Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

In Ihrem Antrag fordern Sie eine kaufmännisch durchkalkulierte Vorlage zum Flughafen. Aber wie soll die aussehen – auf Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses, der erst noch vom Gericht bestätigt werden muss und wo es eventuell und mit einer gewiesen Wahrscheinlichkeit Auflagen geben wird, und vor dem Hintergrund, dass noch bestimmte andere Untersuchungen statt

finden? – Wenn der Senat tatsächlich ein solches Konzept vorlegen würde, wären Sie doch die Ersten, die sagen: „Das ist nicht kaufmännisch durchgerechnet!“ oder: „Die Annahmen stimmen nicht.“ – Herr von Lüdeke! In die Falle, die Sie dem Senat hier bauen wollen, werden wir ihn nicht hineinlaufen lassen.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Das Gleiche gilt für Bündnis 90/Die Grünen: Herr Ratzmann hat hier vor nicht allzu langer Zeit – ich glaube, es war vor acht Wochen – ein glühendes Bekenntnis zum Flughafen abgelegt und gesagt, dass das jetzt alles schnell gehen müsse und der Senat viel zu zögerlich sei. Ich weiß nicht mehr, was ihm sonst noch alles eingefallen ist. Frau Hämmerling hat dann im Ausschuss für Bauen, Wohnen und Verkehr gesagt, sie fände den Flughafen, so wie er geplant ist, blöd. Man müsse das alles anders machen – viel kleiner, ein bisschen schnuckliger. Es sollte ökologisch korrekt, klein und fein sein. Einen Nischenflughafen, aber keinen internationalen Flughafen!

Und jetzt kommt Frau Eichstädt-Bohlig und erzählt, die gesamte Finanzierung sei völlig unklar und jetzt müsse der Bundestag die Gelder sperren. Diese Sperrung, die sie fordert, hat der Bundestag bereits im November 2004 beschlossen – als Auflagenbeschluss. Herr Schruoffeneger kennt das aus dem Hauptausschuss. Wenn bestimmte Sachen in den Rahmenbedingungen noch unklar sind, macht man eine Verpflichtungsermächtigung, sperrt sie aber mit der Auflage: Freigabe erst nach weiterer Vorlage. – Das ist ein ganz normaler Vorgang, der jetzt aber skandalisiert wird, als stehe der Bund kurz davor, aus dem Flughafenprojekt auszusteigen. Das ist unseriös, meine Damen von den Grünen – die meine ich hier insbesondere –, es ist höchst unseriös und hilft vor allem auch dem Projekt nicht weiter. Sagen Sie doch klipp und klar was Sie wollen! Wollen Sie einen Flughafen? Wollen Sie einen Flughafen zum Nulltarif? Wollen Sie, dass der Bund mehr bezahlt? Wollen Sie, dass der Bund weniger bezahlt? –

[Niedergesäß (CDU): Mehr!]

Das ist völlig unklar, und deshalb sind Sie bei der Flughafenfrage keine ernst zu nehmenden Gesprächspartner mehr. Das muss man einfach so feststellen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und der FDP – Zurufe von der PDS und den Grünen]

Worum geht es denn jetzt wirklich? – Es geht darum, dass der Senat Kosten von 1,98 Milliarden € dem Parlament vorgelegt hat – die geschätzte Summe für die Investitionskosten. Nun hat Frau Eichstädt-Bohlig intensiv in den Unterlagen gelesen und festgestellt: Mein Gott, da stehen ja noch mehr Zahlen drin! – Die hat sie jetzt einfach einmal mit dazugepackt und gesagt: Jetzt sind es 3 Milliarden €, und eigentlich muss man noch mehr hinzurechnen. – Man kann selbstverständlich alle Zahlen, die man auf irgendwelchen Blättern mit der Überschrift „Flughafen“ findet, zusammenzählen und dann sagen: Das ist jetzt die Gesamtsumme für den BBI.

von Lüdeke

[Schruoffeneger (Grüne): Das sind ja wohl reale Zahlen!]

Herr Schruoffeneger! Sagen Sie doch einmal, ob es seriös ist, in die Baukosten des BBI – die Investitionskosten – die Kosten für die Entschuldung des Baufelds Ost mit hineinzurechnen?

[Schruoffeneger (Grüne): Zumindest muss es bezahlt werden!]

Gehört das zu den Investitionskosten für den BBI? – Das ist doch wohl hochgradiger Blödsinn!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Ist die Investition, die Sie in den nächsten fünf Jahren in Tegel tätigen, eine Investition für BBI? Sind das die Investitionskosten für den neuen Flughafen? – Das ist ein genauso großer Blödsinn, Herr Schruoffeneger!

An diesen beiden Beispielen können Sie sehen, dass es hier um die übliche Profilierungssucht von Grünen geht, die sagen, sie hätten etwas gefunden, um sagen zu können, es sei alles schlecht, was der Senat tut. Dass Sie ein Projekt schlechtreden, das Bund, Berlin und das Land Brandenburg gemeinsam vorantreiben wollen – im Bund sind die Grünen an der Regierung beteiligt –, ist Ihnen dabei egal. Dass Sie auch dieses Investitionsprojekt gefährden, ist Ihnen offensichtlich auch egal. Uns ist es nicht egal. Deswegen wiederhole ich mich: Sagen Sie es deutlich, wenn Sie sich aus dem Projekt verabschieden wollen. Dann wissen wir wenigstens, woran wir sind. Aber hören Sie auf, hier Pferde scheu zu machen, an Stellen, an denen noch nicht einmal die Rennbahn ausgesteckt ist. Das bringt niemanden weiter.

[Schruoffeneger (Grüne): Es sollen Flugzeuge starten und keine Rennbahnen abgesteckt werden!]

Herr Kollege! Kommen Sie bitte zum Schluss! Sie sind schon über der Zeit.

Ich komme zum Schluss. – Ich möchte noch einen Satz zu Ihrem grandiosen Vorschlag sagen, doch die Startbahn zu verkürzen. Zu einer 4 km langen Startbahn kann man vielleicht als Grüner sagen, sie sei viel zu lang, es könnten gleich mehrere Flugzeuge darauf starten und landen. Vielleicht informieren Sie sich aber einfach einmal. Es stand jetzt auch in der Zeitung. Eine vollbetankte B 747-400 braucht 3 800 Meter. Wollen Sie jetzt die Startbahn ernsthaft um 200 Meter oder 150 Meter verkürzen, oder wollen Sie von vornherein sagen, dass dort nur noch kleine Maschinen wie die B 737 oder Ähnliches landen und starten können, damit eine Gruppe entsprechend Ihrer Fraktionsgröße mitfliegen kann? – Ich glaube nicht, dass dieses für einen Flughafen geeignet ist. Insofern, meine Damen und Herren von den Grünen, meine Herren von der FDP – jedenfalls die Anwesenden –, kann ich nur sagen, dass das, was Sie anbieten, ein Trauerspiel für Berlin ist, weil es das Projekt zerredet. Der von der CDU eingebrachte Antrag ist eigentlich bereits erledigt durch das, was der Senat vorgelegt hat. Deshalb las

sen Sie uns für das Projekt und nicht dagegen arbeiten und weniger darüber reden! – Vielen Dank!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Als nächste erhält die Fraktion der CDU das Wort. Das Wort hat der Kollege Kaczmarek, der sich auf der Startbahn nähert. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über die Debatte, die wir heute führen, werden sich in der Tat in erster Linie nur die Knoblauchkröten in Schönefeld freuen, weil sie die Hoffnung haben können, dass dieser Flughafen doch nicht kommt, wenn Berlin nämlich Zweifel daran aufkommen lässt, dass dieser Flughafen wirklich gewollt ist.

Für die CDU-Fraktion kann ich eines ganz deutlich sagen: So gern wir die Knoblauchkröten haben, wollen wir doch diesen Flughafen in Schönefeld. Wir sind der festen Überzeugung, dass es sich das Land Berlin überhaupt nicht leisten kann, sich diesen Flughafen nicht zu leisten. Wir werden alles dafür tun, dass dieser Flughafen kommt.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Was ist nun passiert, das nun den Anlass gibt für eine erneute Debatte, dieses Mal über das Finanzkonzept? – Da gibt es angebliche, geheime, ach so bedeutsame Unterlagen, die im Bundestag – der für seine strikte Geheimhaltung bekannt ist – nun tatsächlich besprochen wurden. Es gibt ganz neue finanzpolitische Erkenntnisse, die eine grüne Abgeordnete dazu bringen, das Ganze noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Meine Damen und Herren von den Grünen! Sie sind in dieser Frage des Flughafens an Doppelzüngigkeit leider nicht zu überbieten.

[Beifall bei der CDU – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich erinnere mich noch an den Kollegen Cramer, der uns hier immer erzählte, eigentlich werde in Berlin nur ein Flughafen benötigt – drei schon gar nicht –, einer reiche aus und für diesen sei keine neue Start- und Landebahn erforderlich. Es reiche die eine, die noch übrig sei. Darauf könne alles abgewickelt werden.

In genau dieser Tradition steht die jetzige Debatte, die aus dem Bundestag kommt zweifelsohne auch wieder. Sie wollen diesen Flughafen nicht. Da muss sich Ihr Fraktionsvorsitzender allerdings schon einmal fragen, für wen er letztens diese Rede hier gehalten hat. Offenkundig hat er sie nicht für die Fraktion der Grünen gehalten. Sie sind gegen den Flughafen.

[Beifall bei der CDU – Beifall des Abg. Gaebler (SPD)]

Nun hat es nichts damit zu tun, dass wir nicht auch Transparenz in diesem Verfahren und auch Klarheit über die Kosten haben wollen. Ich sage Ihnen aber auch eines ganz deutlich: Wenn dieser Flughafen scheitert, wenn die

ses Projekt scheitert – was Gott bewahre –, dann scheitert es ganz gewiss nicht an der Finanzierung, an Krediten, an Finanzpapieren, die vorgelegt werden können, sondern dann scheitert es am Planungsverfahren, dann scheitert es in Leipzig. Das wäre in der Tat die problematischste Variante. Das ist der Punkt, über den wir uns unterhalten und auf den wir Acht geben müssen.

Hinsichtlich der Finanzierung kann man sich über das, was als Konzept vorliegt, sicherlich streiten und sagen, es sei gut und schön, viel buntes Papier. Es fehlen aber die Finanzierungskosten. Zwar ist angemerkt, dass es diese geben wird, beziffert sind sie aber nicht. Es ist sicherlich fraglich, ob die angeführten privaten Investitionen in dieser Höhe so kommen. Das mag alles so sein. Erst einmal müssen wir jedoch die Hürde des Planverfahrens nehmen, erst einmal müssen wir die Hürde der Gerichtsauseinandersetzung in Leipzig nehmen, damit wir uns überhaupt ernsthaft über ein tragfähiges Finanzierungskonzept unterhalten können. Ich habe wenig Zweifel daran – im Grunde gar keinen Zweifel daran –, dass es eine ganze Reihe von Banken geben wird, die Schlange stehen werden, um dieses Projekt zu finanzieren.

[Pewestorff (PDS): Koste es, was es wolle!]

Dass das Land Berlin, lieber Herr Pewestorff, seinen Beitrag für dieses Projekt leisten wird, dafür bin ich auch als Finanzpolitiker ganz ausdrücklich, denn es ist eine gute Investition. Es ist eine Investition, die sich rechnen wird, nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern auch volkswirtschaftlich. Deswegen ist das Geld, das wir dort anlegen, gut angelegt.

Nun kann man über das Verfahren jedes Mal sicherlich neu reden, und wir können die Kette von Pleiten, Pech und Pannen wiederholt miteinander diskutieren. Das macht die Sache auch nicht besser. Ich wäre froh, wenn diese Kette von verlorenen Prozessen – und leider ist bisher jedes Gerichtsverfahren, das um diesen Flughafen geführt wurde, gescheitert, ist jedes Gerichtsverfahren für das Land, für den Aufgabenträger gescheitert – nun endlich unterbrochen würde.

An der Stelle kommen wir zum Punkt unseres Antrags. Herr Gaebler sagte, der Antrag sei erledigt, denn der Senat tue dies alles schon. Das sagt er jedes Mal. Das muss man als Regierungsfraktion wahrscheinlich auch so sagen. Das hat er auch vorher schon gesagt. Und jedes Mal hat der Senat getan. Aber das Ergebnis, lieber Herr Gaebler, ist immer das Gleiche. Wir stehen wiederum vor einem gescheiterten Abschnitt dieses Planungsverfahrens. Beim nächsten Abschnitt sagen Sie dann wiederum, dass es der Senat schon tun werde, wir müssten uns nicht darum kümmern. Dieser Flughafen ist viel zu wichtig, als dass wir ihn allein Herrn Wowereit und seinem Senat überlassen können. Er ist ein Projekt der ganzen Stadt und auch dieses Parlaments. Deswegen haben wir die Pflicht und Schuldigkeit, uns darum zu kümmern.

[Beifall bei der CDU]

Dazu gehört dann auch dieser Antrag. Ich habe eben große Zweifel daran, dass der Senat genau das tut, was jetzt nötig wäre. Er müsste sich darum kümmern, dass die Landesplanungsabteilung, die gemeinsame, die bisher nicht durch besonders brillantes Auftreten geglänzt hat, jetzt dieses Verfahren so führt, dass wir in Leipzig im nächsten Jahr nicht eine böse Überraschung erleben und wir uns über Finanzierungsfragen gar nicht mehr unterhalten müssen, liebe Kollegen von der FDP, weil das ganze Verfahren schlicht und einfach in Leipzig gescheitert ist. Dann werden diejenigen Recht haben – vor allem die sächsischen Kollegen – die mir immer bei jeder Runde auf die Schulter klopfen und sagen, wir täten es schon ganz prima in Berlin und Brandenburg.

[Frau Matuschek (PDS): Das habe ich schon drei Mal erzählt!]

Das ist aber leider so, Frau Matuschek! Das tun Sie ganz prima. Wir haben den Flughafen schon mit den entsprechenden Start- und Landebahnen. Dann brauchen wir nur noch den Transrapid zwischen Berlin und Leipzig, dann ist alles erledigt.

Ich mag den Transrapid sehr als Technologieprojekt. Ich mag auch die Sachsen sehr als tüchtiges Volk. Wir brauchen aber einen eigenen Flughafen. Wir sollten alles tun, diesen in die richtigen Wege zu leiten. Dazu ist noch vieles über die Detailfragen zu besprechen.

Herr Kollege! Sie sind leider schon weit über die Zeit!

Ich komme zum letzten Satz. – Der Flughafen ist auch ein wenig über die Zeit, Herr Präsident. Ich will auch nicht ein Jahr länger reden, auch nicht zwei Jahre, wie es wahrscheinlich beim Flughafen sein wird. Einen Satz möchte ich noch anfügen. Man muss sich sicher noch über viele Details unterhalten. Es ist extrem unprofessionell, wiederum einen Zeitplan vorzulegen, von dem jeder weiß, dass er nicht haltbar ist. Warum setzt man nicht einfach einmal realistische Zahlen ein. Dann kann man sich darüber freuen, wenn es einmal ein halbes Jahr schneller wird. So werden wir uns erwartungsgemäß wiederum ärgern, dass es 2011 selbstverständlich nicht klappen wird. Man muss sich auch die Frage stellen, warum verbissen daran festgehalten wird, Tempelhof zu schließen und für mehrere Millionen Euro Ertüchtigungen in Tegel und Schönefeld durchzuführen. Was soll dieser finanzpolitische Irrsinn? – Wenn man einen Flughafen hat, soll man ihn nutzen.

Wenn wir in diesem Sinn gemeinsam an dem Projekt arbeiten könnten, wäre dem Land, wäre den Menschen in diesem Land geholfen, und das Projekt würde auch zu einem Erfolg.

Herr Kollege!

Wir müssen jetzt weg von einer Abwiegelungstaktik. – Ehrlichkeit ist vonnöten –. Das ist

ein Zitat aus dem „Tagesspiegel“. Wir dürfen nichts mehr aussitzen, sondern müssen handeln.

Herr Kaczmarek! Sie müssen wirklich aufhören!