Die Debatte über Hartz IV wird gegenwärtig bundesweit und parteienübergreifend geführt, und wir sollten die Chance nutzen, uns gemeinsam Veränderungen und Wege zu überlegen, wie diese Veränderungen herbeigeführt werden können. Ob sich die Bundesregierung genauso wie die konservative Opposition in diesem Sinn bewegen wird, ist im Übrigen auch ein Gratmesser für die Glaubwürdigkeit Ihrer vielen schönen Anträge, die Sie heute und in der Vergangenheit vorgelegt haben.
Danke schön, Frau Kollegin Breitenbach! – Und nun folgen die Grünen; Frau Kollegin Pop hat das Wort. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! – Zuerst sollten wir die Aktuelle Stunde in eine „Aktuelle Laberstunde“ umbenennen, weil es heute den Charakter einer Aktuellen Laberstunde hatte. Man erzählte etwas von Schule, über Globalisierung bis hin zur Unternehmensteuerreform.
Punkt 2: die bessere Betreuung und Vermittlung. Wir erinnern uns: Es gab einen Vermittlungsskandal der damaligen Bundesanstalt für Arbeit. Der bestand darin, dass der Großteil des Personals der Bundesanstalt keinen Erwerbslosen jemals gesehen hat, geschweige denn einen betreut oder einen vermittelt hatte. Das sollte sich ändern. Im Gesetz wurden Betreuungsschlüssel festgeschrieben. Ein Fallmanager sollte beispielsweise 75 Jugendliche betreuen. Und nun wird wieder in alter Art getrickst. Angeblich sei der Beratungsschlüssel bereits erfüllt, sagte Herr Wolf. Bei näherem Hinsehen entdeckt man, dass wahllos sämtliches Personal der Bundesagentur, von den Fahrern über die Putzkräfte bis hin zu den Pförtnern mitgezählt wurden. Dass sie die Jugendlichen betreuen, wage ich sehr zu bezweifeln. – Jetzt kann man einwenden, dass das Anfangsschwierigkeiten seien, die bald beseitigt würden. Doch wir kennen das: Wenn man den Anfang versiebt, wird das zumeist nicht besser. Der misslungene Anfang setzt sich fest, und bald heißt es: Man hat es immer schon so gemacht.
Der Berliner Senat hat schwach angefangen, sowohl Herr Wolf wie auch Frau Knake-Werner mussten sich zum Jagen tragen lassen. Herausgekommen ist eine Vereinbarung mit der Bundesagentur, die wenig regelt und für die aktuellen Schwierigkeiten mitverantwortlich ist. Das Personal aus dem landeseigenen Stellenpool wird
Gegen die Dringlichkeit erhebt sich offensichtlich kein Widerspruch. – Für die Beratung steht den Fraktionen jeweils eine Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort hat der Kollege Mutlu. – Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag ist nicht überflüssig – wie etwa in der gestrigen „Berliner Zeitung“ zu lesen war. Er kommt auch nicht zu spät. Darum geht es aber nicht.
jetzt erst – und wir haben März 2005 – für die Tätigkeit in den Job-Centern qualifiziert, obwohl Sie seit Oktober des letzten Jahres Hände ringend Personal suchten. – Nach wie vor ist völlig unklar, welche Schwerpunkte der Senat in der Beschäftigungspolitik setzt, und die Mittel werden massiv gekürzt. Laut rot-roter Finanzplanung wird die Arbeitsmarktpolitik bis 2007 um fast 60 % im Vergleich zu 2004 gekürzt. Da drängt sich der Eindruck auf, dass man da nichts tun will und kann und man hätte mit alledem ohnehin noch nie etwas zu tun gehabt. Und um Frau Breitenbach zu zitieren: Eigentlich waren wir schon immer dagegen.
Wir schlagen vor, die wenigen Ressourcen in Berlin für Jugendliche zu bündeln. Da reicht es nicht aus, den berühmten Sägenschein oder den europäischen Internetführerschein als Teilqualifizierung anzubieten. Die Jugendlichen brauchen Schulabschlüsse und Ausbildungen, um einen guten Start ins Berufsleben zu bekommen. – Danke schön!
Vielen Dank, Frau Kollegin Pop! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden. Die Große Anfrage ist begründet, beantwortet und besprochen.
Zum Antrag der Fraktion der Grünen auf Drucksache 15/3711 – Stichwort: Zuverdienstregelungen – sowie zum Antrag der Regierungsfraktion auf Drucksache 15/3729 – Stichworte: Gleichstellung von Frauen und Männern – empfiehlt der Ältestenrat jeweils die Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen. Zum Antrag der Fraktion der FDP – Stichwort: Ein-EuroJobs – wird die Überweisung federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Betriebe und Technologie sowie mitberatend an den Ausschuss für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen empfohlen. Ich höre zu diesen Überweisungen keinen Widerspruch, dann verfahren wir so.
Zum Entschließungsantrag der CDU – Drucksache 15/3775 – erfolgt die sofortige Abstimmung. Wer dafür stimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön! Das ist die Fraktion der CDU. – Gegenstimmen? – Das sind die Regierungsfraktionen und die Grünen. Enthaltungen? – Dann ist das mit den Enthaltungen der FDP mehrheitlich abgelehnt.
Wir wollten den Konsens, wir wollten, dass das gesamte Haus bei diesem wichtigen Thema, das unsere Stadt und unsere Gesellschaft berührt, an einem Strang zieht und ein Zeichen setzt. Ich begrüße es außerordentlich, dass es gelungen ist, eine deutliche Mehrheit des Hauses hierfür zu gewinnen. Ich bedauere es, dass die FDP – trotz inhaltlicher Zustimmung – sich nicht unter diesem Antrag wiederfindet.
Es mag ja sein, dass dieser Antrag einigen hier im Hause nicht konkret genug ist. Sie sollten aber nicht vergessen, dass es sich um einen Entschließungsantrag handelt.
Der Vorwurf, dass wir – und damit meine ich uns alle in diesem Haus – nichts oder wenig zu diesem Thema gemacht haben, ist falsch. Seit Wochen diskutieren wir in den Ausschüssen, wie der Problematik von Zwangsheirat und Ehrenmorden entgegengewirkt werden kann. Anfang der Woche haben wir bespielsweise im Innenausschuss das Thema Zwangsheirat noch einmal im Detail erörtert und die Drucksache 15/3454 beraten, die wir nachher beschließen werden, die im übrigen wesentliche Forderungen des Antrags der Grünen aus November 2004 übernommen hat, worüber wir uns freuen.
Um Frauen in Berlin besser zu schützen, braucht Berlin nicht auf den Bund oder den Bundesrat zu warten. Entscheidend ist auch nicht, an welcher Stelle im Strafgesetzbuch Zwangsverheiratung verboten wird. Entscheidend ist, dass den Opfern konkret geholfen wird.
Last but not least, brauchen wir die Autoritäten der Migrantenvereinigungen als Partner, die Migrantenverbände sind gefordert, wir müssen auf die Moscheen und Imane zugehen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur meistern können, wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen. – Ich danke Ihnen!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Diskussion, die wir in den letzten Monaten in diesem Haus zu diesen Themen geführt haben, war nicht immer sachgemäß. Mein Eindruck bei Diskussionen in drei Ausschüssen war jedenfalls, dass wir vor lauter Betroffenheit nicht mehr so sehr an die betroffenen Frauen und Kinder gedacht haben. Mitunter artete das in einen Wettbewerb aus, wer als erster eine Presseerklärung herausgegeben hat, wer am stärksten betroffen ist. Wenn sich solche emotionalen Debatten ereignen, ist das offensichtlich für viele immer noch die Möglichkeit, dem politischen Gegner eins auszuwischen. Dies ging bis zu der Behauptung, der Bildungssenator Böger trage eine Mitverantwortung an Gewalttaten in Berlin.
Sie müssen wissen, wo sie unbürokratisch Hilfe erhalten, und dass sie bei der Auflösung einer Zwangsehe nicht abgeschoben werden.
Der Berliner Senat – und insbesondere die Berliner Ausländerbehörde – müssen anerkennen, dass Zwangsverheiratung als schwere Menschenrechtsverletzung eine besondere Härte im Sinne des Aufenthaltsgesetzes darstellt. Es ist erfreulich, dass der Innensenator in der Zwischenzeit – auf Druck insbesondere auch von unserer Seite – anerkannt hat, dass die Zwangsehe eine besondere Härte darstellt. Es ist auch sehr wichtig, dass z. B. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbehörde und der Standesämter geschult werden. Sie müssen in die Lage versetzt werden – so wie es bei Scheinehen immer wieder der Fall ist –, früh zu erkennen, ob eine Zwangsehe vorliegt, und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Frauen einleiten. Des Weiteren ist ein Opferschutzprogramm zu überlegen, um betroffenen und bedrohten Frauen eine neue Identität zu geben.
Der Senat muss zudem dafür Sorge tragen, dass Information und Aufklärung auch in die Öffentlichkeit getragen werden. Das gelingt nur, wenn Justiz, Polizei und andere Landesbehörden mit Frauenprojekten und Migran- tenorganisationen eng zusammenarbeiten. Mit Justiz und Polizei allein ist dieses Problem aber nicht zu lösen.
Wenn es um Integration und Prävention geht, kommt der Bildungspolitik eine große Schlüsselrolle zu. Schule muss zu einem Ort werden, an dem unsere Grundwerte vermittelt werden. Hierzu muss es eine Bearbeitung der Themen wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Rollenverständnis und gewaltfreies Miteinander geben. Schule muss mehr Raum für Projekttage bieten, um eine Kultur des wechselseitigen Respekts und der Anerkennung zu fördern. Schülerinnen und Schüler müssen diese Grundwerte im schulischen Alltag als gültig erfahren, um sie sich anzueignen und als handlungsleitend verinnerlichen zu können. Gerade in der Schule muss jungen Männern vermittelt werden, dass Gleichberechtigung, das Recht der Frauen auf ein selbstbestimmtes Leben und das Recht auf körperliche Unversehrtheit unverzichtbarer Bestandteil unserer demokratischen Verfassung sind.
Um potentiell von Zwangsheirat bedrohten oder durch körperliche Gewalt unter Druck gesetzten Schülerinnen eine Chance zu geben, rechtzeitig Hilfe zu suchen, müssen in der Schule Informationen zu ihren Rechten sowie zu konkrete Hilfsmöglichkeiten im Konfliktfall vermittelt werden. Wir sind auch der Auffassung, dass Schulen mehr Raum zur Vermittlung universeller Werte bieten müssen, mehr Raum für den Dialog, für den Austausch und auch für die Auseinandersetzung. Nicht zuletzt wegen der zunehmend multikulturellen und multireligiösen Bevölkerung Berlins gibt es einen wachsenden Bedarf an Informationen über Weltdeutungssysteme, Weltanschau
ung und Religion. Deshalb – und das sage ich zum wiederholten Male – ist die Einrichtung eines eigenständigen bekenntnisfreien Faches LER, in dem sich Schülerinnen und Schüler über Werte und Sinnfragen auseinandersetzen können, sehr wichtig.
Ich komme zum Schluss, Herr Präsident! Ich hoffe, dass Sie mir auf Grund meiner derzeit angegriffenen Stimme ein bisschen mehr Zeit einräumen – eine Minute noch.