Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

bauung greift diese Zielsetzung auf. Im Vordergrund steht jedoch die Ausprägung als Freiraum-Element. Im Vergleich zu anderen Agglomerationsräumen verfügt Berlin mit den vorhandenen und zukünftigen Flächenpotentialen über einen erheblichen harten Standortvorteil. Bodenmarkt- oder Flächenrestriktionen wie in Stuttgart oder München bestehen in Berlin nicht. Das verfügbare Flächenangebot dämpft die Boden- bzw. Mietpreise und ermöglicht eine flexible und nachfrageorientierte Entwicklung von Standorten für Wohnen und Wirtschaft. Die im Konzept zur Nachnutzung des Flughafens vorgesehenen baulichen Nutzungen wirken daher als Verstärkung des Standortvorteils. Städtebauliche Bedarfsermittlungen für die Nachnutzung des Flughafens liegen über die in Frage 4 dargestellten Größen hinausgehend nicht vor.

Bei Frage 6, bei der nach der Anlage von Grünflächen

im Bereich des Flugfeldes gefragt wurde, verweise ich darauf, dass es sich gegenwärtig in keiner Weise absehen lässt, ob oder in welchem räumlichen Umfang ein Erfordernis zur Umgestaltung von Teilen des Flugfeldes zu Grün- und Parkanlagen im traditionellen Sinne überhaupt besteht. Vorstellbar ist auch, das Flugfeld als einen neu gewonnenen Freiraum mit völlig neuen Qualitäten mit vielfältigsten Nutzungspotentialen wie Erholung, Freizeitsport, Sport, Kultur, Naturerlebnis u. a. unter Berücksichtigung der erhaltenswerten naturnahen Landschaftselemente zu entwickeln. Dabei besteht die einmalige Möglichkeit, privaten Initiativen und Trägerschaften weitestgehend (Frei-)Raum zu geben. Insofern wird die künftige Entwicklung des Flugfeldes eine besondere Herausforderung für neue Formen eines modernen Freiraummanagements darstellen.

Stelle kann daher keine Bewertung im einzelnen vorgenommen werden.

Negative Auswirkungen auf die Konkurrenzfähigkeit

des Wirtschaftsstandortes Berlin, auf die sich ihre Frage 2 bezieht, sind nach Aussage der FBS nicht zu erwarten. Die Flughafen Berlin Schönefeld GmbH (FBS) kann ausreichende und angemessene Angebote zur Verlagerung des Verkehrs machen. Der Senat hat zu diesem Thema daher auch keine Vergleichsstudien in Auftrag gegeben.

Ihre Frage 3 bezieht sich auf die Verlagerung der

Flughafenkapazitäten von Tempelhof nach Tegel und Schönefeld. Hierzu ist festzuhalten, dass die von der FBS vorgebrachten Vorstellungen in dem bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung durchgeführten Verfahren zur Befreiung von der Betriebspflicht bzw. zur Schließung des Flughafens Tempelhof geprüft werden. Die drei Gesellschafter sowie die FBS sind sicher, dass eine Verlagerung der in Tempelhof ansässigen Fluggesellschaften insbesondere nach Schönefeld und zu Teilen auch nach Tegel möglich ist. Die in der Fragestellung behauptete „abseitige Lage“ des Flughafen Schönefeld vermag der Senat im Übrigen nicht zu erkennen.

Zu Ihrer in Frage 4 angesprochenen Thematik des

Flächennutzungsplanes bzw. Bauflächenzuwachses ist folgendes festzuhalten:

Die Größe des Flughafenareals beträgt 357 ha. Davon

sind zurzeit im FNP 130 ha als Bauflächen und 170 ha als Grünflächen dargestellt. Dies stellt jedoch nicht den aktuellen Stand der Planungsüberlegungen dar. Der FNP soll geändert werden. Das Verfahren wurde bereits 1999 eingeleitet und ruht derzeit.

Für das neue Flächennutzungskonzept wurden auf der

Grundlage des vom Büro Prof. Kienast und Partner (Zürich) erarbeiteten Konzepts „Park der Luftbrücke“ mehrere Alternativen entwickelt. Die Vorzugsvariante sind die „Stadtbausteine am Ring“ (Ausgleich unterschiedlicher Ansprüche, 90 ha Bauflächen, 210 ha Grünflächen). Von den 90 ha Bauflächen sind u. a. 32 ha als Wohnbauflächen mit ca. 5 000 Wohneinheiten sowie weitere Flächen als gemischte Bauflächen M1, M2, Sonderbaufläche Freizeit und für den kommerziellen Sport vorgesehen. Von den 210 ha Grünfläche sind 193 ha als Grünfläche „Flugfeld“ und 17 ha als Grünfläche Park eingeplant.

Die in Frage 7 angesprochenen Nachnutzungsüberle

gungen für das Flughafengebäude betreffen das Land Berlin, das zu 13 % Eigentümer der Immobilie ist, und den Bund, der zu 83 % Eigentümer dieses Gebäudes ist. Nachnutzungsüberlegungen werden derzeit unter Einbeziehung aller zu beteiligenden Stellen erarbeitet. Die Oberfinanzdirektion als Vertreter des Eigentümers Bund strebt in diesem Zusammenhang an, eine Machbarkeitsstudie zu erstellen. Dabei soll u. a. auch ermittelt werden, ob und ggf. für welche Bundeseinrichtungen (auch möglicherweise bereits in Berlin ansässige nachgeordnete Bundeseinrichtungen) eine Unterbringung an dieser Stelle in Frage kommt. Die Senatsverwaltung für Finanzen befindet sich dabei in enger Abstimmung mit der

Oberfinanzdirektion.

Die in Frage 8 aufgeworfene Thematik, ob ermittelt

worden ist, inwieweit ein Verkauf zumindest von Teilen der Liegenschaft auf dem Berliner Grundstücksmarkt zu vertretbaren Preisen realistisch ist, ist mit Nein zu beantworten. Bisher hat die aktuelle Situation am Flughafen Tempelhof alle weitergehenden Planungen bezüglich der Liegenschaft blockiert. Die geplante Befreiung von der Betriebspflicht und die anschließende Schließung ermöglichen es erst, tiefer gehende Planungen anzustellen.

RBm Wowereit

Zu der in Frage 14 übermittelten Fragestellung, ob zur

Schließung von Tempelhof eine weniger riskante Alternative entwickelt wurde, ist festzuhalten, dass die Antragstellung zur Befreiung von der Betriebspflicht zum 30. Oktober 2004 von allen drei Gesellschaftern gemeinsam getragen wurde. Vorrangiges Ziel bei der Betrachtung ist es, dass der Flughafen Berlin Brandenburg International verwirklicht wird. Dabei stellt insbesondere die Schuldenbelastung, die der Flughafen Tempelhof verursacht, bei der Ermöglichung einer Gesamtfinanzierung ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. Dies hat sich insbesondere bei Gesprächen der Flughafengesellschaft mit möglichen Kreditgebern als wichtiger Punkt herausgestellt.

Lassen Sie mich zusätzlich einige grundsätzliche Ausführungen machen. Die Internationale Luft- und Raumfahrtausstellung ILA zeigt uns in diesen Tagen, welche Potentiale für Berlin und Brandenburg in der Luft- und Raumfahrt liegen. Es gibt eine gemeinsame Erklärung aller Beteiligten, dass die ILA langfristig am Standort Schönefeld stattfinden soll. Ich denke, dass ist gut für die Region und das ist gut für Berlin. Lassen Sie mich deshalb stellvertretend für die gesamte Branche dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie Dank sagen. Danke für das Vertrauen in die Region und in die Entwicklungsperspektive des künftigen Flughafens BBI! Wir werden alles tun, um das Vertrauen zu rechtfertigen, denn der Flughafen BBI ist das wichtigste Infrastrukturprojekt für Berlin und Brandenburg. Wir wollen BBI zu einer Jobmaschine für die ganze Region entwickeln. Wir werden das Projekt zum Erfolg bringen.

Die in Frage 9 angesprochenen Kosten der Herrich

tung und Vermarktung des Gebäudes sind bisher nicht ermittelt worden. Dies wird jedoch in nächster Zeit erfolgen.

Die in Frage 10 angesprochenen Schließungskosten

des Flughafens Tempelhof belaufen sich nach bisher vorliegenden Erkenntnissen auf rund 32 Millionen €. Darin sind insbesondere Sozialplankosten von rund 24,5 Millionen €, Schadenersatz-/Ausgleichskosten für Aviationkunden in Höhe von 4,4 Millionen € sowie Altlastensanierung und Umzugs-/Beräumungskosten von jeweils 1 Millionen € enthalten. Diese Kosten wurden von der FBS ermittelt. Ob es in diesem Zusammenhang zu Linieneinstellungen kommt, steht noch nicht fest. Insofern können dafür auch keine Kosten mitgeteilt werden.

Zu der in Frage 11 angesprochenen Thematik der Ent

wicklung der Leerstände und Vermietungen im Flughafengebäude in den vergangenen 10 Jahren wurde von der FBS mitgeteilt, dass über den angefragten Zeitraum keine statistischen Aufzeichnungen existieren. Die Vermarktung der Flächen erfolgte vorrangig unter dem Aspekt der Flughafennutzung. Bei der Vermarktung gewerblicher Flächen war die Einschaltung von Maklerbüros nur in einem Fall erfolgreich.

Die Vergabe von Slots obliegt dem Flugplankoordina

tor der Bundesrepublik Deutschland und kann weder von der Flughafengesellschaft noch vom Senat beeinflusst werden. Das Verkehrsaufkommen hatte im Jahre 1993 beim Flughafen Tempelhof seinen Höhepunkt mit rund 68 000 Flugbewegungen und 1,1 Millionen PAX. Seitdem geht die Entwicklung kontinuierlich bis auf eine „kleine Erholung“ in den Jahren 1997 und 1998 nach unten. In 2003 gab es noch rund 37 000 Flugbewegungen und rd. 450 000 PAX. Zu den Vermietaktivitäten ist auszuführen, dass u. a. die Regionalkontrollstelle der Deutschen Flugsicherung, die DEKRA-Akademie, die LSG und die Verkehrsregelungszentrale als langfristige Mieter in Tempelhof untergebracht sind. Vorübergehend waren u. a. auch die ZERV und das Musical-Theater „Space Dream“ dort Mieter. Darüber hinaus gab es nach Informationen der FBS eine Reihe von Projektanbahnungen größeren Umfangs, die aus unterschiedlichen Gründen, die in keinerlei Zusammenhang mit dem Konsensbeschluss stehen, nicht zum Erfolg geführt haben.

Der Senat teilt nicht die in Frage 12 vorgebrachte

Auffassung, dass bei der Bewirtschaftung des Flughafens Tempelhof die zu versteuernden Erträge der BFG bei „gutem Willen“ ohne Weiteres hätten höher ausfallen können. Der Flughafengesellschaft stehen z. B. keine direkten Steuerungsmöglichkeiten zur Verfügung, um Einfluss auf eine Fluggesellschaft auszuüben, sich an dem einen oder anderen Airport anzusiedeln.

Die in Frage 13 angesprochene Thematik der Über

nahme von Kosten für die Instandsetzung und den Rück

bau von Gebäuden wird unter Beteiligung aller betroffenen Stellen sobald wie möglich einer Lösung zugeführt.

Ich weiß, dass viele Berlinerinnen und Berliner mit dem Tempelhofer Flughafen viele sehr persönliche Erinnerungen verbinden. Gestern jährte sich zum 55. Mal das Ende der Berlinblockade. Viele Berlinerinnen und Berliner denken dabei natürlich an die Luftbrücke, die ihnen das Überleben während der Blockade sicherte. Sie denken an Freunde, die sie in Tempelhof begrüßen konnten und von denen sie in Mauerzeiten Abschied nehmen mussten. Und sie erinnern sich an viele eigene Flüge. Keine Frage: Tempelhof ist ein Stück Berlin, Tempelhof ist ein Stück unserer Geschichte, und es ist schwer, sich davon zu verabschieden. Aber, die Zeiten haben sich geändert. Westberlin ist nicht mehr eingemauert und das vereinigte Berlin muss in der gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Lage besonders genau rechnen.

Die Verlagerung des Flugverkehrs von den beiden innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof nach Schönefeld bietet große wirtschaftliche Chancen für Berlin und Brandenburg. Wir entlasten dicht besiedelte Gebiete Berlins von Fluglärm und Unfallrisiken und erschließen riesige Flächenpotentiale für eine neue Nutzung. Es ist völlig klar, wir stehen zum Konsensbeschluss von Bund, Land Brandenburg und Berlin aus dem Jahr

RBm Wowereit

Es ist eine Illusion, dass die Erträge der Flughafengesellschaft bei gutem Willen höher ausfallen würden, wie in Frage 12 suggeriert wird. Die Vergabe von Slots obliegt dem Flugplankoordinator der Bundesrepublik Deutschland und kann weder von der Flughafengesellschaft noch vom Senat beeinflusst werden. Die Fluggesellschaften entscheiden selbst, an welchem Airport sie sich ansiedeln. Auch die Entwicklung des Verkehrsaufkommens spricht eine klare Sprache. Im Jahr 1993 hatte der Flughafen seinen Höhepunkt mit 68 000 Flugbewegungen und 1,1 Millionen Passagieren. Seitdem geht die

Entwicklung kontinuierlich – bis auf eine kleine Erholung in den Jahren 1997 und 1998 – nach unten. 2003 gab es noch rund 37 000 Flugbewegungen und rund 450 000 Fluggäste. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache.

Zu den Vermietungen ist zu sagen, dass unter anderem die regionale Kontrollstelle der Deutschen Flugsicherung, Die DEKRA-Akademie, die Flughansa-Servicegesellschaft und die Verkehrsregelungszentrale als langfristige Mieter in Tempelhof untergebracht sind. Vorübergehend waren auch weitere Nutzer dort Mieter. Es gab mehrere Versuche, neue Projekte in den Liegenschaften des Flughafens unterzubringen, die aber letztendlich nicht zum Erfolg geführt haben. Deshalb ist es eine Frage der Ehrlichkeit, dass wir nach all den verlustreichen Jahren endlich auch in diesem Bereich den notwendigen Mentalitätswechsel vollziehen. Wir müssen uns verabschieden von Erhaltungssubventionen für einen Airport, der keine Zukunft hat.

Ja, es wird auch Schließungskosten geben – das ist Frage 10. Sie belaufen sich nach bisher vorliegenden Erkenntnissen der FBS auf rund 32 Millionen €. Darin sind vor allem Sozialplankosten von rund 24,5 Millionen € enthalten. Das ist der maximale Betrag, der veranschlagt worden ist. Je mehr die Expansion des Flugbetriebs in Schönefeld einhergeht mit den Entwicklungen, desto weniger Sozialplankosten werden entstehen, weil viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die jetzt in Tempelhof beschäftigt sind, übernommen werden können, wenn ein gewisser Bedarf da ist. Das ist der worst case. Diese Kosten sind nicht versteckt, sondern sie sind natürlich auch in den Rückstellungen bei der Flughafengesellschaft berücksichtigt. Insofern wird nicht getrickst, sondern es wird das Notwendige veranschlagt. Selbstverständlich ist es vorsorglich in den Bilanzen der Flughafengesellschaft nachzulesen. Verglichen mit den Verlusten, die bei einer Weiterführung des Flugbetriebes anfielen, sind dies überschaubare Kosten. Sie entstehen einmalig und rechtfertigen keineswegs auf Dauer, einen zusätzlichen Airport zu betreiben. Wir steuern um, weil wir alle Ressourcen in Schönefeld benötigen. Wir benötigen das Geld für die Entwicklung eines modernen Flughafens für die Region. Und das ist BBI in Schönefeld.

1996. Wir werden Schönefeld zum Single-Airport für die Region entwickeln. Die Berliner Flughafengesellschaft hat in Abstimmung mit den drei Gesellschaftern den Antrag zur Schließung des Flughafens Tempelhof gestellt. Das Verwaltungsverfahren läuft. Wenn es ausgeht, wie wir es erwarten, wird Tempelhof mit Beginn des Winterflugplans 2004, das heißt zum 30. Oktober 2004, von der Betriebspflicht befreit sein.

[Beifall des Abg. Cramer (Grüne)]

Sie wissen, dass der Brüsselflug davon betroffen ist, Herr Cramer? –

[Heiterkeit]

Das heißt, von diesem Zeitpunkt an wird kein Flugverkehr mehr vom Flughafen Tempelhof aus stattfinden. Dafür gibt es gute Gründe. Der erste Grund für unsere konsequente Flughafenpolitik sind die Menschen in Tempelhof und Neukölln, aber natürlich auch in Bezug auf Tegel in Reinickendorf, Spandau und Pankow. Sie leiden unter dem Fluglärm und müssen mit einem Unfallrisiko leben, das wir mit der Verlagerung des Flugverkehrs nach Schönefeld erheblich verringern werden.

[Niedergesäß (CDU): Und die Bohnsdorfer, was ist mit denen?]

Dazu komme ich jetzt. – In einer dicht besiedelten Region wie dem Ballungsraum Berlin wird man das Risiko nicht auf Null verringern können, und wir wissen auch, dass die Verlagerung neue Belastungen für Bevölkerungsgruppen bringen wird, die bisher weniger betroffen gewesen sind. Was wir mit der Konzentration des Flugverkehrs in Schönefeld erreichen wollen und werden, ist, dass deutlich weniger Menschen unter dem Lärm, den Abgasen und dem Unfallrisiko leiden.

Der zweite Grund für unseren klaren Kurs Richtung Schönefeld ist, dass der Flughafen Tempelhof schon seit langer Zeit ein Verlustbringer ist. Das können wir uns nicht mehr leisten. Von 1991 bis 2003 haben sich Verluste in Höhe von 139 Millionen € angesammelt. Die jährlichen Verluste lagen zwischen 7 Millionen € und 17 Millionen €. Allein im vergangenen Jahr waren es laut Jahresabschluss 2003 der FBS, der vom Wirtschaftsprüfer testiert ist, 15,3 Millionen €. Für 2004 wird von der FBS ein Verlust von 15,2 Millionen € erwartet, und wenn wir den Flugbetrieb aufrecht erhalten würden, kämen nach Berechnung der FBS von 2005 bis 2010 noch einmal 120 Millionen € hinzu.