Zu Ihren Vorstellungen von der Verankerung Berlins im Grundgesetz möchte ich gar nicht mehr viel sagen. Sie haben sich da in der Öffentlichkeit, im Senat und in Ihrer Koalition schon so oft auf die Schultern geklopft, dass man schon denken muss, man müsste einen Orthopäden bestellen.
Wir sind zufrieden, dass es dort hineinkommt. Natürlich sind wir mit einem anderen Vorschlag gestartet. Ich gehe nicht gleich mit einem Kompromiss in Verhandlungen, aber die Formulierung ist nicht das Entscheidende. Keiner muss glauben, dass dadurch automatisch etwas in der Kasse klingelt. Das ist nicht der Sinn dieser Änderung. Es geht um etwas, das in der Diskussion vernachlässigt wird. Es ist die Legitimation für die Bundesregierung, überhaupt in der Bundeshauptstadt tätig zu werden. Es ist die Anspruchsgrundlage, sonst könnten die anderen Länder sagen: Warum finanzierst du überhaupt etwas in der Bundeshauptstadt? – Das ist das Erste.
Das Zweite ist ein deutliches Zeichen, dass sich eine Bewusstseinsveränderung ergeben hat bei den anderen Ländern, bei den Kommissionsmitgliedern. Am Anfang des Prozesses wurde es noch für unwahrscheinlich gehalten, dass diese Passage hineinkommt. Mittlerweile hat es eine Bewusstseinsveränderung in der Republik gegeben, nun wird unzweifelhaft anerkannt, dass der Bund berechtigt und sogar verpflichtet ist, für die Hauptstadtangelegenheiten Geld zu geben. Das war bislang strittig und wird jetzt nicht mehr in Frage gestellt. Das ist in der längerfristigen Perspektive ein Riesenerfolg für das Land Berlin.
Deshalb ist nicht jeder Konflikt mit dem Bund weg, um da vorsichtig Neugierige zu warnen, schon gar nicht ist weg, dass das Land Berlin selbst Anstrengungen übernehmen muss, die eigenen Finanzen zu regeln, obwohl wir die Hilfe brauchen. Insgesamt aber ist es ein Erfolg.
Was wir für die letzten Tage und Wochen brauchen, ist die breite öffentliche Diskussion über das, was in der Föderalismuskommission geleistet werden kann. Es liegt eine hohe Verantwortung bei jedem einzelnen Mitglied dieser Kommission, vor allem natürlich bei den beiden Vorsitzenden: dem Ministerpräsidenten aus Bayern, Herrn Stoiber, und dem Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Herrn Müntefering. Beide haben die Chance, kraft der Ämter, kraft der Positionen, die sie in ihren großen Parteien innehaben, einen wesentlichen Beitrag zur notwendigen Reform der bundesstaatlichen Ordnung zu leisten und damit zur notwendigen Reform Deutschlands, für eine verbesserte Zukunftsfähigkeit dieser Republik im internationalen Vergleich und Wettbewerb. Diese Chance muss beflügelt werden von all denjenigen, die sagen, es sei richtig, was dort gemacht werde. Da geht es nicht um Konflikte zw. dem einen und dem anderen, sondern um eine gemeinsame Aufgabe. Den Mut müssen alle haben, den Mut zu springen, Einzelinteressen zu vernachlässigen und nach vorne zu gehen.
Ich werde mich dafür einsetzen. Ich weiß, dass sich auch Herr Ratzmann dafür einsetzen wird. Und ich freue mich, dass dieses Parlament heute mit der Resolution diese Unterstützung auf breiter Ebene gibt. Es zeigt, dass wir bei großen Fragen auch gemeinsam handeln können im Interesse des Landes Berlin. Aber das sind eben nicht nur Interessen des Landes Berlin, sondern gesamtdeutsche
Interessen. Da kann Berlin ein wesentlicher Motor sein. – Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Danke schön, Herr Regierender Bürgermeister! – In der zweiten Rederunde beginnt die Fraktion, die die Große Anfrage gestellt hat. Das ist die Fraktion der FDP. – Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Hahn das Wort!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen! Lieber Herr Regierender Bürgermeister! Ich bin genauso wenig Bildungspolitiker wie Sie. Doch wenn ich einen Antrag nicht verstehe, dann frage ich einen Kollegen, der davon etwas versteht. Sie haben in Ihrer Bank den Schulsenator Böger, ich glaube, der hat verstanden, was wir gemeint haben.
Die Mehrzahl der Bildungspolitiker in diesem Land wie auch der anderen Politiker kann es verstehen. Fragen Sie nach, dann kriegen Sie Antwort!
Wir finden das in Ordnung, Herr Doering, nur sagen wir Ihnen eines: Wir müssen als Land Berlin ganz gewaltig aufpassen, dass sich die Mehrzahl der Länder jetzt nicht zurücklehnt und sagt: So, jetzt ist Berlin im Grundgesetz verankert, jetzt hat es aber auch sein Bewenden damit. Jetzt müssen wir uns um die Entwicklung der Stadt nicht weiter kümmern. Das ist die große Gefahr, die uns droht.
Das ist auch das, was uns – die FDP-Fraktion – bewegt, hier unsere Große Anfrage zu stellen und jetzt das Thema Föderalismus zu diskutieren. Herr Regierender Bürgermeister, da ist es uns mit Ihrer Rede so ergangen wie mit der schriftlichen Antwort auf unsere Große Anfrage. Beide machen deutlich, dass Sie nicht für einen Aufbruch in den modernen, lebendigen Föderalismus stehen. Ihre ganze Politik in der Debatte des Föderalismus ist defensiv, Herr Regierender Bürgermeister. Sie fahren mit dem Fuß auf der Bremse. Sie klemmen sich hinter den langsamsten Wagen auf der Straße.
Ich will das an Ihrer Haltung zum Wettbewerbsföderalismus ausführen, denn das ist in der Tat die zentrale
Wie das gemeint ist, Herr Regierender Bürgermeister, liebe Kollegen, das hat uns kürzlich wieder Otto Graf Lambsdorff erläutert. Ich muss ihn öfter zitieren, da er der entschiedenste Befürworter der Föderalismusreform in Deutschland ist. Er hat gesagt, zur Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der Politik ist es unerlässlich, dass eine Reform der Finanzverfassung durchgeführt werde. Er warnt davor, dass wir uns an der reinen Quantität der im Bundesrat zustimmungsfähigen Gesetze orientieren. Denn im Kern geht es um relativ wenige blockadeträchtige Gesetze, die sich im Bereich der Steuern befinden. An denen wiederum hängt das ganze Abgaben- und Transfersystem. Mit anderen Worten: Wenn man die Blockademöglichkeiten durch den Bundesrat, die so genannte Lafontainestrategie, wirklich bekämpfen will, dann muss man an die Finanzverfassung heran. Sie verstehen jetzt vielleicht die Ernüchterung, die Graf Lambsdorff über die Bundesstaatskommission empfindet, und den Grund dafür, warum er dazu aufruft, dass nach den Bundestagswahlen 2006 eine neue Kommission gebildet wird, die einen wirklichen Durchbruch zu einem lebendigen Föderalismus ermöglicht.
Frage. An der Einstellung hierzu scheiden sich die Geister. Sagen Sie uns, wie Sie zum Wettbewerbsföderalismus stehen, und ich sagen Ihnen, wie Sie zur Zukunft des Föderalismus insgesamt stehen.
Wer den Wettbewerb der Länder ablehnt, der lehnt den echten Föderalismus ab, der hat den Föderalismus im Kern nicht verstanden.
Ich nehme Ihre schriftliche Antwort auf, Herr Wowereit, mit der Sie uns flapsig beschieden haben, das Thema stünde nicht auf der Tagesordnung, im Übrigen seien betriebswirtschaftliche Kategorien nicht auf die Politik zu übertragen. So ähnlich haben Sie formuliert. Herr Regierender Bürgermeister, ich zitiere für Sie Klaus von Dohnanyi,
Schon die Unterscheidung zwischen kooperativem Föderalismus und Wettbewerbsföderalismus ist intellektuell ein Unding. Jeder Föderalismus bedeutet Wettbewerb, sonst ist das Gebilde kein Föderalismus.
Herr Wowereit, das haben Sie eben falsch gemacht in der Beantwortung der Großen Anfrage. Sie haben uns hier mit Ihrer lapidaren Antwort klargemacht, dass Sie das Problem im Kern nicht verstanden haben. Ich weiß auch nicht, wer Ihnen das vorgegeben hat, wir haben nicht verlangt, dass betriebswirtschaftliche Kriterien in die bundesstaatliche Ordnung eingefügt werden sollen. Ich weiß nicht, wer Ihnen das eingeblasen hat, aber diese Antwort zeugte von ebensoviel Arroganz wie Ignoranz.
Dabei stehen wir doch beileibe nicht allein mit unserer Forderung nach verstärkten Elementen des Wettbewerbs im Föderalismus. Ich könnte Ihnen hier eine lange Liste von Befürwortern des Wettbewerbs aus allen gesellschaftlichen Bereichen vorlesen. Ich erspare Ihnen das, greife aber einige wichtige Stimmen heraus. Schon seit Jahren verlangt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinen Jahresgutachten Reformschritte in Richtung Wettbewerbsföderalismus. Er tut das aus gutem Grund. Die Wirtschaftswissenschaftler wissen um die Bedeutung einer solchen Reform für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland. Im letzten Jahresgutachten 2003/2004 verlangte er „den Ersatz des kooperativen durch einen wettbewerblichen Föderalismus und die begrenzte Steuerautonomie der Bundesländer.“ Ausdrücklich stellten die Wissenschaftler fest, Föderalismus ohne Wettbewerb sei kein Föderalismus. Sie erklärten die geltenden Finanzausgleichsregelungen für unbefriedigend und sagten, hier sei die Grund
Es gibt dazu keine Alternative, wenn man den vielfach beklagten Reformstau aufbrechen und der Politikverflechtungsfalle entkommen will.
Die Bundesstaatskommission ist selbst von den geladenen Experten darauf hingewiesen worden, dass ohne eine tiefgreifende Reform der Finanzverfassung alles nichts ist:
Letztlich kommt alles aufs Geld an. Wer die Finanzverfassung zum Tabu erklärt, handelt der Bundesstaatskommission heute bereits den Vorwurf ein, sie habe gekreißt und eine Maus geboren.
so ein Verfassungsexperte wörtlich vor der Kommission. Sie sehen daran, dass es kein Spleen von uns ist, wenn wir vom Wettbewerbsföderalismus reden. Wir predigen keine Ideologie. Wir weisen darauf hin, dass es keinen wirklichen Durchbruch zur Reform unserer bundesstaatlichen Ordnung geben kann, dass es zu keinem Aufbrechen der Blockaden im Bundesrat kommen kann, wenn die Finanzverfassung tabuisiert wird. Weiter noch: Wenn es nicht gelingt, Elemente des Wettbewerbs der Länder untereinander einzuführen, dann kann es kaum Fortschritte bei der Wirtschaftsentwicklung der Länder selbst geben.
Das können wir auch am Berliner Beispiel studieren. Nehmen wir nur unseren Finanzsenator – ich weiß nicht, wo er gerade ist –, der an der Steigerung der Wirtschafts
Und noch eines: In Europa leben wir doch längst im Wettbewerbsföderalismus. Ich war vergangene Woche in Görlitz. Ich kann Ihnen sagen, es gibt kein geeigneteres Feld, sich über die Wirkungen des Wettbewerbsfödera
lismus auf der einen und unseres bundesdeutschen solidarischen Föderalismus auf der anderen Seite kundig zu machen. Sie können dort studieren, was wir falsch machen, wenn wir an unserer Form des Föderalismus auf Dauer festhalten. Da gibt es eine Grenze, die können Sie mit einer Fußgängerbrücke überqueren, die ist mitten in der Stadt, eine Wirtschaftsgrenze. Auf der einen – der polnischen – Seite haben Sie attraktive Wirtschaftsbedingungen, niedrige Steuern, niedrige Preise, flexible Regelungen, und auf der anderen Seite haben wir schöne Fassaden, aber hohe Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit.
Ich komme! – Da sind Sie übrigens sehr viel weiter als der Kollege Ratzmann und die Grünen, die haben das bis heute nicht eingesehen, woran man auch erkennen kann, dass es mit den Grünen mit diesem Land nicht vorangehen wird.
kraft kein wirkliches Interesse hat, weil es für ihn ein Nullsummenspiel ist. Was er da fiskalisch gewinnen kann durch größere Wirtschaftskraft, das verliert er beim Länderfinanzausgleich gleich wieder. Dementsprechend stark sind seine Anstrengungen dafür, wie übrigens die Anstrengungen des gesamten Senats.
Was meinen Sie oder der Kollege von der PDS eigentlich, wie lange sich die Bürger in den Geberländern der Bundesrepublik diese Haltung gefallen lassen werden? Was glauben Sie eigentlich, wie lange sie das akzeptieren werden? – Sie brauchen nicht weit zu gehen – ja gerade Sie bei der PDS – um Ähnliches zu sehen: Der Bezirk Hellersdorf, der war ein Beispiel für ein solches Finanzgebaren. Ein Bezirk, der hemmungslos seinen Etat überzog, weil er für die Finanzen nicht verantwortlich ist.