Protokoll der Sitzung vom 04.03.2004

Der letzte Unterpunkt zum Schadensersatz: Alle sind sich einig, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in den entscheidenden Jahren 1998/1999 keine besonders gute Rolle gespielt haben und dass mit äußerster Sorgfalt und Ernsthaftigkeit Schadensersatzansprüche gegen die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften geprüft werden müssen. Ich weiß, dass geprüft wird. Ich möchte – auch wenn es möglicherweise im Vergleichsverfahren ist –, dass auch hier eine Schadensersatzleistung geltend gemacht und eine gerichtliche Entscheidung angestrebt wird.

Alles in allem gibt es keinen Anlass, jetzt von einem Debakel zu sprechen. Es gibt Anlass zu sagen: Es kann an dem einen oder anderen Punkt durchaus auch schneller gehen. Das haben wir auch gesagt.

[Ritzmann (FDP): Sie sind ein Schönredner, Herr Kollege!]

Herr Ritzmann! Wir haben auch gesagt, dass wir es nicht für angemessen halten, dass eine Anklage vorliegt und dann über eineinhalb Jahre zugewartet wird, bis das Verfahren beim Gericht eröffnet wird. Das Gericht muss dafür sorgen – das ist mein Appell an die Gerichte –, dass das Verfahren in angemessener Zeit eröffnet und terminiert wird, wenn Anklagen vorliegen. Die Öffentlichkeit hat einen Anspruch darauf.

[Ritzmann (FDP): Und die Klage muss schlüssig begründet werden!]

[Beifall bei der SPD und der PDS]

[Beifall bei der CDU]

Sie haben genauestens geprüft und am Ende festgestellt, wo Sie mit Ihrer Klage ansetzen werden. Im Gegensatz zu vielen anderen wissen die Herren von der SPD bereits seit 2001, wer die Schuldigen sind, und da, nur da, setzen Sie an. Der zunächst mit der Prüfung beauftragten Rechtsanwaltskanzlei wurde schnell gekündigt, weil sie die Klagen gegen die Vorstandsmitglieder der Berlin-Hyp für nicht zu gewinnen hielt.

[Gram (CDU): Aha!]

3. Sind die handelnden Akteure in ihrer Entscheidung frei, oder handeln sie auf politischen Druck?

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn es Ihnen gelänge – das können Sie im Laufe Ihres Tuns versuchen –, meine Bedenken zu zerstreuen.

Die FDP spricht zu Recht vom Prozessdebakel. Sie spielen auf einem Feld, auf dem Sie offenbar nicht gewinnen können. Sie vergessen dabei, die anderen Felder zu besetzen, obwohl überall Verjährung droht. Was ist mit Ansprüchen gegen den Wirtschaftsprüfer? – Auch die haben Sie angekündigt. – Man hört von außergerichtlichen Einigungsversuchen. Was geschieht dort? – Im Vierteljahresbericht zur Risikoabschirmung finde ich immer wieder nur kopierte Textbausteine, aber nichts Substantielles. Warum – ich habe das bereits angesprochen – gehen Sie im Fall Schoeps nicht in Berufung? – Gerade hier geht es um die Risiken aus Fondsgeschäften. Hier werden die vielen Milliarden € erwartet, die aus der Risikoabschirmung gedeckt werden. Es kann mir niemand ernsthaft weis machen, dass es hier keine Möglichkeit der Regressforderung gibt. Am Ende dieses Jahres, da komme ich zu einem weiteren Punkt des Prozessdebakels, das noch nicht sein Ende gefunden hat, enden Verjährungsfristen aus der Prospekthaftung vieler Fondsanteile. Auch wenn es für die Menschen in Berlin außerordentlich schwierig ist, nachzuvollziehen – mir fällt es oft auch schwer –: Viele der Fondszeichner werden sich auf diese Prospekthaftung der LBB berufen, ihre Anteile vielleicht zurückgeben und obendrein die Bank auf Schadensersatz verklagen. Ich bin da nicht so entspannt wie Sie, Herr Zimmermann. Die angekündigte Prozesslawine von Regressforderungen scheint doch ins Rollen zu kommen, nur leider in die falsche Richtung. Das Land Berlin wird aus dieser Gewährträgerhaftung für die LBB auch solche Schadensersatzforderungen der Fondszeichner zahlen müssen. Was kommt da noch auf uns zu? Wie gut – das muss man sich nach diesen Prozessen fragen – ist die Bank juristisch auf diesen Umstand vorbereitet?

Folglich wird die Kanzlei CCP beauftragt, die sofort bereit ist, in die Bresche zu springen. CCP kam, ganz in Ihrem Sinn, zu einem anderen Ergebnis. Vielleicht war auch dies der Grund dafür, dass nicht nach der Gebührenordnung, sondern auf Stundenbasis abgerechnet worden ist – wie man hört.

[Hoffmann (CDU): Hört, hört!]

Die CCP bereitet die Klage auf Schadensersatz in Höhe von 5 Millionen € vor. Man höre und staune, 5 Millionen € bei einer Risikobürgschaft von 21,6 Milliarden €, ein wahrhaftiger Erfolg, für den sich offensichtlich jedes Risiko lohnt. In der Beantwortung der Großen Anfrage wird vom Prozessrisiko gesprochen. Das Ergebnis: Die Klage wird abgewiesen. Ein genauer Schaden konnte der Klageschrift nicht entnommen werden, geschweige denn das dazugehöriges Fehlverhalten. Für den Laien drängt sich die Frage auf, Herr Finanzsenator, wie das passieren konnte. Den Schaden hat wieder einmal die Bank, weit über 2 Millionen € – so wird zumindest gemunkelt, bestätigt ist es nicht – könnte dieses Verfahren die Bank bislang gekostet haben. Über 2 Millionen €, zu denen Herr Sarrazin in seiner Antwort auf Frage 7 der Großen Anfrage lapidar bemerkt:

Diese Kosten sind nicht durch das Land zu begleichen, denn sie sind nicht von der Risikoabschirmung gedeckt.

Offensichtlich hat Finanzsenator Sarrazin nicht begriffen, dass er als Vertreter des Senats im Aufsichtsrat der Bankgesellschaft die Interessen des Hauptgesellschafters vertritt. Offensichtlich ist ihm ebenso wenig bewusst, dass das Land Berlin bedauernswerterweise Hauptaktionär dieser Bank ist. Die Feststellung, diese Kosten träfen das Land nicht, macht ihn entweder zum Rechenkünstler, was er bereits einige Mal unter Beweis gestellt hat, oder erneut deutlich: Dieser Finanzsenator ist nicht nur ein schlechter Vertreter in diesem farblosen Senat, sondern er ist auch ein schlechter Vertreter im Aufsichtsrat der Bank.

[Beifall bei der CDU]

Da liegt die Empfehlung nahe, es doch seinen NochParteichef, Stadtentwicklungssenator Peter Strieder, gleich zu tun, sein Aufsichtsratmandat niederzulegen und jemanden zu entsenden, der etwas davon versteht.

[Gaebler (SPD): Sie zum Beispiel?]

Das habe ich nicht gesagt, Herr Gaebler. Aber Sie können es ja einmal versuchen.

Betrachtet man die Vorgänge um die betriebenen Schadensersatzansprüche, die keiner wirtschaftlichen und juristischen Logik folgen, dann drängen sich mir folgende Fragen auf:

1. Geht und ging es wirklich in erster Linie um Regressansprüche?

2. Haben Sie wirklich ganz objektiv und nüchtern geprüft, wo Schadensersatzansprüche geltend zu machen sind und wo nicht?

4. Missbrauchen Sie Ihre politische Stellung, gilt es doch die alte Vorverurteilung zu beweisen und medienwirksam immer wieder zu erneuern?

5. Ist die Entscheidung, in Berufung zu gehen, eine Fortsetzung des Theaters, besonders dann, wenn Sie im Prozess gegen Schoeps nicht in Berufung gehen? – Ich bin kein Jurist, deshalb mache ich mir nicht die Mühe, detailgetreu zu analysieren wie Herr Lindner, worin die Fehler in diesem Prozess lagen.

6. Geht es Ihnen wirklich um die Bank und damit um die Tatsache, weiteren Schaden von Berlin abzuwenden?

Die politische Verantwortung – das wissen wir – tragen Abgeordnete und Senatoren fast aller Parteien in diesem Haus. Aber nur, wenn wir uns von vorgefertigten Reaktionsmustern lösen, wenn wir eine wirklich sachliche, ideologiefreie Betrachtung der Ereignisse anstreben, nur wenn wir sagen, es muss das Interesse eines jeden Abgeordneten, Senatsmitglieds und Mitarbeiters der Bank

Die interessante Frage ist, ob dies der Tenor Ihrer Großen Anfrage ist. Von Herrn Stadtkewitz haben wir eben gehört, dass er auch denkt, ob vielleicht der Versuch, gegen die Manager der Berlin-Hyp Regressansprüche vorzutragen, falsch war; es sind die Falschen angeklagt

worden. Man solle sich unideologisch von Vorurteilen lösen. Man hat ein wenig den Eindruck, als würde vorgeworfen, hier würde politischer Aktionismus betrieben. Hier würden willkürlich arbeitende Manager der Bank, die nur ihren Job getan haben, aus politischen Gründen mit Verfahren überzogen. So könnte man Ihre Anfrage interpretieren.

Dort hat sich zumindest in den letzten zwei Jahren für mich das Bild ergeben, dass wir es hier mit einem System organisierter Verantwortungslosigkeit zu tun haben, in dem nicht nur Vorstände, sondern auch leitende Mitarbeiter der Bankgesellschaft, der Teilbanken und der Tochtergesellschaften im Immobilien- und Dienstleistungsbereich systematisch ihrer Verantwortung für eine sorgfältige kaufmännische Geschäftsführung nicht gerecht geworden sind. Inwiefern das im einzelnen justitiabel ist und man gegen einzelne Personen tatsächlich zivilrechtliche Regressforderungen erfolgreich geltend machen kann, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Ich komme gleich noch einmal darauf zurück.

Wenn die Bank nicht alles unternehmen würde, hier auch zivilrechtlich Konsequenzen zu ziehen, wäre es tatsächlich ein politischer Skandal, der hier der Erörterung bedürfte. Es ist schon einmal angesprochen worden, dass es bei solchen juristischen Auseinandersetzungen immer ein Risiko des Unterliegens gibt und normalerweise in einem rechtstaatlichen System bei der Klageerhebung das Urteil nicht von vornherein feststeht.

sein, genau zu beleuchten, wie es zu der aus heutigen Sicht verfehlten Geschäftspolitik, wie es zu den Garantieversprechungen, zu dem Überhören der Warnungen gekommen ist, können wir sagen, dass alles versucht worden ist– – Nur wenn geprüft wird, wo Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend gemacht werden können, können wir sie erfolgreich eintreiben. Lernen wir aus dem Prozessdebakel, finden wir endlich die Kraft, zur Objektivität und vor allem zur Sachlichkeit zurückzufinden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön! – Für die PDS-Fraktion hat jetzt Herr Dr. Nelken das Wort – bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem diese Große Anfrage bereits zweimal vertagt wurde, hatte ich eigentlich vermutet, die FDP sinne darüber nach, wie sie den Irrtum korrigieren und diese Kleine Anfrage, die sie versehentlich als Große gekennzeichnet hatte, zurückziehen oder wenigstens als Überweisung an den Hauptausschuss beantragen könne. Letzteres wäre auch ein guter Ausweg gewesen. Ich habe mich aber geirrt. Wir besprechen sie heute hier. Sei es darum.

Die Frage für mich ist, welches politische Thema die FDP eigentlich mit der Großen Anfrage aufrufen möchte. Es ist, wie leider oft bei der FDP, schwer zu erkennen. Inzwischen frage ich mich auch nach der Rede von Herrn Stadtkewitz, was die CDU mit ihren Ausführungen wollte. Will die FDP als Partei der Besserverdienenden anprangern, dass die landeseigene Bankgesellschaft ehemals führende, gut verdienende Bankmanager, die nur ihren Job getan haben, mit unsubstanziierten Beschuldigungen und Regressforderungen überzieht? Wollen Sie das jetzt anklagen?

Diese Deutung liegt zumindest nahe, wenn man den Verweis in Ihrer Großen Anfrage liest, in dem auf Aussagen der Manager im Untersuchungsausschuss Bezug genommen wird. Im Untersuchungsausschuss haben eine Reihe von Managern, leitende Mitarbeiter der Bank, dargestellt, dass sie nur ihren Job getan haben, dass sie mit der gebotenen Sorgfalt ordnungsgemäß ihrer Arbeit nachgegangen sind und nun gar nicht verstehen können, warum ihnen gekündigt worden ist und warum sie mit zivil- und strafrechtlichen Verfahren überzogen werden.

Herr Abgeordneter! Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Matz?

Ich habe noch gar nicht richtig angefangen. Vielleicht kann er sich noch ein wenig zurückhalten.

Ich gebe zumindest zu, dass im Untersuchungsausschuss für mich diese Erkenntnis nicht gewonnen worden ist. Ich weiß auch nicht, was Herr Krestel dazu sagt.

[Krestel (FDP): Immer das Gegenteil von dem, was Sie sagen!]

Nun ist der Vorwurf gemacht worden – es wäre eine andere Möglichkeit der Interpretation, die ich der FDPAnfrage entnehme –, nicht, hier werde gegen unschuldige Leute oder die Falschen vorgegangen – Herr Lindner hatte selbst die andere Frage aufgeworfen –, sondern dass die landeseigene Bank bei der Verfolgung ihrer Interessen im Arbeitsrecht und Schadenersatzverfahren nur unfähige Anwälte einsetzt. Das hat nun aber Herr Lindner gleich zurückgenommen; er käme nicht dazu, so etwas zu unterstellen. Vielleicht muss als Argumentation doch wieder herhalten, dass es die Falschen sind.

In der von Ihnen gestellten Frage 6 liegt diese Annahme nahe. Ich gebe zu, dass solche Erörterungen, die Sie hier angesprochen haben und die Sie angeführt haben, auch für einen Nichtjuristen für mich von Interesse sind. Allerdings sollte dies wohl eher in einem juristischen Seminar stattfinden, wo man Klagetext, Klageerwiderung oder auch Klageabweisung des Gerichts vorliegen hat. Darüber könnte man dann sicherlich diskutieren. Vielleicht würde sich herausstellen, dass auch die Anwälte hier nicht sehr professionell gearbeitet haben. Ich kann es im einzelnen nicht sagen. Sie haben hier aus der Klage

Dieses grundlegende Problem – das sage ich auch einmal in Richtung Herrn Ratzmann, der im Gegensatz zu

mir Jurist ist – besteht doch wohl darin, dass hier eine Bank – ich sage: richtigerweise – gegen ehemals verantwortliche Manager zivilrechtlich vorgeht, die aber im wesentlichen nicht geheim gearbeitet haben, sich auch nicht gegen ihre eigene Bank verschworen haben. Deren Tätigkeit war öffentlich, zumindest in der Bank immer öffentlich. Über Jahre war ihre Tätigkeit von den Vorständen und Aufsichtsgremien für gut und auch für sehr gut befunden und entsprechend honoriert worden. Durch entsprechende Gremienbeschlüsse ist dies sanktioniert worden. Das hat das Gericht auch festgestellt.