Warum führen wir an den Opernhäusern die nichtkünstlerischen Bereiche nicht endlich effektiv zusammen? Wie weit geht die Spielplanabstimmung unter den Opernhäusern? Wird es eine Abstimmung in Berlin über die Montagsbespielung geben? Wenn wir Kultur als Investitionspotential ansehen, dann müssen wir das kulturelle Angebot der Stadt auch auf die Bedürfnisse der Touristen zuschneiden. Dazu gehört die Montags- und eventuell sogar die Sommerbespielung der Häuser. Dieses wird ja schon wieder einmal geprüft.
Wir brauchen die Diskussion um Rechtsformänderungen, um eigene Verantwortung zu stärken. Geklärt werden muss auch unbedingt, wie ein Personalabbau ohne Verlust der künstlerischen Qualität realisiert werden kann. Wir müssen über Einspa
rungen im administrativen Bereich und Überhänge im Theaterbereich entscheiden, den diese vor sich herschieben. In all diesen Fragen aber kommen wir nur weiter, wenn wir den Dialog mit allen Beteiligten und mit den Gewerkschaften führen. Alles muss auf den Prüfstand. Es darf kein „Weiter so“ geben, wie Sie es, meine sehr verehrten Damen und Herren von der CDU, in der vorletzten Sitzung des Kulturausschusses in der Diskussion um Schloßpark- und Hansa-Theater in der Öffentlichkeit vorführten. Das gilt für alles, für Evaluationen genauso wie für strukturelle Änderungen oder andere Rechtsformen. Fragen über Fragen, die der Klärung bedürfen.
Auch die Einnahmeseite muss beleuchtet werden. Kultur kostet nicht nur, sie erwirtschaftet auch. Die Bedeutung der Kultur für Berlin wird sicher von außerhalb höher eingeschätzt als in der Stadt selbst. Die Kulturwirtschaft ist ein Bringer für Arbeitsplätze, und das zeigt eindrucksvoll das Beispiel NordrheinWestfalen. Hier sind in der Kulturwirtschaft fast 300 000 Arbeitsplätze geschaffen worden. Herr Senator Flierl, da kann ich Ihnen nur empfehlen, sich einmal die Kulturregion NordrheinWestfalen anzuschauen, ich glaube, da können wir eine Menge mitnehmen.
Natürlich spreche ich als Kulturpolitikerin lieber über gestaltende Kulturpolitik als über fehlendes Geld und Strukturpolitik. Wenn wir es ernst meinen mit der Förderung von bürgerschaftlichem Engagement, müssen wir Spielräume von Vereinen und Verbänden vergrößern. Diese können gerade im kulturellen Bereich im Rahmen von Projektarbeit kulturelle Aufgaben übernehmen und so die Stadt finanziell entlasten. Auch im Bereich der kulturellen Bildung sind innovative Konzepte gefragt, um die Bibliotheken zu einem attraktiven Kommunikationsort zu machen. Gerade vor dem Hintergrund, dass es in der Bundesrepublik über eine Million Analphabeten gibt, und es werden immer mehr, anstatt weniger, ist die Leseförderung, besonders für Kinder und Jugendliche sehr wichtig.
Ja! – Es lohnt sich auch, über den Satz von Otto Schily nachzudenken: „Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit.“ – Der SPD-Fraktion liegt es am Herzen, neben den schönen Künsten, die von manchen auch Hochkultur genannt werden – ich nenne sie bewusst nicht so –, auch die Breitenarbeit zu fördern. Das Kulturkonzept für Berlin muss den Anspruch auf Teilhabe breiter Bevölkerungskreise festschreiben. Für die SPD-Fraktion bedeutet dies, dass Kulturgenuss auch für den kleinen Geldbeutel erschwinglich sein muss. Es ist doch nicht hinnehmbar, dass die, die mit ihren kleinen Einkommen die Opern mitfinanzieren, deren Karten zum Teil gar nicht mehr bezahlen können.
Frau Kollegin! Würden Sie, bitte, daran denken, zum Schluss zu kommen? Das war schon guter Beifall von der Fraktion.
Sie sehen, der Rahmen ist vorgegeben, wir müssen ihn in den nächsten Monaten füllen. Wir haben jetzt dreieinhalb Monate Zeit zur Diskussion. Unsere Kreativität ist jetzt gefragt, aber auch unsere Entschlossenheit, in der Kulturpolitik endlich einmal zu Potte zu kommen.
Danke schön Frau Kollegin Lange! – Das Wort hat nunmehr Frau Professorin Grütters für die Fraktion der CDU – bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senator Flierl! Ich lese Ihnen einmal etwas vor, was nicht aus Ihrer Koalitionsvereinbarung stammt, aber vielleicht erkennen Sie es wieder:
Kultur ist eine der anerkannten Kernkompetenzen Berlins. Die Vielfalt der Berliner Kultur, das Neben- und Miteinander von Hoch- und Offkultur, von überregional bedeutsamen Einrichtungen und Ereignissen sowie einer entwickelten Stadtteilkultur ist Zukunftsressource der Großstadt. Berlin braucht eine neue, demokratische, ressortübergreifende, durchsetzungsfähige und verlässliche städtische Kulturpolitik.
Die PDS schlägt vor, in der neuen Legislaturperiode wird es keine weiteren Kürzungen der Berliner Kulturausgaben geben.
Aber so ist das halt, wenn man in die Regierung kommt und mit der SPD ein Bündnis eingeht. Wir wissen um die Kulturfeindlichkeit mancher Sozialdemokraten, die in ihr Wahlprogramm
da herrscht ja Empörung hier im Saal –, die in ihr Wahlprogramm, Herr Dr. Flemming, vorsichtshalber nur ein ganz knappes Textbausteinchen für Kultur eingefügt hatte – nichts mit „Balsam für die Seele“, Frau Lange.
Haben Sie sich ein bisschen von dem SPD-Sparsenator Sarrazin über den Tisch ziehen lassen, weil Sie noch nicht so richtig wissen, wie es geht, oder wollen Sie uns, das staunende Publikum, narren, Herr Kultursenator? – Sie behaupten doch glatt in Ihrer Presseerklärung, Wissenschaft und Kultur bleibe Schwerpunkt. Herr Flierl, man kann vielleicht dem Wahlvolk etwas vorgaukeln, aber tun Sie es nach der Vorlage Ihrer Sparbeschlüsse bitte nicht den Einrichtungen oder dem Parlament gegenüber.
Zur Erinnerung: Der Kulturhaushalt ist schon seit langem unterfinanziert. Mit einem Gesamtvolumen von 449 Millionen § für Kultur und Kirchen stattet Berlin sein – und das ist sogar unter Kulturbanausen unumstritten – wertvollstes strategisches Potential weit knapper aus als vergleichbare Standorte wie München, Hamburg, Frankfurt und das Ruhrgebiet, wenn man bedenkt wie viele Einrichtungen davon bezahlt werden, wie viel Berlin dafür bekommt. Von diesen 449 Millionen § werden allein bei Kultur 27 Millionen § als pauschale Minderausgabe abgesenkt. Zusätzlich dazu die geplanten Einsparungen beim öffentlichen Dienst – 20 Prozent, Sie haben, nebenbei bemerkt, übersehen, dass man bei Kultur und vor allen Dingen bei Wissenschaft nicht die Systematik der Personalausstattung wie bei der Verwaltung anrechnen kann, aber vielleicht lernen Sie das ja auch noch – und zusätzlich zu diesen beiden genannten großen Sparpositionen wollen Sie noch ganz viele kleine Einrichtungen „in vertretbarem Maße“ absenken. Bedauerlich und schwerwiegend, das finden wir auch. Oder glauben Sie allen Ernstes, dass der Landesmusikrat es für vertretbar hält,
Können Sie den einmal zur Ruhe rufen? – dem Künstlerhaus Bethanien 48 000 § weniger zu geben? Dass es vertretbar ist, die Heimatklänge um 126 000 § abzusenken, Ufa-Palast um 50 000 §, Tacheles um 50 000 §, Technikmuseum um 200 000 §, glauben Sie ernstlich, das sei vertretbar? Oder wollen Sie lieber nicht mit ansehen, wie Sie genau diese kleinen Einrichtungen mit genau diesen Summen langsam, aber endgültig kaputt sparen?
Oder der Friedrichstadtpalast. Hier gibt es seit Monaten konstruktive Gesprächsangebote des Hauses Ihnen gegenüber, mit dem Ziel, tatsächlich den Zuschussvertrag abzusenken. Darauf sind Sie nicht eingegangen, stattdessen erfährt der Friedrichstadtpalast per Fax, Herr Flierl, plötzlich, dass Sie ihm in diesem Jahr die Zuschüsse um 750 000 § kürzen und demnächst um 1 Million §. Da wären doch Gespräche vielleicht etwas verträglicher und vertretbarer gewesen.
Ach ja, und dann die Ballettidee. Wie schon immer befürchtet sieht es sehr danach aus, als wollten Sie wieder einmal im Westen – dieses Mal ist es die Deutsche Oper – die Tänzer opfern, weil jede andere Disposition bei den Opern wenig Sinn macht und ihr Einsparvolumen von 1 Million § ohnehin nicht erbracht würde. Es wäre nicht schlecht gewesen, wenn Sie sich zu diesem Punkt einmal mit den Ideen des Berlin-Balletts oder zum Beispiel mit den Ideen des Herrn Brunner
auseinandergesetzt hätten. So bleibt auch diese Idee, wie es die „FAZ“ heute zutreffend bemerkt, eine Milchmädchenrechnung. Aber, auch das steht dort:
Und Ihr Schlachtruf, Herr Flierl, keine Oper, kein Theater, keine Institution werde geschlossen. Gehören Hansa- und Schloßpark-Theater nicht dazu? Haben Sie die etwa schon aufgegeben? Sind sie Ihnen nicht einmal mehr die faire Erwähnung wert? Vor allen Dingen, haben Sie sich nie über Alternativen Gedanken gemacht?