Protokoll der Sitzung vom 11.09.2003

[Goetze (CDU): Haben Sie auch noch etwas Inhaltliches zu sagen?]

und dem Parlament nicht angemessen. Wir sollten einmal fragen, ob solche Anfragen in Zukunft notwendig sind.

Ich will einmal ein paar Fragen davon vorlesen, damit wir wissen, wovon wir reden. Da wird gefragt:

Welche personellen Ressourcen waren dem Projekt zugeordnet, und hatte der Projektleiter insoweit Personalverantwortung bzw. Weisungsbefugnis?

Die Antwort bekommen Sie doch auch, gar kein Problem. Wozu müssen wir dazu eine Große Anfrage machen? Was soll ich über die Antwort diskutieren? Ist die Frage falsch,

Sehr geehrter Präsident! Meine Damen und Herren! In einem muss ich Ihnen Recht geben, Herr Flemming: So richtig spannend scheint die ganze Debatte, wenn man sich das Plenum anguckt, nicht wirklich für die Anwesenden zu sein. Ich denke aber, dass es zum Teil auch ein bisschen an der Beantwortung von Herrn Sarrazin liegt, der in verwaltungskonformer, sehr trockener Art versucht hat klarzumachen, wer denn überhaupt verantwortlich war, und dann eine Reihe von Abkürzungen und Verwaltungsrundschreiben und ähnlichen

Dingen vorgelesen und wahrscheinlich darauf gehofft hat, dass das Plenum, je trockener seine Erklärung auf die Große Anfrage ist, umso schläfriger wird.

Was mich schon mal interessiert hätte, wäre gewesen, unabhängig von der Frage, wer denn nun wann an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit verantwortlich war, wie es denn nun weitergehen soll. Wenn wir immer Softwareprogramme haben, die es gar nicht möglich machen, einen vernünftigen Haushalt aufzustellen, weil sie vorrangig dadurch glänzen, dass sie nicht funktionieren, dann frage ich mich schon: Was soll denn aus unserer Verwaltungsreform werden? Was soll aus einem sinnvollen Personalabbau werden, wenn wir gar nicht wissen, wie viele Leute wir überhaupt in Berlin beschäftigen? Wie wollen wir vernünftig Vermögen veräußern, wenn wir gar nicht wissen, wie viel wir haben?

Herr Flemming sprach nicht ganz zu Unrecht davon, dass in der Anfrage der CDU ein bisschen was anderes stand, als Herr Wambach ausgeführt hat. Werfen wir doch noch mal einen Blick auf die Software von ProFiskal. Sie wurde eingeführt ohne eine genaue Wirtschaftlichkeitsanalyse. Daraufhin ging erst mal gar nichts. Dann machte man das, was man immer macht: Man verlängerte den Vertrag, auch das wieder ohne eine Wirtschaftlichkeitsanalyse, und blieb erst mal dabei. Mittlerweile soll es schon Module geben, die laufen. Es soll auch Beschäftigte in der Verwaltung geben, die Menschen kennen, die wiederum einen kennen, der wirklich weiß, wie ProFiskal funktioniert. Was der Rechnungshof aber angemahnt hat, nämlich nach Alternativen zu suchen und sich eventuell über einen Produktwechsel schlau zu machen, davon war in der Beantwortung gar nicht die Rede. Das erinnert mich schon daran, was wir neulich im Hauptausschuss diskutiert haben unter fast ähnlich klingender Überschrift, nämlich unter FISCUS. Auch das ist der gleiche Ablauf, so recht mag es nicht funktionieren, und was machen wir? Wir schmeißen gutem Geld noch mehr gutes Geld hinterher in irgendein dunkles Loch, von dem wir nie wissen, was dabei herauskommt.

ist die Antwort falsch, oder was ist hier politisch? Hier ist politisch nichts in den Anfragen enthalten.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Die ganze Seite ist so. Wir beschäftigen uns hiermit und merken an der Interessenlage, dass die Anfrage Null ist.

Ich will noch etwas anderes dazu sagen. Der Rechnungshof hat damals festgestellt:

Die Prüfung der vom Senat vorgelegten Haushalts- und Vermögensrechnung 2001 hat wie schon in den Vorjahren zahlreiche Mängel offenbart.

Das ist unbestritten und im Unterausschuss Haushaltskontrolle und im Hauptausschuss behandelt worden. Diese Mängel müssen auch abgestellt werden. Aber Ihr Verfahren, das mit dieser Anfrage auf den Weg bringen zu wollen, ist politisch Null. Das geht nach hinten los. Wir können uns gern im Hauptausschuss und auch woanders noch mal unterhalten, um Möglichkeiten zu finden, das zu verbessern. Die Verbesserungen sind notwendig, das wissen wir auch, aber wir wissen auch, wer das System ProFiskal eingeführt hat: Das war Herr Kurth. Im Jahr 2001 war Herr Kurth die Hälfte des Jahres Finanzsenator. Genau über dieses Jahr reden wir hier. Und da fragen Sie hier, was der Senat unternimmt, das richtigzustellen. Das kann er gar nicht. Er tut das im Nachhinein, aber anderes kann er nicht. Sie fragen retrospektiv über Jahre ab, für die der Finanzsenator gar nicht zuständig war. Dass der Finanzsenator bemüht ist, in seinem Haus Strukturänderungen herbeizuführen, wissen Sie, auch dass es vorangehen muss. Dass wir versuchen müssen, alles zu ändern, ist klar. Aber wir wissen, dass ProFiskal und FISCUS die letzte Rettung nicht bringen werden. Wir müssen weiterhin nachkorrigieren.

Ich bitte noch mal darum, dass wir überlegen sollten, solche Anfragen hier nicht zu stellen, in diesem Plenum, wo wir politisch diskutieren sollten. Wir sind ein armes Land, wenn wir eine Opposition haben, die diese Anfragen in dieser Haushaltslage mit diesem Duktus stellt. Ich bin der Meinung, wir haben eine bessere Opposition verdient. – Ich danke Ihnen.

[Beifall bei der SPD und der PDS – Goetze (CDU): Absolut null Substanz!]

Danke schön, Herr Dr. Flemming! – Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der FDP Frau Abgeordnete Meister. – Bitte schön, Frau Meister, Sie haben das Wort.

[Beifall bei der FDP]

Noch einmal kurz zur Kosten- und Leistungsrechnung: Ich denke, wir sind uns alle darüber im Klaren, dass diese eines der wichtigsten Instrumente für eine Verwaltungsreform ist, die unsere Verwaltung zu einer bürgernahen Dienstleistungsgesellschaft umbauen soll. Aber was wird denn aus unserer Kosten- und Leistungsrechnung? – Wir hatten alle gedacht, dass es in diesem Jahr schon einen Produkthaushalt gibt. Der liegt aber leider noch nicht vor. Was man aber schon vernehmen konnte, ist, dass in den Bezirken, wo schon über Produktmengen gesteuert und mit dem Median schon gearbeitet wird, Herr Sarrazin auf jeden Fall schon die Tricks kennt. Bei den Musikschulen hat man den Median nämlich immer weiter nach unten gesetzt, um damit die Kosten zu kürzen. Na, das ist doch schon mal was, wenn wir schon mal wissen, wie wir möglichst die Taschenspielertricks bei den Programmen einsetzen können.

Frau Meister

Wenn die heutige Diskussion trotzdem dazu beitragen könnte, die notwendigen Schlussfolgerungen für die künftigen Haushalts- und Vermögensrechnungen zu ziehen, dann hätte diese Anfrage durch die CDU eine Funktion erfüllt. Und wenn der Senat – so interpretiere ich jetzt einmal wohlwollend den Finanzsenator durch die Aussa

gen, die er gemacht hat –, die Antwort nicht nur als eine reine Pflichtübung versteht, sondern statt dessen als eine Aufforderung an die Landesregierung, einen Trend zu stoppen, den der Präsident des Rechnungshofs in der Hauptausschusssitzung wie folgt dargestellt hat, dann wäre das ein Gewinn. Ich möchte den Rechnungshof wie folgt zitieren:

Ich glaube, dieser Sachverhalt ist der, über den wir uns heute in der politischen Auseinandersetzung über eine Große Anfrage der CDU verständigen. Dann sollte man an dieser Stelle zu der konkreten Fragestellung der CDU kommen.

Herr Schruoffeneger fragte heute zu Beginn des Plenums, was denn die vielen Gutachten für die Verwaltungsreform alle beinhalten, für die wir nicht unwesentliches Geld ausgeben. Na, da sind wir mal gespannt! Eins möchte ich nur hoffen: hoffentlich keine neue Software für Berlin. Da kann man doch, glaube ich, nur noch raten, wir sollten uns einen Abakus oder einen Rechenschieber kaufen. Vielleicht wird der Haushalt dann etwas genauer. – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Frau Kollegin! – Für die Fraktion der PDS hat Herr Hoff das Wort. – Bitte schön, Herr Hoff!

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Man kann ein eigentlich politisches Thema so verwaltungsmäßig bearbeiten, das hat Frau Meister auch gemacht, dass von dem politischen Sachverhalt eigentlich gar nichts mehr übrig geblieben ist. Das ist für mich als Vorsitzendem des Unterausschusses „Haushaltskontrolle“ insofern ein bisschen unangenehm, als dass der eigentliche für das Parlament wichtige politische Sachverhalt ist, dass ein Rechnungshof das erste Mal ein Testat für eine Haushalts- und Vermögensrechnung einer Landesregierung nicht erteilt hat. Das Problem ist, dass dieser politische Sachverhalt, über den wir uns hier eigentlich verständigen, und die damit verbundenen haushaltsrechtlichen Problematiken in dieser Diskussion überhaupt nicht zur Sprache kommen, sondern wir reden über ein Computerprogramm. Das ist möglicherweise ein sinnvolles Thema. Aber nur in dem Punkt gebe ich Herrn Flemming Recht, dessen Rede zwar ein bisschen Bewegung in die Diskussion gebracht hat, aber den politischen Kern, auf den ich hinaus will, auch nicht ganz getroffen hat. Aber in dem Punkt, finde ich, hätte man den Sachverhalt in der Tat in einer Kleinen Anfrage oder im Besprechungspunkt im Hauptausschuss bearbeiten können, möglicherweise auch in der Arbeitsgruppe IuK.

Der eigentliche politische Sachverhalt ist ein anderer. Ich denke, dass in der Festveranstaltung zum 50. Jahrestag des Berliner Rechnungshofs durch die Festredner, die es dort gegeben hatte unter Bezugnahme auf den Staatsrechtslehrer Ipsen, der Rechnungshof als Gehilfe des Parlaments, in diesem Sachverhalt, über den wir heute reden, eigentlich seine Entsprechung gefunden hat. Aus diesem Grund reden wir hier vor einer möglicherweise überwiegend desinteressierten Öffentlichkeit eigentlich über die Funktion des Rechnungshofs von Berlin, die Tätigkeit, die der Rechnungshof von Berlin für das parlamentarische Selbstverständnis und die Kontrollfähigkeit des Parlaments hat. Insofern hätte ich mir eigentlich eine etwas andere Diskussion gewünscht.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Rechnungshof an der Haushalts- und Vermögensrechnung Kritik übt. Wir haben in den Jahresberichten 2000, 2001 und 2002 auch schon Kritik geübt und haben im Grunde beschränkte Bestätigungsvermerke erteilt. Das heißt, insbesondere die Haushalts- und Vermögensrechnungen 1998 und 2000 waren eklatant fehlerbehaftet. Diese Fehlerhaftigkeit führt uns dazu, dass wir in diesem Jahr den Bestätigungsvermerk nicht erteilt haben, weil die Fehlerhaftigkeit noch weiter zugenommen hat.

Ich habe es bereits erwähnt, meine Vorredner haben es angesprochen: In den Fragen 3 bis 8 wird ausführlich auf die Installierung von ProFiskal in der Verwaltung eingegangen. Diese Fragen sind möglicherweise von Interesse, doch mir schien der Detailgrad der Fragen nicht an einer detaillierten Antwort interessiert, sondern an einer Legitimation einer Großen Anfrage nach dem Prinzip: Ich muss mir nur genug Fragen ausdenken, damit es auch wirklich eine Große Anfrage wird. Das ist, wie gesagt, dem Sachverhalt nicht angemessen. Der Senator ist bereits darauf eingegangen. Die bisher ungeklärten Zuständigkeiten bei der Buchung und den entsprechenden Regelungen müssen definiert werden. Das soll auch passieren. Dies wird im Kontext der Umstrukturierung in der Finanzverwaltung gewährleistet. Darauf ging der Senator ein. Die betreffende Ausführungsvorschrift muss angepasst und dort, wo personeller Engpass besteht, adäquate Abhilfe vorgenommen werden. Auch das hat der Finanzsenator dargestellt.

Entscheidend scheinen mir aber zwei weitere Sachverhalte zu sein. Das ist erstens die Ordnungsgemäßheit der Haushalts- und Vermögensrechnung und zweitens die Klärung, die zwischen Legislative und Exekutive realisiert werden muss über den Umgang mit dem Vorgriff auf die Kreditermächtigung, ein Sachverhalt, der uns im Unterausschuss, aber auch im Parlament, immer wieder beschäftigt hat, im Umgang mit den Kassenkrediten. Ich denke, dieser Sachverhalt sollte angesprochen werden.

Bei der Ordnungsgemäßheit der Haushalts- und Vermögensrechnung hat der Rechnungshof deutlich gemacht, dass es Defizite bei der Vermögensrechnung, bei der Übersicht über den Geldbestand des Rücklagevermögens, der Ausweisung des flächenmäßigen Bestandes des Grundvermögens, aber auch z. B. bei der Ausweisung der

zum Finanzsenator und eher auf der Position des Rech

Der zweite Punkt, das ist der wirklich spannende Punkt, ist der Umgang mit dem Vorgriff auf die Kreditermächtigung, wie er in 2001 vorgenommen wurde. Die Situation war folgende: Die Liquidität des Landes war zum Ende des Jahres 2001 nicht mehr unbegrenzt hergestellt. Die Ermächtigungen sowohl für die Deckungskredite als auch für die Kassenkredite waren ausgeschöpft. Ein Vorgriff auf die Kredite des Folgejahres hätte aus Sicht des Rechnungshofs nur dann in Anspruch genommen werden dürfen, wenn der Senat vom Parlament explizit noch einmal dazu berechtigt worden wäre. Diese Bestätigung durch das Parlament hat der Finanzsenator aber nicht eingeholt, hat der Senat als Ganzes nicht eingeholt. Aus diesem Grunde gibt es hier – und darauf weist der Rechnungshof hin; wieder sei verwiesen auf Ibsen als Gehilfe des Parlaments – einen problematischen Umgang im Verhältnis zwischen Legislative und Exekutive. Dieses problematische Verhältnis muss aus meiner Sicht abgestellt werden. Das Abgeordnetenhaus steht mit Blick auf das kommende Haushaltsgesetz vor der Aufgabe, haushaltsrechtliche Klarheit zu bringen in die Differenz zwischen der Position des Rechnungshofs und der Position, die der Senator heute dargestellt hat. Das heißt, es ist erforderlich, die politische Frage zu beantworten, wie weit das exekutivische Handeln aus Sicht des Parlaments gehen soll. Die Argumentation der Finanzverwaltung, die Verbuchung des Vorgriffs diene gerade der Haushaltsklarheit und -wahrheit, weil damit die wirkliche Kreditaufnahme und die finanzielle Situation des Landes abgebildet werde, kann meine Fraktion explizit nicht teilen. Insofern bewegen wir uns in dieser Frage im Widerspruch

nungshofs. Unserer Meinung nach muss hier verfahren werden, wie im Bund und überall in den Ländern verfahren wird und auch in Berlin bislang wurde: Grundsätzlich dürfen Einnahmen auf Grund der Vorgriffsermächtigung nur für die Finanzierung von Ausgaben für das nächste Jahr verwendet werden, die bereits im laufenden Kalenderjahr zu leisten sind. Über diesen Sachverhalt müssen wir uns im Hauptausschuss verständigen. Ich gehe davon aus, dass wir das mit einem guten Ergebnis tun werden. – In dieser Frage, Herr Wambach, hätte man eine politische Thematisierung des Verhältnisses zwischen Legislative und Exekutive vornehmen können. Das ist möglicherweise mehr, als Sie im Ausschuss für Verwaltungsreform tun. Aber Ihr Interesse lässt nun auch nach. Ich habe vermutlich nicht die Autorität Ihres Fraktionsvorsitzenden, aber wahrscheinlich ist das auch der Ernsthaftigkeit Ihrer Großen Anfrage angemessen. Sie interessiert das, was ich sage, so wenig wie die meisten Abgeordneten das, was Sie in der Großen Anfrage dargestellt haben. Das ist ein Problem. Schaden nehmen letztlich der Rechnungshof und die Haushaltskontrolle im Land Berlin. – Vielen Dank!

Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen spricht nun der Abgeordnete Schruoffeneger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde jetzt nicht auf das Jahr 2001 eingehen, sondern versuchen, über das zu diskutieren, was seitdem passiert ist, ob wir eine Besserung der Situation haben oder nicht. Ich hoffe, dass es dann wenigstens einen bis zwei im Saal interessiert, wenn wir das etwas aktualisieren.

Flächen des Liegenschaftsfonds gibt und bei der Ausweisung von Deckungskrediten. Ich denke, dieser Sachverhalt muss und kann ein Parlament nicht uninteressiert lassen, sondern muss uns interessieren bei der Auseinandersetzung mit der Haushalts- und Vermögensrechnung. Es muss aus dieser Großen Anfrage die Aufforderung des Parlaments ergehen, das der Senat, auch wenn der Finanzsenator richtig darauf hinweist, dass er für den unmittelbaren Sachverhalt, die Haushalts- und Vermögensrechnung 2001, nicht inhaltlich zuständig war, es seine Verantwortung ist. Dass er diese übernehmen möchte, hat er in der entsprechenden Diskussion im Hauptausschuss im Mai schon deutlich gemacht. Von dieser Stelle ergeht noch einmal die Aufforderung an Sie, dass Sie dafür sorgen, dass die Kritik des Rechnungshofs – weiterhin eklatante Haushalts- und Vermögensrechnungen – nicht mehr hingenommen werden muss. Das Parlament fordert Sie auf, dass Sie dafür Sorge leisten, dass dies nicht wieder passiert. Ich denke, dass diese Aufforderung von Ihnen heute verstanden wurde, auch angenommen wurde. Wir werden uns in den weiteren Haushalts- und Vermögensrechnungen damit auseinander setzen. Sie haben dargestellt, dass Sie auf eine Überwindung dieser Fehler hinarbeiten. Wir nehmen dieses Versprechen auf und werden im Hauptausschuss bzw. im Unterausschuss „Haushaltskontrolle“ dafür sorgen, dass dieses Versprechen dann auch überprüft wird.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Mit Buchungstricks und Ungereimtheiten haben wir öfter in diesem Haushalt zu tun. Es ist etwas unredlich, das immer nur hinter einem angeblichen Datenverarbeitungsproblem verstecken zu wollen. Ein Buchungssystem gibt in der Regel nur das her, was man auch bestellt hat. Da sind die Verwaltungen wieder selbst mit im Spiel. Ein Buchungssystem funktioniert auch dann nur, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die es anwenden sollen, entsprechend geschult und fortgebildet sind.

Da haben wir das erste Problem. Wir können feststellen, dass wir als Parlament in den letzten Jahren Millionen über Millionen Euro für Aus- und Fortbildung zur Verfügung gestellt haben, dass diese Mittel jedoch immer wieder von den Verwaltungen zweckentfremdet, im Rahmen der Haushaltswirtschaft umgeschichtet wurden, um im Rahmen der Deckungsfähigkeit andere konsumtive Ausgaben zu tätigen. Und die notwendige Aus- und Fortbildung fand deshalb – das sieht man an den Ergebnissen – anscheinend nicht in ausreichendem Umfang statt. Wenn sie dann einmal stattfand, dann Jahre, bevor das System in der entsprechenden Verwaltung überhaupt angeschafft wurde. Als die Rechner dann dastanden, waren die Erkenntnisse der Fortbildung wieder hinweg.

Ich komme zu aktuellen Beispielen. Ein wesentliches Instrument der haushaltspolitischen Diskussionen sind die Finanzierungsübersichten, die Gruppierungs- und Funktionskennzahlen. Schauen wir uns einmal an, was im Haushalt des Landes Berlin alles stattfindet! In der Funktionsübersicht der Stadtentwicklungsverwaltung ist beispielsweise die private Nutzung von dienstlichen Umweltkarten dem Bereich „Politische Führung“ zugeordnet. Genauso ist es Aufgabe der politischen Führung, den Verkauf von Altmaterialien aus ausgesonderten Sachen zu organisieren und zu verbuchen. Der Geschäftsbedarf der Hochbauabteilung ist ebenfalls Aufgabe der politischen Führung. Und – wie durch ein Wunder – auch der gesamte IT

Servicebereich und die Mietzahlungen der gesamten Verwaltung an das Facility-Management gehören der politischen Führung an. – Sie führen bundesweit Diskussionen über die Ausgabenstruktur des Landes Berlin, auch mit dem Bundesverfassungsgericht, Herr Sarrazin, und stellen fest: Wir haben sehr hohe Ausgaben für politische Führung, aber sehr niedrige im Geschäftsbereich der Hochbauabteilung. Sie sind dann stolz über unsere niedrigen Ausgaben, können aber nicht mehr erklären, wie die hohen Ausgaben der politischen Führung zu Stande kommen. – Solche Fehlbuchungen haben wir vor einem Jahr das erste Mal angemahnt. In diesem Haushalt sind sie sind unverändert wieder enthalten. Ich glaube mittlerweile nicht mehr, dass das Schlamperei ist; ich glaube, es ist der besondere Stolz des Herrn Strieder, morgens vor dem Spiegel zu stehen und zu sagen: Ich bin bundesweit der Senator mit den höchsten Ausgaben für die politische Führung. – Das stärkt das Gewicht. Das scheint er zu brauchen. Für die politische Debatte ist das nicht hilfreich.

Ein weiteres Beispiel: Mit dem Statusbericht vom 30. Juni dieses Jahres wird uns mitgeteilt, dass – verfassungsrechtlich völlig klar – die Kreditermächtigung in diesem Jahr abgesenkt werden muss, weil Rückzahlungen aus alten Darlehen erfolgt sind. Gleichzeitig wird aber die Kreditermächtigung dieses Jahres schon überschritten – sicherlich nicht nur ein Buchungsfehler, sicherlich politisch gewollt. Anders ist das nicht zu erklären – ein eindeutig verfassungswidriges Verhalten.

Das beste Datenverarbeitungssystem – ich komme zu der technischen Frage – funktioniert aber nicht, wenn Datenverarbeitung weiterhin „zu Fuß“ in den Verwaltungen praktiziert wird. Wir müssen feststellen, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter holen sich ihre Information aus dem technischen Verfahren und verarbeiten sie dann manuell in eigenen Tabellen und Dateien weiter. Ein solches Verfahren ist enorm fehleranfällig. Wie anders ist es zu erklären, dass die festgestellten Haushaltsreste des Jahres 2000 nicht vollständig in die Rechnung 2001 eingeflossen sind? Wie sonst ist es zu erklären, dass der Nachweis über geleistete über- und außerplanmäßige Ausgaben sowie das Ausnutzen der Deckungsfähigkeit saldiert zu einem anderen Ergebnis kommt als zu dem, das durch die Rechnungslegung nachgewiesen wird? Und wie kommt es, dass die Anfangsbestände der Vermögensrechnung 2001 um rund 5 Millionen € höher ausfallen als die Schlussbestände der Vermögensrechnung 2000?

Hier muss Schluss sein mit der manuellen Buchungstrickserei! Das war nicht eine neue Erkenntnis des Rechnungshofs im Mai dieses Jahres, sondern Sie haben am 30. Juli 2002 ein Gutachten erhalten, Herr Sarrazin. Aus diesem Gutachten lese ich einen Absatz vor – da stellt sich dann die Frage: Was ist denn in dieser Hinsicht seit dem 30. Juli 2002 passiert? –: