Protokoll der Sitzung vom 28.10.2004

Herr Henkel, beim letzten Mal sagten Sie noch, dass dies eine Einzelmeinung sei. Sie wollten eine Anhörung dazu, den Sachverstand hören. Hat die Anhörung stattgefunden?

[Henkel (CDU): Durchgeführt!]

Davon hätte ich gern einmal das Protokoll.

Wenn Sie glauben, dass das aus den Schulen muss, muss es dann auch aus dem Straßenbild entfernt werden? Wie weit geht die Forderung der CDU?

Ich glaube auch, dass die CDU für Integration ist. Das will ich Ihnen gar nicht absprechen, auch wenn der Kollege Wansner den Kopf schüttelt. Ich glaube in Ihrem tiefsten Innern ist es so, Herr Wansner. Mit dieser Vorgehensweise erzeugen Sie allerdings immense Kollateralschäden.

[Niedergesäß (CDU): Wir haben schon Kollateralschäden!]

Sie werfen uns auf dem Weg zum gemeinsamen Ziel der Integration zurück.

Ich denke, es ist klar, dass wir den Kampf gegen gewaltbereite Islamisten nur gewinnen, wenn wir die übergroße Mehrheit an friedfertigen und toleranten Muslimen mit Respekt und Besonnenheit behandeln. Das muss Grundkonsens sein.

[Beifall bei der FDP und der PDS]

Nur so können wir verhindern, dass Muslime sich von unserer Gesellschaft und unseren Werten, die wir verteidigen müssen und werden, abwenden.

Die Neutralitätspflicht ist für Liberale wichtig. Es ist aus unserer Sicht ein richtiger Verfassungsgrundsatz, mit dem man entweder das Tragen von Symbolen erlauben

Herr Kollege Wansner! Ist es zutreffend, dass vor wenigen Jahren ein Landesvorsitzender der Milli Görüs und Mitglied des Kreuzberger Kreisverbandes die Partei verlassen musste und jetzt wieder Mitglied bei Ihnen ist und mit Ihnen wieder überall zusammen auftaucht? Ist das die Art von Integration – mit Milli Görüs–, die Sie praktizieren?

Herr Mutlu! Im Gegensatz zu Ihnen setzen wir uns möglicherweise mit Milli Görüs auseinander. Ich wäre traurig darüber, wenn wir das Feld in dieser Stadt Milli Görüs überließen. Das heißt, wir sind in einer politischen Diskussion mit diesem Kreis. Wenn sich Menschen aus diesem Kreis verabschieden und ihre politische Heimat in einer demokratischen Partei finden, können wir darüber dankbar und froh sein.

oder verbieten kann. Man kann nur nicht sagen: Das eine Symbol gefällt mir besser als das andere. Wir haben gesagt: Gleichbehandlung.

Nun komme ich zu den Zahlen, die den religiösen Hintergrund in Berlin beleuchten: Von den Berlinern sind 22,2 % in der Evangelischen Kirche, 9 % in der Katholischen Kirche, 0,3 % sind jüdischen Glaubens und 6,2 % islamischen Glaubens. 62,5 % der Bevölkerung sind konfessionslos. Dann komme ich zu der Behauptung, Berlin sei ein tief christlich-religiöses Land, und deshalb könne es eine Ausnahme für christliche Symbole geben: Das sehe ich durch diese Zahlen in keiner Weise gedeckt.

[Beifall bei der FDP und der PDS]

Unsere Geschichte ist so, wie Sie sie beschrieben haben. Unser Erbe rührt da her. Unsere Grundwerte leiten sich daraus ab. Nur daraus verbindlich für die Zukunft zu sagen, dass das Kreuz zugelassen werden kann, aber andere Symbole nicht, diese Auffassung teilen wir nicht. Religion ist Privatsache. Deswegen haben wir von Anfang an, seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, gesagt: Verbot aller religiösen Symbole in sensiblen Bereichen im öffentlichen Dienst – Polizei, Justiz, Bildung. An dieser Position der FDP hat sich auch nichts geändert.

[Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Ritzmann! – Wir sind noch nicht am Ende. Herr Kollege Wansner hat um Kurzintervention gebeten und erhält das Wort. – Bitte schön!

[Unruhe bei der PDS – Brauer (PDS): Jetzt geben Sie es mal diesen Kapitalisten!]

Im Gegensatz zur FDP ist die CDU eine Volkspartei. Und in einer Volkspartei, Herr Ritzmann, sind alle Menschen, alle Glaubensrichtungen vertreten.

Ich bin als Kreisvorsitzender der CDU FriedrichshainKreuzberg stolz darauf, dass zu meinem Kreisverband inzwischen fast 100 Menschen türkischer Herkunft gehören.

[Beifall bei der CDU]

Wir haben Ortsverbandsvorsitzende türkischer Herkunft. Der JU-Vorsitzende der CDU Friedrichshain-Kreuzberg ist türkischer Herkunft. Das heißt, wir sind möglicherweise weiter als Sie.

[Ritzmann (FDP): Wir reden über Religion!]

Ich verwahre mich dagegen, uns von Ihnen unterstellen zu lassen, dass wir gegen die Integration in dieser Stadt seien. Im Gegensatz zu Ihnen haben wir die Integration immer gefordert, allerdings pragmatisch und nicht wie Sie mit Thesen, die nicht durchsetzbar sind.

[Doering (PDS): Was wollen Sie denn jetzt sagen?]

Herr Kollege! Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Mutlu?

[Unruhe – Henkel (CDU): Was machen wir denn nun? – Bei Kurzinterventionen gibt es keine Zwischenfragen!]

Bei Ihnen ganz besonders gern!

Bitte schön!

[Beifall bei der CDU]

Danke schön, Herr Kollege Wansner! – Herr Kollege Ritzmann antwortet nun auf die Kurzintervention.

Herr Wansner! Ich freue mich, dass es auch in der CDU Menschen türkischer Herkunft gibt. Wir haben aber in erster Linie über Religion gesprochen. Es ist nicht automatisch so, dass jeder Türke Moslem ist. Das haben Sie wohl ein wenig missverstanden.

Ich halte es auch für problematisch, sich als CDU aus dem Fenster zu lehnen, wenn wir die kürzlich angedachte Unterschriftenaktion mit einer ähnlichen Problematik wie beim letzten Mal anschauen.

[Beifall bei der FDP, der SPD und der PDS]

Da kommen dann Leute an den Stand und fragen: Kann ich hier gegen Türken unterschreiben? – Das haben Sie dann abgeblasen.

[Zurufe aus der CDU und der PDS – Niedergesäß (CDU): Die war doch nie angeblasen!]

Das finde ich auch richtig. Der Berliner Landesverband der CDU hat aus meiner Sicht keine besonders gute Performance abgegeben. Deswegen kann man die Position der FDP und der anderen Kollegen im Haus durchaus nachvollziehen.

[Beifall bei der FDP und der PDS]

Vielen Dank, Herr Kollege Ritzmann! – Zu beiden Vorlagen empfiehlt der Ältesten

Vizepräsident Dr. Stölzl

Lfd. Nr. 13 ist bereits durch die Konsensliste erledigt. Lfd. Nr. 14 ist bereits mit der Aktuellen Stunde behandelt worden. Die lfd. Nrn. 15 bis 18 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

rat die Überweisung federführend an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung und mitberatend an die Ausschüsse für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz sowie für Jugend, Familie, Schule und Sport. Die Fraktionen haben sich nunmehr auf eine zusätzliche Überweisung an den Rechtsausschuss verständigt. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.

Lfd. Nr. 10 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Ebenso ist die

lfd. Nr. 11:

I. Lesung

Gesetz zur Einrichtung einer Härtefallkommission

Antrag der Grünen Drs 15/3278