Protokoll der Sitzung vom 28.04.2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde das ganze Thema nicht so lustig, sondern ziemlich ernst und hätte mir gewünscht, dass der Regierende Bürgermeister an dieser Diskussion teilnimmt.

Aus welchem Grund, das sage ich Ihnen auch: Ich denke – und ein wenig haben wir das bereits am Montag im Ausschuss für Kulturelle Angelegenheiten andiskutiert –, dass die Darstellung des Systems der Täter, der Opfer, des Apparates, keine Frage von Berlin allein ist,

[Beifall der Frau Abg. Grütters (CDU), der Abg. Lehmann-Brauns (CDU) und Stölzl (CDU)]

sondern sie geht das ganze deutsche Volk an. Das geht die Länder an, denn die Teilung fand zwar in der Stadt Berlin statt, aber sie lief vor allem mitten durch Deutschland entlang der innerdeutschen Grenze. Deswegen ist diese Frage keine Berliner Frage allein, sondern sie geht die direkt anliegenden Länder und damit insgesamt die Gesellschaft an. Es wäre gut, wenn der Regierende Bürgermeister sich das zu eigen machen würde, indem er diese Frage, in die Runde der anderen Ländern tragen würde. Es sollte sie auch auf die Ebene des Bundes tragen und sagen: Diese Frage bezieht sich nicht auf Berlin und den Bund, sondern sie geht uns wirklich alle an. – Deswegen finde ich es schade, dass er nicht hier ist und diese Frage vernachlässigt, die wir heute hier diskutieren.

[Beifall bei den Grünen, der CDU und der FDP]

Es hat mich auch gestört, dass man einfach sagt, nur die CDU sei schuld. Natürlich hat die CDU viele Dinge

versäumt, das wissen wir, auch, den Mauerabriss zu verhindern. Aber immerhin war damals, 1989/1990, Herr Momper der Regierende Bürgermeister,

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

und wir wissen, es gab auch schon damals Diskussionen, wie man mit dieser Situation umgeht.

[Zurufe von der SPD und der PDS – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD) – Hillenberg (SPD): Ich wollte, dass sie abgerissen wird!]

Warum regen Sie sich denn auf? Ganz ruhig!

[Zurufe von der SPD und der PDS – Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Ist ja gut! – Dennoch gab es schon damals von verschiedener Seite Leute, die ihre Bedenken gegen den Totalabriss formuliert haben. Das hätte man – denke ich – ein Stück weit reflektieren können. Deshalb muss man einfach sagen, dass der Abriss ein großer Fehler war.

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

Herr Gaebler! Daran können Sie sich ja wahrscheinlich noch ziemlich aktiv erinnern, es war die Initiative von Seiten der Grünen im Jahr 2001, die dafür gesorgt hat,

[Zuruf des Abg. Gaebler (SPD)]

dass die verbliebenen Mauerreste unter Denkmalschutz gestellt wurden. Damals war es die SPD, Herr Senator Strieder, der immer noch nicht gewillt war, zu dem Zeitpunkt die Reste zu sichern. Das muss man doch mal hier klipp und klar sagen.

[Brauer (PDS): Gut, dass wir im Senat sind, Frau Ströver!]

Deswegen zum Schluss: Was wir brauchen, ist so etwas wie eine konsensuale Debatte. Da wäre es gut gewesen, wenn wir allesamt in diesen diskursiven Prozess von Anfang an einbezogen gewesen wären.

Frau Ströver, achten Sie bitte auf Ihre Redezeit, wir waren schon großzügig.

Ja, das ist mein letzter Satz. Ich würde gerne noch den Kollegen Brauer persönlich fragen, warum er sich dieser Diskussion immer so zurücknimmt, weil mich, gerade vor dem Hintergrund seiner Biographie, interessieren würde, was er eigentlich zum Thema zu sagen hat. Ich verstehe überhaupt nicht, warum Sie persönlich sich immer nur zum Sprachrohr dessen machen, was der Senator uns vorgelegt hat. Denn ich glaube schon, dass sich die PDS noch sehr genau und inhaltlich mit dem, was der Senator und seine Verwaltung macht, und dem Thema befassen will. Da warte ich noch auf einen einzigen inhaltlichen Gedanken, der von Ihrer Seite kommt, der nicht vorher schon von der Senatsverwaltung kommuniziert worden ist.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Brauer (PDS): Das kann niemand nachvollziehen, Frau Ströver!]

Danke schön! – Alle weiteren Redezeiten sind erschöpft. Die Aktuelle Stunde ist damit erledigt.

Ich rufe als Priorität der Fraktion der SPD auf

lfd. Nr. 4 a:

I. Lesung

Viertes Gesetz zur Reform der Berliner Verwaltung (4. Verwaltungsreformgesetz – 4. VerwRefG)

Antrag der SPD, der CDU, der PDS und der Grünen Drs 15/3888 Änderungsantrag der Grünen Drs 15/3888-1 Änderungsantrag der CDU Drs 15/3888-2

Bevor wir in die Beratung eintreten, weise ich noch darauf hin, dass sich auch die Fraktion der PDS für die Priorität dieses Tagesordnungspunkts ausgesprochen hat.

Nunmehr treten wir in die Beratung ein. Es steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. – Es beginnt die Fraktion der SPD, Frau Abgeordnete Flesch. – Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon eine Weile her, aber im November 2002 begannen alle fünf Fraktionen dieses Hauses mit der Novellierung des Verwaltungsreformgrundsätzegesetzes, des VGG. Die FDP ist in dem Prozess abhanden gekommen, ohne Angabe von Gründen, was ich bedauerlich finde, weil es Anlass eines Fünffraktionenantrags war, der Berliner Verwaltung deutlich zu zeigen, dass wir als gesamtes Parlament dazu stehen. Aber so richtig schaden tut es auch nicht, dass sie nicht dabei ist, insoweit: Schwamm drüber.

Nach dem Inkrafttreten des ursprünglichen Verwaltungsreformgrundsätzegesetzes hat die Berliner Verwaltung in vielen Bereichen begonnen, sich stärker an den Bedürfnissen ihrer Kunden auszurichten. Sie hat innerhalb der Verwaltung in Teilbereichen dezentrale Fach- und Ressourcenverantwortung vermehrt beachtet und als Recht und Pflicht für sich wahrgenommen. Viele Verwaltungseinheiten haben die Instrumente der Personalentwicklung aufgenommen und zur Stärkung der eigenen Kompetenzen eingesetzt. Diese Ansätze zu stärken und die Schwächen des Gesetzes zu beseitigen ist unser Anliegen – von vier Fraktionen – mit dieser Novelle.

Gestatten Sie mir einige wenige Beispiele für das, was wir verändern werden, zu nennen: Wir regeln die Öffnung eines Bürgeramts in zentraler Lage an einem Sonnabend, dessen Personal von allen Bezirken gestellt werden wird. Es kann mit kleiner Besetzung gearbeitet werden, es kann sogar – wie ein Journalist mich vorhin fragte – eventuell ein Sonnabendzuschlag auf die Gebühr erhoben werden, wenn es zu höheren Kosten führt. Wichtig ist, dass es für die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Stadt, insbeson

Frau Ströver

dere für Notfälle, ein solches Angebot gibt. Da sich der Rat der Bürgermeister vor nicht allzu langer Zeit zu seiner gesamtstädtischen Verantwortung bekannt hat, denke ich, werden die Damen und Herren es auch schaffen, ein solches Bürgeramt mit wechselndem Personal zu bestellen.

[Beifall bei der SPD – Beifall des Abg. Dr. Zotl (PDS)]

Dafür verabschieden wir uns als Gesetzgeber von den gesetzlichen Regelungen für die sonstigen Öffnungszeiten. Das haben wir damals gemacht. Da gab es noch den langen Donnerstag. Der ist schon längst Geschichte geworden. Jetzt erwarten wir, dass der Senat mit dem Rat der Bürgermeister eine an den Kundeninteressen ausgerichtete Regelung findet.

Ein weiteres Beispiel, wie wir noch stärker auf die Bürgerinteressen eingehen wollen, ist die Schaffung einer Experimentierklausel. Damit soll es fortschrittlichen Verwaltungen – auch hier muss ich leider immer in erster Linie an die Bezirke denken – ermöglicht werden, unterhalb der Ebene von Ämtern in geeigneten Lebenslagen Leistungen aus einer Hand anzubieten. Statt dass die Menschen zu drei Ämtern müssen, soll dies in vielen anderen Bereichen, die noch nicht vom Bürgeramt abgebildet werden, in einem ermöglicht werden. Die Bürgerinnen und Bürger Berlins haben Ansprüche, Bedürfnisse. Ressortprinzipien kennen sie nicht.

Innerhalb der Berliner Verwaltung behalten wir die bewährten Instrumente des alten VGG bei. Wir verstärken sie, auch z. B. die Ziel- und Projektvereinbarungen. Wir haben uns insgesamt bemüht, das Gesetz zu straffen, überlebte Vorschriften zu entfernen und den Erfahrungen der Praxis gerecht zu werden.

Um es ganz klar und unmissverständlich in Richtung der Teile der Berliner Verwaltung zu sagen, die sich eher reformunwillig gezeigt haben: Diese Novelle des VGG bedeutet in keiner Weise eine Abkehr dieses Hauses von den Grundsätzen der Verwaltungsreform. Wir werden weiterhin sehr genau hinschauen, wo das umgesetzt wird, was wir hier beschließen, und wo nicht. Wir werden ein geeignetes Sanktionssystem finden, dem Rechnung zu tragen.

Ein Problem haben wir leider lösen müssen, das ist allen Fraktionen schwer gefallen: die Abschaffung der Führungsfunktion auf Zeit. Das wurde nicht aus eigenem Antrieb gemacht, sondern wegen Artikel 33 Absatz 5 Grundgesetz. Auch die Enquete-Kommission sagt, dieser Artikel stehe jeder Modernisierung im Weg. Ich hoffe, der Senat wird sich im Bundesrat intensiv für eine Flexibilisierung und Öffnung des Beamtenrechts einsetzen.

Das wird nicht die letzte Novelle des VGG sein. Wir haben jetzt auch eine Klausel aufgenommen, dass es nach zehn Jahren spätestens wieder zu evaluieren ist. Wir hoffen aber, dass durch dieses Gesetz weitere Reformimpulse in die Berliner Verwaltung gelangen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Danke schön! – Für die CDU hat der Abgeordnete Wambach das Wort. – Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Frau Flesch hat es bereits eben angedeutet, aber ich will es noch etwas verstärken. Heute ist tatsächlich die Stunde des Parlaments, denn der vorliegende Gesetzentwurf ist eine Initiative aus diesem Haus. Allein das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass in Sachen Verwaltungsmodernisierung auf Seiten des Senats noch viel nachzuholen ist.

Wenn wir uns den Werdegang dieses Vierten Verwaltungsreformgesetzes anschauen, ist dies fast symptomatisch für den Umgang mit dem Thema. Frau Kollegin Flesch hat es eben auch schon angedeutet, dass wir uns seit über zwei Jahren als zuständige Parlamentarier aus allen Fraktionen nach einer ersten Bestandsaufnahme an die Arbeit gemacht hatten, um das Gesetz von 1999 anzupassen. Die Bezirksreform war inzwischen vollzogen, und eine Reihe von Regelungen deshalb obsolet geworden. Es war aber auch erforderlich, die bestehenden gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf ihre Umsetzung, auf die Anwendung in der Verwaltungs- und auch in der Lebenspraxis zu überprüfen und gegebenenfalls vernünftig anzupassen.

Es zeigte sich dabei schnell, dass die Diskussionstrennlinien weniger zwischen den Parteien, zwischen Koalition und Opposition als zwischen Senatsverwaltung und Parlament verliefen. Ein Beispiel dazu: § 20 regelte bisher, dass der Senat jährlich dem Abgeordnetenhaus über die Umsetzung des Gesetzes berichtet. Einer der ersten Vorschläge für eine Gesetzesnovelle seitens des Senats war folgerichtig, diese Berichtspflicht an das Parlament künftig zu streichen. Das hat die Reihen fest geschlossen. Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich den Vertretern der Koalition in unserer Arbeitsgruppe, dass sie da nicht eingeknickt sind, sondern standhaft das Fähnlein der Verwaltungsreformer hochgehalten haben.

[Beifall der Frau Abg. Oesterheld (Grüne)]

Nach gut einem Jahr intensiver Arbeit zog sich dann der Senat in die Schmollecke zurück. Obwohl Vertreter der Senatskanzlei, der Innenverwaltung und anderer an den Beratungen beteiligt waren und dort schriftlich zugearbeitet wurde, stellte man sich plötzlich auf den Standpunkt, der Senat sei überhaupt nicht beteiligt gewesen. Das Ganze gipfelte dann in der Protokollnotiz einer Staatssekretärsklausur, wo besprochen wurde, dass das Gesetzgebungsverfahren zum VGG jetzt endlich von der Legislative, also von uns, zur Exekutive hin verlagert werden müsse.

Das war zwischenzeitlich der Höhepunkt in einem Verfahren, das abermals eindrucksvoll gezeigt hat, wie Teile