Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 88. Sitzung des Abgeordnetenhauses von Berlin und begrüße Sie, unsere Gäste, die Zuhörer sowie die Medienvertreter sehr herzlich.
Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, habe ich die Freude, dem Kollegen Michael Dietmann herzlich zum Geburtstag zu gratulieren. Alles Gute, vor allen Dingen Gesundheit!
Ich freue mich auch, dass der Kollege Sayan wieder unter uns ist – herzlich willkommen, Kollege Sayan! Wir freuen uns, dass Sie gesund und munter wieder da sind!
Ich habe noch etwas Schönes zu verkünden – weil wir ja auch an die Jugend denken müssen: Die Auszubildende bei den Grünen, Frau Gülcicek Sheri, hat gestern ihre Prüfung bestanden und wird ab heute Mitarbeiterin der Fraktion der Grünen sein! Herzlichen Glückwunsch zum Prüfungsergebnis, auf eine gute Zusammenarbeit!
Wir kommen nun zum Geschäftlichen. Auf Grund der gestrigen Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Umweltschutz beantragt die Fraktion der CDU gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung die zusätzliche Überweisung des Antrags der Fraktion der SPD und der Fraktion der Linkspartei.PDS über „Zweites Gesetz zur Änderung des Energiespargesetzes“, Drucksache 15/5191, an den Hauptausschuss. Wer diesem Antrag der CDU seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Damit ist der Überweisungsantrag abgelehnt.
1. Antrag der Fraktion der SPD und der Linkspartei.PDS zum Thema: „Erinnerung wach halten – Gedenkkonzept Berliner Mauer zügig umsetzen“,
2. Antrag der Fraktion der CDU zum Thema: „Mangelhafte Patientensicherheit in den Berliner Krankenhäusern mit tragischen Konsequenzen – Senat vernachlässigt seine Verantwortung als Eigentümer“,
3. Antrag der Fraktion der Grünen zum Thema: „Abzocke bei Gas, Wasser, Strom – und der Senat schläft!“,
4. Antrag der Fraktion der FDP zum Thema: „Reformversagen in Berlin und im Bund: es wird Zeit für liberale Macher!“.
Zur Begründung der Aktualität der Anträge rufe ich für die Fraktion der SPD und der Fraktion der Linkspartei.PDS Herrn Kollegen Brauer von der Fraktion Linkspartei.PDS auf. – Bitte schön, Herr Kollege Brauer!
jährt sich zum 45. Mal der Tag, an dem mit der Errichtung der Berliner Mauer ein scheinbar unüberwindlicher Keil durch diese Stadt getrieben wurde. Dies wäre bereits Anlass genug für dieses hohe Haus, sich mit dem Thema zu beschäftigen, aber das ist es nicht allein.
Erstmals – ich betone, erstmals – seit dem von der DDR-Bevölkerung herbeigeführten Fall dieses tödlichen Monstrums besteht inzwischen die ernst zu nehmende Chance, eine in ihren inneren und äußeren Zusammenhängen funktionierende Geschichtslandschaft zu etablieren, die die wenigen noch vorhandenen Zeugnisse der Mauer dauerhaft sichert und zugänglich macht und an zentralen Orten wie der Bernauer Straße, dem Brandenburger Tor und hoffentlich auch im Umfeld des ehemaligen Checkpoint Charlie Punkte der Information und der Möglichkeit einer vertieften geistigen Auseinandersetzung mit der Geschichte der Mauer, den nicht zuletzt weltpolitischen Zusammenhängen ihrer Entstehung, dem absurden Grenzregime der DDR und der historisch einmaligen friedlichen Überwindung dieser Grenze schafft und die
last but not least – der Achtung vor dem Gedächtnis an die Opfer auf würdige Weise entsprechende Möglichkeiten des Gedenkens und stillen Innehaltens errichtet.
Es hat immerhin 16 Jahre bis zum Vorliegen eines solchen Konzeptes gedauert, und auch darum ist es aktuell. Herr Kollege Uwe Lehmann-Brauns wollte im Kulturausschuss nicht an die „Heldentaten“ der großen Koalition erinnert werden. Wir müssen aber heute darüber reden, dass unter dem CDU-Senat nichts als blinder Abriss, kurzsichtige Grundstücksverschleuderung und folgenfreie billige Verbalkraftakte passierten.
Wenn Kollege Stölzl dem entgegenhält, dass doch etwas passierte, nämlich bürgerschaftliches Engagement, so muss man feststellen, dass dies mitnichten auch nur ansatzweise – mit Ausnahme der Abrissbagger – das erfolgreiche Nichtstun der Berliner CDU mildern konnte. Auch darüber ist heute zu reden. Immerhin hat das erfolgreiche Geschichtsbereinigungsprojekt der großen Koalition dazu geführt, dass die Umsetzung von Kernelementen des Gedenkkonzeptes erschwert und mit erheblichem finanziellen Mehraufwand belastet wird.
Zu reden ist heute auch darüber, dass es erst eines rotroten Senats bedurfte, dass erst ein PDS-Kultursenator dazu in der Lage war, ein realistisches Mauergedenkkonzept auf den Tisch zu legen.
Letztendlich wollen wir, auch wenn das bei Herrn Henkel zu versagen scheint, dazu beitragen, die Debat
tenkultur in dieser Stadt zu verbessern und von einem billigen Täter-Opfer-Schema wegzukommen, das letztlich nur zum wechselseitigen Ausstellen von Ablassbriefen oder moralischen Todesurteilen führt.
Die Geschichte dieser Stadt – Frau Ströver, hören Sie bitte zu – ist unteilbar. Wir stehen ihr und den kommenden Generationen gegenüber in gemeinsamer Verantwortung. Lassen Sie uns diese auch gemeinsam ausüben! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, hören Sie bitte auf mit dieser politischen Brunnenvergifterei! – Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Brauer! – Das Wort für die CDU-Fraktion hat nunmehr der Kollege Czaja. – Bitte schön, Herr Czaja!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus einigen Berliner Krankenhäusern kamen in den letzten Wochen Besorgnis erregende Nachrichten. Einige der Schlagzeilen: Patient nach 6 Tagen tot gefunden. Vermisster Patient 3 Tage allein im Aufzug. Tod durch Verbrühungen. – Dies sind nur einige Schlagzeilen der vergangenen Wochen über Berlins Pflegeeinrichtungen und Kliniken, drei dramatische Vorfälle, die viele Fragen nach der Qualität der Pflege in Krankenhäusern und Heimen und nach der Fürsorgepflicht aufwerfen.
Wir mussten dazu übrigens nicht erst durch Oppositionsaufträge respektive -anträge aufgefordert werden.
Nein, Frau Ströver! – Erstellung und Umsetzung eines Mauergedenkkonzepts sind zentraler Bestandteil des Koalitionsvertrages zwischen SPD und PDS aus dem Jahre 2001.
Aktuell ist dieses Thema auch, weil ausgerechnet die in dieser Frage völlig versagt habende Berliner CDU die Unverschämtheit hat, in Permanenz mit persönlichen Diskriminierungen des Senators auf dieses selbst von den Opferverbänden dankbar aufgenommene Konzept zu reagieren.
Dem wollen wir heute entgegentreten. – Hören Sie bitte zu! – Dass sich führende CDU-Politiker dazu hinreißen lassen, das Mauergedenkkonzept mit einer Bundesgartenschau gleichzusetzen, spricht für den Grad der Verantwortung, den Sie gegenüber diesem schmerzlichen Kapitel der deutsch-deutschen Geschichte auszuüben in der Lage sind.
Sie vergiften damit aus mehr als durchsichtigen Erwägungen die politische Atmosphäre in dieser Stadt.
Ausfluss dieser Debattenkultur ist ein Schreiben, das ich gestern erhalten habe und in dem ich als geistig unheilbares Mitglied einer Mörderbande – gemeint ist meine Partei – bezeichnet werde.
Wir wollen die Stadt informieren, was das Konzept vorschlägt. Wir wollen über die Hürden sprechen, die seiner Verwirklichung im Wege stehen, und wir wollen um Ihre tätige Mithilfe bei seiner Realisierung werben, und zwar über Parteigrenzen und Wahltermine hinweg.