Protokoll der Sitzung vom 21.02.2002

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Nolte

diese Broschüren erstellt worden sind, wissen können, welches Ausmaß an Unfähigkeit, an Fehlentscheidungen und Selbstbedienungsmentalität bei der Bankgesellschaft mit den entsprechenden finanziellen Folgen für das Land Berlin auf uns zukommt. Wer hätte das ahnen können, und wer hätte das voraussagen können?

[Beifall bei der SPD und der PDS – Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

Aber es ist richtig, Herr Niedergesäß – Sie sind ja ein ganz Schlauer: Hier sind die Vorwürfe von Betrug und Täuschung tatsächlich angebracht. Aber sie treffen nicht den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, sondern sie treffen andere, die eher der CDU zuzurechnen oder sogar deren Mitglieder sind.

[Beifall bei der SPD – Wegner (CDU): Zum Thema!]

Drittens – und diesen Grund verstehe ich sogar: Sie möchten von Ihrer desolaten Lage als ideenloser Fraktionsvorsitzender mit beständig schlechter Presse ablenken.

[Ah! von der CDU]

Über Sie schüttelt doch inzwischen ganz Berlin den Kopf. Wenn sich die politische Auseinandersetzung zuspitzt, kneifen Sie, Herr Steffel! Dann muss Herr Stölzl einspringen, der das ja immer sehr brillant macht – wie bei der Rede zur Wahl des Regierenden Bürgermeisters. Und wer weiß, wo Herr Stölzl künftig noch überall in Ihrer Partei einspringen muss. Um Herrn Stölzl zu zitieren:

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Wer möchte eigentlich im Moment in Ihrer Haut stecken, Herr Steffel?

[Henkel (CDU): Wer möchte in Ihrer Haut stecken?]

Die Presse hat ja Recht, wenn sie beklagt, dass die CDU als größte Oppositionspartei bei stadtpolitischen Fragen ein Totalausfall und ernsthafter Störfall des Parlamentarismus ist.

[Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der PDS]

Wenn jemand in diesem Hause einen Missbilligungsantrag verdient hat, dann ist es die CDU als Oppositionsfraktion und ihr Vorsitzender Frank Steffel. Es ist Ihr Glück, dass es so etwas in der parlamentarischen Demokratie nicht gibt, denn man könnte auf die Zustimmung des größten Teils der Bevölkerung rechnen, wenn man Ihnen für Ihre bisherige Tätigkeit in diesem Parlament das Misstrauen aussprechen würde.

Bei der Entwicklung politischer Alternativen ist bei der Opposition doch nur von den Grünen und von der FDP überhaupt etwas zu hören. Und das ist auch nicht immer das Gelbe vom Ei, aber man hört wenigstens etwas von ihnen.

[Zuruf des Abg. Ritzmann (FDP)]

Sie, Herr Steffel, sind hoffnungslos in Personalintrigen verstrickt. Das ist offenbar Ihre große Leidenschaft, und dabei erzielen Sie auch Erfolge, wie man nachlesen kann. Aber offenbar nur dabei! Sie drängen Ihre innerparteilichen Gegner in das Abseits und verschrecken qualifiziertes externes Personal. Sie haben offensichtlich auch Angst vor allen Leuten mit Sachverstand in Ihrer Partei.

Herr Nolte, ich möchte Sie bitten, zum Ende zu kommen!

Ich bin gleich fertig! – Oder warum sind finanzpolitische Köpfe wie Herr Kurth und Herr Kaczmarek in Ihrer Fraktion zu Hinterbänklern degradiert worden?

[Vereinzelter Beifall bei der SPD und der PDS]

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit hat tatsächlich einen anderen politischen Stil, und ich kann nur sagen: Gott sei Dank! – Er hat kompetentes Personal in die Stadt geholt,

[Gelächter bei der CDU]

und er geht zügig die stadtpolitischen Entscheidungen an, vor denen – bei all seinen Verdiensten – Eberhard Diepgen immer wieder zurückgewichen ist.

[Henkel (CDU): Jetzt wird es drollig! – Weitere Zurufe von der CDU]

Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen! Trotz der belebenden Funktion Ihrer Rede wollen wir diszipliniert sein.

Ich gebe Herrn Steffel zum Schluss nur noch einen Hinweis von Herbert Wehner mit auf den Weg: Auch Schaumschlägerei erfordert etwas Substanz. Das Schlagen allein erzeugt noch keinen Schaum.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ich habe die herzliche Bitte, dass die weiteren Redner die inflationären Tendenzen in Bezug auf die Zeit nicht weiterführen. Für die Fraktion der FDP hat das Wort Herr Dr. Lindner.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt über einen Missbilligungsantrag der CDU, anstatt hier eine Generaldebatte über die Regierungserklärung zu führen.

[Doering (PDS): Das haben wir schon einmal gehört!]

Das haben wir schon einmal gehört, aber man sieht, was dabei herauskommt, wenn man nicht die üblichen parlamentarischen Gepflogenheiten beachtet, wie sie im Bund und in den anderen Parlamenten üblich sind, sondern sich darauf zurückzieht, nach einer Regierungserklärung „klein klein“ zu spielen.

[Beifall bei der FDP – Frau Senftleben (FDP): Da hat er Recht!]

Natürlich missbilligen auch wir, was hier bisher an Regierungspolitik zum Besten gegeben wurde. Wir missbilligen das. Ein Großteil der Stadt missbilligt das.

Zum Beispiel die Äußerungen des Senators für Finanzen Sarrazin zu der Einnahmenseite Berlins. Da sagt der Senator Sarrazin: Berlin habe keine Einnahmenprobleme. Man habe das höchste Pro-Kopf-Einkommen aller Bundesländer, natürlich nach Länderfinanzausgleich, natürlich nach Ergänzungszuweisung des Bundes.

[Doering (PDS): Das wollen Sie jetzt missbilligen?]

Das ist doch tatsächlich eine zu missbilligende Provokation sämtlicher Geberländer. Das ist die Sicht eines Buchhalters. Da mag sie ja noch angehen. Da kann man noch sagen: Gut, der Länderfinanzausgleich nimmt uns das dann wieder weg, was wir durch eigene Wirtschafts- und Finanzkraft wieder hinzufügen.

Auf der anderen Seite vergessen Sie, dass Sie durch eine Stärkung der Finanz- und Wirtschaftskraft auch gleichzeitig die Ausgaben insbesondere im Sozialbereich senken. Das übersehen Sie bei der Sache. Und noch einmal: Sie provozieren damit all diejenigen, die Berlin braucht, will es eine Entschuldung seiner Altlasten herbeiführen, und das ist eben nicht nur der Bund, das können angesichts dieser enormen – wie sagten Sie: abartigen – Zahlen

[Frau Simon (PDS): Thema!]

nur auch die anderen Länder sein. Diese Einstellung – Um die Einnahmen müssen wir uns nicht kümmern, da haben wir die anderen Ländern, da haben wir Hessen, da haben wir Bayern, Baden-Württemberg, kurzum fast alle Länder, wo die FDP mitregiert:

[Beifall bei der FDP – Heiterkeit bei der PDS]

So geht das nicht. So können Sie nicht die Solidarität der anderen einfordern. Dies ist eines der Dinge, die wir missbilligen.

Was Sie in der Wissenschaftspolitik bisher zum Besten gegeben haben, UKBF ist das Stichwort: Selbstverständlich ist die FDP – um einmal Ihre Bitte, Herr Regierender Bürgermeister, aufzugreifen, eine konstruktive Opposition zu sein – nicht gegen Strukturveränderungen, sondern ganz im Gegenteil: Wir begrüßen das. Aber bitte mit Sachverstand und nicht einfach in einem Hinterzimmer während der Koalitionsvereinbarungen. Das ist natürlich eine zu missbilligende Vorgehensweise.

Und weiter: Was machen Sie im Bereich der Bildung, der Schule? Das missbilligen wir selbstverständlich auch: Keine freie Schulwahl nach der vierten Klasse, wie das in anderen Ländern üblich ist.

[Oh-Rufe]

Wir missbilligen selbstverständlich die Kürzung der Mittel für Schulen in freier Trägerschaft. Es ist doch nachgerade lächerlich, wenn man auf der einen Seite fordert, dass die Kitas in freie Trägerschaft überführt werden, aber bei den Schulen, wo es so etwas schon gibt, hingeht und die Mittel kürzt, um ihnen letztlich den Garaus zu machen.

[Beifall bei der FDP]

Das ist natürlich zu missbilligen.