Protokoll der Sitzung vom 24.02.2005

[Dr. Lindner (FDP): Jetzt kommt der Verdi- Vertreter!]

[Ritzmann (FDP): Zu welchem Thema reden Sie?]

Zu Ihren Anträgen! Die machen ja den größten Teil des Tagesordnungspunktes aus. –

[Ritzmann (FDP): Sie müssen zum Thema reden! Sonst müsste die Präsidentin Sie zur Ordnung rufen!]

Vielen Dank für diesen Hinweis, Herr Ritzmann! Ich bin beim Thema und werde jetzt in die Anträge einsteigen. –

Grundsätzlich zu Ihren Anträgen: Sie haben ein Straßenbahnabbauprogramm vorgesehen.

[Beifall des Abg. Krestel (FDP)]

Ja, Herr Krestel! Genau! Sie haben sich entlarvt. Das kommt zwar so rüber, Straßenbahn – schnell und wirtschaftlich, drinnen steht jedoch: Straßenbahn muss weg. – Schön, dass Sie das hier jetzt offen zugeben!

[Frau Hämmerling (Grüne): Mogelpackung!]

Dazu brauche ich auch nicht viel mehr zu sagen, Herr Krestel! – Wir sehen die Straßenbahn als wichtigen Bestandteil des ÖPNV. Hunderttausende von Fahrgästen, die jeden Tag schnell und sicher ans Ziel kommen, das soll auch weiter so bleiben.

[Krestel (FDP): Stört mich beim Autofahren!]

Herr Krestel! Wenn Sie mit Ihrem Auto mal eine Minute länger brauchen, dann ist das zu verschmerzen. Davon wird die Stadt nicht untergehen, im Gegenteil, sie wird dadurch gewinnen, wenn der ÖPNV und die Menschen, die ihn nutzen, Vorrang haben.

heißen –, wonach das Land selbstverständlich niemals

Gaebler

Zum Metro-Netz: Lieber Herr von Lüdeke, ich glaube, die grundsätzliche Linie des Metro-Netzes ist die richtige. Das Netz zu straffen, es auf wichtige Linien zu konzentrieren und dann auch eine zuverlässige und nachvollziehbare Qualität anzubieten, das ist unstrittig der richtige Weg. Das Busnetz ist so, wie wir es über Jahrzehnte kennen und wie es gewachsen ist, auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Deshalb haben wir Anträgen für eine Rückkehr zum alten Netz, die auch von den Grünen kamen, immer vehement widersprochen.

Selbstverständlich steckt der Teufel im Detail. Aber das Plenum des Landesparlaments ist ein denkbar ungeeigneter Ort, um diese Details zu besprechen. Sicherlich haben Sie – wie ich auch – eine Fülle von Briefen, E-Mails und Faxe von Bürgern bekommen, die zum Teil berechtigte Beschwerden äußern, denen man nachgehen muss und denen ich auch im Einzelnen nachgehe – im Gespräch mit der BVG. In anderen Beschwerden steht nur schlicht und ergreifend: Ich fand es so schön, dass der Bus immer dort entlang fuhr. Nun ist das anders, und das finde ich nicht so gut! – Dazu kann man nur sagen: Man kann nicht jeden Wunsch erfüllen. Deswegen kann man nicht das ganze Konzept aus den Angeln heben.

Das wollen wir auch an anderen Stellen, auch im Busnetz. Wir werden uns mit dem Metro-Netz im Ausschuss noch intensiv beschäftigen. Deshalb heute nicht viel dazu. Was ich ein bisschen problematisch finde, ist Ihr schamloser Versuch, die Idee Metro-Netz zu klauen. Wir haben am 21. April letzten Jahres im Ausschuss von der BVG das Metro-Netz vorgestellt bekommen. Sie haben zwei Tage später einen Antrag eingereicht, der quasi das Konzept der BVG abschreibt. Das ist – finde ich – ziemlich peinlich. Das haben Sie nicht nötig. Deshalb brauchen wir über den Antrag nicht weiter zu reden.

Zum Dritten – dem Gesamtumgang mit der BVG: Dass Sie die BVG möglichst schnell zerschlagen und privatisieren wollen, ist inzwischen wohl stadtweit bekannt. Das brauchten Sie nicht jede Woche durch einen neuen Antrag zu unterstreichen. So, wie es in diesen Anträgen steht, hört es sich zwar gut an – als hätten alle etwas davon –, aber das glauben wir nicht. Wir glauben vielmehr, dass ein integriertes Angebot mit dem Netz, das wir in Berlin haben, nur von einem großen, leistungsfähigen und erprobten Verkehrsunternehmen erbracht werden kann. Deshalb wollen wir als Koalitionsfraktion, dass die BVG, wenn sie die Voraussetzungen dafür bietet, auch weiterhin gemeinsam mit der S-Bahn ein integriertes Verkehrsangebot leistet, und sind bereit, in Gespräche über eine marktorientierte Direktvergabe einzutreten. Die Voraussetzungen sind bekannt, wir haben sie auch hier bereits diskutiert. Das brauche ich nicht weiter auszuführen. Damit erledigt sich allerdings ein Großteil Ihrer Anträge.

Dass Sie jetzt aber auch noch sagen, die BVG solle keine Beteiligungen haben und die Busflotte nicht modernisieren, widerspricht Ihren anderen Aussagen, wonach sich die BVG auf den Wettbewerb vorbereiten und ein kundenorientiertes und kundenfreundliches Angebot machen soll. Wie soll man ohne Busse bzw. mit veralteten Bussen ein kundenorientiertes Angebot machen? – Herr von Lüdeke, das bleibt Ihr Geheimnis. Deswegen werden wir Ihre Anträge auch zum größten Teil ablehnen.

Dass der Senat einen BVG-Beteiligungsbericht vorlegt, halten wir für sinnvoll. Alles Weitere – dass er jetzt alles aufgeben soll oder Ähnliches – halten wir nicht für sinnvoll. Insofern bleibt nicht viel außer diesem Änderungsantrag, den wir beschlossen haben. Alles andere werden wir – wie gesagt – ablehnen. – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Das Wort hat der Abgeordnete Kaczmarek. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben einen bunten Strauß an Themen innerhalb dieser Anträge – von kleinteiligen Betrachtungen über das Verlegen von Haltestellen und neue Buslinien bis hin zur Mega-Frage: Was passiert mit der BVG in Zukunft? Wird sie für einen Euro verkauft oder nicht? – Das passt alles nur sehr bedingt zusammen, aber ich werde versuchen, das eine oder andere dazu zu sagen.

Insgesamt ist viel Richtiges gemacht worden, und besonders wichtig finde ich, dass die BVG zum ersten Mal in einem sehr umfangreichen Maße die Kunden als das betrachtet hat, was sie sind, nämlich als Kunden und nicht als Bittsteller, und sie auch entsprechend beteiligt hat. Dass man am Ende nicht jeden Wunsch erfüllen kann, ist auch klar. Aber Verbesserungen sind sicherlich nötig, und wir werden das im Verkehrsausschuss weiter beobachten und begleiten.

Wenn man ein Konzept in die Welt setzt, das dazu führt, dass man öfter umsteigen muss, dann sollten die Anschlüsse funktionieren. Da besteht aber – jedenfalls nach dem, was mir von den Kunden berichtet wird – ein erheblicher Mangel. Was auf dem Papier schön aussieht, ist vor Ort, wenn man z. B. den Anschlussbus nur noch wegfahren sieht und dann zwanzig Minuten im Regen auf den nächsten Bus warten darf, weit weniger erfreulich. Deswegen weiter verbessern, aber keine Grundrevision, sondern an den Details arbeiten!

Lassen Sie mich zu der Grundsatzfrage: „Ausschreibung, Verkauf, Filetierung oder was auch immer der BVG?“ noch drei Sätze sagen, obwohl wir darüber in dieser Legislaturperiode bereits recht häufig diskutiert haben! Der Streit zwischen Senator Sarrazin und den Koalitionssprechern Gaebler und Matuschek, der nun durch die Presse geht, ist einigermaßen bezeichnend. Ich hatte von Frau Matuschek nichts anderes erwartet, als dass sie nun mit aller Kraft versucht, den Wettbewerb zu verhindern und der BVG alles Mögliche zu versprechen. Die so genannten Bekennerschreiben an die BVG, wie sie gestern im Hauptausschuss so nett genannt wurden – eigentlich müssten sie wohl eher Bekenntnisschreiben

Zu Ihren Anträgen: Sie haben größtenteils hübsche Namen wie „ÖPNV mit Tempo!“, und wenn man sie von 1 bis x hintereinander weg liest, erschließt sich tatsächlich so etwas wie ein Konzept, und das heißt: ÖPNV mit Tempo zerschlagen! – Sie fangen damit an, dass die BVG keine Busse anschaffen darf. Dann wollen Sie die Straßenbahn zurücknehmen, weil die Straßenbahn den motorisierten Individualverkehr beeinträchtigt.

Dann kommen Sie mit Ihrer FDP-Variante zum MetroNetz, nämlich nur noch Hauptstrecken zu befahren auf Busspuren, die bezeichnenderweise in Straßenmittellage sein und mit Fußgängerinseln ausgestattet werden sollen. Das hätte im Übrigen wiederum zur Folge – wenn Sie denn konsequent wären –, dass Sie irgendwann sagen: Diese Busspuren beeinträchtigen den Autoverkehr – besonders wegen der Fußgängerinseln. – Die müssten dann also auch wieder abgeschafft werden.

Dann wollen Sie auch noch Park & Ride mit zusätzlichen Serviceeinrichtungen ausbauen. Das ist bereits möglich, funktioniert aber leider nicht so richtig. Dazu formulieren Sie den Zusatz: „bei freier Preisgestaltung der Parkgebühren“. – Das ist selbstverständlich sehr wichtig für die Förderung des ÖPNV, was Sie in der Überschrift als Ziel angeben.

nach das Land selbstverständlich niemals beabsichtigt, dieser BVG in irgendeiner Weise das Monopol zu entziehen, sind wahrscheinlich bei Frau Matuschek auf dem Computer schon in mehrfacher Version vorhanden und auf Knopfdruck verfügbar. Und Herr Gaebler scheint in eine ähnliche Richtung zu tendieren. Das ist schade.

Ich möchte nicht die BVG filetieren und auflösen – ganz und gar nicht! –, denn ich halte diesen kommunalen Verkehrsbetrieb für durchaus zukunftsfähig und zukunftsträchtig. Gerade die Zusammenführung der verschiedenen Kompetenzen macht den Reiz und die Leistungsfähigkeit der BVG aus, aber diese BVG sollte und muss sich auch dem Wettbewerb stellen.

Der Weg, den Senator Sarrazin andeutet, ist der richtige, nämlich einen Verkehrsvertrag abzuschließen, der einen erheblichen Teil an Fremdvergabe vorsieht – und zwar Fremdvergabe, die nicht von der BVG in Gutsherrenart auf eigene Rechnung durchgeführt wird, sondern von einer neutralen Stelle. Und wenn Sie den Verkehrsverbund nicht wollen, dann soll es sonst wer machen. Das ist mir relativ egal. Jedenfalls aber nicht die BVG selbst!

Auf diesem Weg kommt die BVG in eine Wettbewerbssituation, ohne in die Gefahr zu geraten, nun sofort vor dem Aus und dem Nichts zu stehen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine Garantie dafür, dass der Laden weiter läuft, aber sie haben auch einen Anreiz, sich mit privaten Unternehmen zu messen und ihr Angebot zu verbessern. Es muss doch unser aller Interesse sein – im Blick auf die Fahrgäste, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Landeskasse –, dass wir zu einem Wettbewerb unter den besten Lösungen kommen – nicht dem Wettbewerb der Lohntüte, sondern einem Wettbewerb der Qualität. Deswegen unterstützen wir den Finanzsenator an dieser Stelle ganz ausdrücklich. – Vielen Dank, meine Damen und Herren!

[Beifall bei der CDU]

Das Wort hat nun Frau Matuschek. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich dachte, wir reden heute über die vorliegenden Anträge und nicht über die ins Stocken geratenen Tarifverhandlungen zwischen dem kommunalen Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft Verdi. Ich möchte mich auf die vorliegenden und zu behandelnden Anträge beziehen und nicht neue Schauplätze aufmachen.

[Kaczmarek (CDU): Schade, das wäre interessant gewesen!]

Allerdings hat mich auch Herr von Lüdeke etwas verwirrt mit seinem Beginn, das Metro-Konzept sei quasi gescheitert, weil zu wenig Haltestellen abgeschafft wurden. Es waren immerhin 99. Hinterher kam dann noch der Schlenker, die Kunden seien damit nicht einverstanden, und deswegen sei das Metro-Konzept ebenfalls gescheitert. Bitte erklären Sie mir, nach welchen Regeln der formalen Logik Sie das in einen Satz hineinbekommen!

[Dr. Lindner (FDP): Das stimmt doch auch!]

[Dr. Lindner (FDP): Richtig! Sie haben es verstanden!]

Im nächsten Antrag kommt dann das Zubringerbusnetz.

Das soll dann allerdings mit Taxen passieren oder, wenn es gar nicht anders geht, mit Kleinbussen, die hat die BVG zurzeit gar nicht, die müsste sie sich anschaffen. Die darf sie aber nicht anschaffen, weil Sie ihr das verbieten wollen. Und dann kommen Sie noch ganz zum Schluss dazu, die Beteiligungen müssen sofort verkauft werden, egal, ob sie sinnvoll sind oder nicht, die müssen verkauft werden. Und dann schreiben Sie oben drüber: ÖPNV mit Tempo. Ich sage, der richtige Titel heißt: ÖPNV mit Tempo zerschlagen. Dem werden wir nicht zustimmen. Deswegen kann ich meine Redezeit vorfristig beenden.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Danke schön! – Für die Fraktion der Grünen hat nunmehr Frau Hämmerling das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Georg Herwegh schrieb das Gedicht:

Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust

Und dieses Gedicht endet:

Was ist zu tun? So, wie die Dinge sind, So schwank ich zwischen Wehmut und Gelächter.

Sie können diese Verkehrsmittel wahrscheinlich nicht einmal optisch unterscheiden. Also halten Sie sich doch am besten da raus. – Auch die Forderung nach Busspuren teilen wir. Allerdings müssen diese natürlich auch von den Fahrrädern genutzt werden können.

Zusammenfassend stellen wir zu Ihrem Antragspaket fest: Sie stellen sehr selten die richtigen Fragen, und noch seltener geben Sie die richtigen Antworten. Aber nie, wirklich überhaupt nie geben Sie auf die richtigen verkehrspolitischen Fragen die richtigen Antworten. Deswegen werden wir Ihre Anträge in überwiegender Zahl ablehnen.

Frau Kollegin! Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich seit 15 Jahren Besitzer einer Umweltkarte bin und die regelmäßig benutze?