Protokoll der Sitzung vom 26.06.2003

Gibt es hinsichtlich der Dringlichkeiten Widerspruch? – Das ist nicht der Fall.

Das völlig aus dem verantwortbaren Rahmen geratene Grillspektakel ist nicht nur ein sicht- und riechbares Zeichen für den Zustand des öffentlichen Ordnungsempfindens. Die Parks in unserer Stadt verschmutzen auch ohne dies zusehends, während die Lasten der Müllbeseitigung und Pflege auf Kosten der Steuerzahler und allein der bezirklichen Haushalte gedeckt werden müssen. Das hat jetzt sogar Senator Strieder gemerkt.

Wir dulden das nicht mehr!

[Beifall bei der CDU]

Parks sind Naherholungsgebiete für alle Menschen, besonders für Kinder und ältere Mitbürger. Sie sind in vielen Bereichen übrigens auch wertvolle Ökonischen inmitten der Großstadt. Öffentliche Parks sind keine rechtsfreien Räume, derer sich einzelne Gruppen einfach bemächtigen können. Das muss auch wieder durchgesetzt werden.

[Beifall bei der CDU]

Auch alle Hundeverordnungen nutzen nichts, wenn Maulkorb- und Leinenzwang für gefährliche Tiere nicht kontrolliert werden, vom Dauerärgernis der Hundehaufen auf Gehsteigen einmal ganz abgesehen. Das sind nur wenige Beispiele. Tatsache ist, dass die bisherige Wahrnehmung der staatlichen Kernaufgabe Ordnungssicherung in Berlin für alle erkennbar unzureichend wahrgenommen wird. Das muss sich ändern. [Beifall bei der CDU]

Der Grund des Übels liegt in der zersplitterten Zuständigkeit zwischen Polizei, Senatsverwaltung und Bezirken. Am Ende ist keiner zuständig. Die Polizei ist derzeit auf Grund der geltenden Gesetzeslage immer das letzte Glied in der Kette und ist nicht zuletzt wegen ihrer

Danke schön, Herr Kollege Wambach! – Für die SPD spricht Frau Flesch. – Bitte schön, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Wambach! Es waren große Worte für einen untauglichen Versuch. Dieser Gesetzentwurf war ein wenig schnell geschossen, über Nacht. Das merkt man ihm auch wirklich an.

Ich begrüße ausdrücklich, dass es tatsächlich einen fraktionsübergreifenden Konsens zu geben scheint, dass wir bezirkliche Ordnungsämter benötigen. Herr Kollege Wambach hat Recht, dass wir im Zuge der Entpolizeilichung von Ordnungsaufgaben ein Ordnungszuständigkeitswirrwarr in der Vergangenheit hergestellt haben, das für den Bürger unüberschaubar ist und durch sein Kompetenzwirrwarr völlig ineffizient ist.

sonstigen Belastungen objektiv überfordert, mehr als die Bekämpfung von Straftaten oder die unmittelbare Gefahrenabwehr zu gewährleisten.

Überall in Deutschland gibt es kommunale Ordnungsämter. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Wir müssen hier das Rad nicht neu erfinden. Das kann so lange auch nicht dauern – glaubt man. Am 7. Februar 2002, also vor eineinhalb Jahren, hat meine Fraktion einen Antrag in dieses Haus eingebracht, mit dem der Senat aufgefordert wird, bezirkliche Ordnungsämter zeitnah zu verwirklichen und einen Modellversuch zu starten. Nichts ist passiert, eineinhalb Jahre nicht. Erst jetzt, nachdem wir unseren Gesetzentwurf eingebracht haben und die öffentliche Berichterstattung Wellen schlägt, kommen sie aus dem Mustopf. Damit haben wir schon einmal etwas erreicht.

Es besteht jetzt immerhin grundsätzlich Einvernehmen zwischen allen Fraktionen dieses Hauses, dass wir bezirkliche Ordnungsämter brauchen und Aufgaben in diesem Bereich künftig von den Bezirken künftig vor Ort wahrgenommen werden. Gut! Jetzt stellt sich die Frage, wie wir das realisieren. Nachdem aus dem Regierungslager nichts kam, haben wir als Opposition einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, der im Übrigen weitestgehend die Diskussion in den Ausschüssen sowie die Anhörung der Bezirksvertreter aller Parteien berücksichtigt.

Wir schlagen vor, aus Gründen der Effizienz sechs bezirkliche Ordnungsämter zu schaffen, die klare Aufgaben und Ressorts zugewiesen bekommen. Auch für fachliche Ordnungsaufgaben soll es künftig möglich sein, bezirksübergreifend Ordnungseinheiten zu bilden, beispielsweise für die Bauaufsicht oder das Gesundheitsamt. Auch für die Abwicklung im sogenannten Backoffice, also Administration, Rechnungswesen und dergleichen, können bezirksübergreifend Serviceeinheiten gebildet werden. Auch das ist sinnvoll und spart Kosten.

Alle sonstigen Ordnungsaufgaben werden von den Ordnungsämtern vor Ort wahrgenommen. Diese sind im Bezirk mitten im Geschehen, sind von den Bürgern und den bezirklichen Verwaltungen unmittelbar ansprechbar und können so im besten Sinn vor der Haustür für Ordnung sorgen. So wollen es auch die Bürger.

Jetzt können Sie erwidern, dass es so einfach nicht geht. Wir wollen das zwar machen mit den Ordnungsämtern, aber alles ein wenig komplizierter, das eierlegende Wollmilchordnungsamt sozusagen und das erst ab April 2004. Wir machen hier den Vorschlag, es etwas schneller allein schon wegen der bevorstehenden Haushaltsberatungen auf den Weg zu bringen. Darüber muss schon einmal gesprochen werden, wenn es um personelle und finanzielle Ressourcen geht und auch um den Verbleib der Einnahmen.

Die Bezirke können sofort mit dem Aufbau der Organisation beginnen. Wenn es dann erkennbar an der einen oder anderen rechtlichen Stelle hakt, beispielsweise beim

ASOG, ändern wir die Gesetze rechtzeitig bis zum Start. Diesen Weg schlagen wir Ihnen vor, schnell, entschlossen, unbürokratisch und zielorientiert. Eines muss für die Menschen in dieser Stadt garantiert klar sein. 2003 war das letzte Jahr in Berlin, wo der Tiergarten einem australischen Waldbrandgebiet glich und das Ordnungsempfinden der Besucher und Einwohner unserer Stadt auf einem Tiefpunkt lag!

[Beifall bei der CDU]

[Rabbach (CDU): Er liest nicht so langsam wie Sie!]

Man merkt es der Rede des Kollegen Wambach an, dass ein großer Teil des Konsenses, der relativ neu ist, den Grill- und Müllorgien geschuldet ist. Ich bitte aber ganz herzlich darum, das Thema der bezirklichen Ordnungsämter nicht allein unter den vernachlässigten, verwahrlosten Parkgesichtspunkten zu sehen, sondern auch ein paar andere Gesichtspunkte nicht zu vergessen. Es gibt auch noch Aspekte, die darüber hinaus für bezirkliche Ordnungsämter sprechen und nicht nur die Verwahrlosung des öffentlichen Raumes mit der Notwendigkeit, dieser entgegenzutreten.

Eine wichtige Voraussetzung fehlt aber bei Ihnen. Für uns ist eine ganz wichtige Voraussetzung für die Einrichtung öffentlicher Ordnungsämter die Abschichtung weiterer Ordnungsaufgaben auf die Bezirke wie beispielsweise die untere Straßenverkehrsbehörde und viele Ordnungsaufgaben, die bislang in den Hauptverwaltungen wahrgenommen werden. Das Prinzip, nach dem sich der Gedanke eines Ordnungsamtes richtet, heißt Alles-aus-einerHand-Prinzip. Hier möchte ich einmal auf den anderen Aspekt zu sprechen kommen, der nicht nur die Strafe, die Ahndung, die stärkere Präsenz im Sinne einer Parkpolizei, Straßenpolizei oder Bezirkspolizei – polizia communale, heißt dies in Italien; die Franzosen haben so etwas auch – in den Vordergrund stellt, sondern auch den Gesichtspunkt der Bürgerfreundlichkeit betont. Das Alles-auseiner-Hand-Prinzip, das wir in den Bürgerämtern haben, muss auch bei der Ordnungsverwaltung greifen.

– Ich bin fast fertig. –, sondern er stellt auch Strukturen dar, die mir Probleme bereiten. – Ein Satz noch, Herr Präsident, dann gehe ich freiwillig. – Weshalb darf ein Mitarbeiter des Grünflächenamtes deshalb, weil er nicht gleichzeitig die Aufgabe hat, Müllablagerungen auf der Straße zu ahnden, nur im Park sauber machen, weshalb kann man ihn nicht kompetent als Außendienstmitarbeiter für das gesamte Bezirksamt nehmen? Daran krankt Ihr Entwurf auch noch. – Vielen Dank!

Vielen Dank, Herr Präsident! – An den Berliner Grillfeuern hat sich diese hitzige Debatte entzündet, die seit Wochen die Gazetten beherrscht. Wir haben in Berlin die Situation, dass die vielen Grünflächen einen deutlichen Teil der Lebensqualität ausmachen. Die Möglichkeit, sich mit Freunden in den Park zu setzen, mit einer Flasche Bier oder sonstigem, wenn es genehm ist, auch noch einen Grill dabei zu haben, das ist etwas, was eine wichtige soziale Funktion in Berlin hat. Das ist mir persönlich ganz wichtig für den Charme unseres Landes, unserer Stadt Berlin.

Es kann nicht angehen, dass ein Bürger, weil er Gewerbetreibender, vielleicht Restaurantbesitzer ist, weil es ein schöner Sommer ist, und er seine Stühle auf die Straße stellen will, von Amt zu Amt in einem Bezirk und vielleicht noch zu einem Amt der Hauptverwaltung laufen muss, damit er seine drei Tische auf den Gehweg stellen kann. Das kann nicht sein. Dieser Gedanke der Kundenfreundlichkeit bitte ich hier auch einmal einzubringen und nicht nur den Strafgedanken der CDU.

[Beifall bei der SPD]

Wenn wir schon von Frontoffice- und Backofficebereichen reden, wenn eine tiefere Bearbeitung nötig ist, die in einem Ordnungsamt nicht gleich erledigt werden kann, dann sollen bitte wie beim Bürgeramt die Akten laufen, nicht aber die Bürger.

Im Bereich der Bußgeldverfahren, die eine gewisse rechtliche Sicherheit und Fachkompetenz verlangen, können durch Einrichtung eines bezirklichen Ordnungsamtes natürlich die Fachkompetenzen mit der Folge gebündelt werden, dass wir viel mehr Außendienstmitarbeiter haben, die sich um die Verwahrlosung des öffentlichen Raumes kümmern. Das freut dann nicht nur den Finanzsenator und all diejenigen, die an den Entgelten aus den Bußgeldbescheiden beteiligt sind, sondern auch die Mitbewohner, die die Parks nicht zum Grillen, sondern zur Erholung aufsuchen. So schließt sich dann vielleicht auch wieder ein wenig der Kreis. Mit der Bündelung der Ordnungsaufgaben erhalten wir mehr Transparenz, weniger Bürokratie für den Bürger und zusätzlich noch eine stärkere Präsenz von Ordnungskräften im öffentlichen Raum. Aus diesem Grund hat der Hauptausschuss gestern den Ihnen vorliegenden Beschluss gefasst, der Senat habe schnellstens einen Gesetzentwurf vorzulegen, der nicht solch ein Schnellschuss sein kann wie der der CDU. Dieser Gesetzentwurf soll gemeinsam mit den Bezirken entwickelt werden, es soll ein Modell entwickelt werden, welche Aufgaben wie ordnungsamtlich auf Bezirksebene zusammengefasst werden können. Ich bitte den Aspekt der Abschichtung weiterer Ordnungsaufgaben dabei auch nicht zu vergessen.

Die Bezirke haben parteiübergreifend ihr Interesse an bezirklichen Ordnungsämtern bekundet. Ich denke, wenn wir bis Herbst dieses Jahres einen entsprechenden Gesetzentwurf haben, werden wir es schaffen, bis zum 1. April 2004 diese Ordnungsämter einzurichten, und zwar sinnvoll einzurichten und nicht auf Ihre Art und Weise. So einfach, wie Sie es sich machen, ist es nicht. Daran krankt Ihr Entwurf. Wir müssen Zuständigkeitskataloge von ASOG und AZG ändern, vermutlich auch noch einige andere Dinge. So lange dauert es nicht, denn die Kataloge hätten selbst Sie sich ansehen und das alles in Ihren Entwurf aufnehmen können. Wir sind der Auffassung, dass die Vorgehensweise der Fachausschüsse und des Hauptausschusses die effizientere ist. Ich glaube, dass wir damit weiter kommen.

Nun komme ich zum Entwurf der CDU-Fraktion. Der hat keine vertikale Aufgabenverlagerung,

Frau Kollegin! Bitte bedenken Sie den Ablauf Ihrer Redezeit!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Frau Kollegin Flesch! – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Ritzmann. – Sie haben das Wort – bitte schön!

Es ist wie immer eine Frage der Dosis. Eine Frage der Art und Weise, wie wir an das Thema herangehen. Ich warne vor einer gewissen Kleinkariertheit, die ich in der Debatte wahrnehme. Etwas mehr Toleranz und Gelassenheit in der Grilldebatte würden helfen. In der Fragestunde hatte ich das Gefühl, als fände sich gleich spontan eine Mahnwache für Zucht und Ordnung in öffentlichen Parks zusammen. Ich glaube, dass muss einigermaßen sachgerecht behandelt werden.

[Beifall bei der FDP]

Sachgerecht müssen wir beispielsweise das Thema betrachten, wenn ganze Tiere in Glühgruben gebraten und als Extrem Teile dieser Tiere sogar noch an Passanten verkauft werden. Im Balkan- oder Kaukasusstil wird da gegrillt. Hier ist die Frage der Lebensqualität schnell beantwortet. Wenn ich andere Menschen einschränke, wenn ich sogar Sachbeschädigung begehe, ist Schluss mit Toleranz, dann muss der Staat einschreiten.

Im Anschluss daran kam die Mülldebatte. Was kommt dabei als Erstes? – Was auch sonst, der Ruf nach der Polizei. Gerade die Berliner Polizei, die bereits jetzt Mädchen für alles ist: Sie legt Autos still, sie verwahrt Fundsachen und Tiere, sie sichert die Nachlässe von Verstorbenen, sie soll die Bußgelder für Hundekot eintreiben, sie soll jetzt auch noch Müllsünder durch die Parks jagen und Grillsünder dingfest machen. Es ist aus Sicht der FDP keine polizeiliche Aufgabe, dass die Polizei die kleinen

Wer soll sonst Ordnungsaufgaben wahrnehmen? – Dafür brauchen wir ein Ordnungsamt mit einem bürgernahen Außendienst. Der Antrag der CDU ist hierfür ein konkreter Diskussionsbeitrag, aber auch aus meiner Sicht greift er zu kurz. Warum ist das der Fall? – Dieser Gesetzentwurf konzentriert sich nur auf die bezirklichen Ordnungsaufgaben, die Aufgaben zum Beispiel der unteren Polizeibehörde, die Überwachung des ruhenden Verkehrs wird gar nicht eingebunden. Die Anhörung der Bezirke im Verwaltungsreformausschuss hat gezeigt, dass es durchaus Sinn macht, eine Überprüfung des gesamten Katalogs der Ordnungsaufgaben im Land Berlin vorzunehmen. Die Bezirke hätten gern ein zentrales bezirkliches Ordnungsamt. Wenn wir Ihrem Vorschlag folgten, hätten wir zwölf Bezirke mit jeweils sechs Ordnungsämtern. Das wäre nicht das Optimum an Bürgerfreundlichkeit und Transparenz. Wir müssen die Frage klären, was am sachgerechtesten ist: Ordnungsämter in den Bezirken oder ein zentrales Landesordnungsamt. Diese Frage müssen wir diskutieren, und zwar nicht ideologisch, nicht unter dem Aspekt der Besitzstandswahrung, sondern mit dem Ziel bestmöglicher, bürgernaher und effizienter Problemlösungen. In diese Debatte treten wir jetzt ein auf Grund des Antrags der CDU. Das ist gut, aber der Weisheit letzter Schluss ist definitiv noch nicht vorgelegt worden.

Grillsünder durch die öffentlichen Parks Berlins jagt, das wird es mit der FDP nicht geben.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Radziwill?

Vielen Dank, Herr Ritzmann! – Können Sie mir bitte erläutern, was Sie unter „Balkan- und Kaukasusstil“ verstehen?

Darunter verstehe ich auf Grund meiner Urlaube, die ich in diesen Gegenden gemacht habe, einen gewissen Wiedererkennungswert,

[Zuruf des Abg. Mutlu (Grüne)]

wenn ich in bestimmten Gegenden Berlins durch manche Parks laufe. Ich denke: Das habe ich schon gesehen, dieses großfamiliäre Ereignis, dass man ein ganzes Tier gemeinsam, vielleicht sogar vorher geschächtet hat,

[Zuruf des Abg. Pewestorff (PDS)]

brät und anschließend verspeist.

[Zuruf des Abg. Schruoffeneger (Grüne)]

Das ist prinzipiell eine tolle Sache, nur bitte nicht im öffentlichen Park, mit Sachbeschädigung verbunden.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Kollegen Zackenfels?