Noch eines: Herr Hoffmann hat vorhin Zensuren verteilt, ich würde auch gerne Zensuren verteilen und Ihnen, der CDU auf Bundes- wie auf Landesebene für konstruktives Mitarbeiten ein Mangelhaft und für die Blockadehaltung ein Sehr gut geben.
Noch etwas zu Ihnen, Herr Hoffmann. Sie haben gesagt, dass Sie nur die Berliner Sichtweise einnehmen wollen, aber bei diesem Reformvorhaben müssen Sie alle Ebenen betrachten. Nur die Berliner Ebene allein ist aus meiner Sicht zu kurz gedacht.
Wir debattieren heute im Rahmen der Großen Anfrage der CDU über eines der umfangreichsten Modernisierungsvorhaben in der Sozialpolitik der letzten Jahre und das Kernstück der notwendigen Arbeitsmarktreform die Zusammenführung der beiden steuerfinanzierten Systeme Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum 1. Januar 2005. In den letzten Tagen wird dieser Termin von der Opposition
2. Richtig und wichtig ist es auch, dass die erwerbsfähigen Sozialhilfeempfänger auch in die Kranken- und Rentenversicherung einbezogen werden.
4. Bereits jetzt erhalten verheiratete Arbeitslosenhilfeempfänger, wenn der Ehepartner über eine bestimmte Bruttoeinkommensgrenze kommt, von der Bundesagentur kein Geld mehr. Es ist falsch, wenn behauptet wird, dass durch Hartz IV diese erst eingeführt wird.
besonders in Frage gestellt. Sie blockieren diese wichtige Strukturreform, die Sie nie in Angriff genommen haben, wohl auch aus wahltaktischen Gründen. Ich hatte gesagt, dass die Zusammenlegung von allen begrüßt wird. Die CDU hatte im letzten Jahr noch erklärt, sie werde als Opposition konstruktiv mitarbeiten. Diese gemeinsam beschlossene Reformvorhaben wollen Sie nun kaputtmachen, nur um der Regierung zu schaden, aber Sie schaden in erster Linie den Betroffenen und auch der Wirtschaft.
Hartz IV wird umsetzbar sein und wird funktionieren. Alle Beteiligten müssen hier mitarbeiten und mitziehen. Meine Damen und Herren von der CDU, Sie haben lange Zeit die Probleme ausgesessen.
16 Jahre! Sie blockieren nicht nur, sondern Sie schüren die Ängste, Sie bringen extreme Unruhe und Verunsicherung hinein. Aber das ist wohl auch ihre Absicht wie z. B. bei den Debatten um das Zuwanderungsgesetz oder die Rentenreform.
Sie haben bis heute keine eigenen Konzepte zur Verbesserung der Vermittlung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt.
Sie blockieren auf allen Ebenen, auch auf der Bundesebene über den Vermittlungsausschuss. Hier wird von ihnen die finanzielle Entlastung der Kommunen und das Optionsgesetz miteinander vermengt. Auf der Länderebene und im Bundesrat blockieren die CDU/CSUFDP-regierten Länder, sie verzögern wichtige notwendige Prozesse zur Vorbereitung für die Umsetzung usw. Dann kommen Sie, liebe Opposition, und stellen Anträge auf Verschiebung dieser wichtigen Reform. Erst blockieren, dann verschieben wollen, so geht es nicht.
Spielen Sie nicht mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger. Jede Veränderung, besonders in diesem Umfang, bringt viele Fragen. Auch im Umsetzungsprozess können weitere Fragen aufkommen. Das ist aber kein Chaos, wie es heute Herr Kurth zur Begründung des Themas der Aktuellen Stunde genannt hat, sondern kreatives, konstruktives Arbeiten und Entwickeln. Diese Prozesse brauchen auch klare zeitliche Vorgaben. Der Druck muss noch weiter aufrechterhalten werden, ohne Druck wird leider nicht viel verändert.
Zum 1. Juni 2004 hat die Bundesagentur für Arbeit erklärt, dass die Empfänger von Arbeitslosenhilfe, deren Zahlungen ab dem 30. Juni auslaufen, keinen neuen Antrag mehr stellen müssen. Bis zum Jahresende werden die Leistungen somit automatisch verlängert. Es sind rund 1 Million Hilfebezieher betroffen. Damit schafft die Bundesagentur erforderliche Kapazitäten für eine Einführung
1. Die Sozialhilfeberechtigten erhalten im Gegensatz zu heute künftig die selben Leistungen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt wie Arbeitslosenhilfeberechtigte.
Der Abschluss der Rahmenvereinbarungen zwischen dem Senat und der Regionaldirektion ist bereits für Ende Juni geplant. Damit wird die Voraussetzung für die Ausgestaltung und Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften frühzeitig gelegt. Das Ziel ist, die arbeitsmarktpolitische Kompetenz der Agentur und die soziale Kompetenz der Bezirke zu bündeln. Berlin ist hier Vorreiter.
Priorität dieser Reform ist für mich, die Auszahlung pünktlich zum 1. Januar 2005 sicherzustellen sowie die Beratung und Unterstützung von Arbeitslosen und Betrieben zu verbessern.
Nun zu den Anträgen der FPD-Fraktion: Sie fordern, das Arbeitslosengeld II um ein Jahr zu verschieben.
Sie benennen nicht einmal, was in dem Jahr passieren soll. Wir haben keine Zeit, die Probleme auf die lange Bank zu schieben. Wir müssen handeln. Ich fordere Sie auf: Machen Sie mit! Um jede weitere zeitliche Verzögerung zu verhindern, muss es nun zu einer schnellen Einigung kommen. Hier können Sie als Opposition ihren Beitrag leisten und auf ihre Kolleginnen und Kollegen auf der Bundesebene einwirken. Sagen Sie denen: Hören Sie auf mit der Blockade- und Verzögerungstaktik.
Hauptschuld. Halbherzige Reformen führten bislang zu mehr Bürokratie und mehr staatlicher Bevormundung. Europa startet durch, Deutschland und Berlin bleiben auf der Strecke.
In diese negative Tradition reiht sich das Gesetz für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt nahtlos ein. Dieses Gesetz schafft nicht nur mehr Bürokratie, sondern stürzt das schwächste Glied, nämlich die Kommunen, in das wirtschaftliche Nirwana. „Die Kommunen müssen durch Hartz IV entlastet werden.“ – Dieses vollmundige Versprechen scheint nach dem letzten Stand der Dinge nicht eingehalten werden zu können. Danach sollen Mehrkosten auf die Kommunen bzw. die Stadtstaaten in Höhe von 2,5 Milliarden € zukommen. Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Frau Roth, sprach sogar von 5 Milliarden € Mehrkosten. Bei einer solchen Schlamperei ist es kein Wunder, dass keine Kommune eine Option annimmt, Langzeitarbeitslose in Eigenregie zu betreuen.
Zu dem Antrag „Job-Points nicht aufgeben“: Wenn Sie den Senatsbeschluss zu Hartz IV richtig lesen, werden Sie feststellen, dass die Arbeitsgemeinschaften, d. h. die Bezirke, hier Neukölln und Marzahn-Hellersdorf, mit ihren Arbeitsagenturen die Ausgestaltung der künftigen Jobcenter organisieren können. Die vorgegebenen Spielräume bei der Ausgestaltung werden die Bezirke mit Sicherheit nutzen. Sie kennen die Probleme vor Ort am besten. – Diese beiden Anträge sind deshalb überflüssig und abzulehnen.
Danke schön, Frau Kollegin Radziwill! – Das Wort für die Fraktion der FPD hat nunmehr der Kollege Lehmann. – Bitte schön, Herr Lehmann, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Chaos in den Kommunen, Chaos in den Berliner Bezirken – das ist die Botschaft, die bei der Bevölkerung gegenwärtig ankommt. Hartz IV wird sich wohl als Flop erweisen. Leider ist aber auch der Senat nicht ganz schuldlos an dieser Misere. Ich sage deshalb erstens, Hartz IV muss um ein Jahr verschoben werden. Zweitens sollte die Zeit genutzt werden, die Arbeitsvermittlung in Berlin auf stärkere private Säulen zu stellen, besonders muss das für Stadtstaaten gelten. Es mag ja sein, dass sich die Berliner Wirtschaft auf niedrigem Niveau stabilisieren wird, so jedenfalls die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Arbeit und Frauen. Aber ich sage, weder mit einem ökologischen Hoffnungsschimmer noch mit Hartz IV werden Sie mehr Arbeitsplätze in die Stadt bringen. Und darum kann es doch nur gehen.
Die Große Anfrage der CDU-Fraktion kommt deshalb an dieser Stelle zur richtigen Zeit. In den letzten Wochen und Monaten konnte man in den Berliner und den überregionalen Tageszeitungen viel über das Kernstück der Hartz-Reform lesen. Ich begrüße für die FDP-Fraktion ausdrücklich, dass die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe für erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger zusammengelegt werden. Das ist schon seit langem eine liberale Forderung gewesen. Wir hatten gehofft, dass mit einer solchen Reform zum einen neue Arbeitanreize für Langzeitarbeitslose geschaffen werden könnten. Zum anderen habe ich mir einfachere Strukturen in der Arbeitsvermittlung versprochen. Mit anderen Worten: Ich habe mir von der Zusammenlegung einen regelrechten Bürokratieabbau versprochen.
Die Bundesregierung hat seit ihrem Amtsantritt im Herbst 1989 jede Reform schlichtweg versaut. Ob Minijobs in der ersten Legislaturperiode, ob Gesundheitsreform, ob Hartz I und II, ob der virtuelle Arbeitsmarkt oder – als Meisterstück – Maut bzw. Toll-Collect. Niemand braucht sich zu wundern, dass dieses Land mittlerweile die rote Laterne in Europa inne hat.
Ich habe es schon öfter in diesem Haus kund getan: Hartz ist im besten Fall ein Gesetzespaket, Arbeitslosigkeit besser zu verwalten. Nicht mehr und nicht weniger. Läuft es nicht, wie jetzt schon abzusehen ist, dann werfen sie mal wieder eine Million für Nichts aus dem Fenster hinaus. Der virtuelle Arbeitsmarkt lässt grüßen! – Die Organisation, die von Hause aus die größte Zuversicht ausstrahlen müsste, tritt auf die Spaßbremse. Die Bundesagentur für Arbeit richtet sich auf ein Scheitern des Optionsgesetzes für die Durchführung der Reform ein. Wenn bis zum Juni über das kommunale Optionsgesetz nichts Vernünftiges im Vermittlungsausschuss herauskomme, könne das Gesetz am 1. Januar 2005 nicht umgesetzt werden – so die Offiziellen der Bundesagentur. Ausnahmsweise stimme ich dem einmal uneingeschränkt zu.
Auf Berlin kommen große Veränderungen zu. Zunächst werden viele Berlinerinnen und Berliner finanzielle Einbußen in Kauf nehmen müssen. Das gilt vor allem für die 160 000 Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosenhilfe. Bis zu 50 000 Menschen gehen nach einer Übergangsfrist sogar völlig leer aus, weil sie Vermögen haben oder ihr Ehepartner gut verdient. Summa summarum werden 377 000 Berlinerinnen und Berliner das neue Arbeitslosengeld II erhalten. Der Senat hat klugerweise auf die Eigenregie bei der Betreuung von Langzeitarbeitslosen verzichtet. Er möchte gemeinsam mit der Bundesagentur für Arbeit die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe organisieren. In jedem Bezirk wird in Zusammenarbeit mit den Agenturen für Arbeit ein Jobcenter entstehen. In einigen Bezirken soll es sogar mehrere Jobcenter geben. Doch es ist noch immer unklar, mit welchem Personal und welchen Ressourcen für ABM oder Umschulungen die Center rechnen können. Niemand weiß bislang, wie viel Personal in diese Center letztendlich transferiert werden muss. Wird die Software auch wirklich zum Stichtag funktionieren? Können im nächsten Jahr alle Bezieher pünktlich Leistungen empfangen? Was passiert eigentlich, wenn sich die Arbeitsgemeinschaften nicht einigen können? Wer ist der Schlichter? Und wie
Die Jobcenter können nur dann erfolgreich arbeiten, wenn sie auch vermitteln können. Bislang macht der Senat keine Anstalten, eine politische Wende zu vollziehen. Die Bundesagentur ist schon allein auf Grund ihrer zentralistischen Struktur nicht in der Lage, erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger und deren Angehörige zu betreuen. Deshalb wird sie bei der praktischen Umsetzung schlichtweg überfordert sein. Wir stehen auf dem Standpunkt, dass die Kommunen in Deutschland bei voller Unabhängigkeit auch finanziell abgesichert die Betreuung unabhängig übernehmen sollten. Dazu bedarf es jedoch einer Änderung des Grundgesetzes. Mit einer solchen Op
tion könnte auch die Bundesagentur abgeschafft werden. Für den Stadtstaat Berlin sieht die Sache etwas komplizierter aus. Es müssen gesonderte Regelungen getroffen werden. Ich könnte mir vorstellen, dass die Senatsverwaltung verstärkt mit privaten Arbeitsvermittlern und JobPoints zusammenarbeitet, um eine Reform mit wirklich schlankeren Strukturen zu initiieren. Gerade eine flächendeckende Einführung von privatrechtlichen Job-Points würde auch im Niedriglohnbereich Chancen bieten. Weder die Jobcenter noch die Arbeitsagenturen können das leisten.
Der Streit um das Optionsgesetz führt dazu, dass es wahrscheinlich auch im Juni zu keiner Einigung über das Hartz IV-Gesetz in seiner Gesamtheit kommen wird. Kommt es zu finanziellen Belastungen für Berlin, macht dieses Gesetz keinen Sinn. Deshalb plädiert die FDPFraktion dafür, dieses Gesetz um ein Jahr zu verschieben.
Bevor wir risikovoll in ein Abenteuer laufen, wäre es weitaus besser, über die Kompetenzen und Strukturen neu zu verhandeln.