Liebe Frau Grütters! Es bleibt mir leider nicht erspart. Ich muss noch einmal auf Sie reagieren. Das Schöne ist, dass mein Kollege Wechselberg noch einmal einen darauflegen kann.
Es sind die CDU- und CSU-regierten süddeutschen Länder, die sich einem bundesweiten Vergleich verweigern.
Ich möchte Ihnen dazu nur eines sagen, Frau Grütters: Wenn Sie nicht wirklich seit 2001 unter Politikamnesie leiden würden, würden Sie sich auch das eine oder andere Mal daran erinnern, wofür auch Sie als große Koalition Teile der Verantwortung tragen, unter anderem auch für die – einmal positive – Errungenschaft des Kennzahlenvergleichs. Ansonsten gibt es eine Menge Sachen, die wir als rot-rote Koalition heute besser machen als Sie als großer Koalitionsteil. Diese kleine Kette von Unwahrheiten muss irgendwann einmal abgestellt werden.
Ich hatte Ihnen in meiner ersten Reaktion auf Ihre Rede gesagt, dass Sie irgendwann dazu kommen sollen, finanzierbare, alternative Vorschläge zu unterbreiten. Hier gebe ich Frau Fugmann-Heesing nicht in allen Punkten der Rede, aber in diesem einen Punkt Recht, dass es nicht Aufgabe der größten Oppositionsfraktion sein kann, mit dem Satz: „die Studierenden werden aus der Stadt getrieben“
sich an die Spitze derjenigen zu setzen, die mit einer unglaublich kleinkarierten, alternativlosen und nicht finanzierbaren Form der Polemik noch viel mehr Studierende
Das war offensichtlich ein ganz besonders erotischer Teil seiner Wissenschaftspolitik. Ich kann mich sehr wohl daran erinnern.
Dann haben wir die ersten Ansätze versucht und festgestellt, dass leider grundlegende Berechnungsfehler gemacht worden sind. Herr Flemming grinst, weil er sich vermutlich gut daran erinnern kann. Die Dienstherreneigenschaft der Universitäten in Berlin wurde mal eben lässig vergessen. Die daraus resultierenden Pensionslasten sind damals, in der letzten Legislaturperiode, leider unter den Tisch gefallen, bis man feststellte, dass man diese Größen hätte mit einrichten müssen, um einen tatsächlichen Vergleich hinzubekommen.
Fakt ist aber, Herr Hoff, dass Sie heute Ihre Berechnung auf diesen norddeutschen Kleine-Karo-Hochschulvergleich basieren lassen, und nicht etwa – dies ist die Änderung gegenüber damals – auf dem Vergleich der zehn größten deutschen Universitäten, der übrigens nicht von der Politik gemacht worden ist, sondern unter Anführung der FU jetzt aus den Universitäten selber kommt. So viel nur, um ein bisschen Wahrheit in die Debatte zu bringen.
Zur Stiftungsuni möchte ich nur eines sagen: Wenn Sie sagen, das sei Klientelpolitik – ein Sicherungsmodell für die FU –, dann haben wir spätestens bei der Veröffentlichung Ihrer Koalitionsvereinbarung gesehen, wie sinnvoll das gewesen ist. Das UKBF haben Sie ja schon in Ihrer Koalitionsvereinbarung geopfert.
aus der Stadt treiben. Letztlich wird es dazu führen, dass überhaupt keiner mehr in die Stadt kommen will. Es ist wirklich abenteuerlich, wie Sie sich hier hinstellen!
Der Kollege neben dem Fraktionsvorsitzenden, dessen Name mir jetzt nicht einfällt, hatte mir eben zugerufen: Dann solle ich doch einmal sagen, was nicht finanzierbar ist. Ich werde mir die eine Minute noch Zeit nehmen, und Ihnen den wirklich einzigen Vorschlag, den Frau Grütters in den letzten Jahren gemacht hat, nennen: Das ist der Vorschlag einer Stiftungsuniversität – Stiftungsuniversität Freie Universität. Das war das Alternativkonzept der CDU. Worauf wäre es hinausgelaufen? – Einen festen Sockelzuschuss von 800 Millionen DM, heute 400 Millionen €, ohne Wettbewerbsfinanzierung, ohne Leistungskriterien, einfach festgeschrieben: Das Stiftungsuniversitätsmodell der CDU war ein FU-Sicherungsmodell,
nicht mehr und nicht weniger, kein alternativer Vorschlag. Aus diesem Grund war der einzige Vorschlag der CDU im Wissenschaftsbereich, Herr Kollege, dessen Name mir nicht einfällt,
ein Vorschlag, der nichts wert war, weil er lediglich ein Lobbyvorschlag gewesen ist. Dieser ist natürlich von der Freien Universität aufgegriffen worden, ist dort aus meiner Sicht richtig und kritisch diskutiert worden, und er konnte sich nicht durchsetzen.
Das einzige Land, das Stiftungsuniversitäten eingeführt hat, nämlich das Land Niedersachsen, hat ein komplett anderes Modell gewählt, und die Länder, die einen Blick nach Berlin geworfen haben, haben sich gruselnd von dem CDU-Vorschlag abgewendet, haben – wie Nordrhein-Westfalen – die Möglichkeit in das Gesetz geschrieben.
Dieser einzige Vorschlag wird sich jedenfalls nicht durchsetzen, genauso wie diese Kette von Polemik irgendwann einmal ein Ende haben muss.
Danke schön, Herr Kollege Hoff! – Es überrascht nicht, dass Frau Professor Grütters auf die Kurzintervention antwortet. – Bitte schön, Sie haben das Wort!
Der arme Herr Flemming, den Sie eben schon einmal zitiert haben, hat immer – auch in der großen Koalition – als Lieblinswort „Kennzahlenvergleich“ gehabt.
Einmal abgesehen davon – ich muss Ihre Aufsätze nicht lesen, wir beide sind ja in demselben Sonderdruck verewigt –: Die FU hat das nämlich kurz danach sehr wohl aufgenommen, weil sie dachte, dass sie eine solche Sicherung gegen Rot-Rot gut gebrauchen könne. Darin steht keineswegs, dass man es ablehnt.
Im Übrigen kann ich Ihnen nur eines sagen: Herr Battis von der Humboldt-Universität hat sein Gutachten fertig, und zwar nicht für die FU, weil man dies hier nicht politisch durchsetzen kann, sondern für die HeinrichHeine-Universität in Düsseldorf. Dort wird Zukunft geschrieben, und nicht in der Hauptstadt.
Vielen Dank, Frau Grütters! Wir fahren nun mit der regulären Rederunde fort. Für die PDS hat das Wort der Kollege Wechselberg – bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ja nicht einfach, in dieser Diskussion überhaupt zu Wort zu kommen.
Wie entscheiden mit den Hochschulverträgen über nicht weniger als das Profil der Berliner Hochschullandschaft bis zum Ende des Jahrzehnts. Weil wir sehr viel Geld in die Wissenschaften investieren, ist es auch eine legitime Frage Berlins an die Universitäten, wie das Geld, das sie erhalten, in Zukunft eingesetzt werden soll und was das Land Berlin davon hat.
Dabei ignorieren wir nicht die Schwierigkeiten, die die Umsetzung von Einsparungen für die einzelnen Institutionen bedeutet. Wir stellen uns vielmehr mit ihnen der Herausforderung, das Profil der Hochschulen unter schwieriger werdenden Rahmenbedingungen bestimmen zu müssen. Die Hochschulen sind für Berlins Zukunft zu bedeutsam, als dass die Berliner Politik sich zurücklehnen und die Dinge ihren Gang gehen lassen könnte, um am Ende, wenn es schlecht läuft, eine Strukturplanung zu beschließen, die vor allem das institutionelle Eigeninteresse der Universitäten und ihre Konkurrenz zueinander spiegelt und damit den Status quo unter schlechter werdenden Finanzbedingungen fortschreibt.
Denn das ist doch auch übersichtlich: Die Berliner Universitäten tun sich schwer mit der Kooperation untereinander, weil sie sich vielfach als Konkurrenz begreifen. Es ist ebenso wirklichkeitsfremd zu ignorieren, dass in den universitären Gremien Mehrheitsverhältnisse bestehen, durch die die großen Fächer ihre Interessen gegenüber kleineren Fachbereichen durchsetzen. Das wird zum Nachteil des Hochschulstandortes auch so bleiben, wenn sich die Politik nicht in den Planungsprozess mit Rahmensetzung und Moderation einbringt. Wir müssen klar sagen, welches Profil der Berliner Hochschullandschaft und der einzelnen Universitäten wir wollen. Dabei sind nicht die Eigeninteressen der Universitäten der Maßstab, sondern die Gesamtinteressen Berlins an einer optimal ausgebildeten Hochschullandschaft.
Ich teile im Übrigen die Einschätzung von Frau FugmannHeesing: Ich meine auch, dass wir vielfach auch in der öffentlichen Diskussion, und insbesondere seitens der Opposition, der eigentlichen Dimension und Komplexität der Aufgabe, die vor diesem Haus steht, nicht wirklich gerecht werden.
Weil es eingangs schon genannt worden ist, stelle ich es auch an den Anfang meiner Rede: Fangen wir an mit dem lieben Geld. Die Einsparung von 75 Millionen € – das ist noch nicht so lange her – ist im Sommer von den Universitätspräsidenten selbst vorgeschlagen worden.
Sie war ein Kompromissvorschlag der Universitäten, und die Politik, der Regierende Bürgermeister, der Wissenschaftssenator und die Koalitionsfraktionen, haben diesen Kompromissvorschlag der Universitäten gegen weitere Einsparvorschläge insbesondere des Finanzsenators verteidigt. Das muss man doch einmal zur Kenntnis nehmen.
Da ist nämlich der Priorität Wissenschaft auch in materieller Hinsicht Rechenschaft getragen worden.
Dieser Einigung im Sommer ging eine ziemlich bemerkenswerte, durchaus auch niveauvolle öffentliche Diskussion über die Bedeutung der Hochschulen für Berlin voraus. Die Schlussfolgerung aus dieser Debatte bestand in der Begrenzung des Einsparbeitrags, weil eben erkannt und akzeptiert worden ist – auch von der Politik, von der Koalition –, dass die Hochschulen ein maßgeblicher struktureller Vorteil sind, den Berlin gegenüber anderen Bundesländern hat.
Die Einsparung von 75 Millionen € gestreckt bis 2009 heißt doch nichts anderes, als dass Berlin als Haushaltsnotlageland weiterhin ein völlig unangefochtenen Spitzenplatz bei den Ausgaben für Wissenschaft und Forschung in der Bundesrepublik einnimmt. Kein anderes Bundesland hat ein vergleichbares Finanzierungsniveau. Kein anderes Bundesland tut mehr für seine Hochschulen als Berlin. Das ist die Wahrheit.
Wir liegen bei allen Indikatoren beispielsweise bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Wissenschaft an der Spitze, und das, obwohl wir in einer beispiellosen Haushaltskrise stecken.
Andererseits zu fordern, die Universitäten in Gänze von Einsparungen auszunehmen, ignoriert mit bemerkenswerter Naivität die Realität unserer Finanzen. In einem so eng gesteckten Haushalt kann man doch nicht allen Ernstes so große Institutionen in Gänze von Einsparungen frei stellen wollen. Das wäre ein eindimensionaler Lobbyismus, den wir uns bei der Verteilung unserer begrenzten Mittel nicht mehr leisten können.
Vor diesem Hintergrund finde ich es richtig, dass der Wissenschaftssenator ein Verfahren zur Strukturfindung der Universitäten eingeleitet hat, das erstens klare Vorgaben in finanzieller Hinsicht macht und zweitens in den nächsten Monaten eine kontinuierliche Verständigung zwischen Politik und Universitäten über die Ausrichtung und den Stand des Verfahrens vorsieht. Das ist eine angemessene Antwort auf die Verantwortung, die die Wissenschaftspolitik gegenüber den Universitäten und dem Land Berlin hat.
Der Wissenschaftssenator kann dabei auf eine breite Unterstützung in den Koalitionsfraktionen setzen.