Protokoll der Sitzung vom 09.09.2004

Vor diesem Hintergrund leistet der Zwischenbericht, der ein Arbeitsbericht ist, zweierlei: Er benennt erstens eine Reihe von grundsätzlichen Übereinkünften, die sich die Politik in ihrer Gesamtheit bisher so nicht zu Eigen gemacht hat. Das trifft für die Entstehung der extremen Haushaltsnotlage zu oder auch für die gemeinsame Position, dass Berlin eine Finanzpolitik benötigt, die nicht zu einer Schädigung der Wirtschaftspotentiale und Entwicklungschancen führt.

Konsolidierung

so heißt es im Zwischenbericht –

ist eine Entlastung der Ausgaben und eine Stärkung der Einnahmen.

[Beifall bei den Grünen]

Im Übrigen – ich habe am Anfang schon wieder die Freude und die Unruhe bei der PDS bemerkt –

[Liebich (PDS): Wir sind total ruhig!]

sind dies alles sehr konkrete Vorschläge, Herr Liebich, die wir durchaus auch gemeinsam hätten verabschieden können und die auch für einen Nachtragshaushalt durchaus relevant gewesen wären.

[Beifall bei den Grünen]

Ich bin dennoch zuversichtlich, dass wir in einem Großteil der bislang strittigen Fragen zu einem Einvernehmen gelangen, möglicherweise dadurch, dass die externen Sachverständigen uns unsere üblichen Regierungs- und Koalitionsreflexe und -linien durchkreuzen werden. Ich gehe davon aus, dass die zumeist konstruktive Zusammenarbeit in der Kommission fortgesetzt wird, dass wir zu einem – wie ich hoffe – soliden und verwertbaren Abschluss kommen, der vielleicht nicht die Lösung aller in Berlin vorhandenen Probleme beinhaltet, der sich aber zum Ersten auf gemeinsame Grundsätze verpflichtet und der zum Zweiten einige konkrete und realistische Handungsempfehlungen enthält. l

Zunächst vielen Dank, Frau Dr. Klotz für Ihren ausführlichen Vortrag! – Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Der uns vorliegende Bericht der Enquetekommission ist lediglich eine Zwischenbilanz, die das deutliche Bemühen aller Mitglieder zum Ausdruck bringt, eine Verständigung über Parteigrenzen hinaus zu erzielen.

Die Erwartungshaltung an die Kommission ist hoch, sollen doch wichtige Entscheidungsgrundlagen und Informationen geliefert werden. Im wichtigsten Punkt jedoch ist die Kommission sich einig: Die Konsolidierungsanstrengungen des Senats werden anerkannt und müssen konsequent fortgesetzt werden, wobei festgestellt wird, dass die Bemühungen um weitere Einnahmen im Haushalt im Vordergrund zu stehen haben. So heißt es:

Der eingeleitete Sanierungsprozess ist zwingend notwendig, aber zur endgültigen Sanierung der Landesfinanzen nicht ausreichend und muss deutlich verschärft werden.

Wenn es allerdings konkret wird, wird es – wie zu erwarten – schwierig. Im Zwischenbericht sind derzeit noch mehrere Stellen, an denen zusätzliches Geld gefordert wird. Zum Beispiel soll der Anteil der leistungsgebundenen Mittel aus den Hochschulverträgen und die Finanzausstattung für Kultur und Wissenschaft erhöht werden. Das Spiel kann aber nicht so funktionieren, dass die einen, und zwar die Opposition, für neue Schwerpunktsetzung zuständig sind, die anderen, die Regierung, die Sparvorschläge zu vertreten hat. Ich verkenne durchaus nicht den Unterschied zwischen Regierung und Opposition, aber wenn man ehrlich ist und die Punkte, die wir vorgeschlagen haben, wirklich alle umsetzen will, dann muss man auch Farbe bekennen. Oder anders gesagt: Wenn man den Mund spitzt und die Enquetekommission will, muss man anschließend auch pfeifen.

Das ist der Ort, mich herzlich bei den Kolleginnen und Kollegen des Ausschussbüros zu bedanken, die uns wunderbar begleitet haben, die es auch nicht immer ganz leicht mit uns hatten, wenn ich mich zum Beispiel an die rhythmischen Redaktionssitzungen in der Sommerpause erinnere.

[Allgemeiner Beifall]

Begleitet hat uns auch übrigens auch – nicht ganz so regelmäßig – der Finanzsenator, der nicht immer völlig mit unseren Schlussfolgerungen einverstanden war. Dass er nicht ganz einverstanden war, hielt sich übrigens bis zum Text des Zwischenberichts, aber das ging uns umgekehrt genauso mit manchen Dingen, die er dort sagte. Dennoch ist es wichtig, dass er teilgenommen hat, und jetzt ist es noch einmal wichtig, ihm – zumindest bis Montag – gute Besserung von hier aus zu wünschen.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

In den nächsten Monaten werden wir Themen vertiefen, strittige Fragen klären und uns vor allem Gedanken darüber machen müssen, wie wir sicherstellen, dass die Ergebnisse und Empfehlungen, zu denen sich die Kommission durchringt, auch in die Realität umgesetzt werden, insbesondere – aber nicht nur – mit der Zielrichtung Haushalt 2006.

Zum Abschluss noch zwei Bemerkungen. Erfreut konnten wir feststellen, dass in dem einen oder anderen Punkt der Senat unseren Zwischenbericht gar nicht abwarten konnte. So wurde beispielsweise am vergangenen Dienstag eine unserer Anregungen zu den Clusterpotentialen unserer Stadt aufgegriffen. Die Gesundheitswirtschaft – auf neudeutsch Life-Science genannt – soll künftig gezielt gefördert und die Wirtschaftsförderung darauf konzentriert werden. Das freut uns. Wir erwarten natürlich nun auch, dass alle anderen Vorschläge genauso zügig und schnell in die ealität umgesetzt werden. R

Für den Abschlussbericht wird gelten, was ich schon

für den Zwischenbericht gesagt habe: Er wird so gut, er wird so konkret wie die Arbeit, die wir in diesen Bericht investieren werden.

Noch eine Bemerkung am Schluss. – Wir haben die Drucksache 15/3131 mit dem Zwischenbericht vor uns. Auf der letzten Seite gibt es einen Klammerzusatz, der lautet: „Liegt nicht vor.“ Den streichen Sie bitte, denn der Senatsbericht über die bisherige Umsetzung der Berlinstudie hat sich inzwischen angefunden und ist auf der Datenbank der Enquetekommission zu finden. – Vielen Dank!

[Beifall bei den Grünen und der FDP]

Vielen Dank, Frau Dr. Klotz für die umfassende Information! – Wir beginnen jetzt unsere Besprechung. Für die SPD fängt Frau Kollegin Seidel-Kalmutzki an. – Bitte schön!

[Zuruf des Abg. Niedergesäß (CDU)]

In der Enquetekommission geht es darum, Vorschläge zu entwickeln, die den konkreten Rahmenbedingungen angemessen sind, und realistische Empfehlungen zu unterbreiten, wobei besonders unsere externen Sachverständigen gefragt sind. Die Politik hat sich bisher dabei etwas zurückgenommen. Die vorgelegten Vorschläge etwa zur Stärkung der Zivilgesellschaft, die Bevölkerung stärker für ihre Stadt und ihr Umfeld zu interessieren und dafür die erforderlichen Freiräume zu schaffen sowie Berlin als Wissenschafts- und Kulturstandort zu stärken, unterstützen wir ausdrücklich. Die Verwaltung soll mehr als bisher als Dienstleistungsbehörde ausgebaut werden. Trotz erzielter Erfolge empfiehlt die SPD-Fraktion, dass nun eine andere Geschwindigkeit vorgelegt wird, dass vom Gehen zum Sprint gewechselt wird, damit schnell und erfolgreich durchs Ziel gelaufen werden kann.

Bei weiteren Veräußerungen von Landesbeteiligungen gibt es seitens der SPD eine bekannte und eindeutige Position. Ganz anderer Meinung als Sie, Herr Zimmer und Herr Lindner, ist die SPD-Fraktion aber bei der unbe

Frau Seidel-Kalmutzki

Der Sinn des Zwischenberichts war ursprünglich ein anderer. Es ging nicht darum, einmal einen Zwischenbericht zu schreiben, um uns selbst eine Bilanz vorzulegen

und zu ziehen, sondern wir wollten konkrete Umsetzungsvorschläge haben, um damit für einen Nachtragshaushalt, der für den gegenwärtig laufenden Doppelhaushalt angedacht und seitens der Regierungskoalition fast schon in Aussicht gestellt war,

erarbeiten. – Ja, ich weiß, dass Sie das immer abgelehnt haben, lieber Herr Krüger, aber Sie lehnen ja immer Nachtragshaushalte ab, ob sie nun kommen oder nicht.

Dass wir einen Nachtragshaushalt brauchen, dafür gibt es genug objektive Gründe. Fangen wir bei Hartz IV an, reden wir über die Entwicklung der Steuereinnahmen, reden wir über das hohe Maß an Unkonkretheit, das Sie in Ihrem Doppelhaushalt vor allem für 2005 beschlossen haben, wo Sie mit einer ganzen Reihe von nebulösen Mindereinnahmen, die Sie bis heute nicht aufgelöst haben, versucht haben, sich einer unangenehmen Diskussion zu entziehen. Aber selbst wenn es diese Ansätze nicht gäbe, wäre es Grund genug, die Ergebnisse der Enquetekommission zügig umzusetzen, indem man sie in einen Nachtragshaushalt einbringt.

Eines ist in der Enquetekommission klar geworden: Es kann niemand ernsthaft bezweifeln, dass es so, wie wir das bisher gemacht haben, auch gerade im Haushaltsbereich, nicht mehr weitergehen kann. Natürlich wäre die Enquetekommission in der Lage, klare Vorschläge zu machen. Frau Klotz hat es gesagt: Es gibt umsetzungsrelevante Vorschläge im Zwischenbericht. – Da ist einiges im Streitigen geblieben. Es ist auch völlig klar: Wenn die Regierungsmehrheit es nicht will, stellt sie es streitig. Deswegen haben wir an dieser Stelle das Problem, dass wir im Nebulösen, in einem Minimalkonsens bleiben mussten. Da müssten Sie sich einen Ruck geben, meine Damen und Herren von der SPD und der PDS, sich zu den Dingen, die Sie offensichtlich auch vom Grundsatz her für richtig halten, zu bekennen, gegebenenfalls auch gegen den Senat. Das ist unser Job in der Enquetekommission, die Richtung vorzugeben. Dafür haben wir sie eingesetzt, und wir sind nun mal als Parlament auch der Haushaltsgesetzgeber. Deswegen sind wir diejenigen, die das tun müssen.

gründeten Forderung nach einem Nachtragshaushalt. Die vorgelegten Ergebnisse der Enquetekommission machen an keiner Stelle deutlich, dass er gerechtfertigt wäre, zumal erstmals seit Jahren nicht mit einem Defizit, sondern mit einem erheblichen Jahresüberschuss zu rechnen ist und wir die Netto-Neuverschuldung absenken können. Auch Ihre weitere Forderung nach einem Sanierungsprogramm und einer weitergehenden Finanzplanung lehnen wir ab.

Das konsequente Handeln des Senats, die Bemühungen, denen – wie bereits erwähnt – auch von den externen Sachverständigen Anerkennung gezollt wird, ist unsere Richtlinie. Aber nichts ist so gut, dass man es nicht besser machen könnte. Guten Vorschlägen aus der Enquetekommission sollte sich der Senat nicht verschließen und sie umsetzen. Die SPD-Fraktion wird die aufgezeigten Vorschläge ausführlich diskutieren und zu parlamentarischen Initiativen führen.

Vor dem Hintergrund des Urteils des Verfassungsgerichts und nach monatelanger gemeinsamer Arbeit sollte sich insbesondere die Opposition vom Geist der Gemeinsamkeit inspirieren lassen und auch nach Beendigung der Arbeit der Enquetekommission nicht dem Versuch erliegen, sich in eine destruktive Rolle zurückzuziehen. Wenn uns das gelingen sollte, hat sich die Arbeit der Enquetekommission schon aus diesem Grund gelohnt.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Frau Kollegin Seidel-Kalmutzki! – Die CDU folgt. Das Wort hat Herr Kollege Zimmer. – Bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Frau Seidel-Kalmutzki hat mir fast schon das Stichwort für den Einstieg in meinen Redebeitrag gegeben. Trotz allem will ich die Gelegenheit nutzen, am Anfang der Frau Vorsitzenden für ihre Arbeit in der Enquetekommission zu danken.

[Allgemeiner Beifall]

Das ist teilweise relativ schwierig, was daran liegt, dass dabei auch viele, auch gerade freie Geister in Form der Sachverständigen vertreten sind und versuchen, miteinander zu einem Konsens zu kommen oder vielleicht auch im Dissens zu bleiben. Das ist in einer Enquetekommission vielleicht auch nichts Verwerfliches. Dazu gehört schon ein gewisses Maß auch von pädagogischem Feingefühl, das Frau Klotz an dieser Stelle beweist.

[Beifall bei der SPD und den Grünen – Krüger (PDS): Nicht nur an dieser Stelle!]

Weiter gehende Erfahrungen mit Frau Klotz’ pädagogischen Talenten zu sammeln, ist mir bisher leider nicht möglich gewesen. In Ihrer Fraktion hat es aber offenbar Wirkung gezeigt.

[Krüger (PDS): Nein, nein!]

[Krüger (PDS): Das ist eine Schwäche von mir, da haben Sie Recht!]