Protokoll der Sitzung vom 16.06.2005

Der Herr Brüderle ist ja auch so ein Oberkumpel von Ihnen. Der Herr Brüderle – glaubt man Christine Scheel in der 91. Sitzung des Bundestages – ist einer derjenigen, die dazu beigetragen haben, dass zu seiner Zeit in Rheinland-Pfalz z. B. zur Förderung des Weinbaus an Steillagen die Zuschüsse von 1 500 DM auf 5 000 DM angehoben wurden. Das ist die Realität der FDP-Politik. Sie predigen Wasser, aber Sie saufen richtig Wein!

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Und das tun Sie mit vollem Bewusstsein und vollem Stolz und nicht mit dem geringsten Maß an Selbstkritik.

Ich komme zur Eingangsfrage zurück, was die FDP mit dieser Großen Anfrage möchte, einer Frage, die hier deutlich gestellt werden muss. Will Herr Dr. Lindner die Gewerbesteuer für sich erstreiten bzw. sicherstellen? Wollen wir den Wein für Herrn Brüderle sichern? – Nein! Ich glaube, dass in diese Debatte noch eine Mitteilung hineingehört, die wir um 15.10 Uhr am heutigen Tag erhalten haben – eine ddp-Meldung mit Foto – der gute Dr. Martin Lindner –:

Als erster FDP-Politiker hat der Berliner Fraktionschef Martin Lindner eine Erhöhung der Mehrwertsteuer unter bestimmten Bedingungen nicht mehr ausgeschlossen.

Sie verabschieden sich. Drei Jahre lang mussten wir von Ihnen in jeder Sitzung hören: Keine Steuererhöhung! Mehrwertsteuer ist Gift für die Wirtschaft. – Das ist Ihre Formulierung gewesen. Hier ist die Realität. Das ist das, worum es heute im Grunde genommen ging. Sie haben versucht, das hinter wohlfeilen Äußerungen über Steuerquote u. Ä. zu verstecken. Sie wollen sich in die Bundespolitik hinaufkatapultieren. Sie sagen das Gegenteil von Westerwelle und anderen führenden Freidemokraten.

[Müller (SPD): So viel zum Thema Glaubwürdigkeit!]

Ich komme auf den Anfang Ihrer Rede zurück – das ist eine Steilvorlage, die ich einfach aufgreifen muss –: Sie sprachen davon, dass es Kulturkreise oder Stämme gebe, bei denen Wort und Tat nicht übereinstimmten. – Ich kann Ihnen sagen, wie dieser Stamm heißt. Dieser Stamm heißt „Die Liberalen“, und der Häuptling heißt Dr. Lindner. – Danke!

[Beifall bei der SPD und der PDS – Brauer (PDS): Haben Sie auch ein Schiff, Herr Lindner?]

Danke schön, Herr Kollege Zackenfels! – Nunmehr hat der Kollege Wegner das Wort für die CDU-Fraktion. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Zackenfels! Ihre Rede war ganz interessant und lustig, aber ich glaube, sie ging doch am Kern vorbei.

[Oh! von der SPD – Gaebler (SPD): Langweiler!]

[Beifall bei der CDU]

[Eßer (Grüne): Das werden Sie mit Steuersenkung auch nicht ändern!]

Da wird von der rot-grünen Bundesregierung ein Jobgipfel inszeniert, bei dem man sich auf diverse Maßnahmen zwar nicht ausreichend, aber immerhin verständigt. Dann können sich die Beteiligten von Rot-Grün in ihren Parteien nicht durchsetzen, und das Ganze wird auf die lange Bank geschoben. Dies macht nur zu deutlich, dass Rot-Grün der Wille, aber auch jegliche Kraft fehlt, notwendige Maßnahmen umzusetzen.

Steuergesetze müssen einfach, sie müssen klar sein. Sie müssen Planungssicherheiten für Konsumenten und Investoren gewährleisten, und sie müssen verlässlich sein. Verlässlich werden sie aber nur dann sein, Herr Finanzsenator, wenn endlich aufgehört wird, immer wieder neue Ankündigungen auf Sonntagsreden oder bei Talkshows zu machen, ohne danach aktiv zu werden.

[Beifall bei der CDU]

Als Regierende – Herr Dr. Lindner sagte dies – haben Sie alle Möglichkeiten, durch Bundesratsinitiativen auch bundespolitisch aktiv zu werden. Verunsichern Sie die Menschen und Unternehmen nicht weiter durch blumige Ankündigungen, die sie dann gar nicht weiter verfolgen.

Gar nicht blumig war Ihr Ziel, in Berlin die Gewerbe- und die Grundsteuer zu erhöhen, um den Haushalt zu sanieren. Herr Zackenfels! Wenn Sie sagen, vor 10 Tagen hätte der Regierende Bürgermeister das verhindert oder

Gerade angesichts eines dahindümpelnden Wirtschaftswachstums und 5 Millionen Arbeitsloser brauchen wir mutige Steuerstrukturreformen in allen Bereichen. Unser Steuersystem muss insgesamt einfacher, effizienter und gerechter werden.

Das wird Rot-Grün und Schröder mangels Kraft und mangels Willen sicherlich nicht mehr schaffen. Ich bitte Sie aber – und sagen Sie es Ihren Kollegen im Bundestag –: Reißen Sie sich zum Wohle unseres Landes ein letztes Mal zusammen, und hören Sie auf, mit taktischen Spielchen zu tricksen! Die Gesetze zur Senkung der Unternehmenssteuer und Unternehmensnachfolge dürfen nicht scheitern.

Die Bundesbank warnt in ihrem Monatsbericht für Mai ganz eindringlich: Wenn das Vorhaben jetzt scheitern würde, würden neue Vertrauensprobleme aufgeworfen. Weiter schreibt die Bundesbank, von der Steuersenkung würden insbesondere dann positive Effekte ausgehen, wenn sie nicht als Einzelmaßnahme, sondern als Schritt zu einer umfassenden Reform der Einkommen- und Körperschaftsteuer verstanden wird. – Herr Zackenfels! Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen!

Deutschland braucht eine tiefgreifende strukturelle Modernisierung des Steuerrechts. Ein solcher großer Wurf würde psychologische Wirkung haben und eine Aufbruchstimmung erzeugen, die die Wachstumskräfte stärkt. Erst dann könnte auf einen Selbstfinanzierungseffekt vertraut werden. Solange aber keine Verzahnung der Steuerpolitik mit Reformen am Arbeitsmarkt, bei der Bildung und den sozialen Systemen zu erkennen ist, solange sich Rot-Grün in Einzelmaßnahmen verliert, solange ist keine wirtschaftliche Dynamik in Deutschland zu erwarten. Solange darf man sich auch nicht wundern, dass Jahr für Jahr die Löcher auch in Ihrem Haushalt, Herr Sarrazin, gestopft werden müssen.

ausgeschlossen, dass die Gewerbesteuer erhöht wird: Sie wissen doch ganz genau, dass es auf Druck der Opposition, auf Druck der Verbände und auch auf Druck der Koalitionsfraktionen geschehen ist, dass der Regierende Bürgermeister und Ihr Finanzsenator davon Abstand genommen haben.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Herr Sarrazin! Hören Sie auf, mit solchen Ideen! Sie schaden damit ganz massiv dem Wirtschaftsstandort Berlin.

Was wir bei über 330 000 Arbeitslosen brauchen, ist, dass jegliches politisches Handeln dem Ziel der Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen unterstellt wird. Deshalb wäre es richtig, wenn wir Leistungen wieder attraktiv machen und in einem ersten Schritt die Gewerbesteuer auf den Mindestsatz senken. So haben vor allem kleine und mittelständische Unternehmen die Chance, ihr Geld in Arbeitsplätze zu investieren, und das Land wird letztlich – da bin ich mir ganz sicher, Herr Sarrazin – dadurch mehr Geld einnehmen. Gerade die kleinen und mittelständischen Unternehmen brauchen Entlastungen.

Mit dem Jobgipfel beim Bundeskanzler sind hohe Erwartungen geweckt worden. Diese dürfen nicht wieder enttäuscht werden. Die gefundenen Vereinbarungen des Jobgipfels zur Senkung der Körperschaftsteuer und zur Unternehmensteuer müssen schnellstens umgesetzt werden, auch wenn Rot-Grün nun darum streitet und der Kanzler ohne Kraft nichts mehr davon wissen will.

Das Ganze erinnert mich an einen Boxer in der 12. Runde.

[Gram (CDU): 13.!]

Herr Schröder ist stehend k.o., sehnt sich nach dem Ende und schlägt noch einige Luftlöcher. So kann man aber mit dem wichtigen Thema der Steuerentlastung nicht umgehen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Wir brauchen schnellsten die Senkung der Körperschaftsteuer als ersten Schritt auf dem Weg zu einer durchgreifenden Vereinfachung und damit Entlastung aller Unternehmen.

Auch die vereinbarte Sicherung der Unternehmensnachfolge muss umgesetzt werden. Unternehmensübergaben müssen erleichtert werden. Über 60 000 Unternehmen werden in diesem Jahr an die nächste Generation übergeben. Es darf nicht sein, dass der Erbfall zum Substanzverlust führt. Wenn das Unternehmen fortgeführt wird, darf nicht der Neid gegenüber den Erbenden, sondern muss der Erhalt der Arbeitsplätze im Vordergrund stehen.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Hier darf die Erbschaftsteuer nicht erdrosselnd wirken. Deshalb muss die Reform wie vorgeschlagen gelingen. Auch und besonders der Mittelstand mit seiner oft dünnen Kapitaldecke wartet dringend auf solch eine Lösung.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

[Beifall bei der CDU und der FDP]

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Die „FAZ“ vom 12. Mai dieses Jahres schreibt hierzu:

Die Einnahmeausfälle, die Rot-Grün jetzt wieder beklagt, führt sie mit ihrer Politik vorsätzlich herbei.

Gemeint ist eine Politik, die auf mehr Staatstätigkeit und weniger Freiheit für Unternehmen und Bürger setzt. Wir dagegen wollen weniger Staat, weniger Bürokratie, weniger Abgaben, mehr Freiheit für Unterenehmen und Bürger und damit mehr Arbeit für Berlin und für Deutschland.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Aber wenn die Menschen in Deutschland – und ich hoffe, das bekommt Ihr Bundeskanzler dann doch noch hin – entschieden haben, wie eine zukünftige Bundesregierung aussehen wird, dann wird es Aufbruch in diesem Land geben. Dann wird es weniger Arbeitslose geben, dann allerdings ohne Schröder und Fischer, sondern mit

Herr Gram! Wenn Sie einem komplexen Sachverhalt nicht folgen können, schlage ich vor, dass Sie jetzt eine kurze Pause machen und wieder hereinkommen, wenn ich fertig bin. –

Veränderungen sind dann denkbar, aber eben nur als Varianten eines durch bestimmte institutionelle Merkmale charakterisierten Pfades.

Das Problem der Steuerreformvorstellungen der Liberalen ist, dass Sie grundsätzlich von einem absoluten Systembruch ausgehen und etwas absolut Neues einführen wollen. Ich glaube, dass das in der Modellannahme zwar möglich ist, in der politischen Umsetzung aber dazu führen wird, dass Sie genau in dem System – das wird man bei möglichen FDP-Regierungsmitgliedern feststellen – – Herr Matz hat dazu einmal das Beispiel von Herrn Solms gebracht, der sagte, man müsse sich innerhalb einer Koalition auch einmal geschmeidig machen. Das war doch Herr Solms, oder?

der CDU und der FDP unter der Kanzlerin Angela Merkel. – Herzlichen Dank!

[Beifall bei der CDU und der FDP]