass die Bürgerinnen und Bürger von uns kein parteipolitisches Hickhack erwarten. Ich glaube, er hat damit Recht. Allerdings sind die Gesetze der Kommunikation in diesem Hause manchmal anders: Wenn der eine hickt, muss der andere hacken, und sei es auch nur, damit manche Behauptungen nicht unwidersprochen im Raum stehen bleiben. Trotzdem werden die Kolleginnen und Kollegen von der SPDFraktion mir nachsehen, wenn ich auf die Unverschämtheiten von Herrn Wansner hier nicht weiter eingehen werde.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Doering (PDS): Ist okay so!]

[Mutlu (Grüne): Das ist schon was!]

Was nun aber substanzlose und unzeitige Anträge angeht, zeigt der Missbilligungsantrag der CDU-Fraktion, dass diese jederzeit in der Lage ist, die FDP-Fraktion in die Tasche zu stecken. Das ist schon eine beachtliche Leistung.

[Ritzmann (FDP): Wenn Sie hicken, muss ich hacken!]