Alice Ströver

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Niemand, Frau Lange – ich nehme das für mich ausdrücklich in Anspruch –, relativiert die Verfolgungsgeschichte der Familie Hess. Dies ist ein unfaires Argument, wenn man einen Sachverhalt aufklären will.
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Und hier ist ein Vorwurf, den ich Ihnen nicht ersparen kann, Herr Senator: Dieser Gegenbeweis hätte auch von Seiten der Verwaltung zu erbringen versucht werden müssen. Dazu muss man wissen, dass das Gemälde beim Verkauf in der Schweiz war, dazu ist nicht ausreichend
geprüft worden, dass der Kaufpreis geflossen ist. Ich habe heute erfahren, dass die Familie Hess zum Beispiel ein Konto in der Schweiz hatte und darauf die Einkünfte aus den Verkäufen geflossen sein können Es sind nicht die Gremien und Kommissionen befragt worden, und deswegen ist zu früh entschieden worden. Wir kommen nicht umhin, die Handreichung irgendwann zu überarbeiten. Wir müssen sie überprüfen. Es gibt mehrere Gremien, die helfen können.
Im Fall des Kirchner-Gemäldes kann sich der Kunstmarkt jetzt freuen: Die Auktionshäuser spüren die Ware auf. Werke wandern in die Auktionen und treiben die Preise in die Höhe. Das ist bitter, und insofern hat Herr Flierl meines Erachtens leichtfertig und im vorauseilenden Gehorsam gehandelt. Es wäre gut gewesen und Berlin hätte gut daran getan, alles zu tun, um Sponsoren zu finden, um die Stiftungen zu befragen, um das bürgerschaftliche Engagement herauf zu beschwören dieses Bild dann für einen angemessenen und fairen Preis in Berlin zu halten.
Senator Flierl hat uns mit seinem Verhalten um die Chance gebracht, eines der wichtigsten Gemälde aus einem Landesmuseum in Berlin zu behalten. Er hat vor uns verheimlicht – damit meine ich das Berliner Parlament, die Öffentlichkeit, die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Stadt, die Museumsbesucher und die Gäste Berlins –, dass dieses wichtige Bild aus Berlin weg muss. Nun ist es schon längst von der Firma Christie’s nach New York gebracht worden. Es ist ein kulturpolitisches Versagen, diesen Alleingang in dieser Form gemacht zu haben. Es zeugt von einem krassen Demokratiedefizit, zumindest gegenüber diesem Parlament.
Sie hatten dazu kein Recht, Herr Senator! Das Bild wurde 1980 für ungefähr 950 000 € erworben, übrigens mit öffentlichem Geld, für das die Berliner Museen zwei Jahre lang auf ihren eigenen Ankaufsetat verzichtet hatten. Wo der ehemalige Kaufpreis jetzt übrigens geblieben ist, den Christie’s dem Land Berlin zurückgegeben hat, fragt man sich auch; wahrscheinlich in der Landeskasse. Es wird den Museen noch nicht einmal zurückgegeben.
Doch, es ist da. Das wurde uns am Montag im Kulturausschuss gesagt, aber wir wissen nicht, wo es bisher gelandet ist. Für das Brücke-Museum, einem Kleinod der Berliner Landesmuseen, hat der Senator seine Fürsorgepflicht nachhaltig verletzt.
Ich stelle mich nicht hin wie Frau Lange und sage, die eine oder die andere Haltung ist die richtige, aber in der Konsequenz der Auffassung des Senators heißt das: Jeder so genannte kollektiv Verfolgte, der nach den „NaziKriterien“ 1933 Jude in Deutschland war, der Eigentum hatte, egal, ob in Deutschland oder außerhalb Deutschlands, und der dieses Eigentum 1945 nicht mehr hatte, hat automatisch ein Rückführungsrecht. Das ist die Konsequenz dessen, was Sie sagen.
Wenn man das zur Grundlage nimmt, Herr Senator, dann hätte es keiner Washingtoner Konferenz bedurft. Dann hätte es auch keiner Handreichung bedurft, weil das dann heißt, es braucht überhaupt nichts geprüft zu werden, alles geht automatisch zurück.
Für mich ist eines klar. Die Handreichung, die der Bund mit Ländern und Kommunen ausgearbeitet hat, erzwingt den Gegenbeweis.
Sie wissen nicht Bescheid! Es gibt die LimbachKommission, es gibt in Berlin ein Gremium zur Rückführung von Kulturgut. Machen Sie sich schlau!
Wir stellen uns hier nicht hin und haben eine abschließende Einschätzung zur Rückgabe des Gemäldes, aber die Recherche ist nicht beendet.
Ich weiß nicht, ob man das hier sagen darf, aber ich finde schon: Ich bin der festen Überzeugung, dass dieses moralische Gutmenschentum des Kultursenators einen latenten Antisemitismus in unserer Gesellschaft eher Vorschub leisten kann, als dagegen zu wirken.
Eines bleibt: Keiner von uns, keine Gesellschaft, kein Senat, kein Senator kann sich von den Verbrechen des Nationalsozialismus freikaufen. Die Verantwortung dafür haben wir immer zu tragen. Deswegen kann diese Geschichte der Rückgabe meines Erachtens nicht das letzte Wort gewesen sein.
Es bleibt dabei: Mit Geld können wir dieses vergangene schreckliche Geschehen nicht wieder gut machen, und deswegen ist das eine schwierige Frage, die uns noch eine Weile beschäftigen wird.
Meine Frage richtet sich an den Senator Flierl. – Herr Dr. Flierl! Wie konnte es geschehen, dass das so genannten Marinehaus gegenüber dem Märkischen Museum auf die Verkaufsliste des Immobilienpaketes des Liegenschaftsfonds geraten ist, das das Land Berlin an einen ausländischen Investor verkaufen will, obwohl es für die Stiftung Stadtmuseum für die Konzentration der Museumsflächen beim Märkischen Museum vorgehalten werden sollte?
Herr Senator! Durch welche Maßnahmen haben Sie diese Liste korrigieren können?
Nein, das haben Sie nicht gemerkt! Bemerkt hat es die Stiftung Stadtmuseum! – Ist damit auch klar, dass das Marinehaus tatsächlich nicht verkauft wird?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen begrüßt das vorliegende Mauergedenkkonzept. Wir haben bereits in der Wendezeit den vollständigen Abriss der Grenzanlagen für einen Fehler gehalten. Gedenken braucht sichtbare Orte. Das gilt für den einzelnen Menschen, der sich an seine persönliche Geschichte erinnert, das gilt aber auch für die Gesellschaft als ganzes. Gedenkorte müssen die Erinnerung an die Mauer auch für die Generation lebendig halten, die die Teilung der Stadt
nicht mehr bewusst erlebt hat. Unser ehemaliger Kollege, Michael Cramer, hat mit seinen Fahrradtouren entlang der Mauer ganz praktisch dazu beigetragen. Ohne ihn gäbe es heute nicht einmal die Kennzeichnung des vollständigen Mauerverlaufs um Westberlin herum. Ich habe Ihnen heute die Broschüre „Mauerstreifzüge“ mitgebracht, Sie können sie bei meinen Fraktionsvorsitzenden abholen. Die Broschüre gibt es mittlerweile in 5. Auflage und wird von Berlinbesuchern gern mitgenommen, weil sie dokumentiert, wie der Verlauf der Mauer gewesen ist.
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Im „Tagesspiegel“ war jüngst ein Artikel von Klaus Schroeder mit dem Satz „Was wir vergessen, das war nicht“ überschrieben. Das ist eine Erkenntnis, die sich im Alltag bestätigt. 200 000 Menschen, die Opfer der Staatssicherheit geworden sind, werden in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Die Täter haben nicht nur kein Unrechtbewusstsein, wie wir in diesen Tagen allzu oft erleben konnten, sondern fahren eine bewusst angelegte Strategie der Geschichtsrevision, der wir gesellschaftlich mit allen Mitteln begegnen müssen.
schlossenen Gesamtkonzept an die Zeit der Spaltung unserer Stadt erinnert.
Herr Zimmer! Vielleicht können Sie einmal Ihrem Kollegen Lehmann-Brauns den Tipp geben, dass in Berlin der Kalte Krieg zu Ende ist und dass es inzwischen das Internet gibt. Dort kann man bei www.berlin.de in einem speziellen Portal nachlesen, welches die aktuellen Pläne des Senats sind, und muss sich nicht ständig in der Öffentlichkeit mit veralteten Informationen blamieren.
Wir wollen, dass das Gedenkkonzept zügig umgesetzt wird, und wir werden uns im Abgeordnetenhaus und im Senat mit ganzer Kraft dafür einsetzen – in dieser Legislaturperiode und auch in der nächsten. Sie von der CDU können einen wichtigen Beitrag leisten, nämlich dort, wo Sie etwas zu sagen haben: auf der Bundesebene. Frau Lange hat es bereits angesprochen. Unterstützen Sie Ihre Kollegin Monika Grütters, die sich darum bemüht, dass das Konzept des Berliner Senats mit Hilfe der Bundesregierung von Frau Merkel unterstützt wird. Insbesondere bei der Erweiterung der Gedenkstätte an der Bernauer Straße steht der Bund in Verantwortung, die Bundesgrundstücke einzubringen und die Finanzierung der Gedenkstätte hälftig mit zu tragen. Dort, Herr Zimmer, wäre Ihre Intervention sinnvoll und nützlich.
Ich schließe mit einem Zitat aus unserer Koalitionsvereinbarung:
SPD und PDS bekennen sich im Wissen um das Trennende aus der Geschichte dazu, dass die Vergangenheit nicht auf Dauer die Zukunft beherrschen darf. Dies kann aber nur gelingen, wenn nichts verdrängt und vertuscht wird. Der offene Umgang mit den Verbrechen an der Demokratie und den individuellen Rechten, die Übernahme von Verantwortung sowie der Respekt vor den Opfern, die Bewahrung ihres Andenkens, das sind die Voraussetzungen für Versöhnung und innere Einheit.
Das ist die Politik, für die PDS und SPD stehen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Senator! Welchen Zusammenhang sehen Sie zwischen der Abschaffung des Musikunterrichts durch einzelne Schulen in der Sekundarstufe I und dem dort fehlenden fachlichen Lehrpersonal, welches von den Schulen sehr oft als Begründung dafür angeführt wird?
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Ich könnte Ihnen die jetzt erklären. Aber da der Sender ja gerade mit Gewinn vom „Spiegel“ verkauft worden ist, stellt sich die Frage, wie viele Arbeitsplätze von festen und freien Mitarbeitern in diesem Bereich verloren gehen. Vielleicht können Sie uns das schriftlich nachliefern, falls Sie es mir nicht jetzt beantworten können.
damit verbunden sind, mit einer Feststellung der Leistung Jahr für Jahr oder alle zwei Jahre und auch mit der Tatsache, dass jemand, der die Leistung dann nicht mehr bringt, damit rechnen muss, wieder ein, zwei Stufen heruntergestuft zu werden. Ich halte das aber durchaus – vergleichbar mit der Privatwirtschaft – für ein geeignetes Instrument. Ich glaube auch, dass der öffentliche Dienst damit zurechtkommt.
Danke schön! – Meine Frage richtet sich an den Regierenden Bürgermeister: Was haben Sie getan, Herr Regierender Bürgermeister, um den Fernsehsender XXP in Berlin zu halten, und warum waren diese Aktivitäten nicht erfolgreich, so dass der Sender jetzt seinen Sitz von Berlin nach München verlegt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin froh, dass der Kollege Hilse das Ganze etwas versachlicht hat. Ich möchte dazu beitragen.
Die Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung des Landes Berlin, getragen vom Bund und vom Land Berlin gemeinsam. Die Rechts- und die Fachaufsicht dieser Stiftung liegen beim Land Berlin. Wir zahlen die Hälfte. Damit sind wir natürlich in einem wesentlichen Teil auch inhaltlich für die Arbeit der Stiftung verantwortlich. Aber wir sind es nicht allein, sondern mit uns ist es auch der Bund. Ich finde es gut, dass im Gesetz geregelt ist, dass die Funktion des Vorsitzenden der Stiftung beim Land Berlin liegt. Das ist richtig, weil Berlin tatsächlich der Sitz des Ortes und der Einrichtung ist, um die es geht.
Auch die Zukunft der Stiftung liegt in der Berliner Verantwortung. Die inhaltliche Gestaltung der Gedenkstätte Hohenschönhausen, angefangen von der Arrondierung und Zeichnung des Areals insgesamt, liegt noch vor uns. Wir können dabei – und da stehe ich in diametralem Widerspruch zu Ihrer Position, Herr Hoffmann – die Kulturverwaltung als Exekutive nicht aus der Verantwortung entlassen, wie es Ihr Gesetzentwurf vorsieht, und sagen, der Stiftungsratsvorsitz geht von der Verwaltungsfunktion hin zu einer Person, die vom Parlament bestimmt wird, also sozusagen in den gesellschaftlichen Raum hinein. Nein, sage ich, hier ist eine öffentlich-rechtliche Stiftung, für die das Land Berlin, das Parlament und dann auch die Exekutive die Verantwortung haben!
Das hängt übrigens ganz eng, Herr Hoffmann, damit zusammen, dass wir noch dringend Geld für Investitionstätigkeiten zur weiteren Ausgestaltung der Arbeit der Stiftung, auch für eine Dauerausstellung und für dringend gebotene bauliche Maßnahmen, benötigen.
Wir müssen die Gedenkstätte ausdrücklich davor schützen, dass es zu ähnlichen Vorgängen wie denen kommt, die wir gerade in den letzten Wochen erlebt haben. Das heißt, wir müssen sie stärken und die Ewiggestrigen zurückdrängen, deren Unrechtsbewusstsein gleich null ist und die massiv strategisch arbeiten, um heute ihre ideologische Falschsicht auf das Unrechtssystem in der DDR und das Agieren der Staatssicherheit in die Gesellschaft hineinzutragen. Dagegen müssen wir angehen, und deswegen sind wir in der Verantwortung für diese Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen.
Ich sehe das so, Herr Hoffmann: Dieser Kultursenator ist mit seiner Biographie in seinem Agieren ausgesprochen ambivalent, und er ist in der jetzigen Funktion als Person wahrscheinlich nicht der Richtige für diese Arbeit in der Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen.
Die PDS hat heute einen anderen Vorschlag gemacht, nämlich dass nicht automatisch der Kultursenator der Stiftungsratsvorsitzende ist.
Entschuldigung! Die FDP! – Es wäre gut, wenn es die PDS gewesen wäre, aber es war die FDP, die vorgeschlagen hat, dass die Funktion beim Senat bleibt, aber dass es nicht automatisch der Kultursenator ist, sondern auch ein anderer Vertreter des Senats. Das wäre ein diskussionswürdiger Vorschlag, wie wir weiter damit verfahren. Ich möchte nicht grundsätzlich wie die CDU verfahren und sagen: Weil es diese Vorkommnisse gegeben hat, geben wir als Land Berlin die Verantwortung ab. – Deswegen werden wir im Ausschuss darüber konkret diskutieren und ich hoffe, zu einer einvernehmlichen Regelung kommen. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Brauer, ich wollte Ihnen nur sagen: Es ist so! Sie können das Gegenteil behaupten, aber ich bleibe dabei, und ich finde das schlecht: Im Stiftungsrat der Stiftung Gedenkstätte Hohenschönhausen sitzt qua Funktion und Amt normalerweise der Herr Senator Flierl – darüber sprechen wir gerade –, aber er hat noch an keiner einzigen Sitzung während seiner Amtszeit teilgenommen, sondern hat diese Aufgabe an die Staatssekretärin delegiert. Von der Sache her finde ich das nicht in Ordnung,
weil die Dimension des Themas so ist, dass sie in Senatorenhand und -aufgabe gehört. – Danke schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für uns Grüne ist die Versammlungsfreiheit ein hohes Rechtsgut, anders als für Sie, Herr Henkel, das möchte ich hier ausdrücklich hervorheben. Für ein flächendeckendes Demonstrationsverbot kann man uns jedenfalls nicht gewinnen.
Freiheitliche Demokratien müssen damit leben, dass auch Demonstrationen, die die meisten von uns empören, nicht verboten werden. Das heißt nicht, dass wir unerträgliche Aufzüge von Neonazis hinnehmen müssen. Als zivilgesellschaftliche Akteure sind wir gefordert, ihnen deutlich entgegen zu treten. Letztlich kann kein Gesetz etwas gegen nazistische Einstellungen ausrichten. Um ihnen wirksam entgegenzutreten, bedarf es einer politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Da bin ich mit Frau Fischer ganz einig.
Die Grünen haben sich auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass das Versammlungsrecht nahe an der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts formuliert wurde. Ausschlag gebend muss die drohende Verletzung der Menschenwürde sein – das haben die Kolleginnen und Kollegen auch schon vorher gesagt – und nicht, Herr Henkel, wie damals von anderen gefordert, ganz andere Interessen, wie zum Beispiel das Ansehen Deutschlands im Ausland oder freier Autoverkehr oder eine demonstrationsfreie Zone per se am Reichstag oder Brandenburger Tor, wie es mancher gemeint hat.
Also: Um demonstrationsfreie Zonen kann es nicht gehen. Das müssen wir immer deutlich machen. Wir wollen die Würde von Opfern der menschenunwürdigen Behandlung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft in besonderer Weise an den Orten schützen, an denen ihrer in besonderer Weise gedacht wird. An diesen Orten sind weiter Versammlungen möglich, wenn sie die Würde der Opfer nicht beeinträchtigen, zum Beispiel eine Schülerdemonstration gegen Neonazis; es wäre absurd wenn sie nicht an solchen Orten stattfinden könnte. Umgekehrt ist es auch weiterhin möglich, unabhängig von einer Aufnahme in diese Liste Demonstrationsverbote an anderen Orten zu verhängen, wenn die Demonstrationen gegen diese Regelung verstoßen könnten.
Wenn wir jetzt von den bundesgesetzlichen Möglichkeiten Gebrauch machen, dann explizit an dem bereits genannten Denkmal für die ermordeten Juden Europas und an weiteren Gedenkorten von herausragender Bedeutung, die jetzt landesgesetzlich festzulegen sind. Über die Auswahl dieser Orte muss man allerdings noch einmal reden, Herr Körting. Das werden Sie im Innenausschuss
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Das Gedenkstättenschutzgesetz ist gut gemeint. Wer von uns will nicht verhindern, dass die Würde der Opfer von nationalsozialistischer Gewaltherrschaft in den
Schmutz gezogen wird? Das Ziel dieses Gesetzes soll es sein, den bisherigen Schutz zu verbessern. Dieses Ziel wird aber nicht erreicht, Das Gesetz ist vielmehr eine „Mogelpackung“. Ich unterlege das mit zwei Argumenten:
Es wurde schon gesagt, am 8. Mai 2005 wollte die NPD-Jugend durch das Brandenburger Tor ziehen. Das liegt in unmittelbarer Nähe des Mahnmals für die ermordeten Juden Europas, und der Spruch der auf dem Aufzug plakatiert werden sollte – „Schluss mit dem Schuldkult“ – ist ein Anschlag auf die Würde der Opfer des Nationalsozialismus. Deswegen musste dieser Aufzug an dieser Stelle verhindert werden. Das Wichtige ist, dass das mit der bisherigen Rechtslage problemlos möglich gewesen wäre. Da war sich die FDP übrigens einig mit dem Innensenator, mit den zuständigen Polizeiführern und mit Verfassungsrechtlern. Das Problem war, dass aus Furcht vor der NPD, man könne in der Welt Bilder erzeugen, die nicht gefallen, in einer hysterischen bundespolitischen Debatte, im Schweinsgalopp, ohne ausreichend nachzudenken, ohne sich Zeit zu nehmen, ein Gesetz durchgepeitscht wurde.
vielleicht machen. 14 Orte wurden benannt. Für mich haben sich bei einigen dieser Orte durchaus Fragen gestellt. Wir wissen, dass es nahezu Hunderte von Orten gibt, die an NS-Geschehen in Berlin erinnern. Warum etwa wurden die Jüdische Gemeinde und das Jüdische Museum ausdrücklich aufgenommen, nicht aber das Centrum Judaicum in der Oranienburger Straße? Also dort, wo es die Ausstellung, wo es die Gedenkarbeit gibt, darf man weiter demonstrieren, aber vor der Jüdischen Gemeinde in der Fasanenstraße oder gar vor dem Jüdischen Museum – ein Museum, keine Gedenkstätte! – nicht.
Wie steht es mit der Neuen Wache – auch diese Frage muss gestattet sein –, an der nicht nur der Opfer des Nationalsozialismus gedacht wird, sie ist eine nationale Gedenkstätte von Herrn Kohl dort hingestellt? Es fragt sich, ob die Neue Wache, bei der es allgemein um die Opfer von Krieg und Gewalt geht, tatsächlich in diese Liste hineingehört.
Auch angesichts der notwendigen gesellschaftlichen Diskussion über das Unrechtssystem in der DDR und der wieder erstarkten alten Stasi-Kräfte – das sehe ich ein bisschen wie Herr Henkel – werfen sich Fragen auf, zum Beispiel ob diese Leute vor der Gedenkstätte Hohenschönhausen demonstrieren dürfen. Ich weiß, das wird von diesem Gesetz in keiner Weise abgedeckt; darüber wird sich der Bund Gedanken machen müssen.
Aber eines ist klar: Keine Liste wird je vollständig sein können und kein Gesetz wird es uns ersparen können, uns immer wieder neu mit dem größten Verbrechen der Geschichte auseinanderzusetzen, der Opfer zu gedenken, ihre Würde zu schützen und Menschen verachtendem, nazistischem Gedankengut hier und heute und frühzeitig entgegenzutreten.
Da das Brandenburger Tor eine Immobilie des Landes Berlin ist, wollte ich Sie fragen, ob Sie künftig dafür sorgen werden, dass auch vor dem Brandenburger Tor und damit am Platz des 18. März am 18. März geflaggt wird wie an anderen öffentlichen Orten und Dienststellen des Landes Berlin auch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wann sind das Theater und die Komödie am Kurfürstendamm, die beide vom Architekten Oskar Kaufmann gebaut wurden, unter Denkmalschutz gestellt worden, und wann wurden aus welchen Gründen die beiden Bühnen von der Denkmalliste gestrichen?
2. Was wird der Senat unternehmen, um den Denkmalschutz, der besondere Berücksichtigung bei der Neugestaltung des Ku’damm-Karrees in den 70er Jahren fand, erneut festzuschreib
Frau Senatorin! Welche Wertigkeit hat die Aufnahme der beiden Theater in die Liste der Inventarisierung der Berliner Baudenkmäler, von der Sie gerade eben selbst gesprochen haben und die beim Landesarchiv einzusehen ist? – Mir liegt dies vor, und es handelt sich ausdrücklich um den Teil einer Liste des damaligen Bausenators. Wir beurteilen Sie persönlich die Aussage in dem 2001 veröffentlichten Buch „Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin“ von Antje Hansen über „Oskar Kaufmann, ein Theaterarchitekt zwischen Tradition und Moderne“, in dem es heißt:
Trotz der baugeschichtlich bedingten Planänderung handelt es sich bei der Komödie am Kurfürstendamm um Kaufmanns einzigen vollständigen Theaterneubau der damaligen Zeit. (...) Schon aus diesem Grund kommt dem Werk eine wichtige Bedeutung innerhalb des Oeuvres Kaufmanns zu.
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rot-rote Mehrheit wird heute den Masterplan zur Weiterentwicklung des Kulturforums beschließen, aber wirkliche Unterstützung hat dieses Papier in den vergangenen Parlamentsberatungen nirgendwo erfahren. Umso absurder ist es, dass Sie heute trotzdem diesen Beschluss fassen wollen. Besser wäre es gewesen, Sie hätten den Verursacher dieses Planes, den Senatsbaudirektor, erst in den verdienten Ruhestand gehen lassen. Dann wäre wahrscheinlich eine vernünftige Debatte über die notwendige Gestaltung des Kulturforums im Interesse der Kultureinrichtungen und der Besucher des Areals möglich gewesen.
So haben vor allen Dingen die Kolleginnen und Kollegen von der PDS mit resignativem Schulterzucken auf die Koalitionsräson verwiesen. Und selbst in der SPD – das wissen wir vom Fraktionsvorsitzenden – gab es überhaupt keine leidenschaftlichen Fürsprecher oder Fürsprecherinnen für das, was ein zukunftsweisendes Leitbild für das Kulturforum sein soll.
Das Parlament hat im Herbst 2002 den Senat aufgefordert, das Kulturforum auf der Grundlage der Beschlüsse des Abgeordnetenhauses, die es bis dahin schon vielfach gab, und nach dem städtebaulichen Leitbild von Hans Scharoun weiterzuentwickeln. Was wurde vorgelegt? – Ich greife nur einige Punkte heraus, die ich besonders absurd finde: Die Begrenzung des Matthäikirchplatzes mit einem 80 m langen Bauriegel zur Potsdamer Straße hin zur angeblichen Schaffung eines Renaissanceplatzes verträgt sich nicht mit dem so genannten Lustgarten der Moderne, dem neuen Museumsplatz, wie er von Herrn
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lung Hans Scharouns.
Der Beschluss des Abgeordnetenhauses wird heute in sehr unterschiedlicher Form interpretiert. Wir haben gesagt – das sieht der Beschluss vor –, dass die Nutzer einbezogen werden sollen. Ich halte es für obskur, zu glauben, dass man in die Entwicklung einer Stadt, die den Bruch der Einheit erfahren hat, alte Ordnungsgedanken 1:1 übernehmen kann. Eine Stadtrandlage ist in die Mitte der Stadt zurückgekehrt, in ihren lebendigen Kern. Wir haben nicht nur die Museumsinsel dazubekommen als einen Ort, mit dem wir umgehen, wenn wir an die Kulturgüter erinnert werden wollen. Damit hat auch der Ort des Kulturforums eine andere inhaltliche Bedeutung erfahren. Insofern glaube ich, dass es unsere Aufgabe war, darüber nachzudenken, Frau Ströver, wie wir erneut mit diesem Ort umgehen, wie wir ihn definieren. Ich halte die Definition dieses „Hauses der Mitte“ als ein Gästehaus für Kultur nicht für die wesentliche Übermitt
Stimmann angedacht ist. Eine Beziehung der Solitäre auf dem Kulturforum entsteht durch diese Maßnahme ganz bestimmt nicht. Wer soll etwas mit einer Freiraumgestaltung anfangen können, die sich vor allen Dingen an der sechsspurigen Potsdamer Straße orientiert, die keine Durchwegung der Staatsbibliothek vorsieht oder möglich macht, was eine Anbindung zum Potsdamer Platz schaffen würde? Es gibt kein Verkehrskonzept. Die sinnvolle Zielsetzung, den Verkehr in dem Kulturforum zu eliminieren, ist nicht umgesetzt. Da nützt es auch nichts, wenn die Scharounstraße in der Planung weg soll. Der Abriss der Piazzetta wird eine weit reichende Umgestaltung für die Gemäldegalerie und das Kunstgewerbemuseum bedeuten. Eine Finanzierung dafür gibt es nicht. Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz hat gesagt, sie stehe mit dem Verkauf von Grundstücken für die Finanzierung nicht zur Verfügung.
Was Herr Stimmann uns auch geliefert hat, ist eine neuerliche Blockrandbebauung an der Philharmonie, neben der Staatsbibliothek und an anderen Ecken des Areals. Das Ganze unter der Fortentwicklung des städtebaulichen Leitbildes von Scharoun zu verkaufen, spricht Hohn. Das müssen wir alle einfach feststellen.
Wozu das Ganze? – Ich dachte mir, das ist ein Geburtstagsgeschenk der Koalition für den Senatsbaudirektor, der heute seinen 65. Geburtstag feiert. Wir wissen von ihm, dass er für Nachkriegsarchitektur nichts übrig hatte, egal, ob beim Ahornblatt oder bei der Bebauung des Kulturforums. Bald geht er in den Ruhestand. Zwar werden wir dann an manchen Stellen der Stadt mit den städtebaulichen Folgen seiner ästhetischen Vorstellungen leben müssen, aber mit den Maßgaben, die die Koalition ergänzend zum Masterplan beschlossen hat, ist das Ganze eine Beerdigung zweiter Klasse. Darüber sollten wir froh sein.
Für die Vorlage von Bebauungsplänen müssen konkrete Bauabsichten vorhanden sein. Also werden wir über alles noch einmal sprechen, und in der Nachfolge dieses Senatsbaudirektors wird es hoffentlich zu einer konstruktiven Debatte über eine sinnvolle bauliche Ergänzung des Kulturforums und eine Neugestaltung der Freiflächenareale zu Gunsten der Nutzer des Kulturforums kommen, die die Aufenthaltsqualität verbessern und die Attraktivität und die Funktionsbeziehung der Gebäude des Kulturforums untereinander endlich realisieren werden.
Wir beschließen das heute mit den Stimmen der SPDPDS-Koalition, aber ich hoffe sehr und glaube auch, dass dieser Masterplan keine Realität werden wird. Wir könnten ihn auch gleich in den Papierkorb werfen, aber so sehen wir es als eine Gabe zum Abschied an den Senatsbaudirektor.
Herr Regierender Bürgermeister! Welche Rolle außer der, dass Sie das, was wir vielleicht selbst der Presse entnehmen können, uns mitteilen, sehen Sie denn für sich selbst und den Senat im Zuge der weiteren Verhandlungen, sich auch wirklich für den Erhalt von zwei Theaterstandorten im KurfürstendammKarree einzusetzen? Entspricht das Ihrer Meinung, und was werden Sie dafür tun?
Vielen Dank, Herr Präsident! – Meine Frage richtet sich an die Stadtentwicklungssenatorin. – Frau Junge Reyer! Wer plant und baut mit welchem Inhalt und mit welchen Mitteln die angedachte Infobox auf dem Schlossplatz zur weiteren Gestaltung des Schlossplatzareals? Ist das – wie einmal angekündigt wurde – der Schlossplatzförderverein, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz – wie jüngst angekündigt –, das Land Berlin, der Bund oder sonst jemand?
Welche öffentlichen Finanzmittel sind nötig, um diesen Prozess zu begleiten? Welche Investitionsmittel werden benötigt, um dieses Objekt zu realisieren? Wer finanziert das? Welchen Beitrag leistet der Schlossförderverein, der diesen ja mal angekündigt hat?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei diesem Tagesordnungspunkt geht es konkret um Kulturwirtschaft. Das Überleben der Theater am Kurfürstendamm – ich hoffe, wir sind uns an dieser Stelle einig, wenn es konkret wird – muss und soll unser aller Angelegenheit sein.
Ich begrüße ausdrücklich, dass der Regierende Bürgermeister uns heute in der Fragestunde erklärt hat, dass er sich für den Erhalt des Theaters und der Komödie am Kurfürstendamm sehr einsetzen wird. Sein Besuch dort ist ein erster, wenn auch symbolischer Schritt um Solidarität zu bekunden mit den Woelffer-Bühnen am Kurfürstendamm. Wir haben eine gewisse, aber nicht sehr viel Zeit. Ich hoffe, dass es danach mit praktischer Solidarität mit diesen beiden Häusern durch den Berliner Senat weitergeht. Die Haltung des Kultursenators am vergangenen Montag, als ich im Ausschuss die Frage nach der konkreten Unterstützung für die beiden Bühnen gestellt habe,
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Hoffentlich reicht meine Redezeit noch aus, um dazu Ausführungen zu machen. Es geht darum, Herr Liebich, dass sich die Gesamtentwick
lung des Boulevards Kurfürstendamm nicht in einer Shoppingmeile erschöpfen kann. Deswegen wäre es vernünftig, dass sich der Senat im Zuge der weiteren Entwicklung des Ku’damm-Karrees, gegen dessen Umbau sich keiner wendet, zeigt und eine Untersuchung über die ökonomischen Wechselwirkungen zwischen einem Kulturstandort und seinem kommerziellen Umfeld vorlegt. Wir wollen aber auch, dass sich der Senat im Fall von Verhandlungen mit Herrn Ackermann und der Deutschen Bank einschaltet. Man kann nicht nur um Industriearbeitsplätze bei Samsung kämpfen, sondern man muss auch um die 80 Arbeitsplätze im Kulturbereich kämpfen.
Herr Dr. Stölzl und ich sind schon länger im Patenverein der Woelffer-Bühnen. Die Sache ist klar: Schließen Sie sich alle an! Nehmen Sie an kreativen Aktionen teil, um Druck zu erzeugen! Gehen Sie mit Ihren Fraktionen solidarisch ins Theater! Ich hoffe, dass die hoch subventionierten anderen Bühnen Solidaritätsvorstellungen für die Woelffer-Bühnen machen. Gegebenenfalls muss man auch Wirtschaftshilfen in Form von Förderungen geben, um die Woelffer-Bühnen bei einem langwierigen juristischen Kampf gegen die Deutsche Bank zu unterstützen. Bei David gegen Goliath sollten wir gemeinsam an der Seite der Woelffer-Bühnen stehen. Hier ist eine ganz große Koalition sinnvoll und nützlich. Ich hoffe, wir ziehen dabei alle an einem Strang.
ließ kein besonderes Engagement für die Bühnen in der alten City-West erkennen. Ich verstehe, warum – das muss hier nicht näher ausgeführt werden – es dem Kultursenator keine Herzensangelegenheit ist. Aber es muss klar sein, dass auch nicht öffentlich geförderte Kulturinstitutionen in den Zuständigkeitsbereich der Kulturpolitik gehören. Gerade der nicht öffentlich geförderte Bereich muss gestützt, unterstützt und ihm muss im Konfliktfall geholfen werden.
Es wird nicht einfach sein, gegen einen Riesen wie die Deutsche Bank und ihren zudem noch kränkelnden Immobilienfonds, für den sie dringend renditebringende Erfolgsmeldungen braucht, anzugehen. Wir wissen aber auch, dass die Macht des Kapitals nicht nur gegenüber einem kleinen Theaterbetreiber, sondern auch gegenüber der Politik größer ist. Hier brauchen wir unbedingt die Unterstützung der Politik für die Woelffer-Bühnen, sonst haben sie überhaupt keine Chance.
Die Unterstützung durch die Politik reicht aber nicht, sondern wir brauchen – und ich bin froh, dass das in den letzten 14 Tagen schon angelaufen ist – eine öffentliche Solidarität, eine Unterstützung des Publikums und der medialen Öffentlichkeit. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt – und der Kulturwirtschaftsbericht hat es eben belegt –, dass die Kulturwirtschaft nicht den Erfolgspfad geht, wenn wir das nicht zu unserem Thema machen. Wir haben in der Vergangenheit oft genug die Unterstützung des Senats vermisst, beispielsweise bei Konflikten mit Falk Walter um die Arena oder bei Auseinandersetzungen um den Tränenpalast. Es ist an der Zeit, dass sich der Senat klar dazu bekennt, bei Interessenkonflikten zwischen Bau- und Immobilienvertretern, möglichen Investoren und der Kultur auf der Seite der Kultur zu stehen. Insbesondere im vorliegenden Fall, in dem eine Kultureinrichtung über Jahrzehnte ökonomisch tragfähig existiert hat, ist das erforderlich.
Da die Zeit nicht angerechnet wird, ja!
Frau Präsidentin! Herr Lindner! Nur, weil Sie heute Abend das erste Mal merken, dass die Zukunft der Woelffer-Bühnen in Gefahr ist, das ein stadtpolitisches Thema von großer Tragweite ist und Ihnen bis auf diese Kurzintervention zu diesem Thema nichts eingefallen ist, können Sie sich nicht hinstellen und sagen: Sagen Sie mal, was zu tun ist! – Ich habe klipp und klar gesagt: Die Aufgabe des Regierenden Bürgermeisters ist es, konkret zu verhandeln.
Sie sollten vor allen Dingen einmal zuhören, Herr Wechselberg! Das ist beispielsweise eine erste Qualität.
Ich habe Ihnen eine Vielzahl von parlamentarischen und außerparlamentarischen Vorschlägen und zum Regierungshandeln gemacht – ich wiederhole sie gerne noch einmal –: Aktionen seitens der Bevölkerung finden statt. Gehen Sie ins Theater! Sorgen Sie dafür, dass der Wirtschaftssenator eine Studie über die ökonomische Bedeutung der Bühnen am Kurfürstendamm und die Bedeutung der Umwegrentabilität von Kultur und Kommerz an einem Boulevard fertigt! Das ist eine wichtige Aufgabe. Da spielen die Woelffer-Bühnen seit Jahrzehnten eine Rolle. Sie sind da vielleicht nicht, Herr Liebich, aber ich wohne da – noch.
Wenn Sie das auch täten, könnten Sie sehen, wie wichtig es ist, dass diese Bühnen existieren, da der Kurfürstendamm sonst nach 19.00 Uhr tot ist. Das ist ein ökonomischer Fakt, den man durch eine Studie unterlegen kann.
Ich finde auch, dass sich Herr Lindner im Fall „Tresor“ vorbildlich verhalten hat.
Der Regierende Bürgermeister, der Wirtschafts- und der Kultursenator sollten ebenfalls konkret als Mittler bei den Verhandlungen mit der Deutschen Bank bzw. ihrer Toch
ter DB Real Estate an der Seite der Bühnen auftreten. Die Woelffers wollen das. Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich diesen Vorschlag bereits gemacht habe, und Sie hätten mich nicht zu weiteren drei Minuten herausfordern müssen. – Ich danke Ihnen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Senator! Ich glaube, es geht jetzt überhaupt nicht darum, populär oder populistisch Interessen gegeneinander auszuspielen, sondern es geht darum, dass man die kulturpolitische und stadtpolitische Verantwortung zu erfassen versucht.
Ich habe gerade in einem kurzen Diskurs mit Herrn Brauer gesagt: Was wäre, wenn Herr Rolf Hochhuth als Eigentümer der Ilse-Holzapfel-Stiftung Herrn Peymann und dem Berliner Ensemble als formell privater Eigner eine Kündigung aussprechen würde? – Formell geht es da ebenfalls um einen Konflikt zwischen Privaten. Würden Sie dann auch sagen, hier ist es ein privater Konflikt, in den wir nur mittelbar oder nur vermittelnd eingreifen können?
Ich denke, nur weil ein Haus öffentliche Förderung erhält, ist daraus nicht automatisch eine Betreuungsverpflichtung von Seiten der Politik herausdefiniert, und auf
der anderen Seite, so keine öffentliche Förderung erfolgt, ist diese Betreuungsverpflichtung nicht da.
Es ist wichtig zu sagen: Wir sehen das als kulturpolitische Aufgabe, uns für nicht öffentlich geförderte Kultureinrichtungen einzusetzen.
Frau Meister! Zu sagen, wir warten einmal ab, und die Deutsche Bank hat schon eine kulturpolitische Verantwortung, das zeigt sich an ihrem Sponsoring der Berliner Philharmoniker, das ist kein Argument, weil wir wissen – Sie vielleicht nicht, aber ich denke, es ist inzwischen allgemeingültig –, dass es Überlegungen für Baupläne gibt, die zwei historischen Theater abzureißen und den Woelffer-Bühnen ein Angebot zu machen und einen Bühnenraum mit ungefähr 400 bis 500 Plätzen im dritten Stock des Areals zuzuweisen. Und da frage ich Sie jetzt umgekehrt: Ist das tatsächlich die Sicherung einer privatwirtschaftlich arbeitenden Bühne? – Da sehe ich die große Gefahr, und das – meine ich – muss dann unser kulturpolitisches und ökonomisches Interesse sein, dass wir sagen: In einer neuen baulichen Situation im Ku’damm-Karree müssen die Theater am Kurfürstendamm Räumlichkeiten durch einen Investor zur Verfügung gestellt bekommen, die dann auch das ökonomische Überleben möglich machen. Denn sonst ist völlig klar, dann sind wir eben auch in der Verantwortung und müssen relativ dramatische Entwicklungen sehen und sagen, es geht ein Kulturstandort mit zwei Bühnen verloren – und die Arbeitsplätze auch.
Dann stellt sich noch die Frage der Entwicklung des Boulevards an dieser Stelle. Hier sollten wir nicht so tun, als wüssten wir nichts. Die Gefahr ist leider groß, und ich hoffe sehr, dass wir durch öffentlichen Druck – da bin ich ganz an der Seite von Herrn Lehmann-Brauns –, der mit von der Politik erzeugt wird, dahin kommen, dass diese starke Deutsche Bank in ihren Plänen eine Umorientierung vornimmt, die dann eben diesen Wirtschaftsstandort der Bühnen langfristig sichert. – Vielen Dank!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Warum hat der Senat nicht den erneuten Verkauf des ehemaligen Rundfunkgeländes in der Nalepastraße für 1 € – oder für 350 000 €, wie man gestern entnehmen konnte – verhindert, obwohl es ausgearbeitete Pläne des Landes für eine wirtschaftliche Entwicklung des Areals als Berliner Medienstandort gab?
2. Welche Unterlagen zur Entscheidung haben die neuen Länder als bisherige Eigentümer des Geländes davon überzeugt, dass der neue Käufer nicht genauso illiquide ist wie der vorherige?
Herr Sarrazin! Lag beim Verkauf ein Nutzungskonzept und eine Investitionsverpflichtung des Käufers vor? Und stimmt es, dass der Käufer bereits jetzt Kündigungen gegenüber den bisherigen Nutzern ausgesprochen hat?
Ich frage den Regierenden Bürgermeister: Wie bewertet der Senat die gestern veröffentlichte Entscheidung der EU-Kommission, wonach die Beihilfen für digitales Fernsehen von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg illegal sind und zurückgezahlt werden müssen?
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Wer erhält das Geld, wenn die geförderten Sender es zurückzahlen müssen? Erhält das Land Berlin das Geld, erhält es die Medienanstalt, oder erhält es der öffentlich-rechtliche Rundfunk, da es Gebühren sind, aus denen die Beihilfen gezahlt wurden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:
1. Wie beurteilt der Senat den Verkauf des Berliner Verlags durch die Verlagsgruppe Holtzbrinck an reine Finanzinvestoren?
2. Was kann und will der Senat unternehmen, um auch bei einem Verkaufsgeschäft im privaten Mediensektor Verkäufer und Käufer auf die Notwendigkeit der Sicherung von journalistischer Qualität und redaktioneller Unabhängigkeit zur Vielfaltsicherung des Berliner Zeitungsmarktes hinzuweisen?
Herr Senator! Daraus abgeleitet eine Frage: Welche Möglichkeiten der Sicherung der innerbetrieblichen redaktionellen Unabhängigkeit, z. B. durch eine gesetzliche Landesregelung im Pressegesetz zur Einführung von Redaktionsstatuten, sehen Sie angesichts der jüngsten Entwicklungen beim Berliner Verlag und der zu erwartenden Entwicklung, dass der Tendenzschutz eine ganz andere Bedeutung bekommt, wenn es außerhalb von klassischen Verlegern jetzt neue Eigentümer bei den Printmedien gibt?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man könnte jetzt noch fragen, ob es einen geschlechtsspezifischen Populismus gibt, also den für die Männer und den für die Frauen. Ich jedenfalls bekenne: Auch ich bin für Fußball. Die Millionen Zuschauer setzen sich nicht nur aus Vertretern des männlichen Geschlechts zusammen.
Ja, Weltmeisterinnen, ich weiß es. Sehen Sie, den Test habe ich bestanden.
Genau, so weit müssen die Männer erst noch kommen.
Aber nun zum Antrag: Einen ernsten Kern hat der Koalitionsantrag wirklich. Es ist erfreulich, dass die Koalitionsfraktionen erkennen, wie wichtig der Schutz bestimmter Programme außerhalb des Bezahlfernsehens ist. Ich wünsche mir allerdings, dass das auch für andere informationsorientierte Programme gilt. Natürlich ist dieser Antrag in erster Linie ein Notantrag, weil die Verhandlungen bereits laufen und Sie mit diesem Ansinnen viel zu spät kommen. Sie kommen auch deshalb zu spät, Herr Zimmermann, weil ich mich noch sehr gut erinnere – Sie wahrscheinlich auch –, dass wir als Fraktion den Schutz der Bundesliga im freien Fernsehen bereits in einem Antrag gefordert haben. Da jedoch standen Sie auf der Seite derjenigen, die diesen Antrag abgelehnt haben. Aber späte Einsicht ist besser als keine und deshalb unterstützen wir das Anliegen.
Was ich allerdings nicht verstehe, Frau Dr. Hiller und Herr Zimmermann, ist, warum wir über diesen Antrag nicht jetzt gleich abstimmen. Es ist hohe Zeit dafür, dass
wir sagen: Lieber Herr Regierender Bürgermeister! Gehen Sie in die Verhandlungen mit den Ministerpräsidenten und ändern Sie § 5a des Rundfunkänderungsstaatsvertrages, damit das Recht der freien Berichterstattung für den Bereich Fußball als ein wichtiges Informationsgut auch erhalten bleibt!
Nein. Ich glaube, das ist keine Blamage. Im Vorfeld der Fußball-WM muss man sagen, dass es sich dabei um ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis handelt. Für Ereignisse von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung besteht ein Informationsrecht im freien Fernsehen. Deshalb wäre es gut, man würde in diese Richtung wirken.
Ich nenne Ihnen noch ein zweites Argument, weshalb dies aus meiner Sicht richtig ist: Die Deutsche Fußball Liga und die 36 Profivereine, die sich darin vereinigt haben, haben ein anderes als nur das rein kommerzielle Interesse zu haben. Hier muss man von staatlicher Seite entgegenwirken und deutlich machen, dass es so nicht weitergeht. Wir können wahrscheinlich nicht die Kommerzialisierung des Fußballsports verhindern, aber dort, wo es um das Informationsrecht der Bevölkerung geht, schreiten wir ein und versuchen von gesetzgeberischer Seite, der reinen Kommerzialisierung vorzubeugen. Man muss sich einmal Folgendes vergegenwärtigen: Die FußballBundesligaspiele werden auf Wunsch der Japaner – zumindest wird das gerade diskutiert, die Kenner unter Ihnen werden es wissen – zeitlich so auseinandergezogen, dass bestimmte Fußballereignisse im japanischen Fernsehen live übertragen werden können.
Darüber wird derzeit diskutiert, und so sollen dann auch dort die Bundesligaspiele vermarktet werden. Hier im Land jedoch sollen dieselben Spiele nicht mehr im freien Fernsehen empfangbar sein.
Das ist doch absurd, und ich hoffe sehr, dass wir dieser Entwicklung etwas entgegen setzen.
Deshalb ist es richtig, dass wir zu einer Beschlussfassung kommen.
Der dritte Punkt ist, wie weit – deshalb, Herr Zimmermann, kann man es nicht nur auf die Frage Free-TV oder Nicht-free-TV reduzieren – die Abzocke der Deutschen Fußball Liga um die Fernsehübertragungsrechte überhaupt geht. Auch hier gibt es aus meiner Sicht eine Grenze. Hier müssen sich die politisch Verantwortlichen vergegenwärtigen, dass die Gesamtentwicklung der Medien nach Qualitätskriterien zu befördern ist. Es ist nicht im Sinne des Erfinders, wenn die öffentlich-rechtlichen Anstalten irrsinnig viel Geld dafür aufwenden, um die
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Fußballrechte zu erwerben und auf der anderen Seite den Nachmittag mit Telenovela à la „Sturm der Liebe“ füllen. Diese Frage gehört in den Kontext des Gesamtauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Gerade heute habe ich gelesen, dass innerhalb des ersten Fernsehprogrammes der Kulturanteil im Rahmen des Gesamtangebots der ARD noch ganze 2,7 % ausmacht. An dieser Stelle kommen wir zur Kerndiskussion: Wie viel geben wir für Fußball aus, und wie viel geben wir für das aus, wofür der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch da ist? Da ist aus meiner Sicht die Zuständigkeit für den Sport wie auch für die Kultur.
Deswegen sage ich Ihnen zum Schluss: Ja zur freien Berichterstattung, Herrn Kofler und seinem Sender Premiere wollen wir nicht die exklusiven Fußballrechte überlassen. Kurzberichterstattung ist nur ein notwendiger erster Schritt, aber insgesamt werden sich hoffentlich die öffentlich-rechtlichen Anstalten weiter um die Fußballbundesligaberichterstattung im freien Fernsehen bemühen, aber nicht um jeden Preis.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Hahn! Massive Steuersenkungen, die Sie auch anscheinend wollen, führen zu weniger Mitteln im Staatssäckel. Weniger Mittel im Staatssäckel führen zu weniger Ausgaben für die Kultur. Aber da wir wissen, wie die FDP zu diesem Thema steht, die die Kultur komplett privatisieren will, hat man sowieso schon das Gefühl, dass das bei Ihnen jedenfalls in der falschen Hand ist.
Nein! Jetzt muss ich erst einmal anfangen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In diesen hektischen Tagen vor der Bundestagswahl häufen sich die Gerüchte über Giftlisten aus dem Bundesfinanzministerium, mit denen die Ausgaben des Bundes zusammengestrichen werden sollen.
Auch die Kultur steht auf diesen Listen. Solche Listen kursieren immer in Finanzministerien.
Das kennen wir zur Genüge auch aus der Berliner Finanzverwaltung. Es gehört zum Grundverständnis von Beamten aus dem Finanzministerium, dass sie sich über
Kürzungen Gedanken machen. Die Frage ist nur, wie reagiert ein Kabinett, wie verhält sich ein Parlament mit seiner Mehrheit,
um solche Streichlisten dorthin verschwinden zu lassen, wo sie hingehören – in den Papierkorb? – Angeblich soll es bei den Streichungsvorhaben darum gehen, die vor gerade einmal drei Jahren in das Leben gerufene Bundeskulturstiftung aufzulösen oder gar die Mittel für die Sanierung der Gebäude der Museumsinsel zu kappen. Machen wir uns nichts vor, diese Vorschläge sind lächerlich. Wir alle wissen, wie wichtig diese Repräsentationsprojekte für den Bund sind, unabhängig davon, unter welcher politischen Konstellation das Land regiert wird. Dennoch ist Wachsamkeit geboten. Die Aufmerksamkeit aller ist gefordert, um die Kulturaufgaben und die damit verbundenen besonderen Leistungen für Berlin von Seiten des Bundes zu erhalten.
Übereifrige Finanzbeamte lassen sich im Zaum halten. Schwierig wird es, wenn ein Möchtegern-Staatsminister für Kultur aus ideologischen Gründen die Mittel für die Kultur kürzen will. Die Aussage von Norbert Lammert von der CDU, man wolle den Hauptstadtkulturfonds auf den Prüfstand stellen, weil diese Art von Projektförderung nicht Aufgabe des Bundes sei, offenbart nichts Gutes. Da ist Gefahr im Verzug. Hier will einer offenbar direkten Einfluss auf das künstlerische Schaffen ausüben. Dagegen müssen wir uns wehren. Das ist Zensur von Seiten der Politik. Wir streiten für die künstlerische Freiheit und für den Erhalt des Hauptstadtkulturfonds und nicht für seine politische Vereinnahmung oder gar Abwicklung.
Mit dem Hauptstadtkulturfonds hat die rot-grüne Bundesregierung ein zentrales Element der Hauptstadtförderung geschaffen. Innovative Kunstprojekte wurden von diesem Hauptstadtkulturfonds getragen. Der Fonds ist das sichtbarste und wirkungsvollste Zeichen, wie sich der Bund für das besondere kulturelle Angebot in Berlin engagiert, und zwar auch durch die Ermöglichung der RAFAusstellung oder die Palastzwischennutzung.
Nur mit Hilfe der rot-grünen Bundesregierung konnte überhaupt die kulturelle Kraft Berlins am Leben erhalten werden. Der Senat allein war und ist dazu schon lange nicht mehr in der Lage. Diese Kraft Berlins zeigt sich nicht nur im klassischen Kulturangebot der großen Häuser, sondern auch in manchem, was politisch oder moralisch grenzwertig oder gar anstößig sein mag. Aber gerade das macht die Kunst aus. Nicht alles, was mit den Mitteln des Hauptstadtkulturfonds gefördert worden ist – Frau Grütters, hier gebe ich Ihnen Recht –, war ein Beispiel für hohe künstlerische Qualität. Aber das Wesen eines Projektfonds ist es gerade, dass neue Dinge ausprobiert werden können, dass Künstlerinnen und Künstler in Grenzregionen vorstoßen. Das ist es, was Berlin so interessant macht für ein junges Publikum. Die kreative Offenheit
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trägt viel zum positiven und dynamischen Image Berlins bei, das Berlin weltweit genießt und das hochgradig wirtschaftsförderlich ist.
Wenn Herr Lammert über die besondere Förderung Berlins mäkelt, dann ist das vermutlich bloß ein kleingeistiger Neidreflex aus seiner nordrhein-westfälischen Sicht und zudem dem Wahlkampf geschuldet, damit er seine nordrhein-westfälische Klientel ein wenig streichelt.
Größere Sorge bereitet mir allerdings die Möglichkeit, dass sich hinter dieser Mäkelei möglicherweise eine geistig-kulturelle Wende verbergen könnte, die eine schwarzgrün rot
das war auch gut –, die eine schwarz-gelb geführte Bundesregierung plant. Den Hauptstadtkulturfonds zur Disposition zu stellen, sich aber andererseits auf ein „Zentrum gegen Vertreibungen“ unter der Ägide des Bundes der Vertriebenen in Berlin festzulegen, das ist die Neuausrichtung der kulturellen Schwerpunkte. Es blüht ein moralischer Zeigefinger, der die Kunst mit Einspardrohungen inhaltlich beeinflussen möchte. Diese Richtungsänderung werden wir Grünen mit aller Energie bekämpfen.
Die rot-grüne Bundesregierung hat mit dem Staatsministerium für Kultur und Medien zum ersten Mal in der Nachkriegsära Kulturpolitik auf Bundesebene zu einem gesellschaftlichen Faktor gemacht. Die „berüchtigte“ Abteilung K des Bundesinnenministeriums, auf die Kanzler Helmut Kohl immer dann Einfluss genommen hat, wenn aus seiner Sicht kulturell Flagge zu zeigen war, ist zum Glück Vergangenheit. Eine offene Diskussion über das, was der Bund alles fördert und gefördert hat, gibt es überhaupt erst, seit dem Umzug von Parlament und Regierung nach Berlin. Die Hauptstadtförderung für Bonn hat ohne öffentlichen Diskurs stattgefunden. So war sie dann auch. In Bonn wurden Ausstellungshallen und Theater gebaut und gefördert, um die Beamtenschar zu unterhalten. Von internationaler Ausstrahlung konnte nicht die Rede sein.
Christina Weiss und ihre beiden Vorgänger haben mit der rot-grünen Mehrheit im Bund die Rahmenbedingungen, unter denen Künstlerinnen und Künstler in Deutschland arbeiten können, gestaltet. Einige wenige seien genannt:
der ermäßigte Mehrwertsteuersatz für Kulturgüter ist geblieben und muss weiterhin bestehen,
die Erhaltung der Buchpreisbindung, die sichert, dass hochwertige Literatur nicht ganz aus den Buchläden verschwindet,
die Reform des Urheberrechts,
die Filmfördernovelle,
und als besonderes Verdienst der Grünen die Stiftungsrechtsänderung.
An diesen verbesserten Rahmenbedingungen wollen wir festhalten, denn sie sind für Berlin besonders wichtig, weil hier wahrlich viele Künstler und Künstlerinnen leben.
Mit dem Hauptstadtkulturvertrag wurde Berlin durch den Bund finanziell kräftig entlastet. Das ist eine gute Nachricht. Die schlechte Nachricht ist, dass der rot-rote Senat es allein dem Bund überlässt, welche Einrichtungen er in seine Trägerschaft und alleinige finanzielle Verantwortung übernimmt. Der Kultursenator verfährt nach dem Motto: Hier sind unsere Institutionen, liebe Bundesregierung. Nimm dir, was du möchtest, Hauptsache, Berlin muss nicht länger zahlen. – So hat der Bund inzwischen die Akademie der Künste, das Jüdische Museum, das Filmmuseum, das Haus der Kulturen der Welt und viele andere Häuser übernommen. Was es eigentlich bedeutet, von gesamtstaatlicher Bedeutung zu sein, das hat dieser Senator bis heute nicht geklärt. Diese Beliebigkeit ist es, mit der die Neider aus den anderen Ländern gegen Berlin aufgebracht werden. Dagegen müssen wir vorgehen.
Wir haben vorgeschlagen, was die Kriterien für eine Bundesförderung in Berlin sein könnten. Die Erinnerungskultur gehört in die gemeinsame Verantwortung des Bundes und der Länder. In die alleinige Bundeszuständigkeit sollten darüber hinaus nur solche Einrichtungen genommen werden, die wirklich die Kriterien Einmaligkeit und internationale Bedeutung erfüllen. Wer mehr Engagement für die Hauptstadt fordert, der muss zunächst seine eigenen Hausaufgaben machen.
Verantwortung für die Hauptstadtkultur fängt in der Hauptstadt selbst an. Hier hat sich dieser Senat nicht mit Ruhm bekleckert. 22 Millionen € Absenkung allein zwischen den Ist-Ausgaben 2004 und dem Haushaltplanansatz für das Jahr 2007 bei den konsumtiven Ausgaben im Bereich der Kultur sprechen eine beredte Sprache. Aufgabe des Senats ist es, die kulturelle Grundversorgung sicherzustellen. Aufgabe des Senats ist es auch, Fördermodelle langfristig abzusichern und nicht in jeder Haushaltsrunde weiter zu kürzer, bis diese Förderungen ad absurdum geführt worden sind. Jüngstes Beispiel dafür sind die Mittel für die freie Szene und die kleinen Theater. Aufgabe des Senats ist es auch, die notwendigen baulichen Investitionen endlich anzupacken. Staatsoper und Komische Oper müssen in maroden Gebäuden arbeiten, und das Stadtmuseum verfügt noch nicht einmal über einen zentralen Standort. Wie soll es dann gegen die übermächtigen Staatlichen Museen wahrgenommen werden? – Es ist kein gutes Signal an den Bund, wenn Berlin selbst seine Kulturausgaben weiter absenkt, so dass kleine Theater schließen und kleine Orchester, die wichtige musikpädagogische Arbeit leisten, abgewickelt werden. Wer eine pulsierende Kulturhauptstadt will, die Anziehungspunkt sowohl für Künstler als auch Besucher ist, der muss dafür auch öffentliche Mittel bereitstellen, damit dies funktioniert.
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Das künstlerische Schaffen muss der Kreativität der Künstlerinnen und Künstler überlassen werden. Die einseitige Orientierung an wirtschaftlichen Erfordernissen zerstört die Kreativität, die Berlin braucht, um der kulturelle Anziehungspunkt zu bleiben, der er ist. Deswegen kann sich das Land Berlin selbst nicht aus seiner Verantwortung stehlen. Gerade heute, zu Beginn der Haushaltsberatungen, sei hier noch einmal gesagt: Hauptstadtkulturförderung fängt in der Hauptstadt an. – Vielen Dank!
Was Sie sagen, ist alles nachvollziehbar. Diese Antwort haben Sie auch auf meine Kleine Anfrage gegeben. Aber trotzdem stellt sich die Frage: Müsste sich statt der Landesimmobiliengesellschaft von Sachsen-Anhalt nicht das Land Berlin bei diesem historisch wichtigen Gelände und bei dem, was der Senat sich selbst auf die Fahnen geschrieben hat – stärker auf die Kultur- und Medienwirtschaft zu konzentrieren –, an die Spitze derjenigen stellen, die versuchen, aktiv zu einer für Medien- und Kulturwirtschaft nutzbringenden Verwertung des Nutzungskonzepts und des Erhalts dieses Standorts zu kommen? Das ist ein Anliegen, das sich der Senat eigentlich zu eigen machen müsste.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist kein Wunder, dass die rund um den Tränenpalast zuständigen Senatoren hier mit Abwesenheit glänzen. Es ist klar, dass weder Herr Sarrazin noch Herr Senator Flierl sich in der Behandlung des Tränenpalasts mit Ruhm bekleckert haben. Sie haben nämlich nichts zum Schutz des Tränenpalasts getan, und wahrscheinlich wollen sie ihre Unfähigkeit demonstrieren, indem sie nicht hier sind.
Der Fall Tränenpalast ist ein Beispiel für unfähige Senatspolitik. Im Grund kann man damit beginnen, dass man rekapituliert, was für ein unmöglicher Vertrag bei der Veräußerung des Grundstücks rund um das Spreedreieck geschlossen worden ist. Man stelle sich diesen Dilettantismus vor! Da wird an einen Investor ein Grundstück verkauft, das sich aus mehreren Grundstücken zusammensetzt, und man verkauft einfach einen Teil, der einem gar nicht gehört. Kein Wunder, dass sich der Verkäufer aus diesem Verkaufsobjekt vieles – –
Ja, das war unter der großen Koalition! – Beim Verkauf dieses Grundstücks, das dem Land nicht gehörte, wurden dem potentiellen Investor alle Mittel in die Hand gegeben.
Diese Mittel hat er auch weidlich ausgenutzt, und zwar zum Nachteil des Tränenpalasts. Dieser Käufer hatte den Knebel in der Hand, und den hat er auch eingesetzt.
Die Tränenpalastbetreiber sollten nach unserem Wunsch unbedingt als Kulturveranstalter an diesem Ort bleiben,
denn damit würde auch dem historischen Ort ein Schutz bewiesen werden, der oft genug durch Aufhebung des Denkmalschutzes – der mit diesem Ort als der ehemaligen Grenzabfertigungshalle auch verbunden ist – missachtet worden ist. Wir wissen ja, wie mit dem Denkmalschutz Schindluder getrieben wird. Deswegen war es wichtig, den aktiven Betrieb des Tränenpalasts zu sichern, ein Umstand, der den Senat in seinem Handeln nicht interessierte.
Jetzt muss man sich fragen, warum der Senat dem Investor des Nachbargrundstücks die Kaufoption zum Erwerb des Tränenpalasts gleich mit übertragen hat und damit den Kulturstandort als solchen riskiert. Das ist das,
was über allem steht, und wir fragen uns heute noch, warum man das gemacht hat. Wir hingegen haben mit unserem Antrag gesagt: Die alten Fehler sind nicht zu korrigieren, aber an dieser Stelle könnt ihr wenigstens den Kulturbetrieb durch einen langfristigen Mietvertrag sichern. – Aber der Senat und mit ihm das Abgeordnetenhaus in seiner rot-roten Mehrheit hat sich geweigert, diesen langfristigen Mietvertrag zu unterschreiben und damit den Tränenpalast auf Dauer zu erhalten. Wir finden, dass das ein Skandal ist. Das hat nichts mit einer Kulturwirtschaftsinitiative zu tun, sondern ist einfach nur ein Wegdrängen eines Veranstaltungsbetreibers, der hier seit vielen Jahren wirtschaftet.
Ich denke, dass Sie es mit der Förderung der Kulturwirtschaft eben nicht ernst meinen, sondern dass das, was sich mit einem Investor und seinem Bauprojekt verbindet, immer Priorität hat. Das ist eher peinlich, weil es gerade nicht zukunftsweisend für die Stadt ist, in der wir so viel Leerstand haben.
Jetzt schauen wir uns die aktuelle Situation an. Interessant ist, dass der Investor alles bekommen hat, was er wollte, alle seine Forderungen sind erfüllt worden. Er selbst hat sich jetzt als gnädig erwiesen und hat gesagt, er werde dem Tränenpalast die Miete etwas reduzieren. Aber er hat den Mietvertrag nicht verlängert, und ich bin fest davon überzeugt, dass er zwei Ziele verfolgt: erstens langfristig weg mit dem Tränenpalast und zweitens, auf dem Gelände des Spreedreiecks sein lange gewünschtes Hochhaus zu bauen. Dieses Hochhaus ist erstaunlicherweise von Herrn Stimmann bisher verhindert worden, der immer seine Traufhöhe verfolgt.
Das ist der einzige Grund, weshalb jetzt der Investor den Betreibern des Tränenpalasts entgegengekommen ist. Er ist nicht blöd; er kauft sich so zu sagen den Kultursenator ein und sagt, wir sichern für wenige Jahre den Tränenpalast, aber danach, mein lieber Kultursenator, gebe ich dir keine Sicherheit, und du musst bei deinen Kollegen dafür sorgen, dass an dieser Stelle mein Hochhaus realisiert wird, sonst haue ich die Betreiber des Tränenpalasts gleich weg.
Summa summarum ist das Ganze eine unrühmliche Geschichte. Wir werden uns wieder sprechen, denn es bleibt zu befürchten, dass hier ein Bauprojekt realisiert wird, das völlig überdimensioniert ist und an dessen langfristiger Wirtschaftlichkeit gezweifelt werden muss. Auf der anderen Seite steht der Tränenpalast, dessen Betreiber ruiniert ist und dessen Gebäude irgendwann dem Erdboden gleichgemacht werden wird. Wir werden jedoch von unserer Seite aus alles tun, um dieser Entwicklung entgegen zu steuern. Ich bin sicher, auch was die Zukunft des Spreedreiecks als Bauprojekt angeht, dass wir uns hier wieder sprechen werden. – Vielen Dank!
Vizepräsident Dr. Stölzl
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Herr Präsident! Frau Dr. Hiller! Ich weiß überhaupt nicht, ob Sie wissen, worüber wir eigentlich reden. Weil Sie mich zwei Mal persönlich angegangen haben, wollte ich noch einmal etwas sagen. Mit dem Wirksamwerden des Kaufvertrages hat der Senat alle Optionen abgegeben, für den langfristigen Erhalt des Tränenpalastes in irgendeiner Weise noch politisch aktiv zu werden. Dies müssen Sie klipp und klar zur Kenntnis nehmen.
Herr Dr. Flemming hat noch einmal gesagt, dass man eine Nutzungsbindung in den Vertrag hineingeschrieben hat. Das ist vollkommen in Ordnung, aber es gibt auch eine Ablöseklausel. Ich sage Ihnen: Wenn ein Investor den Zuschlag dafür erhält, auf dem Spreedreieck – dem Nachbargrundstück – ein Hochhaus zu errichten, dann zahlt er dies aus der Portokasse. Dann werden die Argumente historischer Ort und Denkmalschutz beiseite geschoben. Dann wird es keinen Tränenpalast als Gebäude oder als Spielstätte für Kulturveranstaltungen mehr geben.
Dieser Senat hat leider überhaupt nichts getan, um den alten Vertrag derart zu korrigieren, dass man dem jetzigen Betreiber über die Laufzeit des Mietvertrages hinaus eine Sicherung gibt. Ich weiß von dem Briefwechsel, der zwischen der Kulturverwaltung und dem Käufer hin- und hergegangen ist. Diese Verhandlungen beziehen sich aber nur auf die Zeit des jetzigen Mietvertrages. Der Investor verweigert sich ganz klar, perspektivisch über die Laufzeit des jetzigen Vertrages, der bis 2008 geht, hinaus die Sicherung des Tränenpalastes mit diesen Betreibern festzustellen. Hier hat der Senat alle Optionen aus der Hand gegeben. Nun ist alles in der Hand des Investors. Wir werden es beobachten. Wir können nur noch mit sehr viel Öffentlichkeit eine negative Entwicklung verhindern, aber nicht mehr mit politischen Mittel des Senats.
Hier können wir leider nicht mehr handeln. Der Senat hat hiermit nichts mehr zu tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Für den Tränenpalast stehen alle Zeichen auf Rot. Nach monatelangem Hickhack hat die Tränenpalast Veranstaltungs GmbH Insolvenz angemeldet. Das ist bitter und nicht zuletzt der Situation geschuldet, dass dieser Senat nichts tut, um für diesen kleinen Kulturveranstalter Rahmenbedingungen zu schaffen, die ihm helfen, im rauen Geschäft des nicht öffentlich geförderten Kulturbetriebs zu überleben. Was aber ist ein Kulturwirtschaftsbericht wert, den der Senat dieser Tage vorgelegt hat, wenn derselbe Senat dem gedruckten Papier keinerlei Taten folgen lässt?
Am Umgang mit dem Tränenpalast ließe sich diese Arbeit messen. Aber die Realität spricht eine andere Sprache. Mit diesem Versagen müssen wir Sie hier konfrontieren.