Anders schon die Einlassungen der Vertreter der SPD: Eigentlich seien sie ja dafür, aber auch ein wenig dagegen, und im übrigen dürfe es keine Sonderregelungen geben, und wenn nicht, dann würde über den Flurfunk ohnehin alles bekannt werden. Nichtssagender und grundsatzloser kann man sich eigentlich nicht einlassen.
Ich verstehe nicht das Engagement dieser neuen Koalition, mit dem sie die Ergebnisse der Überprüfung unterdrücken will. Die Hälfte der Senatoren sind Abgeordnete, ihre Ergebnisse werden ohnehin dem Ehrenrat bekannt werden. Die anderen, nämlich Frau Schubert, Frau Knaake-Werner, Herr Sarrazin und Herr Körting, werden doch wohl hoffentlich nichts zu verbergen haben. Die Diskussion um die Stasiüberprüfung und die Veröffentlichung der Ergebnisse schadet nur den von mir soeben genannten Senatoren. Wenn die rot-rote Koalition versucht, die Ergebnisse der Überprüfung zu verheimlichen, wird wild spekuliert werden, und dies zu Lasten möglicherweise unbelasteter Senatoren. Die Mehrheit muss wissen, was sie tut.
Merkwürdig ist auch das Demokratieverständnis des neuen Senats. Herr Wowereit glaubt wohl, als Superrevisionsinstanz allein darüber befinden zu können, welche Ergebnisse er wann dem Präsidenten des Abgeordnetenhauses bekannt geben wird. Die Koalition verkennt, dass Senatoren nicht vom Regierenden Bürgermeister ernannt oder entlassen werden, sondern sie werden vom Parlament gewählt und gegebenfalls auch abgewählt werden. Um eine solche Entscheidung dem Parlament zu ermöglichen, was man eigentlich vor der Wahl des Senats hätte machen müssen, ist es notwendig, dem Parlament auch die Ergebnisse bekannt zu geben.
Die Koalition wird auch erklären müssen, warum es sozial gerecht ist, wenn jeder andere Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes überprüft wird, die Ergebnisse der Überprüfungen der Damen und Herren Chefs – also der Senatoren – jedoch unter Verschluss bleiben. Ich halte diese Besserstellung von Senatoren für sozial unerträglich.
Ich finde, die SPD sollte ehrlich sein: Sie will die Diskussion um die zweite deutsche Diktatur wegdrücken. Eine solche Diskussion stört dem Anbahnen weiterer rot-roter Koalitionen, insbesondere in den neuen Bundesländern.
Die Union wird der SPD und der PDS diesen Gefallen jedoch nicht tun. Wir werden Sie aus ihrer Verantwortung für die Verbrechen der zweiten deutschen Diktatur nicht entlassen.
Wir lassen uns auch nicht einreden, dass es zum guten Ton in der ehemaligen DDR gehörte, für das MfS gearbeitet zu haben.
Wir wissen, dass für das MfS 91 000 Hauptamtliche und ca. 150 000 als IMs gearbeitet haben. Diese Zahlen belegen, dass sich nur eine verschwindend kleine Minderheit als Knechte der Diktatur zur Verfügung gestellt hat. Die Mehrheit der Deutschen in der DDR hat ehrbar gelebt.
Wir fordern Sie noch einmal auf, und zwar die Vertreter der Koalition, den zweiten Absatz des Antrages zu ändern. Die Oppositionsparteien haben sich auf einen gemeinsamen Antrag verständigt. Dieser ist sachgerecht, und ich bitte insoweit um Ihre Unterstützung. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Braun, bevor ich zu Ihnen komme, will ich wenigstens eingangs noch einmal darauf verweisen, daran erinnern, dass hinter dem parteitaktisch geprägten Streit – den wir jetzt gerade wieder erleben durften – über die Überprüfung der Senatoren auf eine Tätigkeit für das seit über einem Jahrzehnt mausetote MfS ein ernstes Problem besteht.
Die Methoden der geheimen Dienste sind Konspiration, Täuschung und Vertrauensbruch. Diese vertragen sich nicht mit einer Vertrauensstellung in der Gesellschaft.
Und noch eine Feststellung, Herr Braun: Die seit 1993 geltenden Regelungen für die Überprüfungen bleiben unverändert. Das heißt, für den rot-roten Senat gilt das Gleiche wie für die Vorgängersenate. Es wird also keine Überprüfung eingespart, wie Sie eben falscherweise gesagt haben. Es werden auch keine Ergebnisse unterdrückt, wie Sie eben auch falscherweise behauptet haben.
Ich will mich jetzt nicht über das rechtsstaatliche Niveau derartiger parteipolitisch motivierter Sonderregelungen auslassen.
[Beifall von der PDS – Zuruf: Geben Sie doch Ihre Rede zu Protokoll! – Dr. Steffel (CDU): Sie haben doch nichts zu verbergen, stimmen Sie zu!]
Die PDS hat allerdings darauf bestanden, Herr Steffel, zu prüfen, ob hinter diesem ideologischen Getöse der Opposition irgendein rationaler Kern ist.
Weil, wie nicht sein kann, dass wegen der PDS neue Regelungen geschaffen werden, so kann es natürlich auch nicht sein, dass wegen der PDS vielleicht eine sinnvolle Veränderung der Regelung verhindert wird. Das kann beides nicht sein.
Es gab meines Erachtens wirklich keine Notwendigkeit, das geltende Verfahren zu ändern. Das ist in den Beratungen im Ausschuss auch nicht deutlich geworden.
Dieser resultiert daraus, dass die Senatorenüberprüfungen nach der AVÜ für den öffentlichen Dienst durchgeführt wird, obgleich sie keine Beamten sind, sondern in einem besonderen, öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen. Daraus folgt, dass sie im eigentlichen Sinne keinen Dienst- und Disziplinarvorgesetzten haben, der bei festgestellter Nichteignung – wie es ja in der AVÜ vorgesehen ist – die gebotenen Maßnahmen ergreift bzw. im anderen Fall die Unterlagen verschlossen zu den Akten nimmt. Das kann für Senatoren gar nicht gelten.
Herr Steffel, Sie müssten erst einmal zuhören! – Es steht in der AVÜ drin, dass bei Nichteignung – –