Thomas Kleineidam

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Danke sehr, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken – dieses Leitmotiv des rot-roten Senats beschreibt die Herausforderung und die Ziele der Berliner Integrationspolitik knapp, aber präzise. Dieses Leitmotiv ist Grundlage des Berliner Integrationskonzepts, das es weiter zu entwickeln gilt. Wir konnten vor wenigen Wochen in einer Tageszeitung einen Bericht lesen, wo dargestellt wurde, dass ein Bevölkerungswissenschaftler für das Jahr 2026 hochgerechnet hat, dass in diesem Jahr, also in 20 Jahren, 50 % der Berliner Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben werden. Das ist die Realität in unserer Stadt, und dieser Entwicklung müssen wir uns bereits heute stellen. Wir sollten also aufhören mit alten Debatten und uns nicht weiter die Köpfe darüber heiß reden, ob Multikulti gescheitert ist oder nicht. Wir haben eine multikulturelle Stadt, und die Frage ist, wie wir sie gestalten.
Auch Scheinlösungen, diejenigen, die immer meinen, bei Problemen der Integration sofort mit Abschiebung reagieren zu müssen, helfen uns nicht angesichts der Tatsachen, die wir im Land Berlin haben. Erforderlich ist die konkrete Arbeit in jedem Ressort. Das ist eine Querschnittsaufgabe im wahrsten Sinne des Wortes. Alle Ressorts müssen ihren Beitrag leisten, und sie müssen ihn zusammen leisten. Das ist das Entscheidende und das Neue an dem Integrationskonzept.
Die Herausforderungen für die Berliner Integrationspolitik sind deutlich beschrieben worden. Lassen Sie uns heute gemeinsam den Senat auffordern, diesen Weg mit dem Integrationskonzept weiterzugehen, es weiterzuentwickeln, damit wir in 20 Jahren friedlich und gut miteinander in dieser Stadt leben können. – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Frau Villbrandt hat gerade ausgeführt: Die Stadt braucht in der Integrationspolitik eine Vision, und das ist sicher richtig. Der Senat hat bereits im letzten Jahr ein klares Leitbild formuliert: Vielfalt fördern, Zusammenhalt stärken.
Bei den Grünen heißt das jetzt: Internationales Berlin – vielfältig und integrativ. Wo der neue Ansatz ist, hat sich mir auch nach Ihrer Rede nicht erschlossen. Ich glaube sogar, dass die Formulierung des Senats deutlich besser ist, weil sie zum Ausdruck bringt, dass gehandelt werden muss. Es ist keine Zustandsbeschreibung – vielfältig und integrativ –, sondern es wird gesagt, dass etwas gefördert, gestärkt werden muss und dass es Handlungsbedarf gibt. Das ist der richtige Ansatz.
Nachdem der Senat im letzten Jahr ein Integrationskonzept vorgelegt hat, haben sich auch die Grünen und die CDU Anfang dieses Jahres mit dem Thema auseinander gesetzt. Im März konnten wir von den Grünen 15 Vorschläge für die Integrationspolitik in der Öffentlichkeit wahrnehmen. Das war drei Tage nachdem der Kandidat Pflüger seinen Beitrag zur Integrationspolitik veröffentlicht hatte.
Nun haben wir aus beiden Papieren Anträge erarbeitet und zur Beratung vorgelegt bekommen. Die CDU ist allerdings so freundlich, uns die Vorschläge von Herrn Pflüger nur in kleinen Häppchen zu servieren. Heute gab es den dritten Happen. Ob die dadurch verdaulicher werden, weiß ich allerdings nicht. Neu ist jedoch die Art der Präsentation. Um die Grundsätze der Pflügerschen Integrationspolitik zu verbreiten, hat die CDU auf das alte Mittel der Gebetsmühle zurückgegriffen und in jedem Antrag – zum Glück haben wir heute Textbausteine – kommt der gleiche Text immer wieder. Wie gesagt: heute zum dritten Mal! Ob das dem Inhalt dienlich ist, wage ich zu bezweifeln.
Eines möchte ich ausdrücklich feststellen: Was mir an dem Integrationspapier der CDU imponiert hat, war die Formulierung, dass die Grenze nicht zwischen Deutschen und Ausländern, sondern zwischen rechtschaffenen Bürgern einerseits und Kriminellen und Extremisten andererseits verläuft. Wie man dann aber im gleichen Papier sagen kann: „Wir leben in Deutschland, die anderen sind gekommen.“ – also eine Formulierung gebraucht, die nur spaltet, statt Menschen zusammenzuführen –, das verstehe ich nicht.
Was hat uns die CDU konkret vorgelegt? – Dazu hörten wir: Imam-Ausbildung in Berlin, Aufenthaltsbeendi
gung und Rückkehr in das Heimatland – guter Integrationsansatz – und ein Welcome-Center. – Können Sie nicht wenigstens „Willkommenscenter“ sagen, damit man auch weiß, in welchem Land man angekommen ist?
Ich nenne auch gern Beispiele: Vorleseangebote ausbauen! – Dieses Angebot haben wir schon, und das kann man sicherlich ausbauen. Ich habe nichts dagegen. Aber das ist keine neue Idee. – Eine andere Forderung lautet: Sprachförderung zur elementaren Aufgabe der Kitas machen! – Offenbar hat man nicht bemerkt, was in dieser Wahlperiode passiert ist. Wir haben ein Bildungsprogramm für Kitas, wir haben Sprachtagebücher eingeführt, wir haben Fortbildung für Erzieherinnen und Erzieher zur Sprachbildung in den Kitas. Hier ist ein richtiger Schwerpunkt gelegt worden, und wir brauchen keinen Antrag, der das nur wiederholt.
Wirklich zu denken gibt mir der folgende Punkt im Antrag der Grünen: Präventionsarbeit in den Strukturen, in denen sich die betreffenden Personen aufhalten – welche „betreffenden Personen“ das auch immer sind! Hier folgt nun eine spannende Aufzählung: Männerteehäuser, Spielhallen, Jugendclubs und Moscheen. – Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen, welche Zusammenhänge Sie damit herstellen. An diesen Orten soll gemeinsam mit Migrationsorganisationen über die Rechtslage zu häuslicher Gewalt und Zwangsheirat aufgeklärt werden. Ich hatte in der letzten Plenarsitzung den Eindruck, dass wir uns in weiten Teilen dieses Hauses darüber einig waren, was unter Religionsfreiheit zu verstehen ist. Wenn die Grünen jetzt Moscheen als Bildungsstätten ansehen, die im staatlichen Auftrag Bildungsarbeit zu tun haben,
Ich bemühe mich um Kürze. – Die Grünen fordern in ihrem Antrag weiter, alle Aufgaben der Integrationspolitik in einer Senatsverwaltung anzusiedeln.
Zu dieser Verwaltung würde gehören: Kultur, Kitas, Schule, Berufsbildung, Ausbildung, Arbeitsvermittlung, Arbeitsmarktaufgaben nach dem Zuwanderungsgesetz, Kriminalitätsbekämpfung im Kiez, Gesundheitsversorgung für Menschen. – Eine solche Behörde könnte nicht mehr arbeiten. Um das Ganze zu „toppen“, sollen die Aufgaben dieser einen Behörde dann dezentral organisiert werden. So kann man die Verwaltung lahm legen, aber sicherlich nicht die Probleme lösen. Das sollte noch einmal gründlich überdacht werden. Wenn Sie diese Vorschläge ernst gemeint hätten, würden Sie auch die Überweisung in alle Ausschüsse beantragen. Dass man über die Auflösung der Ausländerbehörde nicht einmal im Innenausschuss beraten soll, zeugt von einem merkwürdigen Parlamentsverständnis. Sie haben mit dem Antrag Ihre Schlagzeilen gehabt. Ziehen Sie ihn jetzt am besten zurück!
Vielen Dank, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Wie bewertet der Senat angesichts der Verfassungsbestimmungen des Artikels 4 des Grundgesetzes und des Artikels 29 der Verfassung von Berlin Bestrebungen, Moscheebauten in einem Berliner Bezirk grundsätzlich zu verhindern?
(D
Vielen Dank für die klare Antwort, Herr Senator! – Ich möchte den letzten Punkt noch etwas vertiefen: Teilt der Senat meine Ansicht, dass es gerade vor dem Hintergrund rassistisch motivierter Gewalttaten gegen Migranten besonders wichtig ist, Gesicht zu zeigen und das Recht aller Berlinerinnen und Berliner auf ungestörte Religionsausübung aktiv zu verteidigen, statt die Forderung rechtsextremistischer Parteien gegen Muslime zu unterstützen?
Danke, Frau Präsidentin! – Meine Damen und Herren! Herr Wansner! Ich habe gespannt zugehört und auf die Begründung Ihres Antrags gewartet. Als ich Ihren Antrag las, dachte ich, dass er einiges enthält, gegen das man nichts sagen kann. Es stellte sich aber die Frage, welche Position die CDU dabei einnimmt.
Sie fordern vom Senat, dass Maßnahmen identifiziert werden, dass Überprüfungssysteme entwickelt werden, dass Erfahrungen ausgewertet werden, dass die Bedeutung von Familien in das Konzept einzuarbeiten ist und daraus entsprechende Schlussfolgerungen abzuleiten sind, dass Untersuchungen initiiert werden. Eine CDU-Position kann ich in diesem Antrag nicht finden.
Wansner
Jetzt erlaube ich mir noch einmal, darauf hinzuweisen, was wir in diesem Hause verabredet haben: Wir haben ein Konzept des Senats erhalten, über das man streiten und diskutieren kann und muss, wie man es verbessern kann. Weil wir es für ein wichtiges Thema halten, haben wir beschlossen, das Konzept durch fast alle Ausschüsse zu schicken. Wir haben mit einer Anhörung zu den allgemeinen Richtlinien zu diesem Konzept im Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Migration und Verbraucherschutz begonnen. Andere Fachausschüsse haben die Anhörung noch vor sich. Ich verstehe nicht, wie Sie zum jetzigen Zeitpunkt einen solchen Antrag in den Geschäftsgang geben können und in der Überschrift sagen „Expertenmeinungen ernst nehmen“.
Mein Eindruck ist, dass offensichtlich die CDU die Experten nicht ernst nimmt, wenn sie nicht einmal abwarten kann, dass wir die Anhörung in den Fachausschüssen abgeschlossen haben.
Ich suche immer noch nach Positionen der CDU, damit man sich damit inhaltlich auseinander setzen kann. Mein Eindruck ist immer mehr der, dass wir nur noch zwei Oppositionsfraktionen haben, mit denen es Spaß macht, um den besten Ansatz der Politik zu streiten und dass die CDU zu diesem wichtigen Thema leider überhaupt nichts beizutragen hat. Selbst die pauschalen Forderungen, die an den Senat gerichtet werden, sind abgeschrieben. Ich zitiere die Abgeordnete Radziwill aus dem Wortprotokoll der Anhörung im Gesundheitsausschuss:
Was ich mir für dieses Papier wünsche, ist, dass wir am Ende zusammenfassen, was in der Umsetzung in einer Kurzfristphase gemacht werden kann, was mittelfristig verändert und was langfristig geplant werden kann.
Im CDU-Antrag liest sich das dann so – fast wörtlich übernommen: „...“die aufgeführten Politikbereiche und Politikfelder kurzfristig, mittelfristig und langfristig mit Maßnahmen zu versehen.“ Also nicht einmal an diesem Punkt kommen eigene Positionen.
Ich bitte Sie, Ihre Haltung zu diesem Konzept noch einmal zu überdenken und mit inhaltlichen Positionen in die Diskussion einzugreifen, damit wir gemeinsam in der parlamentarischen Beratung – in der Phase befinden wir uns jetzt – zu Ergebnissen kommen. Ich freue mich auf einen Streit und eine engagierte Diskussion, aber Voraussetzung dafür ist, dass Positionen vorgetragen werden.
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Am 23. August diesen Jahres hat der Senat ein Integrationskonzept für Berlin beschlossen.
Denn sonst können Sie die Frage sich selbst stellen, was Sie eigentlich ergreifen wollen. Dass Sie selbst davon nicht ausgehen, ist verständlich, Herr Lindner, weil Sie im Wahlkampf überhaupt nicht mehr auftauchen. Und das ist auch gut so.
Gut, der Hinweis für Brigitte Grunert; sie wird es aufnehmen, dann kriegen wir das noch mal erklärt. – Mit diesem Beschluss liegt für Berlin erstmalig ein abgestimmtes Integrationskonzept vor. Nachdem der SPD-PDS-Senat und die Regierungskoalition
Danke, Frau Präsidentin! – Ich versuche, die drei Minuten zu nutzen, um auf einige der angesprochenen Aspekte einzugehen.
Ein bisschen konkreter, Herr Mutlu! Bei den Grünen habe ich den Eindruck, dass der Begriff Priorität in der Integrationspolitik nur darin besteht, dass der Integrationsbeauftragte beim Regierenden Bürgermeister angesiedelt werden muss. Ich habe diese Forderung in den letzten zwei Tagen aus Ihren Reihen fünf Mal gehört. Wenn das das Einzige ist, was Sie zu kritisieren haben, tun Sie es weiter. Wenn wir ansonsten bei den wirklichen Problemen zusammenarbeiten können, würde ich mich sehr freuen.
Danke sehr, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Welche Maßnahmen hat der Senat auf Bundesebene ergriffen, um in der Umsetzung des Abgeordnetenhausbeschlusses vom 17. März 2005 Änderungen des Strafgesetzbuches, des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Aufenthaltsgesetzes zur Bekämpfung der Zwangsheirat herbeizuführen?
2. Wird der Senat gegebenenfalls auch im Alleingang eine Bundesratsinitiative einbringen?
Danke schön, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Diskussion, die wir in den letzten Monaten in diesem Haus zu diesen Themen geführt haben, war nicht immer sachgemäß. Mein Eindruck bei Diskussionen in drei Ausschüssen war jedenfalls, dass wir vor lauter Betroffenheit nicht mehr so sehr an die betroffenen Frauen und Kinder gedacht haben. Mitunter artete das in einen Wettbewerb aus, wer als erster eine Presseerklärung herausgegeben hat, wer am stärksten betroffen ist. Wenn sich solche emotionalen Debatten ereignen, ist das offensichtlich für viele immer noch die Möglichkeit, dem politischen Gegner eins auszuwischen. Dies ging bis zu der Behauptung, der Bildungssenator Böger trage eine Mitverantwortung an Gewalttaten in Berlin.
Sie müssen wissen, wo sie unbürokratisch Hilfe erhalten, und dass sie bei der Auflösung einer Zwangsehe nicht abgeschoben werden.
Der Berliner Senat – und insbesondere die Berliner Ausländerbehörde – müssen anerkennen, dass Zwangsverheiratung als schwere Menschenrechtsverletzung eine besondere Härte im Sinne des Aufenthaltsgesetzes darstellt. Es ist erfreulich, dass der Innensenator in der Zwischenzeit – auf Druck insbesondere auch von unserer Seite – anerkannt hat, dass die Zwangsehe eine besondere Härte darstellt. Es ist auch sehr wichtig, dass z. B. die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ausländerbehörde und der Standesämter geschult werden. Sie müssen in die Lage versetzt werden – so wie es bei Scheinehen immer wieder der Fall ist –, früh zu erkennen, ob eine Zwangsehe vorliegt, und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der betroffenen Frauen einleiten. Des Weiteren ist ein Opferschutzprogramm zu überlegen, um betroffenen und bedrohten Frauen eine neue Identität zu geben.
Der Senat muss zudem dafür Sorge tragen, dass Information und Aufklärung auch in die Öffentlichkeit getragen werden. Das gelingt nur, wenn Justiz, Polizei und andere Landesbehörden mit Frauenprojekten und Migran- tenorganisationen eng zusammenarbeiten. Mit Justiz und Polizei allein ist dieses Problem aber nicht zu lösen.
Wenn es um Integration und Prävention geht, kommt der Bildungspolitik eine große Schlüsselrolle zu. Schule muss zu einem Ort werden, an dem unsere Grundwerte vermittelt werden. Hierzu muss es eine Bearbeitung der Themen wie Gleichberechtigung von Mann und Frau, Rollenverständnis und gewaltfreies Miteinander geben. Schule muss mehr Raum für Projekttage bieten, um eine Kultur des wechselseitigen Respekts und der Anerkennung zu fördern. Schülerinnen und Schüler müssen diese Grundwerte im schulischen Alltag als gültig erfahren, um sie sich anzueignen und als handlungsleitend verinnerlichen zu können. Gerade in der Schule muss jungen Männern vermittelt werden, dass Gleichberechtigung, das Recht der Frauen auf ein selbstbestimmtes Leben und das Recht auf körperliche Unversehrtheit unverzichtbarer Bestandteil unserer demokratischen Verfassung sind.
Um potentiell von Zwangsheirat bedrohten oder durch körperliche Gewalt unter Druck gesetzten Schülerinnen eine Chance zu geben, rechtzeitig Hilfe zu suchen, müssen in der Schule Informationen zu ihren Rechten sowie zu konkrete Hilfsmöglichkeiten im Konfliktfall vermittelt werden. Wir sind auch der Auffassung, dass Schulen mehr Raum zur Vermittlung universeller Werte bieten müssen, mehr Raum für den Dialog, für den Austausch und auch für die Auseinandersetzung. Nicht zuletzt wegen der zunehmend multikulturellen und multireligiösen Bevölkerung Berlins gibt es einen wachsenden Bedarf an Informationen über Weltdeutungssysteme, Weltanschau
ung und Religion. Deshalb – und das sage ich zum wiederholten Male – ist die Einrichtung eines eigenständigen bekenntnisfreien Faches LER, in dem sich Schülerinnen und Schüler über Werte und Sinnfragen auseinandersetzen können, sehr wichtig.
Danke Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Seit dem furchtbaren Mord an dem niederländischen Filmemacher van Gogh Anfang November und den darauf folgenden Brandanschlägen auf muslimische und christliche Einrichtungen in den Niederlanden erleben wir in Deutschland eine heftige Debatte darüber, ob derartige Ereignisse auch hier möglich wären. Zwei Begriffe beherrschen die Diskussion: Integration und multikulturelle Gesellschaft. Ist die Idee einer multikulturellen Gesellschaft gescheitert? – wird gefragt. Die üblichen Verdächtigen sind in die seit langem bekannten Schützengräben gesprungen und beschimpfen sich gegenseitig mit altbekannten Parolen. In Wildwestmanier werden neue Forderungen aus der Hüfte geschossen. Profilierungssüchtig drängen sich Politikerinnen und Politiker an die Mikrofone sensationshungriger Journalisten, die anscheinend nur noch das Interesse haben, die angebliche Gefährdungslage noch drastischer als die Kollegen vom Vortage darzustellen. Während einige Besonnene noch versuchen, auf den Unterschied zwischen der großen Masse der friedliebenden Muslime in Deutschland und den wenigen islamistischen Extremisten hinzuweisen, geht der Trend insgesamt dahin, nun den gesamten Islam unter Generalverdacht zu stellen.
Entschuldigung, ich danke für den Hinweis. – Der Spracherwerb von Migrantenkindern wird nicht durch Drohungen wie Kürzung von Sozialhilfe befördert, sondern nachhaltig erst durch die Einsicht der Kinder, dass die Sprachkenntnisse ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen. In diesem Sinne fördern und fordern – für alle am Integrationsprozess Beteiligten sollten wir die weitere Diskussion um die besten Lösungen führen. – Vielen Dank!
ständnis eines freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates entsprechen kann.
Den Gipfel hat allerdings der Innenminister des Landes Brandenburg, Jörg Schönbohm, erreicht, der die These äußerte, ein Teil der bei uns lebenden Ausländer habe selbst Ghettos gegründet, weil dieser uns Deutsche verachte. Wie man auf einen solchen Gedanken kommen kann, ist mir schleierhaft. Diese Bemerkung lässt eher auf mangelndes Selbstbewusstsein schließen, als dass sie irgendeinen Realitätsbezug zu den Verhältnissen in Deutschland hat.
Worum geht es wirklich? – Überall auf der Welt suchen Menschen in fremder Umgebung den Kontakt zu anderen, die aus der gleichen Heimat kommen, gleiche kulturelle Wurzeln haben – ein menschlich ganz natürlicher Prozess. Dieses natürliche Bedürfnis der Menschen nach Vertrautem wird in Einwanderungsgesellschaften dann zum Problem, wenn Migranten in den Kiezen ihr Leben fast ohne jeden Kontakt zur Gesamtgesellschaft führen können, wenn scheinbar keine Notwendigkeit mehr besteht, die Sprache des Einwanderungslandes zu erlernen, weil man alle Dinge des täglichen Lebens auch in der Heimatsprache erledigen kann. Eine solche Entwicklung hindert insbesondere Kinder und Jugendliche daran, Kenntnisse und Fähigkeiten zu erlernen, die eine positive Perspektive für das eigene Leben ermöglichen. So kann der bekannte, vertraute Kiez tatsächlich zum Getto werden, der zu Perspektivlosigkeit führt. Wer aber in der Gesellschaft keine Perspektive mehr für sich sieht, kann sich auch nicht integrieren.
Die Probleme sind nicht vom Himmel gefallen, sondern Folge jahrzehntelanger Realitätsverweigerung in Deutschland. Millionen von Menschen sind nach Deutschland eingewandert, während gebetsmühlenartig erklärt wurde, Deutschland sei kein Einwanderungsland.
Statt Menschen eine Perspektive zu geben, hatten wir ein Ausländerrecht, das dauerhaft hier lebenden Menschen die Arbeitsaufnahme verboten hat. Menschen, die keine Perspektive haben, sind anfällig für fundamentalistische Heilslehren. Das ist kein Problem des Islams oder einer bestimmten Ethnie, sondern leider ein Problem aller Menschen. Da brauchen wir nur bis nach Brandenburg zu schauen – ein großer Teil Brandenburger Jugendlicher, der keine Perspektive für sich sieht, macht leider sehr deutlich, wie anfällig solche Menschen für abstruse Heilslehren sind. Wir haben es hier eher mit psychologischen und sozialen Ursachen zu tun als mit ethnischen. Wer das nicht erkennt, muss zu falschen Lösungen kommen, die die Probleme eher noch verschärfen.
Ist die Integration tatsächlich gescheitert? – Nein! Trotz aller Probleme ist der größte Teil der Migranten in Deutschland gut integriert, und das sollten wir uns auch nicht kaputt reden lassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man als Redner nach einigen Vorrednern spricht, ist man in der Gefahr, Wiederholungen zu begehen. Es ist bereits viel Richtiges zum Paradigmenwechsel gesagt worden, den dieses Gesetz darstellt. Ich will mich auf einen Satz beschränken: Die SPD-Fraktion begrüßt das Zustandekommen des Gesetzes. Wir hätten uns auch mehr gewünscht, aber wir sind in Deutschland einen entscheidenden Schritt weitergekommen, was die Migrationspolitik angeht.
Wir haben mit diesem Gesetz den Grundstein für eine realitätsbezogene Migrationspolitik gelegt bekommen. Es gibt erstmalig eine gesetzliche Grundlage für Integrationskurse. Es gibt den gesetzlichen Auftrag zur Entwicklung eines Integrationsprogramms für die Bundesrepublik Deutschland. Das hatten wir so noch nicht.
Die FDP hat hier eine sehr ausführliche Große Anfrage mit 31 Fragen vorgelegt. Ich beschränke mich schlaglichtartig auf einige Aspekte, die mich etwas verwundert haben. Herr Kollege Lehmann, Sie haben eben noch einmal von der Integrationsindustrie gesprochen, die es zu verhindern gelte. Das ist mir nicht verständlich. Bisher habe ich die FDP in diesem Hause so verstanden, dass sie dafür geworben hat, Verwaltungstätigkeiten durch Private ausführen zu lassen, wo das sinnvoll ist. Nun plötzlich kommt die Frage: Wie will der Senat eine Integrationsindustrie, die von Mitteln der öffentlichen Hand abhängig ist, verhindern? – Dass es eine finanzielle Verpflichtung der öffentlichen Hand gibt, Integrationskurse zu garantieren, dürfte unstrittig sein. Warum sollen das nicht Private machen? – Das ist ein solcher Wechsel zu sonstigen FDPPositionen, den müssen Sie mir schon erklären.
Ich halte es auch für problematisch, von einer „Integrationsindustrie“ zu sprechen. Die Begriff „Industrie“ erweckt eher Assoziationen wie maschinelle Fertigung, unpersönliches Handeln und Kälte. Das ist ein Bild, das überhaupt nicht dem entspricht, was wir in Berlin haben. Wir haben zahlreiche Vereine und Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen, die engagiert für die Integration in Berlin arbeiten. In diesem Zusammenhang möchte ich den Begriff „Industrie“ nicht gebraucht wissen. Das wird diesen Menschen nicht gerecht.
Ich teile ausdrücklich auch Ihre Einschätzung, Herr Kollege Lehmann, wenn Sie von der Aufnahmebereitschaft dieser Gesellschaft sprechen. So richtig es ist, dass wir jetzt eine gute gesetzliche Grundlage haben, so problematisch ist die gesellschaftspolitische Diskussion, die wir in den letzten Monaten erlebt haben. Sie haben selbst die bedauerlichen und schrecklichen Ereignisse in den Niederlanden angesprochen. Ich habe den Eindruck, der mich mit großer Sorge erfüllt, dass wir zunehmend eine öffentliche Diskussion bekommen, wo der Begriff Toleranz mit Naivität gleichgesetzt wird. Ich stehe dazu, Toleranz ist Grundlage für das friedliche Zusammenleben von Menschen. Dabei bleibe ich auch. Wer diese Toleranz als Naivität diskreditiert, der gefährdet die Integration in dieser Stadt. Das heißt nicht, dass ich alles akzeptiere. Natürlich müssen Probleme benannt und gelöst werden, wo es sie gibt. Wo Gewalttaten entstehen, muss der Staat ihnen mit aller Härte und Entschlossenheit entgegentreten. Aber wenn wir in der Integrationspolitik dem Begriff der Toleranz verlassen, dann fehlt das gesellschaftliche Klima, das wir brauchen, um die Möglichkeiten dieses Gesetzes auszunutzen.
Wir müssen aufpassen, dass wir die Muslime in dieser Stadt nicht in eine Ecke stellen, wohin sie nicht gehören. Ich halte es für unerträglich, dass, wenn irgendwo auf dieser Welt ein terroristischer Anschlag passiert, alle in Berlin lebenden Muslime genötigt werden, sich davon zu distanzieren. Es ist auch noch niemand auf die Idee gekommen, die evangelische oder katholische Kirche aufzufordern, sich zu distanzieren, wenn in Nordirland schlimme Gewalttaten passiert sind. Da wird eine Verbindung hergestellt, die ich wirklich für unverantwortlich halte. Ich kann nur alle wichtigen Institutionen in diesem Land Berlin herzlich bitten, dabei mit der Wortwahl ganz vorsichtig zu sein.
Eine letzte Bemerkung möchte ich noch einmal zu Ihrer Anfrage machen. Sie haben indirekt eine These aufgestellt, indem Sie gefragt haben, ob der real existierende Sozialstaat der letzten Jahre die wohlfahrtsstaatliche Einbettung, die ökonomische Integration von Zuwanderern erschwert haben kann. Das erscheint mir eine sehr problematische Frage zu sein. Gerade in Berlin, wo viele Migranten auf Grund der Lage am Arbeitsmarkt keine berufliche Tätigkeit aufnehmen durften – es war ihnen untersagt, Sie kennen alle die Probleme – wirkt eine solche These eher wie eine Verhöhnung der Menschen, als dass sie zur Problemlösung beiträgt. Wir müssen die Möglichkeiten dieses Gesetzes nutzen. Wir sind aber insgesamt als Politiker in dieser Stadt aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass sich das gesellschaftliche Klima in dieser Stadt dahin entwickelt, die Chancen dieses Gesetzes tatsächlich zu nutzen. Ich bitte Sie herzlich, die weiteren Diskussionen zur Umsetzung dieses Gesetzes in diesem Haus zu führen. – Vielen Dank!
Lehmann
Danke sehr, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Wir erleben es nicht oft, dass den Beratungen eines Gesetzes hier im Haus eine so breite und ausführliche öffentliche Diskussion vorangeht, wie es in diesem Fall geschehen ist. Die Diskussion wurde vor 13 Monaten durch das so genannte Kopftuch-Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Gang gesetzt und war – so jedenfalls mein Erleben – teils durch große Sachlichkeit geprägt, leider aber auch von starken Emotionen gekennzeichnet. Deshalb ist es notwendig, bevor wir in die eigentliche Beratung eintreten, noch einmal deutlich zu machen, worum es tatsächlich geht.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil deutlich gemacht, dass religiöse Symbole bei staatlich Bediensteten verboten werden können, dass es dafür aber eines Gesetzes bedarf. Es hat zugleich deutlich gemacht, in welchem Spannungsfeld ein solches Gesetz zu bewerten ist. Es hat darauf hingewiesen, dass die religiöse Vielfalt in unserer Gesellschaft immer mehr zunimmt. Wir wissen alle aus eigenen Erfahrungen, dass es dabei auch sehr problematische Bereiche gibt. In allen Religionen sind fundamentalistische Strömungen problembehaftet –
Ich weiß, dass es daran Kritik gibt, und weise deshalb darauf hin, dass der Kitabereich in unserem Land rechtlich anders konstruiert ist. In die Schule müssen die Kinder auf Grund der Schulpflicht gehen; sie haben keine andere Wahl. Und wenn ich mit der Polizei oder mit dem Strafvollzug konfrontiert werde, habe ich auch keine Wahl; dort gelten andere Maßstäbe, deshalb diese Differenzierung. Es geht mit dem Neutralitätsgesetz darum, Konflikte abzubauen, zu vermeiden, um letztlich ein friedliches Miteinander der unterschiedlichen Religionen in dieser Stadt zu ermöglichen.
Dafür ist es erforderlich, dass ein konstruktiver Dialog in Gang kommt. Wir haben Ihnen daher parallel zu dem Gesetz einen Antrag vorgelegt, der Integrationsmaßnahmen und Antidiskriminierungsmaßnahmen beinhaltet. Wir können sie im Einzelnen noch in den Ausschüssen diskutieren. Das will ich hier nicht weiter ausführen. Aber ich möchte für die Beratung alle Mitglieder dieses Hauses ganz herzlich darum bitten, sich um große Sachlichkeit zu bemühen und insbesondere keine in Berlin lebenden Menschen zu diskriminieren, nur weil sie einer Religion angehören. Das ist nicht unsere Aufgabe. Wir sollten das Gesetz, sollten den Antrag sorgfältig diskutieren und deutlich machen: Berlin ist eine weltoffene Stadt, in der alle Menschen, die hier friedlich miteinander leben wollen, willkommen sind.
wenn ich es so formulieren darf – und werfen Fragen auf. Die Frage, die sich uns stellt, ist: Wie muss sich der Staat in solchen Konflikten verhalten?
Das Bundesverfassungsgericht hat zwei Alternativen aufgezeigt. Es hat gesagt: Zum einen kann sich im Bereich Schule gerade auch die Pluralität der Gesellschaft widerspiegeln, um so die Schülerinnen und Schüler zu Toleranz zu erziehen. – Auf der anderen Seite hat es aber auch gesagt: Es kann eine Situation entstehen, die so konfliktträchtig ist, dass der Staat sich verstärkt auf seine neutrale Position zurückziehen muss. – Wir, das heißt, meine Fraktion der SPD, sind der Auffassung, dass bei den Diskussionen in unserer Stadt eine Betonung der staatlichen Neutralität erforderlich ist, wollen dabei aber zugleich ganz deutlich machen, dass es nicht darum gehen kann, eine Religion gegen die andere auszuspielen. Die 200 000 Muslime, die in Berlin leben, haben selbstverständlich das Recht, ihrer Religion nachzugehen.
Und es steht uns in keiner Weise zu, durch ein Gesetz Bewertungen vorzunehmen.
Wir haben darüber zu entscheiden, wie die staatlichen Organe sich in dieser gesellschaftlichen Diskussion verhalten. Die Koalition hat deshalb ein Neutralitätsgesetz vorgelegt – bzw. der Senat hat es eingebracht –,
das alle Religionen gleich behandelt. Ich weise noch einmal auf das Bundesverfassungsgericht hin, das sich in seinem Urteil diesbezüglich ganz eindeutig geäußert hat:
Schließlich bedarf die Einführung einer Dienstpflicht, die es Lehrern verbietet, in ihrem äußeren Erscheinungsbild ihre Religionszugehörigkeit erkennbar zu machen, auch deshalb einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, weil eine solche Dienstpflicht in verfassungsmäßiger Weise nur begründet und durchgesetzt werden kann, wenn Angehörige unterschiedlicher Religionsgemeinschaften dabei gleich behandelt werden. Damit erübrigt sich jede Diskussion darüber, ob wir allein das Kopftuch oder andere Symbole verbieten können. Wir haben alle Religionen gleich zu behandeln.
Der vorliegende Gesetzentwurf geht über die ursprünglich aufgeworfene Frage, die sich auf die Schule bezog, hinaus und bezieht konsequenterweise alle Bereiche staatlichen Handelns von hoher Sensibilität, nämlich die Bereiche, wo der Staat den Bürgerinnen und Bürgern im wahrsten Sinne des Wortes mit Staatsgewalt gegenübertritt, den Strafvollzug, die Rechtspflege, die Polizei, mit ein. Wir haben – in einer abgeschwächten Form – weiterhin die Kindertagesstätten mit einbezogen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ratzmann! Ich hatte bei weiten Teilen Ihrer Rede den Eindruck, Sie hätten sich in der Tagesordnung vertan und den Redetext zur Großen Anfrage vorgetragen. Die haben wir allerdings vertagt.
Wir haben in Berlin hervorragende Erfahrungen mit der Härtefallkommission gemacht. Über viele Parteigrenzen hinweg war das Konsens in diesem Haus, dass es Härtefallkommissionen gibt. Es geht im Augenblick nur darum, diese auf der neuen gesetzlichen Grundlage formal in Kraft zu setzen. Dafür reicht nach unserer Auffassung eine Rechtsverordnung völlig aus, insbesondere legen wir Wert darauf, dass die neue Härtefallkommission ihre Arbeit am 1. Januar aufnehmen kann. Bei dem von Ihnen vorgeschlagenen Verfahren, hier ein Gesetzgebungsverfahren anzuleiern, haben wir größte Bedenken, ob wir die Arbeit im Januar wirklich aufnehmen können.
ausgestalten wird. Wir erleben jetzt gerade aktuell schon wieder die erste Änderung des Zuwanderungsgesetzes, weil es an die Vorschriften von Hartz IV angepasst werden muss. Das ist auch Gelegenheit, das, was vielleicht nicht ganz 100-prozentig geregelt werden konnte, jetzt in Angriff zu nehmen.
Einer der wesentlichen Bestandteile dieses Gesetzes war, Regelungen zu schaffen, die es ermöglichen, den ungesicherten Aufenthalt von vielen Menschen, die in diesem Land und in dieser Stadt leben, anders zu gestalten, einen größeren Gestaltungsspielraum zu kriegen. Wer heute in den Nachrichten die Debatte um das Zuwanderungsgesetz verfolgt hat, der wird festgestellt haben, dass es ein Bischofswort zu diesem Gesetz gegeben hat. Kardinal Lehmann hat gesagt, gerade dieser Teil sei unzureichend gestaltet, und er wünscht sich, dass es verbesserte Aufenthaltsmöglichkeiten gibt und dass wir auch nicht vergessen, dass es immer noch viele Menschen gibt, die ohne jeden Aufenthaltsstatus hier leben, die so genannten sans papier.
Wir wollen das Instrument der Härtefallkommission, das ein wesentliches Instrument zur Neugestaltung von Aufenthaltstiteln für die Menschen ist, die in ungesicherten, in prekären Aufenthaltssituationen leben, die als Bürgerkriegsflüchtlinge hierher gekommen sind, die hier integriert sind. Diese Härtefallkommission wird uns die Möglichkeit geben, im Einzelfall abweichend vom Gesetz einen Aufenthaltstitel zu ermöglichen. Die Kommission muss darum ersuchen. Die oberste Landesbehörde, hier die Senatsverwaltung für Inneres, kann dann die entsprechende Anordnung treffen. Berlin hat gute Erfahrungen mit der Härtefallkommission. In diesem Bereich ist es notwendig, an diese Erfahrungen anzuknüpfen und diese Erfahrungen auszubauen. Wir denken aber, dass das Prinzip, dass das Zuwanderungsgesetz einen breiten gesellschaftlichen Konsens braucht, auch in Berlin zur Anwendung kommen sollte. Wir haben Herrn Körting angeboten, in der Ausgestaltung und Umsetzung über Parteigrenzen hinweg zusammenzuarbeiten. Das hat er abgelehnt. Deshalb bleibt uns auch nichts anderes übrig, als in dieser Situation zu dem Mittel zu greifen, das Artikel 80 Abs. 4 des Grundgesetzes uns zur Verfügung stellt, nämlich zu sagen: Immer dann, wenn der Bundesgesetzgeber eine Rechtsverordnungsermächtigung gibt, kann auch der Landesgesetzgeber handeln. – Das wollen wir. Das ist das transparentere Verfahren. Das ermöglicht uns, gesellschaftliche Gruppen einzubeziehen und eine breitere Diskussion zu führen. Es dient im Vorgriff auf die Föderalismusdiskussion schon einmal der Übung, dass die Landtage im Rahmen der Ausgestaltung und der Wahrnehmung von Kompetenzen gestärkt werden sollen. Nehmen Sie also Ihr eigenes Schicksal an diesem Punkt in die Hand, haben Sie den Mut zu sagen: Nicht der Rechtsverordnungsgeber in Form der Senatsverwaltung für Inneres soll handeln, sondern wir als Parlament müssen uns mit so einer wichtigen Frage selbst befassen. – Lassen Sie uns diesen Beschluss fassen, lassen Sie uns ihn der Senatsverwaltung mitteilen, und lassen Sie uns im
Anschluss daran im Parlament über ein Gesetz debattieren, das Voraussetzung und Verfahren über die Einrichtung einer Härtefallkommission regelt. – Vielen Dank!
Ich teile viele Ihrer Einschätzungen zum Zuwanderungsgesetz. Wir haben in der Vergangenheit häufig darüber diskutiert, dass das Zuwanderungsgesetz, wie es jetzt beschlossen wurde, nicht dem entspricht, was wir uns im Einzelnen gewünscht haben. Aber wir müssen die politischen Realitäten in diesem Land auch zur Kenntnis nehmen. Wir haben jetzt ein Bundesgesetz. Es geht um die Ausgestaltung.
Worum geht es in Ihrem Antrag konkret? – Der Antrag selbst handelt kaum von der Frage: Brauchen wir ein Gesetz oder eine Rechtsverordnung? – Ihr ganzer Begründungsteil sagt dazu so gut wie gar nichts. Am Ende kommt eine kurze Bemerkung. Der Antrag hat dann Sinn, wenn ich dem Senat verbieten will, weiter zu handeln, nämlich den Weg der Rechtsverordnung zu verfolgen. Wenn wir Ihren Antrag ablehnen, kann der Senat diese Rechtsverordnung weiter erarbeiten, sie auch zum Januar in Kraft treten, und wir schränken uns in unserem Handlungsspielraum aber in keiner Weise ein. Wir können diese Diskussion trotzdem führen, ob ein Gesetz sinnvoller ist und ggf. in einem Dreivierteljahr immer noch sagen:
Rechtsverordnung ist uns zu wenig, wir wollen ein Gesetz.
Da sind wir der Gesetzgeber. Das können wir machen. Bei Ihrem Antrag geht es nur um die Frage, ob wir vorher
Der Kollege Kleineidam von der SPD hat es leider nicht gehört, dass wir unseren Antrag noch einmal zurückgestellt haben, weil wir die Details gerne hier noch einmal besprechen würden. Das Anliegen allerdings, dass es hier eine Gesetzesinitiative geben soll, das ist weiterhin da, eine solche sollten wir hier gemeinsam starten.
Danke sehr, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:
1. Hat sich die Praxis der Abschiebungen in Berlin in diesem Jahr im Hinblick auf das Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes am 1. Januar 2005 geändert?
2. Beabsichtigt der Senat, für Berlin eine Übergangsregelung zu treffen, die verhindert, dass Personen, die unter die Härtefallregelung des neuen § 23a Aufenthaltsgesetz fallen könnten, vor dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes abgeschoben werden?
Herr Körting! Sie haben betont, dass es um Einzelfälle geht. Gleichwohl gibt es viele Menschen in der Stadt, die sich fragen, ob sie von diesen Regelungen betroffen sind. Können Sie in etwa beschreiben, welche Personengruppen in den Genuss dieser Regelungen kommen werden?
Ich frage Herrn Innensenator Dr. Körting: Wir mussten vor wenigen Tagen einen tragischen Fall aus der Ausländerbehörde zur Kenntnis nehmen, wo sich ein Antragsteller selbst verbrannt hat. Sind aus Sicht des Senats aus diesem Vorfall Konsequenzen zu ziehen? Welche Konsequenzen sind das gegebenenfalls?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Matz! Ich bedanke mich bei Ihnen ausdrücklich für die plastische Einführung in das Thema. Sie haben noch einmal sehr nachvollziehbar dargelegt, warum es so wichtig ist, dass wirklich festgestellt wird, ob ein natürlicher oder unnatürlicher Tod vorliegt.
(D
Wir haben es – und darauf sind Sie nicht so sehr eingegangen – bei der vorliegenden Gesetzesänderung mit der Frage der Feuerbestattungen zu tun. Wenn Verdachtsmomente auftauchen sollten, besteht nach der Feuerbestattung keine Möglichkeit mehr, weitere Untersuchungen zu veranlassen – anders als bei Erdbestattungen. Deshalb sind wir weiterhin der Meinung, dass es hierbei eine zusätzliche Sicherheit geben muss. Da reicht eine Leichenschau nicht aus, sondern eine zweite muss gewährleistet sein. Wenn ich es etwas flapsig formulieren darf: Das Vieraugenprinzip, das wir in vielen anderen Bereichen als Sicherheitskriterium haben, sollte auch hier gelten.
Erstens muss die Leichenschau in Berlin qualifiziert und gewissenhaft durchgeführt werden. Der Senat sollte auch den Missstand, der unter Fachleuten stadtbekannt ist, nicht länger verleugnen. Es ist wiederholt behauptet worden – auch in der Ausschusssitzung –, es gebe kein Problem.
Zweitens: Wenn wir solche qualitativ hochwertigen Leichenschauen hätten, dann würde auch eine genügen.
Drittens: Wir brauchen einen Bereitschaftsdienst, auf dessen Einrichtung sich die Kassenärztliche Vereinigung derzeit schon vorbereitet. Dabei sollten die Qualifikation sichergestellt und entsprechende Fortbildungsmaßnahmen gewährleistet sein.
Viertens: Wir brauchen flächendeckend diese eine qualifizierte Leichenschau – durchgeführt von ausgewiesenen Fachleuten.
Daneben wäre noch über die Frage nachzudenken – auch das ist etwas, mit dem sich der Gesetzentwurf überhaupt nicht befasst hat –, ob neben den Todesformen „natürlicher Tod“ oder „unnatürlicher Tod“ auch der „unerwartete Tod“ im Rahmen medizinischer Maßnahmen eine zusätzliche Begrifflichkeit sein könnte, die einzuführen helfen würde.
Ich bin der Auffassung gewesen, dass wir die Diskussion über dieses Thema heute noch einmal führen sollten, weil die Kassenärztliche Vereinigung, nachdem wir in der Ausschussberatung mit Mehrheit – also den Koalitionsfraktionen – beschlossen hatten, dieses Gesetz in unveränderter Form durchlaufen zu lassen, ihre Initiative begonnen hatte und sich dabei auch darauf bezog, dass sie damit einer künftigen, noch zu erlassenden Rechtsverordnung gerecht werden wolle, die aber mit dem Gesetzestext, der uns heute vorliegt, so gar nichts zu tun hat.
Da dieses Thema – das Erlebnis des Todes und der Bestattung – fast alle Berlinerinnen und Berliner in einer gewissen Regelmäßigkeit im Freundes- und Familienkreis immer wieder beschäftigt, wäre es auch insgesamt angemessen, sich mit Bestattungen, mit dem Tod und unserem Umgang damit in Berlin zu befassen. Eine öffentliche Debatte beispielsweise über die Lockerung des Friedhofszwanges bei Feuerbestattungen wäre eigentlich überfällig – zumindest die Debatte darüber. Es gibt auch andere Bundesländer, die diese Debatte führen wie z. B. Niedersachsen.
Unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes spricht bei Feuerbestattungen nichts dagegen, den Friedhofszwang zu lockern, sondern es sind allein ethische und religiöse Aspekte, die bei dieser Debatte bisher noch nicht dazu geführt haben, dass ein Bundesland in die Offensive gegangen ist. Ich würde mich freuen, wenn wir diese Debatte unabhängig von dem heutigen Gesetz in Berlin vielleicht doch noch bekommen würden.
Damit möchte ich überhaupt nicht gegen Ihre weiteren Ausführungen sprechen. Sie haben darauf hingewiesen, dass sich viele Institutionen darüber Gedanken machen, wie die Qualität der Leichenschau verbessert werden kann. Das ist richtig, und das findet unsere Unterstützung. Aber Sie haben selbst zu Recht gesagt, das liege eigentlich neben diesem Gesetz. Das kann in Form einer Rechtsverordnung im Detail weiter geregelt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass die zuständige Senatsverwaltung diese Initiativen, die in diesem Zusammenhang entstanden sind, aufnehmen und auch verarbeiten wird. Es steht aber nicht im Widerspruch zu dem, was wir heute als Gesetzesänderung verabschieden wollen.
Bei dieser Gesetzesänderung ging es um Folgendes: Bisher hatten wir die Rechtslage, dass bei Feuerbestattungen in Berlin eine zweite Leichenschau stattfinden muss. Nun ist nach der Wende eine andere Entwicklung eingetreten, denn seitdem können Feuerbestattungen auch im Ausland durchgeführt werden. Dadurch ist die Situation entstanden, dass dann, wenn in Berlin Verstorbene in das Ausland verbracht werden, um dort feuerbestattet zu werden, keine zweite Leichenschau gesichert ist. Die Gesetzesänderung soll nur sicherstellen, dass auch in diesen Fällen so wie bisher bei den in Berlin Eingeäscher
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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich kann mich den Vorrednern insoweit anschließen, dass es selbstverständlich ist, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Es ist bedauerlich, dass diese Feststellung immer wieder getroffen werden muss, aber die jahrzehntelange Lebenslüge, die in Deutschland viele Politiker und Politikerinnen vor sich hergetragen haben, ist leider bei einigen noch immer vorhanden, frei nach dem Motto: „Was wir nicht wollen, das kann nicht sein. Wir sind kein Einwanderungsland, dann haben wir auch keine Probleme.“ – Dass das Gegenteil richtig ist, lehrt uns die Realität seit Jahren. Dank der rot-grünen Bundesregierung ist endlich in diesem Land ein Diskussionsprozess in Gang gekommen, der diese Realität anerkennt. Es ist ein Zuwanderungsgesetz vorgelegt worden, und ich hoffe nach wie vor, dass es auch zu einer Verabschiedung des Gesetzes kommt.
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Das Merkwürdige an dieser Diskussion ist, dass wir uns mit der bisherigen Haltung sogar selbst größten Schaden zugefügt haben. Die deutsche Wirtschaft hat in einer Zeit, in der die technische Entwicklung immer schneller vorangeht, auf Grund unseres Ausländerrechts darauf verzichten müssen, qualifizierte Experten anwerben zu können. Wir haben uns ein Bein gestellt, es ist mir völlig unverständlich, warum es noch immer politische Kreise in der Bundesrepublik gibt, die das fortsetzen wollen.
dings können viele dieser Eltern ihrer Verantwortung aus den verschiedensten, teilweise verständlichsten Gründen nicht gerecht werden. Deshalb haben wir immer Elternbildung, besonders der Mütter, gefordert. Wir haben gefordert, dass die bundesweit anerkannten und erfolgreichen – und jedes Jahr überfüllten – Berliner Mütterkurse finanziell vom Land abgesichert und ausgebaut werden. Ausgebaut in dem Sinn, dass sie auch in der Kita stattfinden.
Was macht Rot-Rot? – Rot-Rot lässt die Bezirke zu Lasten der weiteren Volkshochschulprogramme die Zeche für diese stadtweite Aufgabe bezahlen. Ein Ausbau und eine Erweiterung kommen für Rot-Rot nicht in Frage.
Die Einbürgerung ist ein wichtiges Zeichen für Integration – ohne Frage. Nicht umsonst hat die rot-grüne Bundesregierung trotz des massiven Widerstands der CDU/CSU das Staatsbürgerschaftsrecht reformiert und zahlreiche Erleichterungen im Gesetz verankert. Das ist richtig und wichtig. Das Resultat: Im Jahr der Einführung sind bundesweit die Einbürgerungszahlen um 30 % angestiegen, nur nicht in Berlin. Bei uns sind die Vorzeichen negativ. Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2000: 30 %. Rückgang der Einbürgerungszahlen im Jahr 2001: 7 %. Das ist nicht im Sinn der Erfinder – das ist besonders ein Hinweis an meine Kollegen von der SPD. Dabei war Berlin jahrelang Spitzenreiter bei Einbürgerungen. Das soll wieder so sein, deshalb ist dieser Senat gefordert.
Wir fordern von diesem Senat, dass er endlich dem Grundgedanken des neuen Staatsbürgerschaftsrechts in der Berliner Verwaltung gerecht wird, dass er endlich diesen Grundgedanken in der Berliner Verwaltung etabliert. Ich habe manchmal das Gefühl, dass hierzulande Einbürgerung nicht als Bereicherung und als förderungswürdig angesehen wird, sondern es bestenfalls Beliebigkeit herrscht. Als würde das nicht reichen, möchte RotRot die Einbürgerung wieder zentralisieren und sich damit von Bürgernähe und dem Gedanken der Verwaltungsreform gänzlich verabschieden.
Wir fordern den Senat auf, endlich das Versprechen einzulösen und eine Einbürgerungskampagne in der Stadt durchzuführen. Ich nenne noch einmal die Zahlen – Frau Knake-Werner hat sie bereits erwähnt –: Die Jugendarbeitslosigkeit unter Jugendlichen mit Migrationshintergrund grenzt an 50 %; die Arbeitslosigkeit bei Berliner Türken und Türkinnen beträgt nahezu 45 %; jedes Jahr verlassen über ein Drittel der Schüler und Schülerinnen die Schule ohne einen Abschluss; interkulturelle Kompetenz in der Verwaltung ist ein Fremdwort für diese Regierung. Das und andere Probleme, die ich jetzt aus Zeitmangel nicht aufführen kann, schreien nach Lösungen. Werden Sie endlich Ihrer Verantwortung gerecht, lassen Sie Ihren Sonntagsreden auch Taten folgen. Alles andere wäre fehl am Platz.
Bei der Großen Anfrage der Fraktion der Grünen ist mir die Frage nach den Diskussionen im Bundesrat etwas unklar geblieben. Ich teile durchaus ihre Einschätzung und wünsche mir an dem jetzt vorliegenden Entwurf auch wenig Veränderungen, besser gesagt, keine. Wenn – und die Mehrheitsverhältnisse sind so – es dort zu Verhandlungen kommen muss, kann ich mir nicht vorstellen, dass es nicht irgendwo eine Kompromisslinie geben kann, wo wir uns als Rot-Grün auf Bundesebene bewegen müssen. Ein Scheitern des Zuwanderungsgesetzes würde ich für verheerend halten, insbesondere in der symbolischen Wirkung nach außen. Wie wollen wir dann weitermachen? Nehmen wir unseren Senat und die von uns getragenen Regierungsfraktionen in die Pflicht, sie sollen hart verhandeln. Aber so, wie es in der Großen Anfrage formuliert ist – wenn es noch ein Jota von Veränderung gibt, dann lieber gar kein Zuwanderungsgesetz –, dem vermag ich nicht zu folgen.
Integration fördern ist der zweite Schwerpunkt Ihrer Anfrage. Die Senatorin hat gerade im Einzelnen ausgeführt, was im Land Berlin alles gemacht wird und was weiter geplant ist. Es ist völlig unstrittig, dass wir auf diesem Weg voranschreiten müssen. Ich lege den Schwerpunkt daher auf einen anderen Gesichtspunkt, da ich gestehen muss, dass mich die nach dem Urteil des
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Als letzten Komplex möchte ich auf die von den Grünen angesprochenen Fragen zur Flüchtlingspolitik zu sprechen kommen. Mir ist zwar nicht nachvollziehbar, wo Sie globalpolitische Veränderungen sehen, die es jetzt erforderlich machen sollen, nicht staatliche und geschlechtsspezifische Verfolgungen als Anerkennungsgründe anzusehen. Solche Gründe gab es leider schon immer. Wo da die neuere Entwicklung sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Wir sind uns einig in der Ansicht, dass es wünschenswert und erforderlich ist, solche Gründe als Fluchtgründe anzuerkennen. Wir wissen aber auch, welche Mehrheitsverhältnisse wir in diesem Land haben. Wir werden wohl noch einen längeren Diskussionsprozess zurücklegen müssen, eh wir das in Deutschland erreichen.
In diesem Zusammenhang müssen wir darauf achten, dass in einem zusammenwachsenden Europa zumindest im Rahmen der Länder der EU möglichst einheitliche Kriterien gelten.
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Eine letzte Bemerkung möchte ich zum Bleiberecht machen. Dies halte ich für einen sehr problematischen Bereich. Viele der humanitären Probleme entstehen einfach daraus, dass die Verfahren bei uns unendlich lange dauern und durch die Dauer der Verfahren tatsächlich neue Sachverhalte geschaffen werden. Wenn Menschen nach Deutschland kommen, über ihren Anerkennungsantrag erst nach 6 bis 7 Jahren entschieden wird und sie in der Zwischenzeit Kinder bekommen, die hier geboren sind, die das Heimatland überhaupt nicht kennen, gibt es humanitäre Probleme. Dass die Lösung allerdings darin liegen kann, dass nach 4 oder 5 Jahren jeder, der so lange in der Bundesrepublik ist, automatisch ein Bleiberecht hat, wage ich sehr zu bezweifeln. Damit konterkarieren wir die eigentlichen Zuwanderungsregelungen. Die Lösung kann nur darin liegen, dass wir uns zum einen weiterhin darum bemühen, dass Verfahren beschleunigt werden – und damit meine ich nicht den Abbau von Rechtsschutzmöglichkeiten. Wir haben uns in Deutschland schon viel zu sehr daran gewöhnt, dass Verwaltungsverfahren mitunter sehr lange dauern. Im Weiteren kann – solange wir das Problem auf dieser Ebene nicht geklärt haben – eine Lösung nur darin liegen, dass wir immer wieder über Altfallregelungen nachdenken und versuchen – bezogen auf bestimmte Gruppen und bestimmte Einzelfälle –, zu akzeptablen Lösungen zu kommen. Der Senat ist in diesem Sinne auf dem richtigen Weg. Die Bedenken des Kollegen Ratzmann gegen die Person des Innensenators kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Ich habe den Innensenator bisher als jemanden erlebt, der sehr differenziert und mit einem sehr humanistischen Weltbild an die Lös
Bundesverfassungsgerichts losgetretene Debatte sehr erschreckt hat. Integration kann nur dann gelingen, wenn wir weiterhin in Toleranz miteinander umgehen.
Wenn ich als erste Reaktion lese, dass der Kollege Mutlu alle für naiv erklärt, die anderer Meinung sind als er, oder der von mir eigentlich sehr geschätzte Kollege Gram aufrechnerisch erklärt, wenn kein Kreuz, dann auch kein Kopftuch, dann habe ich den Eindruck, wir befinden uns auf einem Niveau der Debatte, die der Sache nicht förderlich sein kann.
Ich appelliere an dieses Haus: Lassen Sie uns gemeinsam die auf uns zukommende Diskussion möglichst sachlich führen, und lassen Sie es uns gemeinsam vermeiden, kleinteilig religiöse Symbole gegeneinander aufzurechnen. Wenn ich heute in einer Zeitung lese, in der Schule soll künftig nur noch der Adventskranz erlaubt sein, dann kann das nicht das Ziel sein, wie wir miteinander umgehen. Ich möchte insbesondere die Warnung aussprechen, dass wir keine politische Diskussion lostreten, der wir nicht mehr Herr werden. Für mich habe ich das persönlich festmachen können, als ich gestern Abend noch einmal kurz ins Fernsehen guckte und plötzlich auf eine Umfrage stieß, bei der die Zuschauer aufgefordert wurden mitzuteilen, ob sie gegen oder für ein Kopftuch seien. Da war nicht mehr die Rede von Schule oder staatlicher Neutralität von Lehrern, sondern es ging nur noch um Kopftuch – ja oder nein. Wenn wir die Diskussion auf dem Niveau führen, so wecken wir Geister, die wir uns alle miteinander nicht wünschen können.
Ich bitte deshalb die Mitglieder dieses Hauses wirklich eindringlich, die anstehende Diskussion unter dem Gesichtspunkt zu führen, dass es für Bedienstete im öffentlichen Dienst eine Selbstverständlichkeit sein sollte, sich in Weltanschauungsfragen oder politischen Meinungsäußerungen zurückzuhalten. Wenn wir die Debatte unter dieser Zielrichtung führen und hoffentlich möglichst rasch zu einem Ergebnis kommen, sind die von mir angerissenen Gefahren, so hoffe ich, gebannt.
und ich gehe davon aus, dass dies auch weiterhin der Fall sein wird. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bekämpfung von Drogen gelingt nicht durch eine an Ideologien orientierte Politik, sondern nur durch ein pragmatisches, auf die tatsächlichen Probleme dieser Stadt bezogenes Handeln.
darstellen. Allerdings – darauf hatte ich eben hingewie sen – gelingt Ihnen nicht einmal das. Keinem Drogensüchtigen wird geholfen, wenn man ihm erleichterte Bedingungen für seinen Drogenkonsum schafft und ihn somit in seiner Sucht festhält.
Eine Heilung der Drogensucht wird durch Fixerstuben auch nicht ansatzweise erreicht. Insofern ist es ausgesprochener Quatsch, wenn die Gesundheitssenatorin davon spricht, dass mit diesem Angebot der Fixerstuben ein Angebot zur Überlebenshilfe für Abhängige gemacht wird.
Schon die umgedeutete Bezeichnung dieser Fixerstuben – Frau Dott hat nicht davor zurückgeschreckt, sie als Gesundheitsräume zu bezeichnen –, ist zynisch und menschenverachtend.
Mit Blick auf die Zeit bitte ich um Verständnis, wenn ich zunächst meinen Vortag weiterführe.
Sorgen von Anwohnern gibt, wenn sie auf Kinderspielplätzen Spritzen finden. Sie können vor dieser Problematik nicht die Augen verschließen und sagen, das soll alles so bleiben, dann werden Kinder eben gefährdet, wir wollen keine Alternativen schaffen. – Hier gibt es genug Erfahrungen in anderen Bereichen, es gibt genug Wünsche aus der Bevölkerung, von betroffenen Anwohnern, die sagen, schafft hier einen Ersatzraum, damit diese Belastungen keine Gefahren mehr für unsere Kinder herstellen.
Der Senat hat vorgestern mit dem Beschluss einer Verordnung über die Erteilung einer Erlaubnis für den Betrieb von Drogenkonsumräumen die Rechtsgrundlage für die Einrichtung solcher Räume in Berlin getroffen. Den Auftrag bekam er dazu in diesem Jahr durch einen Beschluss des Abgeordnetenhauses, und wir haben über Jahre hinweg in diesem Haus die Problematik ausführlich behandelt. Ich will nur einige Argumente in Erinnerung rufen.
Es ist bei allen relativ unstrittig gewesen, dass solche Räume hygienisch verbesserte Bedingungen für Suchtkranke darstellen, womit Gefahren vermieden werden können. Ebenso müsste es hier unstrittig sein, dass Gefahren durch herumliegende Spritzen insbesondere für kleine Kinder vermieden werden müssen. Unter beiden Aspekten stellen Drogenkonsumräume einen Ansatz zur Problembewältigung dar.
Welches waren die Argumente gegen Drogenkonsumräume? – Bei der FDP gab es plötzlich die Forderung nach einer formellen Bürgerbeteiligung – eine sehr spannende Position für eine Fraktion, die sich in den Ruf begibt, immer für Entbürokratisierung arbeiten zu wollen. Hier nun bei kleinteiligen kommunalpolitischen Entscheidungen eine formelle Bürgerbeteiligung einzufordern, wirkt angesichts der emotionalen Diskussion wie eine Flucht vor der Verantwortung.
Ich komme gleich darauf. – Wir haben in zig Diskussionen und Anhörungen die Argumente der Bürger aufgenommen. Die Frage ist, ob in solchen Entscheidungen im formellen Sinne wie im Baurecht eine Bürgerbeteiligung eingebaut werden soll. So ist an diesem Punkt Ihre Forderung.
Ja!
Herr Kollege Hahn! Sicher nicht in jedem Maße. Die Frage ist doch, in welchem Verfahren ich welche Art von Bürgerbeteiligung einführe.
Bemerkenswerter fand ich die Fragestellung der FDP nach eventuellen Problemen beim polizeilichen Handeln. Wo liegt die Grenze zwischen der Pflicht der Polizei, strafbare Handlungen zu verfolgen, und wo muss die Polizei sich zurückhalten, um die vom Betäubungsmittelgesetz nun zugelassene Einnahme von Drogen in Drogenkonsumräumen zu ermöglichen? Das ist eine Fragestellung, bei der ich nachvollziehen kann, dass sich ein einzelner Beamter damit schwer tut. Deshalb haben wir im Innenausschuss die Beratung der entsprechenden Anträge auch extra zurückgestellt. Wir haben einen Staatsanwalt zu uns geladen, der Erfahrungen hat. Dieser hat uns berichtet, dass es in der Praxis keine Probleme gibt, wenn eine enge Kooperation zwischen den beteiligten Stellen sichergestellt ist.
Nun darf ich mit Erlaubnis des Präsidenten aus der beschlossenen Rechtsverordnung zitieren, weil da nämlich genau dem Rechnung getragen worden ist:
Der Träger des Drogenkonsumraums hat mit dem zuständigen Bezirksamt, Abteilung Gesundheit, der Polizei und der Staatsanwaltschaft eng und kontinuierlich zusammenzuarbeiten. Zu den Grundzügen dieser Zusammenarbeit gehört es insbesondere, dass die Leitung des Drogenkonsumraums zur Polizei ständigen Kontakt hält und mit dieser Maßnahmen abstimmt, um frühzeitig Störungen der öffentlichen Sicherheit im unmittelbaren Umfeld des Drogenkonsumraums zu verhindern.
Da haben Sie Recht, nicht den Teil zur Drogenpolitik. Aber es ist nun einmal so, dass fast alle Fraktionen in diesem Haus in irgendeiner Form an Formulierungen dieser Koalitionsvereinbarung beteiligt gewesen sind.
Herr Steffel, wunderbar, es gibt endlich einmal einen Augenblick, in dem die CDU ihre Hände in Unschuld waschen kann und an nichts beteiligt ist.
Na, das warten wir dann einmal ab. Es kommt auch noch darauf an, mit wem, wenn das so sein sollte. Bevor wir jetzt in koalitionspolitische Höhen entgleiten, sollten wir lieber auf den Boden der Drogenpolitik zurück kommen.
Ich finde jedenfalls, dass es den Eindruck erweckt, dass Sie die Drogenkonsumräume doch sehr stark in den Mittelpunkt Ihrer Drogenpolitik stellen. Und mehr noch: Man hat heute auch den Eindruck, dass Sie als Koalition – Sie hatten ja noch einmal die freie Auswahl für eine Aktuelle Stunde – wirklich keine anderen Erfolge in diesem Dezember des Jahres 2002 vorzuweisen haben, als dass Sie die Einrichtung von zwei Drogenkonsumräumen vorantreiben.
Hier ist in der Rechtsverordnung, die Grundlage für die Genehmigung eines solchen Betriebs ist, sichergestellt worden, dass diese Kooperation stattfindet. Sie ist Voraussetzung für diesen Betrieb. Ich denke, damit ist diesen Bedenken ausreichend Rechnung getragen worden.
Im Übrigen ist mit dieser Bestimmung auch sichergestellt, dass die CDU-Befürchtung der Entstehung einer öffentlichen Drogenszene im Umfeld nicht Wirklichkeit werden kann. Wenn eine strenge und stetige Kooperation stattfindet, wird man die Anzeichen frühzeitig bemerken und entsprechende Gegenmaßnahmen einleiten können.
Wer glaubt, jetzt immer noch einen ideologischen Kampf gegen Drogenräume führen zu müssen, muss sich fragen lassen, welcher Ziele er eigentlich verfolgt. Er lehnt offensichtlich jede Gesundheitshilfe für Suchtkranke ab und verhindert damit eine Abnahme von Drogentoten. Er lehnt die Verringerung der Belastung und Gefährdung von Kindern auf Kinderspielplätzen und Hausfluren ab. Das ausschließliche Setzen auf polizeiliche Maßnahmen und Strafverfolgung führt ganz offensichtlich nicht zum Ergebnis, denn ansonsten sähe unsere Stadt heute nicht so aus, wie sie ist.
Nur das anfangs beschriebene Gesamtkonzept einer Drogenpolitik, also eine enge Verbindung aus den genannten Feldern, von der Verfolgung bis zum Anbieten von Hilfe, führt zum Erfolg. In diesem Sinne werden wir in unserer Koalition eine Politik frei von Ideologien und orientiert an den tatsächlichen Problemen dieser Stadt fortsetzen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Ratzmann hat die Problematik der Anträge, über die wir hier heute zu entscheiden haben, gerade umfassend dargestellt. In weiten Bereichen kann ich Ihnen da voll und ganz zustimmen. Ich muss Ihnen allerdings, Herr Ratzmann, an einer Stelle ganz energisch widersprechen, wenn Sie hier nämlich eine grundsätzliche Kritik äußern daran, dass Flüchtlinge, die wir aufnehmen aus Bürgerkriegssituationen, von Anfang an einen provisorischen Status haben. Es ist in allen diesen Fällen gewesen, wo Deutschland aus humanitären Gründen Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen hat, dass es zunächst immer mit der Perspektive war, dass es eine zeitlich befristete Aktion ist. Und wenn Sie das grundsätzlich in Frage stellen, dann fürchte ich, dann tun Sie betroffenen Menschen in künftigen Situationen keinen großen Gefallen, weil Sie die Akzeptanz für solche humanitären Aktionen in Deutschland ernsthaft gefährden.
Sie haben dann weiter richtig beschrieben, wenn die Situationen so sind, dass sich ein langjähriger Aufenthalt daraus entwickelt, dann ist die Situation anders zu beurteilen. Da stimmen wir, glaube ich, auch völlig überein. Dann müssen wir uns Gedanken machen über Altfallregelungen und Ähnliches, wenn Kinder hier geboren sind, hier zur Schule gegangen sind, gar nicht mehr mit der Heimat verwurzelt sind. Aber ich bitte Sie wirklich noch mal, diese andere Kritik, die Sie geäußert haben, ernsthaft zu überdenken. Sie schaden, fürchte ich, in künftigen Fällen wirklich der Akzeptanz in unserem Lande.
Jetzt zu den Anträgen selber: Was das Bleiberecht der Roma in Deutschland angeht, hat die rot-rote Koalition im Koalitionsvertrag eine ganz eindeutige Aussage getroffen. Sie müssen nicht noch mal darauf hinweisen, es war auch in den Verhandlungen mit den Grünen Konsens, wurde von den Grünen auch vorgeschlagen, und so weit ich mich persönlich entsinne, haben wir auch einen Innensenator, der sich auch selber persönlich dafür eingesetzt hat, dass wir nämlich in der schon angesprochenen besonderen historischen Verantwortung, die wir in Berlin und in
Deutschland haben gegenüber der Gruppe der Roma, einen besonderen Grund sehen im Vergleich zu anderen Gruppen, uns hier besonders zu engagieren. Wir haben deshalb im Koalitionsvertrag schon niedergeschrieben: Berlin wird sich beim Bund für ein dauerhaftes Bleiberecht für langjährig in Deutschland lebende Roma einsetzen. – Sie haben diesen Satz noch einmal aufgenommen und als Antrag hier eingebracht. Und ich darf daran erinnern, dass wir im Innenausschuss – – ich glaube, ich habe noch mal auf den Koalitionsvertrag hingewiesen, ansonsten gab es keine weiteren Redebeiträge. Wir haben mit einer relativ großen Mehrheit im Innenausschuss diese Beschlussempfehlung beschlossen. Und ich hoffe, dass wir heute, wenn wir abschließend über diesen Antrag hier entscheiden, eine breite Mehrheit im Haus finden, damit der Innensenator mit der Rückendeckung dieses Parlaments dann in der Bundesinnenministerkonferenz vorstellig werden und sich für dieses Anliegen einsetzen kann. Wir wissen alle, wir haben kein eigenes Entscheidungsrecht, aber wir haben hier heute die Möglichkeit, ganz deutlich zu machen: Wir stellen uns dieser besonderen Verantwortung; wir wollen, dass unser Innensenator vorstellig wird, und wir hoffen, dass er damit auch Erfolg haben wird.
Zweiter Punkt, die Problematik Beschleunigung der Verfahren bei traumatisierten Flüchtlingen. Ich glaube, wir haben in einer sehr eindrucksvollen Anhörung im Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Migration und Verbraucherschutz darstellen können, welche Problematik in der bisherigen Antragsbearbeitung liegt. Ich möchte hier ausdrücklich positiv erwähnen, dass auch die Innenverwaltung sehr hochrangig an dieser vierstündigen Anhörung teilgenommen hat, ohne vom Ausschuss überhaupt eingeladen gewesen zu sein. Und das Ergebnis dieser Anhörung war ja auch ein Bewusstseinswandel bei vielen Mitgliedern in diesem Hause und ich denke auch in der Verwaltung. Das ist ganz schnell umgesetzt worden. Im Grunde genommen haben wir heute schon eine Weisungslage, die wir nachträglich jetzt noch einmal beschließen, um den Vorgang hier abzuschließen. Auch das möchte ich ausdrücklich lobend erwähnen. Die Innenverwaltung ist blitzschnell an das Thema herangegangen und hat sich um die Umsetzung bemüht.
Ich bitte das Haus auch zu diesem Antrag um breite Zustimmung. Wir haben allen Gesichtspunkten Rechnung getragen. Wir haben ein Verwaltungsverfahren gefunden, bei dem Missbrauch ausgeschlossen wird, bei dem den betroffenen Traumatisierten in ihrer besonderen Situation Rechnung getragen wird. Das sollte die Unterstützung des Hauses erhalten. – Danke!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Grünen haben mit ihrem Gesetzentwurf, den sie hier heute vorgelegt haben, ein wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen aufgegriffen. Da stimme ich meinem Vorredner ausdrücklich zu. Wir haben gravierende Veränderung in den gesellschaftlichen Realitäten, und die müssen wir zur Kenntnis nehmen und uns fragen: Welche Folgen muss das für die Politik haben? Der Kollege Ratzmann hat auch schon darauf hingewiesen, dass wir gerade in Berlin viele Betroffene haben, viele Menschen, die in nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder – wie es im Gesetzentwurf heißt – in auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaften ihre Zukunft sehen.
Nicht ganz verstanden habe ich gerade Ihren Redebeitrag. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, weichen Sie von Ihrer schriftlichen Begründung ab, wenn Sie gesagt haben: Dort wo an die Ehe anknüpfende steuerrechtliche Vorteile gewährt werden, wollen Sie mit Ihrem Antrag ansetzen. Das müsste überprüft werden. In Ihrer schriftlichen Begründung steht genau das Gegenteil, dass Sie nämlich genau diesen Teil ausklammern und sich auf die Rechtsgebiete, die Rechtsvorschriften konzentrieren, in den es um ein besonderes persönliches Näheverhältnis geht. Da stimme ich inhaltlich mit Ihnen völlig überein. Wenn es um Zeugnisverweigerungsrecht und um Befangenheitsregelung geht, dann ist der Unterschied zwischen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und einer ehelichen oder Lebenspartnerschaft tatsächlich nicht mehr zu sehen.
Es sind nicht nur Rechte von Betroffenen, um die es geht, sondern ich will ausdrücklich darauf hinweisen, dass es auch um die Rechte Dritter geht. Sie haben, wenn Sie in Ihrem Gesetzentwurf den Richterwahlausschuss ansprechen, zu Recht darauf hingewiesen, dass unter Umständen auch für einen anderen Bewerber Befangenheit bestehen kann, gleich, ob das Mitglied im Richterwahlausschuss über einen ehelichen oder nichtehelichen Partner zu entscheiden hat. Von da her ist das Anliegen, das Sie hier verfolgen, zu begrüßen, und wir unterstützen es.
Probleme sehe ich darin, dass es keine klare Definition einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft gibt. Wenn Sie die Rechtsfolge haben wollen, dass Sie Zeugnisverweigerungsrechte gewähren wollen, dann muss es eine klare bestimmte gesetzliche Regelung geben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses des Abgeordnetenhauses dann Hausbesuche bei eventuellen Zeugen macht, um a` la Sozialamt nachzugucken: Gibt es da zwei Kühlschränke oder nur einen, und je nachdem, haben wir dann eine Lebensgemeinschaft oder nicht, und daraus resultiert dann unter Umständen Zeugnisverweigerungsrecht. Hier ist sicher noch erheblicher Beratungsbedarf im Rechtsausschuss. Ich hoffe allerdings, dass die dort kompetenten Kolleginnen und Kollegen dann eine adäquate Lösung zu klaren gesetzlichen Bestimmungen finden. Dann, glaube ich, können wir diesem Gesetz hier auch sehr positiv in den weiteren Beratungen entgegensehen.
(A) (C)
(B) (D)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hatte vor zehn Minuten noch überlegt, worüber wir hier diskutieren wollen. Wir haben kaum mehr eine Öffentlichkeit, und am Montag haben wir uns im Innenausschuss ausgetauscht. Nun kommt Kollege Gewalt mit sagenhaften Neuigkeiten.
Ich versuche, diese Argumente abzuarbeiten: Wenn Sie darauf hinweisen, dass Abschiebungen nur in einen Staat und nicht in Regionen erfolgen, dann möchte ich daran erinnern, dass wir im Innenausschuss eigentlich Einigkeit hatten, dass Tschetsche
nen jedenfalls nicht nach Tschetschenien abgeschoben werden dürften. Wenn ich mich auf Ihre Logik einlasse, dürfte ich überhaupt niemand nach Russland abschieben – wenn ich diese Differenzierung in Regionen nicht vornehme.
Zum anderen ist nach den mir vorliegenden Informationen in russischen Pässen jeweils eine Rubrik enthalten, wo Nationalitäten festgehalten werden. Danach wären Tschetschenen sehr wohl zu verifizieren, und das wäre nachzuvollziehen.
Die Diskussionen der Vergangenheit an konkreten Einzelfällen haben auch gezeigt, dass wir jeweils tatsächlich wussten, worüber wir reden. Insofern sind Ihre Argumente, die Sie vorgetragen haben, in keiner Weise geeignet, die Beschlussempfehlung des Innenausschusses in Frage zu stellen.
Ich spare mir jetzt die Wiederholung der Argumente, die wir am Montag bereits ausgetauscht haben, und bitte dieses Haus um Zustimmung zu der vorliegenden Beschlussempfehlung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Ratzmann hat seine Rede mit einer massiven Kritik gegenüber der Koalition begonnen und eine neue Flüchtlingspolitik angemahnt.
So richtig die hier vorgelegten sieben Anträge im Ziel sind, ob das nun der neue, große Wurf für eine neue Flüchtlingspolitik ist, wage ich zu bezweifeln.
Herr Mutlu, hören Sie gut zu, ich habe eben bereits angedeutet, dass ich die Anliegen dieser Anträge sehr gut nachempfinden kann. Deshalb erlauben Sie mir einige Worte zum Inhalt Ihrer Anträge.
Zu den einzelnen Anträgen: Beschleunigung der Entscheidungen über Aufenthaltsbefugnisse für traumatisierte Flüchtlinge. In dieser Sache sind wir völlig d’accord, die Bearbeitung dauert uns zu lange. Der Innensenator hat diesem Problem bereits dadurch Rechnung getragen, dass er das Personal aufgestockt hat. Dennoch teilen wir Ihre Ansicht, dass weitere Maßnahmen zu einer beschleunigten Bearbeitung der Anträge wünschenswert sind. Ob das dann im Detail so, wie von Ihnen vorgeschlagen, durchgeführt werden kann, müssen wir prüfen. Wir müssen uns im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bewegen. Aber ich denke, dass wir hier in einer konstruktiven Diskussion zu angemessenen Ergebnissen kommen werden.
Der nächste Antrag: Vorübergehender Verbleib von Flüchtlingen, die sich in einer Schul- oder Berufsausbildung befinden bzw. in einem Studium. Auch hier ist das Problem zutreffend beschrieben. Es macht tatsächlich wenig Sinn, wenn Personen in der Schul- und Berufsausbildung langjährig gefördert und dann eventuell kurz vor dem Abschluss der Ausbildung abgeschoben werden. Aber auch hier haben wir gesetzliche Vorgaben. Diese müssen wir ausloten, und in diesem Sinne sollten wir zu einer pragmatischen Lösung bei den Diskussionen im Ausschuss kommen.
Der Antrag Drucksache 15/353 – Bleiberechtsregelung für Roma, das freut einen zu lesen, wenn die Opposition aus dem Koalitionsvertrag fast wörtlich abschreibt
und auch in der Begründung finde ich sinngemäß die Äußerungen des SPD-Innensenators aus den Koalitionsverhandlungen wiedergegeben. Vielleicht können wir uns darauf einigen, in welcher Reihenfolge wir unser Fünf-Jahres-Arbeitsprogramm hier einbringen. Wenn Sie uns dann die Arbeit abnehmen, jeweils inhaltlich die Koalitionsvereinbarung hier abzuarbeiten und die Anträge vorzulegen, dann haben wir damit wenig Probleme. [Beifall bei der SPD – Ritzmann (FDP): Aber umsetzen müssen Sie selbst! – Mutlu (Grüne): Freuen Sie sich doch, dass wir Sie unterstützen! – Zuruf des Abg. Ratzmann (Grüne)]
Zum Antrag Vermeidung von Obdachlosigkeit bei Entlassung aus der Abschiebehaft: Auch hier ist ein Problem benannt, das zweifelsohne besteht. Auch hier müssen wir ganz pragmatisch schauen, wie das gelöst werden kann. Ich ahne, dass uns hier die Verwaltung mit diversen verwaltungsrechtlichen und finanziellen Problemen konfrontieren wird, aus welchem Topf was finanziert werden muss. Ich hoffe, dass wir zu einer pragmatischen Lösung kommen. So viele Fälle werden es nicht sein und es sollte im Einzelfall eine Lösung gefunden werden.
Der Antrag zur Einrichtung einer Beratungsstelle für Migrantinnen, die – aus welchen Gründen auch immer – eine eheliche Gemeinschaft verlassen wollen, aber noch kein eigenständiges Aufenthaltsrecht haben, ist ein Problem. Die rot-grüne Bundesregierung hat dieses Problem bereits entschärft, indem sie vor zwei Jahren das Ausländergesetz geändert und die Jahresfrist von vier auf zwei Jahre verkürzt hat. Gleichwohl – das ist auch unstrittig – bestehen hier immer noch Probleme. Beratung ist erforderlich, Hilfe ist erforderlich. Ob das unbedingt im Rahmen einer Beratungsstelle bei der Ausländerbehörde sein muss, wage ich zu bezweifeln. Das sollten wir noch einmal im Detail diskutieren, ob das der Weisheit letzter Schluss ist.
Schließlich Ihr Antrag Keine Zwangsrückführungen ohne ausreichenden Impfschutz: In Ihrer Begründung beziehen Sie sich auf einen Einzelfall. Ich überblicke heute das Problem noch nicht. Das müssen wir sicher näher aufklären. So, wie der Antrag formuliert ist, würde er sogar Zwangsimpfungen mit einschließen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das wirklich gemeint ist. So könnte ich dem nicht zustimmen, aber auch das müssen wir im Einzelnen diskutieren.
Eine letzte Bemerkung zu dem vorgelegten Dringlichkeitsantrag. Der Kollege Ratzmann hat die Problematik beschrieben. Wir befinden uns in der Bundesrepublik sicher in einer misslichen Lage, auf der einen Seite ist wünschenswert zu vernünftigen politischen Verhältnissen zum heutigen Russland zu kommen – im Gegensatz zur Vergangenheit –, andererseits ist den Menschenrechten ausreichend Rechnung zu tragen. Ich hoffe und plädiere dafür, dass wir in der nächsten Innenausschusssitzung am 13. Mai diesen Antrag auf die Tagesordnung nehmen, weil wir den Sachverhalt schnell klären müssen. Ich erwarte, dass wir dann alle Stellungnahmen, auch die der nichtstaatlichen Organisationen, vorliegen haben, damit wir uns ein Bild machen und zu einem vernünftigen Ergebnis kommen können. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich darf zunächst dem Kollegen Mutlu ausdrücklich bestätigen, dass wir als SPD-Fraktion in diesem Haus das Zuwanderungsgesetz als eine große Leistung der rot-grünen Bundesregierung betrachten.
Es geht ein gut zweijähriger Diskussionsprozess zu Ende, der durch Bundeskanzlerr Schröder im Februar 2000 in Gang gesetzt worden ist. Ich kann mir Wiederholungen ersparen, der Kollege Mutlu hat bereits darauf hingewiesen. Wir beenden eine jahrzehntealte Lebenslüge in unserem Land, wenn wir jetzt endlich akzeptieren, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist und wir nun beginnen, vernünftige Regelungen für die Zuwanderung aufzustellen.
Der diesem Beratungspunkt zu Grunde liegende Antrag der Grünen aus der letzten Plenarsitzung hat das Ziel, unserem Berliner Senat Handlungsvorgaben für die Verhandlungen im
Bundesrat zu geben. Wir sind hier nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern eher aus verhandlungstaktischen Gründen der Ansicht, dass das kontraproduktiv sein kann.
Wir sind völlig in Übereinstimmung, dass wir uns wünschen, dass morgen im Bundesrat das Zuwanderungsgesetz eine Mehrheit findet. Aber wir wissen auch alle, dass es ein breiter Diskussionsprozess ist, dass heute Nacht noch Gespräche stattfinden. Wir halten es für taktisch falsch, dem eigenen Senat den Handlungsspielraum einzuschränken. Deshalb konnten wir als SPDFraktion dem ursprünglichen Antrag der Grünen unsere Zustimmung nicht geben – wohlgemerkt auf Grund taktischer Erwägungen, nicht auf Grund inhaltlicher Bedenken. Wir haben im Innenausschuss nun einen Änderungsantrag eingebracht, der zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses geworden ist und uns als Land Berlin verpflichten soll, das Zuwanderungsgesetz – das hoffentlich morgen beschlossen wird – im Sinne einer humanen Migrationspolitik auszufüllen. Darauf sollten wir uns konzentrieren. Ich bitte deshalb heute um die Zustimmung zur Beschlussempfehlung des Innenausschusses!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion ist für die Einrichtung von Gesundheitsräumen für Drogenabhängige in Berlin.
Wir wollen nicht länger die Augen vor den tatsächlichen Problemen verschließen, die in dieser Stadt bestehen. Gesundheitsräume für Drogenabhängige dienen zum einen der Abwehr gesundheitlicher Gefahren für Suchtkranke, zum anderen bieten sie für diese medizinische und soziale Hilfen an. Sie tragen aber auch – und das ist ein wichtiger Aspekt – zur Entlastung betroffener Anwohnerinnen und Anwohner bei. Spritzen auf Spielplätzen und in Hausfluren sind Probleme, die wir nicht einfach länger ignorieren dürfen. Unstrittig bedürfen Gesundheitsräume einer durchdachten Konzeption. Bündnis 90/Die Grünen haben in ihrem Antrag zu diesem Tagesordnungspunkt bereits wichtige Punkte angesprochen. Ich bin mir sicher, dass in der Ausschussdiskussion weitere wichtige Punkte Berücksichtigung finden werden.
Zweifelhaft erscheint mir allerdings, dass wir mit der CDU dem Senat noch einen Berichtsauftrag erteilen müssen. Wir haben vor einem guten Jahr im Gesundheitsausschuss eine sehr ausführliche Anhörung zu dem Thema durchgeführt. Wir sind heute auf einem Diskussionsstand, wo wir sagen können: So wollen wir es machen, in dieser oder jener Art und Weise. – Es gibt Beispiele aus anderen Städten, die verdeutlichen, welchen positiven Nutzen solche Gesundheitsräume hervorbringen. Entscheidende Argumente gegen Gesundheitsräume sind für uns nicht erkennbar. Sicher muss die Finanzierung geklärt werden. Das ist angesichts der Haushaltslage immer ein schwieriges Thema, aber es ist kein grundsätzliches Argument gegen Gesundheitsräume. Diejenigen, die Gesundheitsräume kritisieren, ja geradezu heftig dagegen zu Felde ziehen, verschließen die Augen vor den tatsächlichen Problemen. Einer solchen Politik wollen wir uns nicht anschließen. Die SPD will eine vorurteilsfreie und ideologiefreie Drogenpolitik für Berlin, die sich der tatsächlichen Probleme annimmt.
Wir wollen deshalb jetzt die rechtlichen Grundlagen für Gesundheitsräume in Berlin schaffen und Gesundheitsräume einrichten. Da es offensichtlich nach den Diskussionen in diesem Haus eine breite Mehrheit – weit über die Koalition hinaus – gibt, blicke ich sehr optimistisch auf die Ausschussberatungen. Ich denke, wir werden auf diesem Feld in Berlin einen guten Schritt vorankommen.