Protokoll der Sitzung vom 21.03.2002

Man muss nur wissen, wer in Berlin alles Kunst und Kultur hervorbringt und pflegt und wie leistungsfähig und entsagungsbereit die daran beteiligten Menschen sind. Man muss Hoffnung machen und Perspektiven aufzeigen und keine Depressionen auslösen. [Beifall des Abg. Brauer (PDS)]

Nicht dieses buchhalterische Kleinreden und das Abstrafen einer ganzen Bürgerschaft für die Fehler einer politischen Führung – damit fügen Sie der Stadt nur einen unheilbaren Schaden zu.

Wenn von uns die Frage gestellt wird, inwieweit die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und PDS noch gilt, dann wegen der nicht zu übersehenden Widersprüche. Sie brauchen nur Ihre z. T. euphorischen Ankündigungen in der Präambel des Koalitionspapiers oder die verschiedenen Fassungen zur Beschlussvorlage der Regierungserklärung oder diese selbst nachzulesen, um sich Ihrer Vorgaben zu erinnern. Und was ist daraus geworden? – Bisher nicht viel! Man kann es sich doch nicht so einfach machen, ohne sinnvolles Konzept zu versuchen, 1 Milliarde $ zusammenzuscharren und dabei zu übersehen, welch einen Scherbenhaufen man hinterlässt.

Diesen Flop mit dem missglückten Doppelhaushalt hätten sie sich ersparen können, denn politisch sind Sie schneller als erwartet gescheitert.

Die Frage, in welcher Höhe Mittel für die einzelnen Kultureinrichtungen gekürzt werden, welche Folgen sich daraus ergeben und ob es über kurz oder lang zu Schließungen von Kultureinrichtungen kommen wird, brennt vielen unter den Nägeln. Gewiss, Haushaltsdisziplin muss sein, Einsparungen sind unvermeidlich, Strukturreformen auch. Aber Sparen macht arm, ohne Investitionen geht es nicht. Es bedarf unbedingt zielgerichteter Investitionen und schlüssiger Konzepte.

[Beifall bei der FDP]

Kultur, Bildung, Wirtschaft, Forschung und Wissenschaft – das sind die Investitionsbereiche, die entwickelt werden müssen. Wir wissen alle, dass Berlin hier über Kapazitäten verfügt, die es zum Wohle der Stadt auszubauen gilt. Hier liegt unsere Zukunft. Keine Misere darf uns daran hindern, zukunftsorientiert zu handeln. [Beifall bei der FDP]

Davon ist bei Ihnen nichts zu spüren. Nur wenn man hier investiert, wird man die Stadt aus ihrem Jammertal hinausmanövrieren können. Berlin hat zweifelsfrei Standortvorteile, die aber nur mit

Investitionen erfolgreich zu nutzen sind. Die Frage danach, wie sich die bauliche Unterhaltung und die Sanierung der Kultureinrichtungen darstellen, wurde bisher nirgendwo zufrieden stellend beantwortet. Sie haben im Kulturausschuss am Montag versucht, der Beantwortung der Großen Anfrage – ich habe es jedenfalls so verstanden – vorzugreifen, indem Frau Staatssekretärin Tebbe in groben Zügen einige Kultureinrichtungen nannte und deren enormen Finanzbedarf darstellte. Die Ausführungen der Staatssekretärin zwingen zu dem Schluss, dass der Finanzbedarf vieler Kultureinrichtungen erheblich höher ist als angenommen, sei es durch Sanierung, wie z. B. bei der Staatsoper oder der Komischen Oper, sei es durch andere bauliche Maßnahmen, wie beim Verkehrsmuseum, oder Folgekosten, wie bei der Akademie der Künste und einigen sonst noch genannten und vielen nicht genannten Einrichtungen. Dabei kommt offensichtlich eine riesige Summe zusammen, die Sie uns, Herr Senator, nachher vielleicht bekannt geben und näher erläutern werden. Sind Sie sicher, dass der Spielbetrieb der sanierungsbedürftigen Häuser auch dann garantiert werden kann, wenn deren Sanierung aufgeschoben wird? Welche Häuser sind davon betroffen? Und wie wollen Sie mit der Verschuldung der Häuser fertig werden? Zum Beispiel das Theater des Westens: Das hörte sich im Kulturausschuss fast wie ein Alibi an. Ein Konjunktiv der Trauer. Wie es doch zu beklagen sei, dass der rot-grüne Senat die Privatisierung dieses Juwels mit hervorragender Technik und im besten Zustand zu diesem Zeitpunkt eingeleitet hat, wo es doch so dringlich wäre, das TdW als Ausweichspielstätte für die Staatsoper oder die Komische Oper während der anstehenden Sanierungszeiten zu reservieren. Wenn dem so sein sollte, dann steckt in unserer Großen Anfrage u. a.: Warum haben Sie diese Fehlentscheidung des rot-grünen Senats nicht rückgängig gemacht? Warum lässt man einen Fehler weiterlaufen? – Die Frage nach einem Ausweichquartier für die beiden Häuser bleibt doch auch dann, wenn die Sanierungskosten nicht in den jetzigen Haushalt eingestellt werden sollten, und wenn die Sanierung ansteht, die Frage: Wohin und wie teuer wird das? Die Vielfalt der Probleme kann in diesen paar Minuten nur unzureichend skizziert werden, weder die des Landes allein noch die Verflechtungen des Landes mit dem Bund. Es ist außerdem bürgerfeindlich – das nebenbei –, die bezirkliche Infrastruktur veröden zu lassen. Ob es sich um Bibliotheken, Musikschulen, Gruppen, Initiativen, Off-Theater, was auch immer handelt, hier wäre eine lange Frageliste aufzustellen. Dazu gehören auch das Schlosspark-Theater und das Hansa-Theater. Ich komme in diesem Zusammenhang kurz auf das Theatergutachten zu sprechen. Hier bekennen sich die Juroren u. a. zu drei Eigenschaften: 1. Der Beurteilungszeitraum war zu kurz. 2. Ungerechtigkeiten waren nicht zu vermeiden. 3. Die Urteile waren subjektiv. Solange eine Expertenkommission sich zu solchen Attributen bekennt, ist das ihre Sache. Wenn sich aber ein Parlament derartige Beurteilungskriterien zueigen machen und absegnen soll, dann ist das unzumutbar. [Zuruf von der PDS: Kommen Sie zum Schluss!] Ich bitte Sie deshalb, der Beschlussempfehlung zu Tagesordnungspunkt 7 B nicht zu entsprechen, sondern dem Antrag der FDP zuzustimmen. Ein paar Worte ganz kurz zu den Tarifproblemen: Sie wissen, dass viele Häuser kaum in der Lage sind, die Tariferhöhungen zu erwirtschaften. Wie wollen Sie die damit zusammenhängenden Probleme lösen? – Zum Schluss: Der Regierende Bürgermeister hat in seiner Regierungserklärung geäußert, ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Wer sagt, dass etwas nicht geht, soll sagen, wie es geht. Wer sagt, dass es so nicht geht, soll sagen, welchen anderen Weg es gibt. [Pewestorff (PDS): Richtig!] Kein Nein ohne konstruktives Ja. Und ich sage: Mit diesem Senat geht es nicht. Und ich sage Ja zu einem anderen Senat. – Ich danke Ihnen! [Beifall bei der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Dr. Jungnickel! – Die Beantwortung für den Senat übernimmt erwartungsgemäß Herr Senator Dr. Flierl. Sie haben das Wort! Wir sind gespannt, ob hier alle Fragen nun gelöst werden.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrter Herr Kollege Jungnickel!

[Ritzmann (FDP): Dr. Jungnickel!]

Es ist einerseits die erste Gelegenheit, über Kulturpolitik im Zusammenhang hier zu berichten und mit Ihnen zu diskutieren,

[Wieland (Grüne): Schon brennt die Luft!]

andererseits ist es schon bemerkenswert, dass Sie die Zukunft der Berliner Kultur von der Einhaltung der Koalitionsvereinbarung des rot-roten Senats abhängig machen wollen. Das kann ja möglicherweise ermutigen, aber lässt nicht hoffen, dass von Seiten der Opposition sehr viele konstruktive Vorschläge kommen.

[Beifall bei der PDS]

Aber es mag uns anspornen, an unseren eigenen Zielen gemessen zu werden. Insofern kann ich Ihnen sagen, dass die zwischen dem Landesverband der SPD und dem Landesverband der PDS geschlossene Koalitionsvereinbarung natürlich die Grundlage der Politik des Senats ist und bleibt – und natürlich und gerade für die Kulturpolitik. Denn gerade in dieser Koalitionsvereinbarung wurde ja die Kulturpolitik als eines der zentralen Felder festgeschrieben. Und mit den Richtlinien der Regierungspolitik, die vor einigen Wochen hier beschlossen wurden, wurden diese Ziele auch zum Parlamentsbeschluss erhoben. Schließlich stehen wir vor der Debatte demnächst in den Haushaltsberatungen, wie dann diese Ziele im Doppelhaushalt 2002/2003 umgesetzt werden. Und der Weg der Politik ist es dabei, das politisch Wünschenswerte mit dem Machbaren in Übereinstimmung zu bringen. Dazu gehört auch, den Forderungskatalog aus dem Kulturbereich, den wir sicherlich zusammen sehr gut anfüllen können, mit den Möglichkeiten des Landes Berlin in Übereinstimmung zu bringen.

Sie werden sich erinnern, die öffentliche Berichterstattung hat es deutlich gemacht, dass die Schwierigkeit der Haushaltsklausuren des Senats gerade war, die Prioritäten bei Bildung, Wissenschaft und Kultur zu halten und mit dem Konsolidierungskurs in Übereinstimmung zu bringen, und drohte anfangs – –

[Zuruf der Frau Abg. Ströver (Grüne)]

Ich verstehe Sie ganz schlecht, Frau Kollegin Ströver. –

[RBm Wowereit: Das ist aber inhaltlich gemeint!]

Es drohte anfangs, dass Altlasten und Verbindlichkeiten, insbesondere aus dem Wissenschafts- und Hochschulbereich, im Kulturbereich zu dramatischen, wegen der Kürze der Zeit der Vorbereitungen in seinen möglichen Auswirkungen zu nicht kalkulierbaren Einschnitten führen. Nun sind maßvolle und mittelfristig umsetzbare Maßnahmen vorgesehen.

[Frau Ströver (Grüne): Das glaubst du doch selber nicht!]

Wesentliche Ziele der Koalition sind im vorliegenden Doppelhaushalt ablesbar. Mit der Zusammenführung der Ballette von Staatoper und Deutscher Oper und mit der angestrebten Verwaltungskooperation von Literaturhaus und Literarischem Colloquium etwa werden Strukturveränderungen eingeleitet, die der Natur der Sache nach auf kulturellen Substanzerhalt, auf Bündelung und Konzentration, nicht aber auf Schließung und Aufgabe orientieren und dennoch einen Beitrag zur notwendigen Haushaltskonsolidierung leisten. Der Haushalt nimmt auch die Position der Koalitionsvereinbarung auf, dass Berlin mit der Übernahme der Investitionskosten für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz überfordert ist. Wir gehen davon aus, dass sich der Bund hier ab 2003 stärker engagiert.

[Frau Ströver (Grüne): Wo ist die Haushaltsanmeldung dafür?]

Wenn man übrigens die ersten Äußerungen des Bundes hierzu vernimmt, lässt sich erkennen, dass dies zwar der Form, aber nicht dem Inhalt nach überraschend kam.

Der Museumspädagogische Dienst soll zu einem umfassenden kulturpädagogischen Dienst weiterentwickelt werden. Dies geschieht in Form einer Fusion mit der Berliner Kulturveranstaltungs-GmbH am Standort Podewil; also keine Schließung des Podewil, keine Aufgabe der Projekte wie der Transmediale, aber Reduzierung des fest angestellten Personals, die teilweise selbst Kuratorenfunktion übernommen haben. – Die im Gutachten für die konzeptgeförderten Theater empfohlene Umverteilung der in den vergangenen Jahren dem Schloßpark- und dem Hansatheater gegebenen Zuwendungen an die Sophiensäle, die Neuköllner Oper, die Zeitgenössische Oper und das Theater am Kurfürstendamm wird realisiert. Die ebenfalls im Gutachten empfohlene Aufstockung der Zuwendungen für freie Gruppen kann dagegen in der jetzigen Haushaltssituation nicht gewährt werden.

Zu Ihrer 2. Frage: Herr Jungnickel, Sie werden einverstanden sein, dass ich Ihnen die inzwischen bekannte Liste lieber in Papierform überreiche, als Ihnen die Zahlen vorzulesen, und Ihnen lieber über die Folgen berichte. – Die Absenkung des Zuschusses für den Friedrichstadtpalast in Höhe von 1,75 Millionen $ in den nächsten zwei Jahren ist durchaus vom Friedrichstadtpalast verkraftbar, denn die außerordentlichen künstlerischen und finanziellen Erfolge des Friedrichstadtpalastes machen dies möglich. Wir wissen, dass der Friedrichstadtpalast eine sehr hohe Auslastung, eine hohe Besucherquote hat und braucht. Seine letzten Inszenierungen haben aber gezeigt, dass wir gewiss sein können, dass er diese neue Last wird tragen können und auch künstlerisch bewältigt.

Die Zusammenlegung der Ballette von Deutscher Oper und Staatsoper zu einem Opernballett ermöglicht nicht nur einfach Einsparungen, sondern sie schafft auch eine endlich ausreichend große Kompanie, die ein größeres Repertoire entwickeln kann, beide Opern bespielen und mehr Tourneen realisieren kann, mehr Spielzeiten gewinnt und so auch mehr Selbständigkeit an den Opernhäusern ermöglicht.

Die bedauerliche und schwerwiegende Senkung der Zuschüsse für Kunstwerke, den Landesmusikrat, Chorförderung, Kulturwerk des BBK, Freunde der Deutschen Kinemathek, das Künstlerhaus Bethanien, das Technikmuseum, Tacheles und Ufa-Fabrik ist in der Tat sehr schwerwiegend und für die Betroffenen ein schmerzhafter Einschnitt. Aber sie ist nicht existenzgefährdend. Die Einschnitte müssen einrichtungspezifisch durch den Abbau von Verwaltung, die Erhöhung von Einnahmen und die Erwerbung weiterer Drittmittel, unter Umständen auch durch Reduzierung von Leistungen kompensiert werden. So soll etwa die Verwaltungskooperation von Literarischem Colloquium und Literaturhaus bei Beibehaltung der Profile erfolgen. Solche Kooperationen werden auch in anderen Bereichen notwendig sein, um Fixkosten zu senken und Spielraum für die eigentliche kulturelle und künstlerische Arbeit zu behalten und zu gewinnen.

Die Zuwendungen für den Künstlerhof Buch werden eingestellt, weil die jetzige Nutzung in keinem vertretbaren Verhältnis zu den eingesetzten öffentlichen Mitteln steht. Es ist trotz langjähriger Anstrengungen nicht gelungen, eine Entwicklungsperspektive für eine bezahlbare kulturelle Nutzung zu finden. Dabei wollen wir Mischnutzungskonzepte, die eine kulturelle Mitnutzung unter akzeptablen finanziellen Bedingungen ermöglichen, auch weiterhin eröffnen. Aber wir müssen den Zuschuss in der jetzigen Form einstellen.

Schließlich, mit dem Zusammenschluss von Museumspädagogischem Dienst und Berliner Kultur- und Veranstaltungs-GmbH werden verschiedene Ziele erreicht. So soll der Museumspädagogische Dienst zu einem, wie in der Koalitionsvereinbarung ausgeführt, kulturpädagogischen Dienst und in Verbindung mit der Berliner Kultur- und Veranstaltungs-GmbH zu einem Kulturdienstleister für die Museen, für die Durchführung von Veranstaltungen und Ausstellungen, so z. B. auch für die Themenjahre Berlin-Brandenburg, weiterentwickelt werden. – Der künstlerische Betrieb im Podewil soll dabei von der Berliner

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Sen Dr. Flierl

Kultur- und Veranstaltungs-GmbH getrennt werden. Das heißt, die BKV soll nicht selbst als Veranstalter auftreten, sondern Verwaltungsaufgaben für Dritte übernehmen: die Schaubude, die Tanzwerkstatt, etwa das Künstlerhaus Bethanien, das dann auf eigene Verwaltung weitgehend verzichten kann. Und die Programmschienen, die sich bewährt haben, sind zum Teil ja jetzt schon an anderen Orten besser aufgehoben als im Podewil. Die Transmediale z. B. geht bereits heute ins Haus der Kulturen der Welt, oder die Kulturbrauerei entwickelt sich zu einem Standort für Neue Musik und hat dabei sehr viel vielfältigere Möglichkeiten als das Podewil. Die Tanzwerkstatt bewegt sich schon jetzt in einem Netzwerk von Prater, Hebbeltheater, Theater am Halleschen Ufer und Sophiensälen. Dabei kann die Nutzung des Podewil, die verändert wird, durchaus verdichtet werden, denn die Verwaltung des Museumspädagogischen Dienstes, der bisher teure Mieträume nutzt, kann hier angesiedelt werden. Das Artist-in-Residence-Programm wird zwar aufgegeben, Werkstätten, Proben- und Übungsräume können aber auch weiterhin an Künstlergruppen vergeben werden.

Sie sehen, dass es durch solche Vorschläge, die hier natürlich noch nicht sehr groß dimensioniert sind und wegen der Kürze der Zeit auch in der einen oder anderen Hinsicht sicherlich noch präzisiert werden müssen, durchaus möglich ist, zu Strukturmaßnahmen zu kommen, die dem Substanzerhalt dienen und gleichzeitig notwendige Einsparungen ermöglichen.

Zu Ihrer dritten Frage: Der Senat hat sich bei der Aufstellung des Doppelhaushaltes im Bereich Kultur von vier Prämissen leiten lassen. Kultur besitzt ebenso wie Wissenschaft und Bildung Priorität. Wir müssen auch hier sparen, aber nicht mit dem Rasenmäher. Und wir machen keine Nacht- und Nebelaktion a` la Schiller-Theater. Wir wollen und werden Gestaltungsoptionen für strukturelles Sparen in dieser Legislaturperiode schaffen. Dazu diente auch, einen Doppelhaushalt aufzustellen, der maßvolle Veränderungen einleitet, aber zugleich Zeit gewinnt, um langfristig gut vorbereitete strukturelle Maßnahmen zu ermöglichen. Diese Ziele haben wir erreicht. Es wird nicht zu Schließungen von Opernhäusern, Theatern und Museen kommen, und die Kürzungen im Bereich der Zuwendungen sind so gehalten, dass die betroffenen Einrichtungen damit werden umgehen können.

Unser Augenmerk gilt jedoch auch hier sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig vor allem der künstlerischen Produktion, dem künstlerischen und kulturellen Angebot. Wir haben in Berlin in vielen Bereichen ein Missverhältnis in der Förderstruktur. Wir können und wollen uns das nicht mehr länger leisten, dass Zuwendungen des Landes in immer größerem Ausmaße dafür verwendet werden, nur die institutionellen Höhlen zu finanzieren, während für die eigentlichen Kunstproduktionen kaum noch Geld vorhanden ist. So gesehen ist die Fokussierung auf Kultureinrichtungen, die nicht geschlossen werden sollen, auch nicht ganz richtig. Denn uns geht es darum, das kulturelle Angebot zu erhalten, zu verbessern und auch Platz für Neues zu schaffen. Das geht in der gegenwärtigen Finanzlage Berlins nicht, indem man sagt: Alles bleibt so, wie es ist, und Neues kommt zusätzlich obendrauf. Das kann und wird in der Zukunft auch bedeuten, Kultureinrichtungen zusammenzuführen, das künstlerische Angebot an andere Orte zu verlagern, um so Kapazitäten im nichtkünstlerischen Bereich abzubauen.

Um es sehr deutlich zu sagen: Die primäre Aufgabe der Kulturpolitik dieses Senats ist es nicht, Einrichtungen am Leben zu erhalten und ausschließlich Arbeitsplätze zu sichern. Unsere Aufgabe ist es, künstlerische Produktion und ein vielfältiges kulturelles Angebot in dieser Stadt zu ermöglichen und Freiräume für Kreativität und Innovation zu fördern.

So gesehen, können wir über das in diesem Doppelhaushalt Beschlossene hinaus keine Bestandsgarantien für jede Kultureinrichtung dieser Stadt abgeben. Nehmen wir das Beispiel der konzeptgeförderten Theater, auf das sich auch Ihre Anträge beziehen. Hier sind wir fest entschlossen, am so genannten Omnibusprinzip festzuhalten. Das heißt: Eine Förderung wird für einen bestimmten Zeitraum gewährt, danach wird das gesamte Angebot evaluiert. Und dann kann es nur so sein, dass neue Pro

jekte nur dann gefördert werden können, wenn andere Förderungen eben nicht verlängert werden. Also Einstieg und Ausstieg sind zwei Seiten derselben Medaille bei dieser Art der Förderung.

Was die so genannte freie Szene betrifft, haben wir mit der Mittelfreigabe im Rahmen der vorläufigen Haushaltswirtschaft ganz bewusst ein deutliches Signal gesetzt. Wenn wir nicht hier schnell gehandelt hätten, stände so manche freie Gruppe oder Spielstätte noch vor Verabschiedung des Doppelhaushaltes vor dem Aus.

Wir wollen und werden diesen lebendigen, innovativen und kreativen Teil der Berliner Kulturlandschaft, deren Akteure über die geringste Rechtssicherheit verfügen, nicht einem kameralistischen Spardiktat unterwerfen, das dort zugreift, wo am einfachsten etwas zu holen ist.

Ein abschließendes Wort in diesem Zusammenhang zu den landeseigenen Bühnen, den Opern und den institutionell geförderten Theatern: Jedem Kenner der Berliner Kulturlandschaft ist klar, dass strukturelle Veränderungen vor allem in diesem Bereich greifen müssen. Das gilt – so mein fester Eindruck nach den ersten Gesprächen – auch für die Beteiligten selbst. Es gibt in dieser Stadt bei fast allen Beteiligten eine große Bereitschaft, sich diesen Realitäten zu stellen. Wir wollen, und zwar sehr schnell, in einem Forum Kultur extern und intern Sachverstand zusammenbringen, um Lösungsvarianten für die bekannten Probleme der Berliner Opern sowie der Sprech- und Musiktheater zu erarbeiten. Und zwar nicht unverbindlich, sondern an Hand sehr konkreter und finanzieller Rahmensätze.

Zu Ihrer vierten Frage: Die bauliche Unterhaltung der öffentlichen Einrichtungen ist ja nicht nur im Kulturbereich, sondern in allen öffentlichen Bereichen eines der drängendsten Probleme Berlins und hat ganz unmittelbar zu tun mit der katastrophalen Misswirtschaft der vergangenen Jahre, wenn Sie so wollen, auch Jahrzehnte, die dazu führte, dass die bauliche Unterhaltung in starkem Maße vernachlässigt ist. Davon ist der Kulturbereich natürlich keineswegs ausgenommen. Sie wissen, dass zur bedarfsgerechten Mittelverteilung zunächst einmal baufachliche Kriterien herangezogen werden und dass diese nach einheitlichen Maßstäben betrachtet und bewertet werden müssen – dies für gewöhnlich in Verantwortung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Nach der Auskunft dieser Verwaltung steht uns im nächsten Jahr zur Zeit ein Volumen von 10,2 Millionen $ für bauliche Unterhaltung in den Kultureinrichtungen zur Verfügung. Darüber hinaus gibt es Bauunterhaltungsmaßnahmen mit investivem Charakter in Höhe von ca. 2,6 Millionen $.

Sie kennen die Entscheidung der Koalition zu den Investitionsvorhaben, und natürlich sind von der dramatischen Herabführung der Investitionen auch die Kultureinrichtungen betroffen. Deswegen werden wir Modelle weiterverfolgen, die in den letzten Jahren bereits vorbereitet wurden. Also denken Sie an das Modell der Sanierung der Komischen Oper. Ich gehe davon aus, dass wir in nächster Zeit hier entscheidende Schritte vorankommen, wenn es gelingt, noch ausstehende Grundstücksfragen zu klären.

Zu Ihrer fünften und sechsten Frage, die sich auf die Tarifprobleme beziehen: Die Berliner Kultureinrichtungen, die aus öffentlichen Mitteln gefördert werden, haben die Vorgabe erhalten, im Rahmen der Aufstellung ihrer Wirtschaftspläne auch Vorsorge für mögliche Tariferhöhungen zu treffen. Sie wissen, dass es Praxis auch der vergangenen Jahre war – und dies ist natürlich auch vor dem Hintergrund der jetzigen Haushaltslage die Situation –, dass zusätzliche Mittel für diese Tarifaufwüchse im Unterschied zu anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes nicht eingestellt sind. Wir können aber in dieser Situation nicht etwas leisten, was auch die Vorgängersenate seit 1996 nicht geleistet haben. Wir werden in der Tat zu neuen Tarifmodellen kommen müssen, und wir wollen auch die Einführung neuer Tarifmodelle mit den Rechtsformänderungen verbinden. Das heißt, wenn es darum geht, die öffentliche Trägerschaft von Kultureinrichtungen privatrechtlich zu organisieren, dann wird es darauf ankommen, neue Tarifmodelle mit den Institutionen, mit den Beschäftigten zu vereinbaren.

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