Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

zen Sie die Chancen, die im Ausbau der Ganztagsangebote an den Schulen liegen. Sorgen Sie dafür, dass Schulen und Horte freier wie öffentlicher Träger gemeinsam auf den Bedarf und die Bedürfnisse der Kinder und Eltern abgestimmte Konzepte für eine ganztägig geöffnete Schule entwickeln können! Schaffen Sie auf Landesebene die Voraussetzungen dafür, dass an den Schulen durch die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe und weiteren außerschulischen Trägern eine neue Lernkultur einzieht und unsere Kinder und Jugendlichen ganzheitlicher gefördert werden, damit in Zukunft bei PISA und anderen Vergleichsstudien nicht wieder das kollektive Jammern über die schlechten Ergebnisse beginnt. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit!

Seit 15. Januar dieses Jahres hat Berlin auf Beschluss

unseres Hauses ein neues Schulgesetz. Damit sind die Anträge bzw. Beschlussempfehlungen 15/2433 mit 15/863 von der CDU, 15/2434 mit 15/1085 von der FDP, 15/2175 von der FDP, 15/2183 mit 15/2436 von Bündnis 90/Die Grünen, 15/1531 mit 15/2413 in der Sache erledigt.

Zum Antrag der FDP Drucksache 15/2447 – Europa

schulen sichern – Vorklassen erhalten! – möchte ich hier im Plenum Folgendes feststellen: Mit dem neuen Schulgesetz gibt es eine grundsätzliche neue Regelung bezüglich der Strukturen im Bereich Vorschulerziehung-Schulbeginn, die besagt, dass es Vorklassen ab 2004/2005 nicht mehr geben wird. Die Aufgaben der Vorbereitung auf die Schule werden einerseits in die Kitas, anderseits in die flexible Schulanfangsphase verlegt.

Das gilt auch für Europaschulen. Gleichwohl haben

die Vorklassen an diesen Schulen ganz spezifische Aufgaben zu erfüllen. Lassen Sie uns im Ausschuss beraten, worin diese spezifischen Aufgaben bestehen und wie und wo sie am besten erfüllt werden können, damit auch Eu

ropaschulen aus der Neuregelung Gewinn ziehen können und ihre Qualität weiterentwickelt werden kann.

Heute werden unter TOP 19 diverse Anträge behan

delt, die im weitestgehenden Sinne einen gemeinsamen Nenner haben: den Schnittpunkt zwischen Jugendhilfe und Schule. 4 der zu behandelnden 6 Anträge stammen aus der Feder der FDP, was deutlich macht, dass uns dieses Thema wichtig bleibt! Auch nach der Verabschiedung des Schulgesetzes!

Die Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe wird

immer wichtiger. Dabei geht es um die Zusammenarbeit zwischen Einrichtungen der vorschulischen Erziehung und Schule oder um die Kooperation bei schulergänzenden Angeboten wie Schulhorten oder Schülerläden: Es werden neue Wege gegangen. Ob in Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz: Die Schulen öffnen sich gegenüber ihrem Umfeld – man lernt voneinander und miteinander.

Die Berliner bewegen sich allerdings in eine andere

Richtung. Die Zusammenarbeit zwischen Freien Trägern, z. B. bei der Betreuung in den Schulen, hat sich bewährt, sie muss ausgebaut werden. SPD und PDS bevorzugen jedoch die Verstaatlichung. Unser Antrag, die Eigenständigkeit zu fördern, stellt sich gegen diese Vereinheitlichung und Verstaatlichung á la Rot-Rot! Die FDP verfolgt eine liberale und pragmatische Lösung, nämlich die Nutzung des vorhandenen Potentials und der vorhandenen Ressourcen!

Es braucht Rahmenbedingungen, die darauf abzielen,

Projekte und Unternehmungen in Kooperation mit öffentlichen und privaten Trägern zu ermöglichen und zu fördern.

Doch die rot-rote Koalition hat sich dafür entschieden,

die freien Träger im Hortbereich – so z. B. Schülerläden – zu verdrängen. Dabei haben pädagogische Gesichtspunkte eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Es ging primär darum, den öffentlichen Dienst – also: Erzieherinnen – „irgendwie unterzubringen“. Damit bekommt die Schule eine neue Funktion: Sie wird zum Auffangbecken des öffentlichen Dienstes.

Dies will die FDP nicht, und wir unterbreiten folgen

den Vorschlag: Scheiden Erzieher aus dem öffentlichen Dienst aus, so schlagen wir vor, dass die Personalmittel in Finanzmittel umgewidmet und den Schulen direkt zur Verfügung gestellt werden. Damit haben die Schulen die Möglichkeit, Kooperationsvorhaben mit Schülerläden, Vereinen, Musikschulen u. a. zu finanzieren und ihre Eigenständigkeit auszubauen. Das verstehen wir unter mehr Eigenverantwortung für die einzelne Schule! Und genau das führt zu mehr Wettbewerb untereinander, zu mehr Kreativität der Verantwortlichen und zu mehr Ge

Vizepräsident Dr. Stölzl

meinschaft in der Schule! Zu mehr Vielfalt im Bildungswesen! Das führt zu besseren Schulen!

Ein Beispiel, wie mit der Vielfalt in der Bildungsland

schaft umgegangen wird, lässt sich an den Europaschulen verdeutlichen. Hier will Rot-Rot die Vorklassen abschaffen. Unser Antrag will die Pluralität erhalten. Und deshalb sprechen wir uns dafür aus, die Europaschulen zu sichern, und das geht nur dann, wenn man die Vorklassen erhält!

Aus Gründen, die kein Mensch versteht, wird diese

bewährte, attraktive und auch bildungspolitisch notwendige Einrichtung geopfert. Die langjährige erfolgreiche Zusammenarbeit soll zugunsten einer unbestimmten Zukunft aufgegeben werden? Wieso? Keiner weiß das so genau! Nun, wir können die Gründe der SPD erahnen: Egal ob sich geeignete Kitas mit einem entsprechenden Sprachangebot – Portugiesisch, Russisch, Griechisch – finden oder nicht – die Vorschulen werden abgewickelt. Ist das ideologische Verbohrtheit, Sturheit?

Ich freue mich, dass unser Ansinnen offensichtlich

auch bei der SPD Unterstützung findet: Frau Radziwill, Herr Zackenfels – Willkommen im Club! Diese Schulen sind Vorzeigeschulen! In den Partnerländern wird die Konzeption gelobt! Sie genießen in den europäischen Partnerländern einen guten Ruf!

Was zeichnet diese Schule aus? – Sprache lernen und

zwar professionell, denn Muttersprachler unterrichten die jeweilige Partnersprache! Sprache lernen – Interkulturelles lernen – eine ideale Kombination!

Und jetzt lassen wir uns mal in die Zukunft blicken:

Europa wird größer, Berlin als Möchtegern-Drehscheibe zwischen Ost und West feiert ein Fest! Und zwar bald – im Mai!

Herr Regierender, spätestens dann müssen Sie Farbe

bekennen – für die Europaschulen in Berlin, denn genau die setzen Zeichen: für eine gemeinsame europäische Zukunft!

Der Senat feiert das neue Schulgesetz; die Antwort auf

PISA soll es sei, das Meisterstück des Bildungssenators und die bildungspolitische Offensive des Senats.

Dass dem nicht so ist, sehen wir an der breiten, aufge

regten Diskussion in der Bevölkerung. Viele Eltern und Schüler sind verunsichert, bei vielen gibt es deutliche Ablehnung. Dass das Schulgesetz und das Konzept zur Ganztagsbetreuung an vielen Stellen unzulänglich ist, zeigen auch diese Anträge der Oppositionsparteien. Auch wenn wir hier eine Vielfalt von bildungspolitischen Themen diskutieren, eines haben sie gemeinsam: die Unzulänglichkeit des Schulgesetzes beseitigen zu wollen.

Das Konzept des Senats zur Ganztagsbetreuung in

Berlin sieht vor, nahezu alle Horte aus den Kitagebäuden herauszulösen und in die Schulgebäude zu integrieren. Kleinere Einrichtungen wie Schülerläden gingen dabei kaputt. Die CDU-Fraktion lehnt dies ab. Wir meinen nicht, dass im Vordergrund der Bildungsdiskussion eine allgemeine Verstaatlichung und Auflösung verschiedener pädagogischer Konzepte stehen sollte! Pädagogische Vielfalt und Engagement soll im Vordergrund einer Ganztagsbetreuung stehen. Eltern und Kinder sollen ihr pädagogisches Profil selbst wählen können. Dafür brauchen wir auch weiterhin Horte in freier Trägerschaft.

Und die Eltern sollen auch den Umfang der Betreuung

wählen können. Eine Ganztagsschule in gebundener Form als Pflicht für alle Kinder lehnen wir ab. Die Schulen müssen selbst entscheiden können, ob sie Ganztagsschule werden möchten und ob dies in Kooperation mit Horten oder in gebundener Form erfolgen soll.

Nun sehen wir: Erst durch heftigen Widerstand einiger

Bezirke hat Senator Böger die Möglichkeit eingeräumt, dass bestehende Horte auch mit Schulen kooperieren können. Aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Vor allem in den östlichen Bezirken ist die Umstrukturierung in vollem Gange, flächendeckend werde die Horte an die Schulen verlagert – häufig mit der Erklärung, hier gäbe es schließlich die Räume, die Kitagebäude können dann geräumt werden. Hier sieht man wieder ganz deutlich: Diese Maßnahme ist so wie viele Maßnahmen des Senats im Bildungsbereich nur finanziellen Gesichtspunkten untergeordnet.

Wenn Sie es ernst meinen, Herr Böger, dann legen Sie

eine Kooperations-Rahmenvereinbarung vor, auf deren Grundlage Schulen und Kitas ins Gespräch kommen können.

Eine zweite Fehlkonstruktion des Schulgesetzes ist die

Auflösung der Vorklassen an den Grundschulen. Ich habe bisher noch niemanden getroffen, der mir diese Maßnahme inhaltlich erklären konnte, auch nicht der Senator. Sie ist auch nicht zu erklären, sondern reine Personalverschiebungspolitik.

Die gute Arbeit der Vorklassen soll abgeschafft wer

den, wer es wolle, könne sein Kind dann künftig in die Kita schicken. Gerade heute können wir der Zeitung entnehmen, dass nun einige SPD-Abgeordnete den Antrag der FDP unterstützen wollen, die Vorklassen an den Europaschulen zu erhalten, da die Vorklassen eine unersetzbare sprachliche Vorbereitung auf die Europaschulen leisten würden. – Ja, das ist richtig, genauso richtig ist aber auch, dass unzählige weitere Vorklassen eine hervorragende Arbeit leisten. Wir fordern die SPD auf, hier konsequent zu sein. Wir brauchen die Vorklassen als einen Baustein unserer Bildungslandschaft.

Aber lassen sie mich auch ein kritisches Wort an die