Protokoll der Sitzung vom 16.06.2005

Der vorliegende Gesetzentwurf geht aus Sicht der Li

beralen in die richtige Richtung, doch er greift zu kurz. Zum einen in der Festlegung der Altersgrenzen selbst. Das Anliegen des Senats eine maßvolle Erhöhung durchzuführen, darf nicht dazu führen, dass zu die notwendige Anpassung auf halber Strecke stehen bleibt. Wir schlagen deshalb für den mittleren und den gehobenen Polizeivollzugsdienst die Erhöhung um ein weiteres Jahr vor, mithin auf das 62. bzw. 63. Lebensjahr. Ihre Regelung führt unweigerlich dazu, dass wir in zwei Jahren wieder hier stehen, um über die nächste so genannte maßvolle Erhöhung

Präsident Momper

Zu dem Antrag Drucksache 15/1546 Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes empfiehlt der Ausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Ablehnung. Wer dem Antrag jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist Bündnis 90/Die Grünen. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Letzteres war die Mehrheit, dann ist der Antrag abgelehnt.

Jetzt lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/3514-1 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag der FDP die Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die FDP. Die Gegenprobe! – Das sind alle anderen Fraktionen. Letzteres war die Mehrheit, dann ist das abgelehnt. Enthaltungen sehe ich nicht.

Jetzt komme ich zum Antrag Drucksache 15/3514 Fünfundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes. Hierzu empfehlen beide Ausschüsse mehrheitlich gegen die Stimmen von CDU und FDP die Annahme unter Berücksichtigung der Änderungen des Fachausschusses gemäß Drucksache 15/4087. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS. Die Gegenprobe! – Das sind FDP und CDU. Ersteres war die Mehrheit, dann ist so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht.

zu sprechen. Deshalb fordere ich Sie auf: Ändern sie die Altersgrenze, aber ändern Sie diese nicht halbherzig, sondern sachgerecht und richtig. Alles andere ist unehrlich den Beamten gegenüber. Sie gaukeln damit eine gewisse Planungssicherheit vor, die sie so nicht hinbekommen. Wir bekommen so schneller eine neue Diskussion um weitere Erhöhungen, als Ihnen und den Kollegen bei der Polizei lieb ist, vom dann anstehenden Chaos um Übergangsvorschriften ganz zu schweigen.

Im Übrigen dürfen wir, als völlig überschuldetes

Land, als Land, dass von den Überweisungen anderer Bundesländer, also auf deren Kosten lebt, nicht hinter deren Ausstattung und damit hinter den Regelungen zur Altersgrenze in den Geberländern zurückbleiben. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag vorgelegt, der sich an der Regelung des Beamtengesetzes Rheinland-Pfalz anlehnt. Durch den Änderungsantrag wird die Altersgrenze gegenüber der vom Senat vorgeschlagenen Regelung für den mittleren und den gehobenen Laufbahndienst um ein weiteres Jahr erhöht. Beamte des höheren Dienstes sollen aus unserer Sicht generell mit Vollendung des 65. Lebensjahres in den Regelruhestand gehen. Der besonderen Belastung von Beamten im Wechselschichtdienst im Sinne der Erschwerniszulagenverordnung tragen wir dadurch Rechnung, dass die Beamten weiterhin mit Vollendung des 60. Lebensjahr in den regulären Ruhestand gehen dürfen, wenn sie zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre Wechselschichtdienst, oder aber, wenn sie mindestens sieben Jahre Dienst im Mobilen Einsatzkommando, im Spezialeinsatzkommando und im Präzisionsschützenkommando geleistet haben. Unser Änderungsvorschlag wird damit den besonderen Belastungen in bestimmten Vollzugsbereichen gezielter und besser gerecht, als die pauschale Erhöhung in der Senatsvorlage. Wechselschichtdienst und allgemeine Vollzugstätigkeiten sind eben nicht dasselbe.

Ebenso verwirrend, pauschal und ungerecht ist die

Tatsache, dass Sie die Altersgrenze davon abhängig machen wollen, ob eine Laufbahnbefähigung im Aufstieg erworben wurde oder nicht. Erstens bedeutet ein Laufbahnaufstieg immer auch eine andere Verwendung, eine höhere Besoldung und damit eine höhere Pension. Warum soll dann nicht die Altersgrenze für eben genau diese zuletzt eingeschlagene Laufbahn gelten? Zweitens sagt der Aufstieg aus einer Laufbahn heraus für sich gesehen nichts über die wirkliche Belastung aus. Während der Wechselschichtdienst in allen Laufbahnen mit einer großen physischen und psychischen Belastung auf Grund des permanenten Wechsels des gesamten Lebensrhythmus einhergeht, bringt der „normale Dienst“ bzw. eine Rufbereitschaft nur einzelne Unterbrechungen des Biorhythmus mit sich. Die Regelungen in unserem Antrag passen die Altersgrenzen den wirklichen Belastungen an, sind also individuell gerecht. Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. In der vorliegenden Form können wir der Vorlage des Senats, die zu kurz greift, unzureichend und vor allem ungerecht ist, weil sie individuellen Belastungen nicht gerecht wird, nicht zustimmen.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 6 A:

Dringliche II. Lesung

Gesetz zur Änderung des Belegungsbindungsgesetzes

Beschlussempfehlung BauWohnV Drs 15/4073 Vorlage – zur Beschlussfassung – Drs 15/3846

Der Dringlichkeit wird offenbar nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der zwei Artikel miteinander zu verbinden, und höre hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also auf die Überschrift und die Einleitung sowie die Artikel I und II Drucksache 15/3846. Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen, so dass wir zur Abstimmung schreiten können. Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen CDU und FDP die Annahme mit Änderungen unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlungen gemäß Drucksache 15/4073. Wer also dem Antrag Drucksache 15/3846 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die PDS und die FDP. Die Gegenprobe! – Das ist die CDU. Ersteres war die Mehrheit, dann ist so beschlossen. Enthaltungen sehe ich nicht.

Dann rufe ich auf

lfd. Nr. 6 B:

Dringliche II. Lesung

Präsident Momper

Herr Präsident! Verehrte Damen! Meine Herren! Die Hintergrund, vor dem diese Debatte stattfindet, ist einmal ein anhaltender wirtschaftlicher Niedergang dieses Landes, eine steigende Staatsverschuldung – es ist unvorstellbar: in Prozent des Bruttoinlandsprodukts waren wir 1970 bei 18 %, jetzt 2003 bei 62 %. Gleichzeitig gibt es überzogene, oft unwirksame Subventionen. Unternehmen verlagern ihre Standorte in Niedrigsteuerländer wie Irland, Großbritannien oder Estland, die im Grunde wegen ihrer Marktferne keine idealen Produktionsstandorte sind. Unternehmenseigner ziehen ihre Gewinne aus den Unternehmen, statt sie zu reinvestieren. Arbeitsplätze in Deutschland, aber auch in Berlin werden vernichtet.

Finanzsenator Sarrazin ist durchaus bereit, die eine oder andere Einlassungssteuer politischer Art von sich zu geben, zum Beispiel für den Managerkreis der FriedrichEbert-Stiftung. Da hat er im März 2005 ein Papier vorgelegt mit dem Titel „Staatshaushalt, Wachstum und Demographie“. Am 10. März hat Herr Sarrazin ein neues Papier vorgestellt mit dem Titel „Umrisse einer nachhaltigen Steuerpolitik“, einen ähnlich intonierten Artikel in der „Süddeutschen Zeitung“ geschrieben mit Kernaussagen darin wie Verbreiterung der Bemessungsgrundlage bei der Einkommensteuer. Bei den Besitzsteuern sollen künftig Verkehrswerte gelten. Die Körperschaftssteuer soll auf 15 Prozent gesenkt werden.

Änderung des Gesetzes über das Halten von Hunden in Berlin

Beschlussempfehlung InnSichO Drs 15/4074 Antrag der SPD und der PDS Drs 15/4025

Hierzu gibt es den Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der PDS Drucksache 15/4074-1. Der Dringlichkeit wird offenbar nicht widersprochen.

Ich eröffne die II. Lesung und schlage vor, die Einzelberatung der 17 Paragraphen miteinander zu verbinden, und höre auch hierzu keinen Widerspruch. Ich rufe also die Überschrift und die Einleitung sowie die §§ 1 bis 17 Drucksache 15/4025 auf. Eine Beratung ist nicht vorgesehen. Zuerst lasse ich über den Änderungsantrag von SPD und PDS Drucksache 15/4074-1 abstimmen. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS. Die Gegenprobe! – Die FDP stimmt dagegen. Ersteres war die Mehrheit, dann ist das so beschlossen. Jetzt kommen die Enthaltungen, Herr Goetze! – Das ist die CDU. Bei Enthaltung der CDU ist das also beschlossen.

Der Ausschuss empfiehlt mehrheitlich gegen die FDP bei Enthaltung der CDU die Annahme der Drucksache 15/4025 mit neuer Überschrift und Änderungen unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung gemäß Drucksache 15/4074. Wer dem Antrag Drucksache 15/4025 unter Berücksichtigung der Beschlussempfehlung und der soeben beschlossenen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und PDS. Die Gegenprobe! – Das ist die FDP und der Kollege Schmidt aus der Fraktion der CDU. Ersteres war aber die Mehrheit, so dass das so beschlossen ist. Jetzt kommen die Enthaltungen. Wer enthält sich? – Das ist die CDU. – Danke schön.

[Zuruf des Abg. Atzler (CDU)]

Ich korrigiere mich, der Kollege Schmidt hatte bei der vorletzten Abstimmung auch, abweichend von seiner Fraktion, dagegen gestimmt. – Danke schön! Das war die Gesamtabstimmung.

Die lfd. Nr. 7 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Die lfd. Nr. 8 ist unter dem Tagesordnungspunkt 4 c als Priorität der SPD-Fraktion aufgerufen worden.

Dann kommen wir zur

lfd. Nr. 9:

Große Anfrage

Wie ernst nimmt der Senat die Reform des Steuersystems?

Große Anfrage der FDP Drs 15/3663

Für die Begründung der Großen Anfrage hat nun mit einer Redezeit bis zu 5 Minuten die Fraktion der FDP das

Wort. Es begründet der Kollege Dr. Lindner, der Fraktionsvorsitzende. – Sie haben das Wort!

Wir haben in Deutschland im internationalen Vergleich Sondersteuern wie die Gewerbesteuern und vor allen Dingen extrem hohe Sätze und gleichzeitig ein recht geringes Steueraufkommen. Es stellt sich die Frage, wenn man sich vor allen Dingen den Zustand unserer Stadt anschaut, aber allein schon wegen des steuerlichen Mischsystems, wie der Senat dazu steht.

Wiederum im Mai 2005 kam dann Herr Finanzsenator Sarrazin mit dem Vorschlag auf die Tagesordnung, dass man doch die Mehrwertsteuer von 16 auf 20 % erhöhen möge. In einer kürzlich stattgefundenen Veranstaltung bei der IHK haben Sie einen bemerkenswerten Satz von sich gegeben, den ich zitiere – es ging um 16 auf 20 % –:

Das ist eine finanzpolitische Logik, aber keine Forderung.

Es gibt Kulturkreise auf dieser Welt, in denen finden Handeln, Reden und Denken auf unterschiedlichen Ebenen statt. Damit gibt es dort kein Problem. Wenn man anders handelt, als man es gerade gesagt hat, wird das nicht als Lüge angesehen, sondern als gewisses taktisches Vorgehen. Bei Ihnen gibt es auch diese drei verschiedenen Ebenen. Einmal gibt es die Ebene von Meinungsäußerungen, beispielsweise gegenüber Zeitungen, Managerkreisen oder der IHK. Das hat nichts mit Forderungen zu tun.

Forderungen sind bei Ihnen sparsamer. Beispielsweise forderten Sie, die Grund- oder die Gewerbesteuer zu er

Wir haben – relativ zu unserer Wirtschaftleistung – weniger Steuereinnahmen, als wir sie in der Geschichte

der Bundesrepublik jemals hatten. – Herr Dr. Lindner, das ist wichtig für die FDP, wenn sie demnächst vielleicht auf Bundesebene mitregiert. Wir haben gemessen am Durchschnitt der vergangenen Jahrzehnte – einschließlich der 50er Jahre – 4 % weniger Steuereinnamen als Anteil am BIP. Das sind umgerechnet 80 bis 90 Milliarden €, die dem Staat einnahmeseitig bei den Steuern fehlen. – Das Thema der Sozialabgaben, das hier mit hineinspielt, lasse ich jetzt weg. – Zufällig liegt das staatliche Defizit in diesem Jahr auch in dem Bereich von 80 bis 90 Milliarden €. Jeder, der in diesem Land noch Politik machen will, muss sich damit auseinander setzen.

Wenn man jetzt die Verbindung zum Thema Sozialabgaben schlägt, sich die Sozialabgaben in anderen Ländern anschaut und sich gedanklich England oder der Schweiz nähert, die auch Sozialstaaten sind und mit 7, 8 Prozentpunkten bei den Sozialabgaben auskommen, dann müsste auch bei uns etwas möglich sein. Dann haben wir zusätzlich zu dem, was uns an Steuereinnahmen fehlt, einen Umschichtungsbedarf von 180 Milliarden €. Damit muss man sich strategisch auseinander setzen.

Klar ist: Der Staat braucht für seine Kernaufgaben dauerhaft Geld. Die Staatsausgaben sollten nicht höher als nötig sein. Ihr Anteil am BIP ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Wir haben dennoch diese Lücke. Deshalb – das ist ganz wichtig – ist jedes Reden über Steuerpolitik absolut folgenlos, wenn es sich nicht mit dieser Ausgangslage auseinander setzt. Das ist das erste Element, mit dem wir uns befassen müssen. Steuern und Steuerpolitik sind kein Selbstzweck. Steuerpolitik muss staatliche Einnahmen sichern. Sie muss dies so tun – darüber kann man gar nicht oft genug reden –, dass die Quellen ergiebig sind, dass sie möglichst einfach zu erheben sind, dass man der allzu menschlichen Versuchung, der Belastung mit legalen und weniger legalen Mitteln zu entgehen, begegnen kann und dass sie keine Schäden anrichten. Wir stimmen sicher darin überein, dass Einkommensteuergrenzsätze von 70 oder 80 % leistungsschädlich wären. Das würden sicher alle Fraktionen so sehen. Bei 30, 40 oder 50 % gibt es schon unterschiedliche Meinungen. Wir sind sicher auch darüber einig, dass die einseitige Belastung bestimmter Dinge, beispielsweise des Besitzes, des Umsatzes oder des Verbrauches, schädlich wäre. Man muss ein ausgewogenes System herstellen. Das ist ein wichtiger Punkt.