Protokoll der Sitzung vom 28.10.2004

Was ist die Ausgangslage? – Nach einer neuen Studie aus dem Ministerium von Renate Schmidt sind zwei von fünf Frauen in Deutschland von körperlicher Gewalt betroffen und wird jede vierte Frau in der eigenen Partnerschaft körperlich misshandelt. Bei den Migrantinnen türkischer Herkunft hat jede zweite Frau Gewalt erlebt – auch das besagt eine neuere Studie. Vor diesem Hintergrund empfinde ich es als zynisch, dass in Hamburg und Berlin Frauenhäuser geschlossen bzw. Frauenhausplätze mit dem Hinweis auf das Gewaltschutzgesetz abgebaut werden sollen. Wir brauchen nach wie vor verlässliche anonyme Zufluchtsstätten, wenn das Leben und die Gesundheit von Frauen und Kindern in Gefahr sind. Wegweisungen – das hat die heutige Fragestunde noch einmal eindrucksvoll dokumentiert – können bestehende erfolgreiche Instrumente nicht ersetzen. In Berlin gibt es diesbezüglich kein Überangebot, und Hamburg reduziert seine Frauenhausplätze im Moment mit einem Verweis auf Berlin.

Überweisung an den Ausschuss für Berlin-Brandenburg. Wer so verfahren möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das ist die CDU-Fraktion. Die Gegenprobe! – Sämtliche anderen Fraktionen, dann ist das abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag der FDP, die um Sofortabstimmung bittet. Wer dem Antrag Drucksache 15/3276 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind die FDP und Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Die anderen Fraktionen. Enthaltungen? – Gab es keine. Dann ist das mehrheitlich abgelehnt.

[Brauer (PDS): Da war zu viel Poesie drin! – Ritzmann (FDP): Zu viel? – Nur die Überschrift!]

Jetzt kommen wir zu

lfd. Nr. 20:

a) Beschlussempfehlungen

Schluss mit der Pseudo-Haushaltssanierung zu Lasten der Berliner Frauenprojekte!

Beschlussempfehlungen ArbBFrau und Haupt Drs 15/3224 Antrag der Grünen Drs 15/3076

b) Beschlussempfehlungen

Fraueninfrastruktur in Berlin auch in Zukunft sinnvoll und bedarfsgerecht gestalten

Beschlussempfehlungen ArbBFrau und Haupt Drs 15/3225 Antrag der CDU Drs 15/3053

Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Es hat das Wort die Frau Kollegin Dr. Klotz. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als die PDS noch in der Opposition war, hat sie stets die Tarifangleichung bei den Frauenprojekten gefordert.

[Brauer (PDS): Aha!]

Deshalb freue ich mich umso mehr, dass es uns gemeinsam gelungen ist, die von Frauensenator Wolf ursprünglich geplante Kürzung von 1 Million € im Doppelhaushalt 2004/2005 bei den Frauenprojekten auf 383 610 € abzusenken, wovon die Frauenprojekte 38 800 € mit einem eigenen Beitrag selbst erbracht haben. Das ist kein Grund zum Jubeln, aber es ist positiv, dass es uns gelungen ist, zumindest das erste Ostberliner Frauenzentrum EWA – in diesen Tagen jährt sich ja der Fall der Mauer zum 15. Mal – zu retten.

[Beifall bei den Grünen]

Die Betonung liegt auf „wir“. Das Parlament hat das nämlich gemeinsam erreicht, auch – und das freut mich und da habe ich gar keine Häme –, weil Vorschläge der Grünen aufgegriffen wurden. Das sage ich insbesondere in Richtung SPD, die immer behauptet hat, unsere Vorschläge seien unsolide, um sie dann prompt aufzugreifen,

weil sie selbst keine eigenen hatte, und nun behauptet, es sei alles allein der SPD zu verdanken. Ich zitiere aus einer Mail der Abgeordneten Petra Hildebrandt an das 2. Berliner Frauenhaus:

Aha, die SPD-Fraktion war es! Ihr seid wirklich toll!

[Zuruf des Abg. Brauer (PDS)]

Was also ist das Ergebnis der von der Koalition beschlossenen Kürzungen um 70 000 €? – Sie bedeuten eine Reduzierung um acht bei insgesamt 60 Plätzen. Von dem Aufbau zusätzlicher Plätze in Zufluchtswohnungen – wie uns immer erzählt wurde – ist derzeit sowieso keine Rede mehr, und im Übrigen ist dafür auch kein Geld im Haushalt eingestellt. Was aber kündigt die Verwaltung in Umsetzung des Beschlusses des Abgeordnetenhauses an, Herr Wolf? – Ihre Verwaltung kündigt in einem Brief vom 19. Oktober 2004 an, dass die 60 Plätze in diesen Frauenhäusern um 34 Plätze gekürzt werden sollen, was einer Summe von 228 000 € entspräche. Das entspricht jedoch nicht dem gefassten Parlamentsbeschluss, bei dem es um eine Kürzung von 70 000 € ging. Ich halte nicht nur die Kürzung der Frauenhausplätze für einen Skandal, sondern auch, dass das von Ihnen ignoriert wird und dass Sie sogar noch etwas draufsatteln. Wenn dann Frau Hildebrandt noch ausrechnet, die reale Anzahl der Plätze für die Antigewaltarbeit werde um drei weitere Plätze erhöht,

Wollen Sie weitere Kürzungen vornehmen, damit der Haushalt insgesamt stärker entlastet wird?

Ich bin jedenfalls froh und stolz auf das, was uns, Frau Klotz, – sicherlich gemeinsam – gelungen ist. Die ursprünglichen Vorstellungen darüber, welcher Beitrag zur Haushaltskonsolidierung aus dem Frauenhaushalt aufgebracht werden könne, sind deutlich reduziert worden, was im Ergebnis auch den Projekten zu Gute kommt. Das war und ist mir wichtig.

Frau Klotz, was das zweite Frauenhaus betrifft, so liegen Sie – auch in Ihrer Darstellung zum Antrag – nicht ganz richtig. Es ist dort gelungen, durch eine Strukturentscheidung einen maßvollen Beitrag zur Haushaltsentlastung zu erbringen, ohne das Angebot zu verschlechtern. In diesem Sinn war die Verlagerung von Plätzen, hin zu mehr Zufluchtswohnungen, richtig – wie eine Bedarfsanalyse zeigte. Wir müssen auch zukünftig darüber nachdenken, wie wir einen stärkeren Akzent auf Prävention und Nachsorge setzen – auch im Bereich häuslicher Gewalt.

dann buche ich das unter dem Thema „Grundrechenarten – Subtrahieren, Addieren bei Rot-Rot“ ab.

[Beifall bei den Grünen – Vereinzelter Beifall bei der FDP] ]

Ich erlaube mir noch die Bemerkung, dass das kein notwendiger Vorgang ist, um vor dem Bundesverfassungsgericht zu bestehen – das ist immer ein gern genommenes Argument. Das ist eine Quälnummer von RotRot. Der PDS-Senator muss auch etwas bringen! Solange Sie allen Ernstes 35 Hausmeister nicht nur im Überhang haben, sondern sie auch bezahlen, und solange Sie parallel Fremdfirmen mit Hausmeisteraufgaben betrauen, was den Landeshaushalt eine Million € kostet –

Frau Kollegin! Ich muss an das Ende Ihrer Redezeit erinnern.

So lange Sie das machen, ist das für mich der Beweis, dass das keine notwendige Kürzung, sondern eine Quälnummer ist, die man nicht machen muss, und deswegen lehnen wir diese PseudoHaushaltssanierung auch ab.

[Beifall bei den Grünen]

Danke, Frau Dr. Klotz! – Es folgt nun die Fraktion der SPD. Das Wort hat Frau Kollegin Neumann. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Klotz! Auf Ihre Rechenspiele werde ich jetzt nicht eingehen.

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Das sind doch Ihre!]

Sie liegen in vielen Punkten falsch! – Der Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen hat empfohlen, beide Anträge – sowohl den Antrag der CDU als auch den der Grünen – abzulehnen, und wir werden dieser Empfehlung zustimmen.

Die Frage, wie die Arbeit von Frauenprojekten in einer schwierigen Haushaltslage gesichert werden kann, ist zu wichtig und zu ernst, als dass wir dieses Thema zu einem Tummelplatz für parteipolitische Profilierungsversuche werden lassen.

[Frau Senftleben (FDP): Frau Neumann, das ist ja super!]

Das tun aber die beiden Fraktionen mit ihren Anträgen – wenn auch in unterschiedlicher Art und Weise.

Die Grünen behaupten in der Überschrift ihres Antrags, es handle sich bei den kritisierten Entscheidungen um eine Pseudohaushaltssanierung. – In der Tat! Die Umschichtungen und teilweisen Kürzungen in diesem Bereich sind im Verhältnis zu dem Haushaltsdefizit, das wir zu bewältigen haben, fast zu vernachlässigen. Aber was wollen Sie tun?

[Frau Dr. Klotz (Grüne): Hausmeister beschäftigen!]

[Zuruf]

Ich weiß, das wollen Sie nicht, aber wenn das so ist, dann lassen Sie doch einfach mal Ihre billige Polemik.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

[Frau Senftleben (FDP): Das ist erst der zweite Schritt, sehr verehrte Frau Neumann!]

Die von den Grünen in ihrem Antrag vorgeschlagenen Umschichtungen aus dem Bereich der Arbeitsmarktpolitik müssen wir in der jetzigen dramatischen Arbeitsmarktlage ablehnen. Ich weise darauf hin, dass die dortigen Kürzungen gerade Frauen treffen. Es ist selbstverständlich, wenn in bestimmten Töpfen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik noch Geld übrig ist, dass uns das SGB II genügend neue Instrumente bietet, dieses Geld für Beschäftigung auszugeben. Das ist nötig und sinnvoll! Besonders interessant finde ich nun, dass die Grünen die Frauenverwaltung, die damals unter Rot-Grün geschaffen wurde, immer weiter ausdünnen wollen. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem das Frauenressort geschlossen werden kann, und da machen wir nicht mit!

Nun zur CDU:

[Henkel (CDU): Oh ja, bitte!]

Bei der Zusammensetzung Ihrer Fraktion mit nur drei weiblichen Mitgliedern erkennt doch jede und jeder den Stellenwert der Frauenpolitik bei der CDU.

[Beifall bei der SPD]

Die CDU weiß offensichtlich überhaupt nicht, was sie will.