Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen heute über das wichtigste Projekt in den neuen Bundesländern sprechen – über den neuen Flughafen Berlin-Brandenburg International.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 64. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie alle, unsere Gäste und Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.
Bevor wir mit der Tagesordnung beginnen, habe ich eine traurige Pflicht zu erfüllen und bitte Sie, sich zu erheben.
Reimund Helms gehörte von 1985 bis 1987 der ALFraktion des Abgeordnetenhauses an. Von 1991 bis 1995 war er Mitglied der Grünen-Fraktion unseres Parlaments.
Mit Reimund Helms verliert Berlin einen Parlamentarier, der sich durch seine Kompetenz in der Arbeitsmarktpolitik und sein großes soziales Engagement auszeichnete und bei allen Fraktionen hohes Ansehen besaß. In die parlamentarische Arbeit brachte der gelernte Drucker seine langjährigen Erfahrungen als Personalrat, Gewerkschafter und vor allem auch als Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Kreuzberg ein. Im Abgeordnetenhaus ist Reimund Helms als leidenschaftlicher, aber stets sachlicher und fairer Diskussionspartner in Erinnerung. Er war ein leidenschaftlicher Verfechter der freien Rede im Parlament, und er sprach immer ohne Manuskript, höchstens ausgerüstet mit einem winzigen Stichwortzettel, aber auch immer mit Geist und Witz, wie Sie sich erinnern können.
Wir trauern um Reimund Helms. Unsere herzliche Anteilnahme gilt seiner Ehefrau, unserer Kollegin Barbara Oesterheld. Wir fühlen uns Frau Oesterheld in diesen Tagen, die für sie schwer sind, zutiefst verbunden.
Bündnis 90/Die Grünen zieht folgende Anträge zurück: „Härtefallkommission jetzt neu einrichten“ – Drucksache 15/1006 –, dann „Einbürgerung dezentralisieren – Änderung des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung“ – Drucksache
15/2005 – sowie „Humaner Umgang mit Flüchtlingen – Vorgriffsregelung zum Zuwanderungsgesetz“ – Drucksache 15/3128 –.
1. Antrag der Fraktion der SPD und der PDS zum Thema: „Sicherheit in Berlin – erfolgreiche Bekämpfung der Kriminalität fortsetzen und intensivieren“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Jobmaschine Flughafen in akuter Gefahr – was tut der Regierende Bürgermeister in Zeiten von Rekordarbeitslosigkeit und Hartz IV dagegen?“,
In den letzten Tagen und Wochen konnten wir uns alle vor Zuspruch und Schulterklopfen aus den anderen Bundesländern kaum retten: „Prima, wie ihr das mit dem Flughafen macht!“, habe ich aus Hessen, aus Bayern und aus Sachsen gehört. Die einen waren glücklich, dass es sich nun doch lohnt, die neue Start- und Landebahn in Frankfurt zu errichten und mit viel Mühe durchzusetzen. Die Bayern sind froh, dass das zweite internationale Drehkreuz in München von uns nicht streitig gemacht wird, und die Sachsen schlugen vor, einen Transrapid nach Leipzig zu bauen, damit habe sich das Thema mit dem Großflughafen bei uns eh erledigt.
Mit dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Brandenburg und dem erneuten Scheitern einer wichtigen Planungsgrundlage des Flughafens vor Gericht ist ein enormer Ansehensverlust der gesamten Region BerlinBrandenburg verbunden. Planungsrecht gilt in Sachsen ebenso wie in Berlin und Brandenburg, und man fragt sich, warum es die Sachsen in kürzester Zeit schaffen, einen leistungsfähigen internationalen Airport aus dem Boden zu stampfen, während in Berlin-Brandenburg ein Wachstum allein bei der Anzahl der verlorenen Prozesse zu verzeichnen ist.
Das wichtigste Infrastrukturprojekt der neuen Länder – so wird es stets vom Senat und von der Landesregierung in Brandenburg genannt. Man fragt sich, warum der Senat es nicht mit der gebotenen Wichtigkeit und dem entsprechenden Nachdruck behandelt. Man hat den Eindruck, auf jede andere Maßnahme in Berlin wird mehr
Danke schön, Herr Kollege Kaczmarek! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr Frau Dr. Klotz, die Fraktionsvorsitzende, das Wort. – Bitte schön, Frau Dr. Klotz!
Zweitens: Nach dem Mord an der 23-jährigen Hatun Sürücü können und dürfen wir nicht zur politischen Tagesordnung übergehen, weil es nun in dieser Stadt Berlin mit tödlichen Verbrechen im Namen der Ehre, im Namen der Tradition, im Namen der Familie oder in wessen Namen auch immer, wirklich reicht. Diese angeblich im Namen der Ehre verübten Morde sind aus unserer Sicht nichts anderes als feige, schreckliche Verbrechen. Deswegen wollen wir heute darüber reden. Es ist auch nicht die erste Frau, sondern mittlerweile die sechste, die innerhalb von sehr wenigen Monaten wegen der angeblichen Familienehre umgebracht wurde.
Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob wir einen neuen Flughafen bekommen, sondern auch um die Frage, ob wir in der Region Berlin-Brandenburg in Zukunft wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen oder auf Dauer Kostgänger der anderen Länder sein wollen. Ich glaube, da kann es auch in diesem Haus nur eine klare Antwort geben. Berlin kann es sich gar nicht leisten, sich dieses Projekt nicht zu leisten.
Die CDU hat den Senat im Interesse der Sache immer unterstützt, ob es um den Abschluss der gescheiterten Privatisierung oder um den Antrag auf Weiterbau mit öffentlichen Mitteln ging – immer hat die CDU eine konstruktive Rolle vertreten. Dasselbe kann man hinsichtlich Brandenburg nicht immer behaupten. Manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich der eine oder andere in Brandenburg klammheimlich bei jedem Schlag gegen den Standort Schönefeld freut. Auch war die Rolle des jetzigen Ministerpräsidenten, als er noch Umweltminister war, wenig konstruktiv. Dazu irrlichtern noch namhafte Bundestagsabgeordnete der SPD über die märkische Heide und sabotieren das Projekt ganz offen.
An die Brandenburger Adresse sei ganz klar gesagt – damit keine falschen Hoffnungen aufkommen und damit es keine Missverständnisse gibt –: Es muss weitergehen mit dem Flughafenprojekt. Es gibt keinen geeigneteren Standort als Schönefeld, und jede neue Standortdiskussion führt nur zum Ende des ganzen Projekts. Wer jetzt meint, er könnte seinen Lieblingsstandort Sperenberg doch noch durch die juristische Hintertür durchsetzen, der irrt gewaltig, und der wird das ganze Projekt, das zentrale Projekt für die beiden Länder, damit gegen die Wand fahren.
Bei aller Liebe zu den Sachsen, Hessen und Bayern, die leistungsfähige und tatkräftige CDU-geführte Regierungen haben: Wir wollen nicht Kostgänger der wirtschaftlich starken Regionen Deutschlands bleiben. Wir wollen und müssen die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung in Berlin und Brandenburg selbst schaffen. Der neue Flughafen ist ein, wenn nicht der wichtigste Baustein dazu.
Deshalb wollen wir heute mit Ihnen über den weiteren Weg nach dieser erneuten juristischen Niederlage reden. „Augen zu und durch!“ führt zum sicheren Scheitern auch vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Das wollen wir nicht. Wir wollen das Projekt vorantreiben. Wir wollen das Projekt auf die richtige Bahn setzen. Jetzt muss gelten: Sorgfalt geht vor Schnelligkeit. Deswegen lassen Sie uns heute über den richtigen Weg zu einem neuen Flughafen für Berlin und Brandenburg reden. – Danke schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als der Vorstand der Fraktion der Grünen am Montag über das von uns vorzuschlagende Thema der Aktuellen Stunde sprach, waren wir uns in zwei Punkten sehr schnell einig. – Erstens: Das neuerliche Scheitern der Landesplanung für den Flughafenstandort Schönefeld ist ein Desaster, für das nicht nur ein Brandenburger Behördenleiter, sondern auch der Berliner Senat und auch der Regierende Bürgermeister höchstpersönlich zuständig und verantwortlich sind.
Ich persönlich teile die von der Rechtsanwältin Seyran Ates bei der Mahnwache am vergangenen Dienstag geäußerte Befürchtung, dass es nicht nur Befürworter, sondern vielleicht zukünftig auch Nachahmer gibt. Auch wenn wir dies heute noch nicht in der Kriminalstatistik nachlesen können, haben wir dennoch die Befürchtung. Aus diesem Grund ist es gut, „dass die Hauptstadt seit zwei Wochen nicht mehr zur Ruhe kommt,“ wie die „Zeit“ von heute schreibt. Und es ist allerhöchste Zeit, dass wir auch in diesem Hause die Debatte in ihrer ganzen Komplexität und Vielschichtigkeit und unter Verzicht auf einfache Antworten, aber auch ohne eine falsche Nachsicht hinsichtlich Tradition und Kultur führen.
Unser Vorschlag für die Aktuelle Stunde lautet: „Die Würde des Menschen ist unantastbar – Keine Integration ohne Gleichberechtigung von Frauen und Männern“, weil wir die Fragen der Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern, das Grundrecht auf ein freies, selbstbestimmtes und emanzipiertes Leben für den Kern des ganzen Problems halten. Wir müssen deshalb auch in diesem Haus darüber sprechen, wie dieser Grundwert viel stärker, viel konsequenter als in der Vergangenheit vermittelt werden kann – in den Schulen, in den Familien, in den Moscheen, aber auch in den Medien durch Erzieherinnen, durch Lehrerinnen, aber auch durch Lehrer und wichtige Persönlichkeiten der Community.
Das hätten wir heute gern in einem Entschließungsantrag und einer Debatte festgehalten – ich betone: in einem
Noch nicht berücksichtigt wurde auf der Dringlichkeitsliste TOP 4 e. Das ist der Antrag der Fraktion der CDU über Änderung des Schulgesetzes für das Land Berlin vom 26. Januar 2004 „Werteunterricht einführen – Ethik-, Philosophie oder Religionsunterricht wählen“, Drucksache 15/3689, was ich hiermit nachhole.
Bevor ich die erste Frage aufrufe, möchte ich Sie noch einmal auf die Änderung unserer Geschäftsordnung hinweisen. Im Anschluss an die Beantwortung konnten bisher immer vier Zusatzfragen gestellt werden, von denen zwei aus der Mitte des Hauses kommen konnten. Die neue Regelung, die wir beim letzten Mal schon erfolgreich geübt haben, sieht nunmehr insgesamt zwei Zusatzfragen vor, wovon eine Frage vorrangig der Fragestellerin oder dem Fragesteller zusteht.
möglichst einvernehmlichen Entschließungsantrag, der es nicht nur bei allgemeinen Worten belässt, sondern auch sehr konkrete Schritte verabredet. Wir sind aber mit den anderen Fraktionen überein gekommen, diesen Antrag zurückzustellen, um einen möglichst breiten Konsens herstellen zu können und am 17. März zu behandeln. Dieser Konsens kann allerdings nicht darin bestehen – dies sage ich in Richtung CDU, und wir werden es nachher noch diskutieren –, dass wir in Berlin einen verpflichtenden christlichen Religionsunterricht einführen. Das ist weder meine noch die Auffassung meiner Fraktion.
Ein aktueller Vorschlag von Herrn Piening, der gestern von der SPD aufgegriffen wurde, ist es, den 7. Februar zum Gedenktag zu machen, zum Gedenken an die Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind. Der 25. November ist der internationale Gedenktag der Gewalt gegen Frauen, und er geht zurück auf die Ermordung von den drei Schwestern Mirabel, die am 25. November 1965 in der Dominikanischen Republik vom militärischen Geheimdienst getötet worden sind, nachdem sie monatelang gefoltert worden waren.
Diesen Gedenktag gibt es seit 1981, und seit 1999 wird er von den Vereinten Nationen als ein offizieller Gedenktag angenommen. Wir sollten ihn in diesem Jahr unter die Thematik „Ehrenmorde, Zwangsverheiratung“ stellen.
Ich bin dennoch sehr dafür, miteinander zu verabreden, dass wir am 7. Februar nächsten Jahres darüber reden und Resümee ziehen, was wir in diesem einen Jahr außer zu sprechen tatsächlich zu Stande gebracht haben – in der Schulpolitik, bei den Integrationsmaßnahmen und auch beim Schutz von Frauen. Denn Kürzungen bei den Frauenhäusern sind mit Sicherheit die falsche Antwort auf die jüngsten Ereignisse. Vielleicht erkennen SPD und PDS dies vor dem aktuellen, traurigen Hintergrund.
Ich lasse über den Vorschlag der CDU abstimmen. Wer diesem Vorschlag für die Aktuelle Stunde seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Das ist gegen die Grünen. Enthaltungen? –Ersteres war die Mehrheit von SPD, CDU und FDP und PDS.
Die PDS – ja. Es ist aber jedenfalls so beschlossen. – Die anderen Anträge haben damit ihre Erledigung gefunden. Wir werden diese Aktuelle Stunde dann mit den Tagesordnungspunkten 12, 13 und 38 verbinden.