Es ist ein Irrtum, zu glauben, die Wasserpreiserhöhung könnte hier mit einer Ablehnung abgewendet werden. Insofern müssen wir uns schon auf unsere Handlungsdeterminanten einlassen. Rechtliche Bedenken habe ich im Übrigen hinsichtlich des Gesetzes nicht. Das haben wir in drei Ausschusssitzungen lange diskutiert. Herr Wegener war da nicht dabei und hat wahrscheinlich auch vier Jahre lang nicht mitbekommen, dass wir über diese Sache noch einmal reden müssen. Das ist sein Problem.
Also, es gibt immer noch eine Reihe von Risiken, die wir diskutieren müssen. Die werden wir auch schnell diskutieren müssen, und deshalb wird über die Änderung des Konsortialvertrags heute nicht abgestimmt. Aber dem Teilprivatisierungsgesetz kann ich zumindest ohne Weiteres meine Zustimmung erteilen, und ich werde in dieser Stadt alle daran erinnern, wem wir dieses Geschäft zu verdanken haben. Denn dass ich hier darüber entscheiden muss, hätte ich mir so ernsthaft niemals vorstellen können. – Schönen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Lederer! Da Sie sich immer so über die Vergangenheit beschweren, wäre es ein guter und mutiger Zug gewesen, wenn Frau Fugmann-Heesing heute einmal zu diesem Thema gesprochen hätte, statt uns vorhin in der Debatte über die Hochschulen Belehrungen über Haushaltspolitik zu erteilen.
Das wäre dann eine spannende Debatte geworden, wenn sich Ihr Koalitionspartner zu so etwas durchgerungen hätte.
Der Turbo bzw. die Cash-cow hinter dieser ganzen Aktion – 55 % Generierung von Cash-flow – ist die neue Abschreibungsregel, die wir hier beschließen sollen. Die ist der Turbo, der diese Überschüsse derartig steigern soll, um den Investoren die versprochene Rendite zu gewähren und den Landeshaushalt zu schonen. Denn den anderen Preiskomponenten wie Material, Personal, Fremdleistungen oder auch das Grundwasserentnahmeentgelt stehen entsprechende Kosten im Verhältnis 1:1 gegenüber. Aber die kalkulatorischen Kosten, die in diesem Gesetz enthalten sind – wie Abschreibung, kalkulatorische Wagnisse und Verzinsung –, sind in der Lage, Kostenpositionen im Gebührenrecht wie von Zauberhand in Unternehmensgewinne nach dem Handelsrecht umzuwandeln. Wir kennen diesen Mechanismus bereits von der BSR bis zum Überdruss.
Jetzt kommt der entscheidende Punkt: Ob es überhaupt erlaubt ist, innerhalb des Berliner Gebührenrechts, das für die Wasserbetriebe gilt, kalkulatorische Kosten dieser Art anzusetzen, die unter der Hand fulminante Gewinne generieren, das werden die Haus- und Grundbesitzer gerichtlich klären lassen. Angekündigt ist diese Klage bereits. Da befinden Sie sich auf schwankendem Grund, Herr Krug. Deswegen ist hier überhaupt nichts klar. Es ist bezeichnend: Sie waren gestern nicht bereit, nicht in der Lage, nicht willens, wie auch immer, den parallelen Prozess des Konsortialvertrags abschließend zu verhandeln und zu beschließen. Den haben Sie in das nächste Jahr geschoben.
Aber ich finde die Unter-Verdacht-Setzung, die Sie hier äußern, nicht fair, vor allem deshalb, weil Sie wissen, dass sie nicht den Tatsachen entspricht. Natürlich ist dieser Vertrag rechtlich unabhängig von dem Gesetz zu sehen. Die Verhandlungspositionen des Landes ergeben sich aus dem Vertrag. Das ist nun mal so. Ansonsten ist es
so, dass wir derzeit über diese Gesetzesänderung überhaupt erst einmal wieder dahin kommen, dass wir eine Steuerung vornehmen können, wie die Verzinsung stattfinden soll. Die war im Ursprungsgesetz nicht vorgesehen. Wir haben jetzt erstmals diese Steuerungsmöglichkeit. Und ob und wie wir kalkulieren, entscheiden wir politisch. Das kann jetzt überhaupt erst wieder politisch entschieden werden. Das muss man einmal zur Kenntnis nehmen.
Zweitens: Ja, Herr Eßer, Sie haben Recht, die Kalkulationsgrundlage ist unsicher. Das war sie aber schon 1999, und das war sie auch unabhängig von der Teilprivatisierung. Die Gewinnerzielungsabsicht existiert und war völlig unabhängig von der Teilprivatisierung für die Anstalten im Land Berlin gesetzlich angeordnet, und sie ist auch kommunalrechtlich zulässig, solange sie Nebenziel ist. Nun muss mir einer erklären, inwiefern in Berlin ein anderes Gebührenrecht als in den Flächenländern gilt. Das ist eine Behauptung und eine Unter-Verdacht-Setzung, die in der Welt steht.
Nein, jetzt bitte nicht! – Die Trennung dieser beiden Dinge ist absurd. Sie machen das Privatisierungsgesetz, um Verpflichtungen aus diesem – auch zu ändernden – Konsortialvertrag nachzukommen. Das tun Sie hier. Und Sie suggerieren uns, wir beschließen die neue Preisstruktur, machen praktisch den Mechanismus, mit dem wir das entsprechende Geld für Senat, RWE und Veolia bereitstellen, aber den Mechanismus, nach dem die Beute im Konsortialvertrag verteilt wird, wer was zu liefern und wer was zu ersetzen hat, wenn die Gewinne nicht eintreten, verschieben wir auf das nächste Jahr. Sie suggerieren Ihren eigenen Leute, das könnten wir dann noch mal diskutieren, da hätten wir noch eine Diskussionsstrecke, da könnten wir noch etwas ändern. – In Wirklichkeit ist das ein absurdes Vorgehen. Denn wenn es möglich ist, aus diesem Konsortialvertrag herauszukommen oder ihn zu verändern, dann muss man das jetzt tun. Das beste politische Mittel dafür ist, heute dieses Gesetz nicht zu beschließen.
Wenn Sie mit dem Konsortialvertrag intern nicht klar sind, sind Sie auch mit diesem Gesetz in Wahrheit intern nicht klar. Dann müssen Sie sich entsprechend in der Abstimmung verhalten.
Ich sage Ihnen noch eines: Dieses Gesetz hat nicht nur finanziell etwas Räuberisches, sondern es begegnet wie alle Raubzüge auch rechtlichen Bedenken – um es vorsichtig auszudrücken. Deshalb wird der Senat dieses Gesetz mit Sicherheit vor den Schranken der Gerichte gegen die Klagen der Gebührenzahler verteidigen müssen. Wenn der Grundsatz „crime doesn’t pay“ in diesem Lande Gültigkeit hat – und davon gehe ich in unserem Rechtsstaat aus –, handelt es sich um ein Gesetz mit eingebautem Verfallsdatum zur Wiedervorlage. Dann werden wir uns allerdings gegenüber den Investoren in einer taktisch viel schlechteren Lage als heute befinden. Deswegen kann ich Sie nur noch einmal eindringlich bitten, diesem Gesetz in namentlicher Abstimmung, selbst wenn man sich da outen muss, nicht zuzustimmen. – Danke!
Herr Eßer! Ich habe nicht bestritten, dass wir langfristig Wasserpreiserhöhungen in erheblicher Höhe hier werden durchsetzen müssen.
Letzte Sache: Der Mechanismus, wie man mit diesem Vertrag umgeht, wird durch reale Kräfteverhältnisse bestimmt. Diese bestehen erstens aus den Finanzen, die das Land hat, zweitens aus der rechtlichen Verhandlungsposition und drittens aus der gesellschaftlichen Stimmung, die in der Stadt existiert. Bisher kenne ich den erklärten politischen Willen zur Rückabwicklung nicht. Der ist hier nie offen geäußert worden. Ich kenne auch nicht die rechtlichen Möglichkeiten für den Ausstieg. Dafür gibt es bisher kein Szenario.
Und drittens müssen wir uns die Mühe machen, durchzurechnen, was das am Ende kosten soll. Das war der Grund, warum der Konsortialvertrag derzeit nicht verabschiedet wird. Dass wir eine Teilung vornehmen würden, um Leute über den Tisch ziehen zu können, ist eine Unterstellung, und diese weise ich als unredlich zurück.
Ansonsten sollten wir die Debatte führen. Wir sollten aber die Fragen voneinander trennen, die nicht zueinander gehören. Viele der Fragen, die diese Anstalten betreffen, und das betrifft alle Berliner Anstalten, sind noch offen und müssen noch diskutiert werden. Wir stellen uns dieser Debatte. Aber es reicht nicht, zu sagen, ihr habt uns nichts Besseres vorgelegt, ihr hattet keine besseren Ideen. – Es gehört zur redlichen Debatte, dass man Politik nur machen kann, wenn man Alternativen aufbieten kann. Von diesen Alternativen habe ich in den gesamten Ausschusssitzungen und auch heute nichts gehört. Das sind nur Behauptungen, und das finde ich in der Debatte nicht redlich. – Danke schön!
Jetzt sage ich Ihnen noch eines zu den Alternativszenarien, denn ich muss zum Ende kommen. Es ist Ihre Pflicht, das vorzurechnen. Was ich habe, sind diese 6 bis 7 Zeilen zu der Frage Rückabwicklung. Ansonsten habe ich gestern folgendes erlebt: Die beiden Senatoren, der Finanzsenator und der Wirtschaftssenator, haben öffentlich schon mal gesagt, ja, das komme dann wohl auf 2 Milliarden €. Dann erzählte mir Herr Strauch im Ausschuss, nein, das seien 2,5. Und als ich nachfragte und sagte, er solle die 2,5 richtig aufschreiben, nicht nur in 6 Zeilen, kam in der Antwort, das wären jetzt 3 Milliarden €. Das wird neuerdings auch in der Zeitung erzählt. An einem einzigen Tag erzählen Sie, das seien 2, 2,5 oder 3 Milliarden €. Mit jeder Nachfrage, die man hat, wird dieses Szenario höher. Ich sage ja nur, dass Sie vor einer Entscheidung – das müssten auch Sie eigentlich wollen – eine sauber durchgerechnete und juristisch bewertete Variante des Senats dazu haben müssen, so wie ich sie zumindest – das erkenne ich an – vom Wirtschaftssenator zu der anderen Seite, zu dem, was wir jetzt ma
chen, bekommen habe, die ich wirklich nachvollziehen kann und aus der ich vorhin einige Sätze zitiert habe, die nicht allgemein bekannt sind. Das Alternativszenario hätte ich auch gern auf vier Seiten gehabt und nicht nur die Aussage 2, 2,5 oder 3, wir bieten immer höher, je öfter der Eßer nachfragt. Das ist keine Art und Weise, Politik zu machen.
Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Wir kommen somit zur Abstimmung. Die Ausschüsse empfehlen jeweils mehrheitlich gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen die Annahme der Vorlage unter Berücksichtigung der Änderungen des Fachausschusses und weiterer Änderungen des Hauptausschusses. Wer also so gemäß den Drucksachen 15/2054 und 15/2352 beschließen möchte, den bitte ich bei der nun folgenden namentlichen Abstimmung mit „Ja“ zu stimmen, wer sich anders entscheidet, dementsprechend mit einem anderen Votum. Sie haben inzwischen hoffentlich überprüft, ob Ihre Kärtchen eingesteckt sind und das rote oder gelbe Lämpchen brennt. Ich höre keinen Widerspruch und gebe Ihnen somit das Signal.
Herr Lederer, auch wenn wir uns sonst häufig verstehen, finde ich das umgekehrt nicht redlich, was Sie gesagt haben. Sie haben jetzt gesagt, wir haben eine klare Regelung über die Kapitalverzinsung.
Aber das ist durch die Veränderungen, die Sie vorgenommen haben, eher schlimmer geworden! Im Gesetzestext steht jetzt im ersten Satz, die Kapitalverzinsung solle sich mindestens nach der Rendite zehnjähriger Anleihen richten. Ich lasse jetzt einmal die Durchschnittsbildung über 20 Jahre weg. Das reicht den Investoren nicht, da wollen sie 2 % mehr, und die müssen Sie liefern. Im zweiten Satz schreiben Sie – ich weiß nicht, wen das täuschen soll –, die dazu nötige Rechtsverordnung solle sich aber an der Durchschnittsrendite – das ist die Umlaufrendite aller Anleihen – orientieren. Von der weiß jeder, dass sie entschieden niedriger als die Rendite von zehnjährigen Wertpapieren ist. Ich habe es heute in der Zeitung nachgesehen: Zehnjährige Bundesanleihen stehen zur Zeit bei 4,38 %, die Durchschnittsrendite steht bei 4,06 %. Die Pfandbriefe, eine konservative Anlage, rentieren in beiden Fällen ca. 0,1 % höher. Das heißt, dieser zweite Satz ist entweder blanker Unfug, weil das überhaupt nicht zusammenpasst, oder er ist ein gewisser Betrug, weil dieses Wort „bei Zugrundelegung“ überhaupt nichts an wirklicher Bindung und Zwangskraft bedeutet, bezogen auf die Rechtsverordnung, über die Tatsache hinaus, dass man das zur Kenntnis genommen hat, was ich Ihnen vorgetragen habe. So versuchen Sie, Ihren eigenen Leuten in der Fraktion Sand in die Augen zu streuen.
Dasselbe ist vorhin schon zu dem ebenso unsinnigen Satz gesagt worden, dass es einen Mengenrabatt gibt, und dann hinzuzuschreiben, dass ein Mengenrabatt nicht zulässig ist. Das glaubt noch nicht einmal meine verstorbene Oma, nicht mal die können Sie damit hereinlegen.
Ich bitte Sie, jetzt Ihr Votum abzugeben. – Haben das alle tun können? – Dann schließe ich jetzt die Abstimmung.
Wie Sie sehen, haben 74 mit Ja votiert, 61 mit Nein; keine Enthaltung. Damit ist dieses Gesetz so beschlossen.
Inzwischen ist keine Beratung mehr vorgesehen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie mitberatend an den Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung sowie an den Hauptausschuss. Ich höre hierzu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.