Und an diesem Punkt geht es wohl nicht, weil Sie es nicht wichtig finden. Dann muss man es aber auch so sagen und hier nicht mit der Verfassung argumentieren.
Und wenn Sie noch einmal auf den Bedarf hinweisen, mögen Sie ja an vielen dieser Punkte, die wir gestern beschlossen haben, Recht haben. Aber ich sage noch einmal: Der Bedarfsfall Kolodziei als stellvertretender Senatssprecher ist wohl etwas anders zu werten.
Und wenn Sie sagen, der Innensenator wird sich um sie kümmern, dann kennen Sie doch deutsche Verwaltungen, dann wissen Sie doch, dass dieses Kümmern am 28. Februar 2002 mit ziemlicher Sicherheit aufhören wird. Dann sind diese Leute raus, und dann wird sich niemand mehr um sie kümmern, dann ist das Problem für Sie gelöst. So einfach machen Sie sich das.
Leute so zu behandeln, ihnen teilweise einen Tag vorher zu sagen: Ihr werdet nicht übernommen, das ist schlichtweg ein Umgang, den man nur noch psychologisch erklären kann. Der hat nichts mehr mit sachlicher Politik zu tun.
Was noch viel schlimmer ist, Sie gefährden die Diskussion mit den Gewerkschaften um einen Solidarpakt. Sie wissen genau, der Einstellungskorridor ist eine der entscheidenden Fragen beim Solidarpakt. Sie glauben doch wohl nicht, dass man mit Ihnen ernsthaft verhandelt, wenn Sie sagen, in einem halben Jahr schaffen wir irgendwie einen Einstellungskorridor, und die 23, die nun gerade das Pech hatten, in dieser Zwischenverhandlungsphase fertig zu werden, fallen hinten runter. Das ist absurd. Es ist ja von einem Vorredner schon gesagt worden: Man hätte jetzt allen empfehlen können, ihre Prüfung in den Sand zu setzen, dann würden sie ein Jahr länger ausgebildet, würden dann vom mit den Gewerkschaften vereinbarten Einstellungskorridor profitieren und wären drin, und nur weil sie gut waren, fallen sie jetzt weg. Das ist ein absurdes System!
Moment, Frau Flesch. – Das Wort für eine zweite Kurzintervention hat Herr Abgeordneter Wegner. Der Effektivität halber würde ich vorschlagen, Frau Flesch, dass wir zunächst die zweite Kurzintervention hören. Sie haben dann Gelegenheit zur Erwiderung.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann es auch ganz kurz machen, Frau Flesch, weil Herr Schruoffeneger fast alles gesagt hat. Ich will Ihnen nur zwei Sachen entgegenhalten, weil Sie mich ja nicht ran gelassen haben oder ran genommen haben für meine Frage, Frau Flesch.
Erstens, Frau Flesch, können Sie, weiß Gott, nicht die Opposition dafür verantwortlich machen, dass es in dieser Stadt keinen Haushalt gibt. Da müssen Sie einmal mit Ihren eigenen Senatoren, insbesondere mit dem Finanzsenator, reden und uns das nicht zum Vorwurf machen.
[Beifall bei der CDU – Doering (PDS): So jung und schon vergesslich! – Frau Dr. Hiller (PDS): Dann müssten Sie schweigen!]
Zum Zweiten, Frau Flesch: Politik hat auch immer etwas mit Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit zu tun. Sie legen hier eiskalte Willkür an den Tag.
Viel ist ja auf diesen billigen Populismus nicht zu antworten. Er ist auch zynisch. Er ist zynisch und menschenverachtend. Sie machen Leuten Hoffnungen, die nicht erfüllt werden können, während wir hier ganz konkret mit Arbeitsplatzangeboten darangehen.
Im Gegensatz zu den allerlautesten Schreihälsen habe ich immer noch Zutrauen in die von mir gewählte Regierung. Wenn der Innensenator zusagt, er bemühe sich über den 28. Februar hinaus – und das hat er gesagt –, dann vertraue ich darauf. Das, was Sie betreiben, ist billiger, zynischer Populismus auf dem Rücken von Leuten.
Das Wort für die FDP, Sie haben ja sofort die Gelegenheit – – Vielleicht ist es möglich, dass wir uns bei einem solchen ernsten Thema von allen Seiten etwas mäßigen. Ich denke, die jungen Leute auf den Gästerängen haben nicht verdient, sich eine Debatte, die langsam ins Undisziplinierte abgleitet, anhören zu müssen, sondern eine ernsthafte Debatte von allen Seiten. Deswegen denke ich, es tut uns allen gut, wenn wir uns wieder etwas mäßigen.
Wir fahren jetzt fort in der Redereihenfolge. Das Wort hat für die FDP-Fraktion der Abgeordnete Ritzmann. – Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die FDP hat das Thema aufgegriffen im Innenausschuss, hat mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, wie eine Fraktion
bzw. deren Vertreter nach der anderen festgestellt hat, dass dieses Ansinnen, diesen Leuten eine Perspektive zu bieten, nachdem man ihnen vorher zugesagt hat, sie zu übernehmen, ein richtiges sei.
Und daraufhin hat die FDP gesagt: Gut, dann stellen wir einen Antrag, der genau das beinhaltet. Den stellen wir heute zur Abstimmung. Und wir haben festgestellt, das haben alle anderen Parteien auch so erkannt. Und so haben wir heute viele Anträge. Und das ist gut, weil es wahrscheinlich auch dem Anliegen gerecht wird.
Die FDP hat sich ganz klar zum Personalabbau im öffentlichen Dienst positioniert. Wir wissen ganz genau, dass wir Ausstattungsvorsprünge gegenüber Vergleichsländern haben, die fast ins Utopische gehen. Und das hat historische Gründe, und es hat Gründe darin, dass die Regierungen davor nicht den Mut hatten, das abzubauen, was notwendig ist. Und da war die SPD übrigens auch in der Regierung; nur falls hier wieder der Eindruck entsteht, es hätte in den letzten 10 Jahren eine Alleinregierung der CDU gegeben, für Leute, die das nicht wissen: Die SPD war in der Regierung.
Wir sagen, dass es zu missbilligen ist, dass hier von oberer politischer Ebene, Innensenator ehemals plus Staatsekretärin ehemals, Zusagen gemacht werden, die an konkrete Voraussetzungen geknüpft werden. Also, wenn ihr das und das tut, dann tun wir das und das. Das war die Vereinbarung. Diese Vereinbarung ist gebrochen worden. Darüber gibt es, glaube ich, hier auch überhaupt keinen Dissens. Diese Vereinbarung ist gebrochen worden, das ist aus unserer Sicht eine politische Verantwortungslosigkeit. Es gibt kaum sachliche Gründe, weil ja, wie wir festgestellt haben, im Haushaltsausschuss gestern Stellen genehmigt wurden. Das heißt, es gibt die Möglichkeit, Stellen zu schaffen. Hier wurde von der Koalition gesagt, diese Stellen sind uns nicht so wichtig, und das wurde auch klar so gesagt. Wir müssen uns nicht wundern, wenn das zu Politikverdrossenheit führt, wenn man von Verantwortungslosigkeit im politischen Bereich spricht. Sie legen hier wieder beste Beispiele vor.
Der Innensenator hat auf die Mündliche Anfrage heute Mittag geantwortet, man habe eben „über den Durst ausgebildet“. Das ist das Zitat. Daran muss man doch mal arbeiten. Was heißt denn das? Bilden wir jetzt weiterhin über den Durst aus, investieren in junge Leute, die was machen wollen; die geben uns ihre Zeit, wir zahlen ihnen Bezüge, und dann entlassen wir sie in die Sozialhilfe? Das kann es nicht sein. Und deshalb fordert die FDP ein Konzept für die 1 000 Leute, die sich jetzt noch in der Ausbildung befinden. Wir fordern, dass den Leuten, die jetzt konkret hier betroffen sind, eine Perspektive im öffentlichen Dienst gegeben wird. Und wir fordern, dass die Ausbildung auf dieser Ebene so umgestellt wird, wie es der Kollege Kurth heute auch schon angemahnt hat, dass man, wenn man diese Ausbildung hinter sich hat, nicht automatisch in der Sozialhilfe landet, sondern dass man in der freien Wirtschaft eine Chance hat.
Diese drei Punkte stellen wir heute zur Abstimmung. Sie haben Vertrauen zerstört durch vieles, was Sie getan oder angekündigt haben. Hören Sie damit auf, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe jetzt eine Fülle an formalen Argumenten heute Abend gehört, warum dies nicht funktioniert, was wir uns vorstellen, nämlich die Übernahme der 23 Anwärter und Anwärterinnen. Ich möchte jetzt, dass wir runterkommen auf den Boden der Tatsachen und vielleicht einmal mit unserem gesunden Menschenverstand anfangen zu denken heute Abend.
Ich bin erfreut, zur Kenntnis zu nehmen, dass die soziale Verantwortung, die die Koalitionsfraktionen haben, jetzt auch zur Kenntnis genommen wird in ihrem Antrag, der uns hier vorliegt, der gestern im Hauptausschuss durchgegangen ist. Allerdings ist mir die Formulierung der sozialen Verantwortung, die im zweiten Absatz steht, etwas zu weich. Herr Körting hat es heute auch schon gesagt, er fühlt sich verantwortlich für den Erwartungshorizont, der geweckt wurde bei den jungen Leuten. Und es sind, glaube ich, nicht wir, die hier die Versprechen machen und die Rattenfänger von Hameln sind, die die Leute auf die falsche Fährte bringen, sondern Sie waren es tatsächlich mit Ihren Signalen bis Mitte Januar noch, dass die jungen Leute übernommen werden. In diesem Sinne bitten wir hier mit einem Appell an den gesunden Menschenverstand, unserem Kompromissantrag, unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Und zwar geht es darum, die jungen Leute für ein Jahr befristet einzustellen, um Ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden als Regierungskoalition, aber eben auch, um nicht den Haushalt überzustrapazieren, denn schließlich wissen wir auch, in welcher Lage wir uns befinden. Dafür muss es doch eine einvernehmliche Lösung geben. Wir können doch nicht von Anfang an brüllen: Geht nicht!, denn es geht, wenn man es will. Davon bin ich überzeugt.
Von da her bitte ich Sie, unserem Änderungsantrag, der Übernahme befristet für ein Jahr, zuzustimmen, mit dem Versprechen, dass in diesem Jahr nach weiteren Lösungsmöglichkeiten gesucht wird. Denn wir wissen alle, wie kurzlebig Politik ist. In acht Tagen ist der Februar zu Ende, dann gibt es die Nichtübernahme, und dann ist das Thema weg von der Tagesordnung, dann kümmert sich niemand mehr um das weitere Schicksal. Stimmen Sie daher bitte unserem Änderungsantrag zu! – Danke!