Vom Senat werden bereits Projekte gefördert, die an den Stärken der Einwanderinnen und Einwanderer ansetzen. Beim Integrationsbeauftragten Günter Piening ist das Modellprojekt „Qualifizierung für interkulturelle Arbeit“ angesiedelt. Es richtet sich an langzeitarbeitslose Zuwanderer, die Sozialhilfe beziehen. Deren Kompetenzen, deren Sprachkenntnisse und deren Erfahrungen sollen und müssen genutzt werden. Erfolge konnten vor allem durch Qualifizierung von Einwanderern in der Altenpflege und als Dolmetscher im Gesundheitswesen erreicht werden.
Aber wie üblich, das halb leere Glas: Es gibt noch viel zu tun. Die Bearbeitung von Einbürgerungsanträgen soll künftig statt zweieinhalb Jahren nur noch sechs Monate dauern. Nicht nur für hier lebende Ausländer, sondern auch für Unternehmer aus aller Welt ist die Willkommenskultur in unserer Ausländerbehörde eher ein Hürde als eine Einladung. Rot-Rot will hier Reformen.
Wer in diesen Tagen aufrichtig um Aufklärung bemüht ist, wer Integration will, sich aber auch mit den fortschritts- und menschenfeindlichen Entwicklungen des Islams auseinander setzen will, muss an der Seite der kritischen und modernen Muslime stehen, statt den Dialog auf das gemeinsame Singen der Nationalhymne zu beschränken.
Wir sollten heute aus dem Berliner Parlament das deutliche Zeichen senden: Ihr seid hier erwünscht, ihr bereichert unsere Stadt, und die Probleme werden wir gemeinsam lösen.
Danke schön! – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich einen Hinweis geben: Achten Sie bitte – Sie haben eben gemerkt, wie das stört – auf Ihre Handys. Das gilt auch für Ihren Nachbarn oder Ihre Nachbarin. Bitte überlegen Sie
Diesen Kernbereich, insbesondere das Selbstbestimmungsrecht der Frau, zu verletzen, dürfen wir nicht hinnehmen – nicht unter dem Deckmantel kultureller Differenz und nicht mit der Rechtfertigung vermeintlich über
geordneter staatlicher Interessen. Um ihn zu schützen, ist es geboten, das staatliche Gewaltmonopol einzusetzen. Ich sage hier durchaus selbstkritisch, dass wir alle in manchen Bereichen zu lange gezögert haben, bevor wir erkannt haben, dass die Grenzen überschritten worden sind, dass wir zu lange gewartet haben, bis wir energisch gegengesteuert haben. Plurale, multikulturelle Gesellschaften sind kein Ort der Harmonie und des Laisserfaire, ihre Grundlage ist das Ergebnis des Aushandelns und des kulturellen Wandels, nicht des staatlichen Diktats auf der Grundlage einer vermeintlichen Leitkultur.
Wir wollen die Integration in diese offene Gesellschaft, weil sie eine Stärke für den Fortschritt und die gesellschaftliche Entwicklung ist. Das erleben wir doch gerade weltweit. Es ist faszinierend, dass insbesondere die Jugend das macht, was bislang nur dem aufgeklärten Bürgertum vorbehalten war: sich weltweit in Parallelgesellschaften bewegen zu können Man versteht sich von Tokio bis LA, von Stockholm bis Palermo immer mehr, weil man der gleichen Musik, den gleichen Klamotten und gleichen Vorbildern huldigt, weil man die Sprachen beherrscht und weil man sich weltweit zu gleichen Themen engagiert. Das ist kultureller Wandel zum Anfassen. Der entsteht hier in Berlin an der Schnittstelle der Kulturen. Das zu fördern, ist unser Potential in Berlin. Die international erfolgreiche Weltbürgerin des 21. Jahrhunderts ist eine Deutsche mit türkischem oder arabischem Ursprung, die mehrere Sprachen beherrscht, insbesondere osteuropäische, und die aus Berlin kommt. Das muss unser Leitbild sein.
Jetzt fahren wir fort. Die Fraktion der Grünen hat das Wort. – Herr Abgeordneter Ratzmann – bitte sehr!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Berlin ist eine multikulturelle Stadt, und wer das in Frage stellt, stellt Berlin in Frage.
Herr Henkel, wer Ihre Ausfälle zur Rede von Herrn Liebich mitverfolgt hat, dem fällt bei dem Satz, den er von Ihrem Kollegen Landowsky zitiert hat, als erstes ein: Wo Henkel ist, da wird es peinlich.
Der schreckliche Mord an Theo van Gogh im so liberalen Holland und die darauf folgenden Anschläge auf Moscheen haben an uns allen gerüttelt. Wir alle mussten uns fragen, wie wir anders auf zunehmenden Fundamentalismus reagieren müssen und was wir in der Vergangenheit falsch gemacht haben. Leider ist das nachdenkliche Fragen über das Miteinander unterschiedlicher Religionen und der damit verbundenen Kulturen schnell einem generellen Abgesang auf die plurale, integrative Gesellschaft gewichen. Nicht mehr die Auswüchse religiösen Fundamentalismus bestimmen die Debatte. Wir reden wieder über die deutsche Leitkultur, unter die sich alle unterzuordnen haben, zumindest soweit sie aus dem Ausland kommen. Die CDU verkündet das Scheitern von Multikulti und reduziert die Probleme der integrativen Einwanderungsgesellschaft auf die Notwendigkeit, die Werte des christlichen Abendlandes als Grundlage unserer Gesellschaft gegen den Islam zu verteidigen. Es gibt keine Menschen aus der Türkei, aus Korea, aus Vietnam, Auswanderer und Aussiedler aus Russland oder dem Kosovo mehr, es gibt nur noch Christen oder Moslems. Wer so an die Probleme herangeht, wird sie verschärfen und nicht lösen.
Wir sind eine Gesellschaft paralleler Welten, nicht nur in Berlin, aber besonders hier. Wer das in Frage stellt, ist ein Fundamentalist.
Unsere Gesellschaftsordnung basiert auf den grundlegenden Werten der Menschenwürde, einem demokratischen, sozialen, rechtsstaatlich verfassten Staatswesen, auf Freiheit, Toleranz, Respekt und Pluralität. Das gilt es zu verteidigen. Das hat jeder zu respektieren, der hier lebt oder der hier leben will.
Dazu brauchen wir Sprachkompetenz und Bildung. Das sind die Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration. Dazu gehört auch die Vermittlung von Werten.
In diesem Zusammenhang hilft uns auch kein islamischer Feiertag. Wir sollten uns hier in Berlin allmählich dazu bekennen, was wir auf diesem Gebiet wollen. Der unkontrollierte Gemischtwarenladen an den Schulen ist jedenfalls die schlechteste Lösung. Wir sind noch vertraglich und finanziell an die Kirchen gebunden, aber es ist höchste Zeit, umzusteuern und die Wertevermittlung staatlicherseits in die Hand zu nehmen, auch um Auswüchse wie den unkontrollierten Islamunterricht zu verhindern. Es ist doch absurd, dass das Kopftuch aus den Schulen verschwinden soll, um dann die Tore wieder weit aufzumachen und die islamische Föderation hereinzulassen.
Was allerdings in den Gottesdiensten passiert, ist deren Sache. Wir werden es schwer haben und es ist auch nicht wünschenswert, dort hinein zu regieren. Es wird uns nicht helfen, wenn die Imame ihre Tiraden auf Deutsch ablassen müssen. Wir müssen es erreichen, dass die Ausübung
Vor diesem Hintergrund betrachten wir es mit Sorge, dass sich die Integrationsmaßnahmen des Aufenthaltgesetzes nur auf die Neuzuwanderer und -wanderinnen beziehen. Unsere Probleme bestehen mit denjenigen, die hier bereits leben. Wenn wir hier dazu übergehen, die notwendigen Integrationsmaßnahmen auf Grund fehlen
der finanzieller Mittel zu kürzen, werden wir das Problem auch künftig nicht in den Griff bekommen. Wir brauchen Sprachkurse. Wir brauchen sie als verbindliche Angebote für diejenigen, die hier leben. Sie müssen mit der Perspektive verbunden sein, die Basis für ein Fortkommen in dieser Gesellschaft zu sein, um sich einen dauerhaften Lebensunterhalt zu sichern, und dürfen nicht mit der Aussicht auf Abschiebung verbunden sein.
Integration ist eine große Aufgabe. Sie verlangt viel Bereitschaft, in erster Linie von denjenigen, die als Migranten und Migrantinnen und mit anderen kulturellen Hintergrund zu uns gekommen sind, aber auch von denen, die hier schon leben. Wenn es diese Bereitschaft gibt und sie gefördert wird, wenn die jeweiligen kulturellen Grenzen durchlässig sind, dann ist die kulturelle Vielfalt eine Stärke für Berlin. – Vielen Dank!
der Religion in der gesellschaftlichen Realität stattfindet. Dazu ist Akzeptanz angezeigt und nicht Ausgrenzung. Auch die islamischen Religionsgemeinschaften sollten endlich dazu kommen, ihre Existenz staatsvertraglich verbindlich zu regeln. Wir müssen es erreichen, dass die Vertreter der Weltreligionen hier in der Bundesrepublik ihre Ausbildung machen können, damit die Religionsgemeinschaften nicht auf Missionare, die kaum lesen und schreiben können, angewiesen sind.
Wir brauchen diese Multiplikatoren. Wir brauchen sie, um in diese Communities zu gelangen, denn ihr Wort, ihre Vorbildfunktion zählt, manchmal mehr als jedes Gesetz. Wenn die Imame erklären würden, dass die Teilnahme der Mädchen am Sportunterricht notwendig ist, dann wäre dies wirksamer als so manche nachgehende Kontrolle, Herr Zimmer.
Wir müssen Perspektiven anbieten, und dann muss uns auch nicht vor Parallelgesellschaften bange sein. Wenn sie durchlässig sind, funktionieren sie. Nur wer eine Perspektive in seinem Aufenthalt sieht, wird sich engagieren, wenn es nicht für sich selbst ist, dann zumindest für seine Kinder. Deshalb funktioniert auch die USamerikanische Einwanderungsgesellschaft. Dort kennen wir die Ghettos, aber wer will, kann es aus ihnen heraus schaffen, beispielsweise aus Chinatown, zumindest in der zweiten Generation. Das hängt damit zusammen, dass die dort geborenen Kinder von Anfang an US-Bürger sind. Für ihr Fortkommen engagiert und arbeitet die ganze Familie. Das erfordert Identifikation. Die hat aber nur der, der weiß, dass er bleiben kann und eine Chance zum sozialen Aufstieg hat. Es ist nicht die kulturelle Differenz, Herr Zimmer, die das Problem ausmacht, es sind die damit verbundenen sozialen Probleme.
Wenn die Chance zum sozialen Aufstieg fehlt, gibt es den Rückgriff auf die tradierten kulturellen Werte und die Abschottung. Wir haben in Berlin kein Problem mit einer Zehlendorfer türkischen Community, die zum Konzert an den Gendarmenmarkt fährt, wohl aber mit dem Soldiner Kiez und dem Rollbergviertel, weil sich dort der soziale Abstieg mit der kulturellen Abschottung paart. Genau in diese Felder müssen wir hinein. Das wird aber nur mit den Migrantinnen und Migranten gemeinsam gelingen. Wir brauchen ihre Kompetenz zur Vermittlung, zur Kommunikation, wir brauchen sie im öffentlichen Dienst, in der Justiz, in der Polizei und in den Ämtern. Wir müssen an dieser Stelle fordern, aber wir müssen auch fördern, damit wir gemeinsam die Probleme lösen können.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Vergangenheit hat es in Deutschland drei Integrationsmodelle gegeben. Das eine war das der Linken: Romantik, Träume, Multikulti, eine gewisse Naivität.
Dieses Modell ist gescheitert, Herr Liebich. In Ihrer Rede kam relativ wenig Kritik am eigenen Modell zum Ausdruck. Bei den Konservativen wurde bis zuletzt geleugnet, dass wir ein Zuwanderungsland sind. Noch vor wenigen Jahren wurde gesagt: Die gehen alle wieder. Da müssen wir uns nicht besonders engagieren. – Da sind offenbar die Fakten ignoriert worden, vermutlich sogar der eigene Verstand. Jetzt stehen Sie vor den Trümmern Ihrer eigenen Ignoranz, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU.
Die FDP ist die erste Partei gewesen, die im Bundestag ein Zuwanderungsgesetz eingebracht hat. Es sollte der Steuerung der Zuwanderung dienen, es sollte unterschieden werden zwischen Zuwanderung und Asyl, und es ging um die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes. Das war den Linken nicht links und den Rechten nicht rechts genug. Wir konnten uns in den 90er Jahren in der Bundesregierung nicht durchsetzen, das ist der selbstkritische Ansatz.
Die konkreten Probleme liegen bei der Integration schwerpunktmäßig bei der Bildung – das ist bereits angesprochen worden –, bei den Arbeitsplätzen – dazu wird Rainer-Michael Lehmann in der zweiten Rederunde etwas sagen – und der Kriminalität.