Die CDU und selbst die Grünen stellen sich hin und sprechen von 40-prozentiger Steigerung. – Werter Kollege von den Grünen, Herr Dr. Ratzmann,
Zweitens: Prozess. Wir schaffen übrigens mit diesem Gesetz die Grundlage für eine verbindliche Qualitätssicherung in allen Kitas. Das hat es so auch noch nicht gegeben. Dazu müssen und werden wir die freien Träger gewinnen.
Drittens – ist bereits betont worden und ich sage es noch einmal ganz klar –: Wir halten mit diesem Kitagesetz in den Bereichen Krippe, Kita und Ganztagsgrundschule unseren deutschlandweiten Spitzenplatz. Das ist wirklich ein Erfolg. Die Fragen und Proteste verstehe ich manchmal sehr wohl. Auch ich könnte mir in diesem Bereich noch mehr und Besseres vorstellen. Aber wenn man die reale Lage Berlins im Vergleich zu anderen Bundesländern betrachtet, dann können wir mit Stolz feststellen, dass Berlin eine hervorragende Ausstattung hat, trotz aller Kakophonie, die es zuweilen gibt, und allen Ärgers der Eltern. Ich verstehe es, aber reden Sie einmal mit Eltern, die aus Köln nach Berlin ziehen. Sie werden Ihnen eine ganz andere Botschaft übermitteln.
Sie werden Ihnen mitteilen, dass wir in Berlin viele Bedingungen haben, nach denen sie sich woanders gesehnt haben. Wenn dann auch noch Wirtschaftsunternehmen realisierten, dass dies ein zusätzlicher Standortfaktor ist, dann hätten wir eine wichtige Kombination von Bildung und Wirtschaft, dort, wo die tatsächliche Zukunftsaufgabe der Stadt liegt.
Viertens: Die Eltern werden die Kita-Card als Wahlrecht haben. Im Gegensatz zu dem, was Kollegin Senftleben sagte, gibt es hier keine VEBs, Einheitsbetriebe. Im Gegenteil: Wir wollen ganz bewusst die Fähigkeit bei den Kommunen erhalten, eine Kita zu betreiben. Was würden wir denn übrigens machen, wenn wir alles freien Trägern überantworteten und einzelne gehen in Konkurs? – Ich muss eine Möglichkeit haben, als kommunale Einrichtung so etwas vorzuhalten.
Ich gehöre wirklich nicht zu denjenigen, die sagen: Kommune gleich gut und Privatwirtschaft gleich schlecht! – Im Gegenteil! Aber umgekehrt zu sagen, dass alles, was staatlich ist, abzuschaffen sei, ist ein absoluter Irrweg. Ich stelle fest, die FDP ist auf dieser Irrfahrt, und zwar in einem Höllentempo.
[Beifall bei der PDS – Brauer (PDS): Aber schon immer! – Lehmann (FDP): Sie müssen richtig zuhören!]
Die Gebührenfrage ist dann wieder bemerkenswert, weil ich bei der FDP höre: Wir alle sind hier im Haus einig, dass es überhaupt nicht zu erklären sei, dass für die an sich wichtigste Bildungseinrichtung in unserem Land, die Kita, wie selbstverständlich Gebühren genommen werden. Das ist an sich falsch.
Dr. Augstin, dann ist es doch insbesondere dort angebracht, wo Bildungsferne und niedriges Einkommen zusammenlaufen, die Gebühren möglichst niedrig zu halten und dort, wo besseres Einkommen vorhanden ist, die Gebühren höher steigen zu lassen. Ich verstehe nicht, warum Sie das kritisieren.
Gut, den Doktor lassen wir weg. – Es ist jedoch falsch, wenn Sie erzählen es gäbe eine 40-%-Steigerung. Sie haben dabei vielleicht vorweggenommen, dass Sie nur noch eine Klientel im Auge haben, nämlich die besser Verdienenden. Sie machen einen Rollentausch.
Hier hat es in der Tat eine Gebührenerhöhung gegeben, aber für mehr als 50 % der Gebührenzahler in Berlin sind die Gebühren nicht nur nicht gestiegen, sondern gesunken.
Es hilft doch nichts, dass wir uns die Dinge schön reden. Ich bedauere dies auch, aber leider verdienen die Menschen in Berlin relativ wenig, und für diese Menschen haben wir die Gebühren nicht erhöht. Das ist auch gut und richtig so. Die Steigerung bei denjenigen, die höhere Einkommen haben, ist – das gebe ich gern zu – nicht angenehm. Bedenken Sie aber bitte, dass, wenn man solche Gebühren nehmen muss, eine solche Staffelung und Spreizung politisch verantwortlich ist.
Ich gebe allen Recht darin, dass ein Bildungsprogramm nicht ausreicht und wir auch ein Qualifizierungsprogramm für die Erzieherinnen und Erzieher benötigen. Wir machen hier bereits sehr viel. Wir haben ein Programm für die Qualitätssteigerung der Erzieherinnen und Erzieher. Das kostet Kraft und Arbeit. Ich kann dafür auch nicht zusätzliche Freizeit bieten. Es muss das geleistet werden, was in vielen anderen Berufen auch geleistet wird, nämlich sich fortzubilden. Das tun die Erzieherinnen und Erzieher, und dafür bin ich auch dankbar. Dies müssen wir noch intensivieren. Im Übrigen haben wir auch – Frau Barth hat es erwähnt – die Erzieherinnenausbildung verändert. Auch dort muss es Verbesserungen geben.
Fünftens: Wie häufig schon in der Fragestunde besprochen, kommt es zu der Verlagerung der Horte an die Schulen. Ja, ich gebe zu, dort, wo etwas Neues geschieht, wird sehr häufig gefragt und schnell geklagt, ohne zu schauen, wo dies schon längst funktioniert. Die Rahmenbedingungen sind entgegen allen Hiobsbotschaften sicher. Ich gebe aber zu – Herr Dr. Augstin, weil Sie immer Spezialfragen sehen –, ich könnte mir das koordinierte Verwaltungshandeln in Berlin
Was Sie hier machen, ist Ganztagsschule light, mehr passiert nicht. Das, was die Bundesregierung sich überlegt hatte, setzen Sie in Berlin nicht um. Sie nehmen einfach Unterrichtseinheiten und Horteinheiten, pappen die aneinander und nennen das Ganztagsschule. Gegenüber der gebundenen Ganztagsschule, wie wir sie jetzt haben, ist das eine klare Verschlechterung, die Sie vornehmen. Dort wird weniger Personal zur Verfügung stehen als bisher an der gebundenen Ganztagsschule. Wenn Sie den Kopf schütteln, kennen Sie die Zahlen anscheinend nicht. Dass der Vorgang, fast alle Horte an die Schulen zu überführen
und in staatliche Verantwortung zurückzunehmen, nicht dem Subsidiaritätsprinzip entspricht, hat Ihnen der Rechnungshof auch noch einmal mitgeteilt. Er nennt das Verfahren schlicht verfassungswidrig. So deutlich muss man das hier auch sagen. Frau Müller hat vorhin in ihrer flammenden Rede auch noch einmal gesagt, dass erst begonnen wurde, zu handeln, und jetzt nachträglich das Gesetz an die Realität angepasst werden soll. Das ist ein merkwürdiges Verständnis unserer Aufgabe. Eigentlich schafft man erst die Gesetze, Frau Müller, und handelt dann nach selbigen. Das hat sich aber bei Ihnen im Senat offenbar umgekehrt.
Mir geht es auf die Nerven, wenn manche immerfort nur Fragen stellen und klare Richtlinien fordern, statt zu handeln.
Das kann man vor Ort in den Bezirken. Es gibt keine Unklarheiten. Eltern, die einen Platz haben, werden ihn in jedem Fall auch behalten. Es gibt eine Finanzierungszusage. Insofern sollte die Verwaltung ihre Aufgabe tun und nicht nach außen Unruhe produzieren, wo sie überhaupt nicht angebracht ist.
Der letzte Punkt: Wir haben ab 1. August – auch dies wird in diesem Gesetz sichergestellt – die verlässliche Halbtagsgrundschule. In den Medien ist heute gelobt worden, dass wir mit der Modularisierung der Hortbetreuung einen richtigen Schritt getan haben. Ich glaube nicht, dass wir die Eltern dazu verführen, immer nur das Knappste zu nehmen. Sie nehmen das, was richtig ist. Wir können übrigens mit keinem noch so guten Gesetz die Verantwortung der Eltern bestreiten. Das will ich nicht. Im Gegenteil: Die Verantwortung der Eltern bleibt nach wie vor vorrangig. Wir gehen mit diesem Gesetz in die richtige Richtung. Ich hoffe sehr, dass sich dies in der Realität in Berlin sehr schnell zeigt und dass wir insbesondere die Qualitätsoffensive gemeinsam in unseren Kitas vorantreiben. – Vielen Dank!
Vielen Dank, Herr Senator Böger! – Wir kommen in die zweite Rederunde. – Das Wort hat der Kollege Sascha Steuer von der CDU. – Bitte sehr, Sie haben noch 5 Minuten!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Böger! Ich muss ganz ehrlich sagen: Ihre Beschimpfung der Bezirke ist ziemlich unerträglich, wenn man weiß, was Sie den Bezirken zumuten und was vor Ort wirklich los ist, was dort für Chaos herrscht und wie von den Bezirken versucht wird, das, was Sie jedes Jahr an neuen Umstrukturierungsmaßnahmen den Land zumuten, umzusetzen. Dazu passt ein Zitat von Ihnen vom heutigen Tage, Herr Senator, als Sie sagten: „Ich bin auf gewissem Realitätskurs“. Das zeigt Ihren Geisteszustand, glaube ich, ganz richtig an.
Herr Senator! Sie sagten vorhin, wir als Abgeordnete seien zu detailverliebt und interessierten uns sogar dafür, ob das Personal schon weiß, wo es nach den Sommerferien eingesetzt wird. Das ist nicht detailverliebt, vielmehr legt dies die Finger in die Wunde, die Sie gelassen haben. Es ist ein unerträglicher Zustand, dass Eltern überhaupt nicht wissen, von welchen Erziehern ihre Kinder nach den Sommerferien betreut werden. Es handelt es sich um Kinder, die drei, vier, fünf Jahre alt sind, die in ihrer Zeit in der Kita an eine Betreuerin oder einen Betreuer gewöhnt waren. Die wissen nun überhaupt nicht, wo sie unterkommen. Dazu gibt es von Ihnen die lapidare Antwort, es reichten noch ein paar Tage vor Schuljahresbeginn, es ihnen zu sagen. Ich finde dies unzumutbar gegenüber den Eltern und Kindern.
Zu der Frage der Eigenbetriebe gab es vorhin Gelächter bei der PDS, als das Stichwort VEB fiel. Ich verstehe das gar nicht. Sie müssten das eigentlich als eine gute Einrichtung begreifen, und deswegen wollen Sie das ja auch. Sie wollen die Einrichtung der Kitaeigenbetriebe, weil Sie glauben, der Staat könnte die Kinderbetreuung viel besser organisieren als die freien Träger. Deshalb ziehen Sie dieses verfassungsfeindliche Verhalten durch und verstoßen gegen das Subsidiaritätsprinzip.
Na ja, Herr Senator! Ihnen ist das im Grunde ja egal. Hauptsache, die Bezirke gründen diesen Quatsch, von dem Sie selbst nicht glauben, dass er erfolgreich funktionieren wird. Jedes Gutachten, das Sie in Auftrag gegeben haben, sagt, es wird nicht vernünftig funktionieren. Sie selbst antworten mir in einer Großen Anfrage „Wir gehen davon aus, dass die Eigenbetriebe wirtschaftlich funktionieren, wenn es nicht mehr als vier gibt.“ Nun wollen Sie aber fünf oder sechs gründen. Ich verstehe das nicht, und auch sonst versteht das niemand in der Stadt. Die Gutachten sagen ganz deutlich, wenn eine Überführung in eine andere Rechtsform, dann GmbH oder gGmbH.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte eine Richtigstellung vornehmen, da Herr Steuer mich bezüglich der Veränderung in der letzten Ausschusssitzung angesprochen hat. Man muss ehrlicherweise dazu sagen, dass in der Vorabsprache mit den Sprechern vereinbart wurde, das Kitareformgesetz in der Ausschusssitzung am 9. Juni 2005 zum Tagesordnungspunkt 4 zu machen. Wir waren uns alle darüber im Klaren, dass dieses Gesetz heute in die Plenarsitzung zur Endabstimmung sollte und abgestimmt werden muss. Hier war Zeitdruck angesagt. Wir haben das gemeinsam vereinbart, und der Ausschussvorsitzende hat in seiner Einladung vom 27. Mai das eingehalten. In der Einladung vom 31. Mai die Reihenfolge der Tagesordnung ohne Rücksprache geändert worden. Das sollte man ehrlicherweise dazu sagen. Das Abgesprochene wurde vom Vorsitzenden verändert. Deswegen wurde von uns der Antrag gestellt, das Kitareformgesetz wieder zum Tagesordnungspunkt 4 zu machen.
Von Eigenbetrieben ist nicht die Rede. Die haben eine schlechtere Wirtschaftlichkeit, schlechtere Steuerungsmöglichkeiten, und Sie machen das gegen den Willen der Bezirke, Herr Senator. Die wollen das gar nicht, tragen aber letztlich das Risiko dafür. Das ist eine dolle Maßnahme. Sie sagen, ich habe den Stein des Weisen gefunden, wir machen, was ich mir ausgedacht habe, ihr wollt das gar nicht, tragt aber das Risiko dafür. Wenn es nachher nicht funktioniert, habt ihr Pech gehabt. – Wir wissen, wie erfolgreich „Eigenbetriebe im Land Berlin funktionieren.“ Gerade wird das JAW wieder abgewickelt, das Sie vorher gegründet haben. So ist die Realität; es gibt kein erfolgreiches Modell, das Sie hier als Beispiel nennen könnten. Deshalb wird auch die Gründung dieser Eigenbetriebe in die Katastrophe führen.
Frau Dr. Barth, Sie sagten vorhin so freundlich, Sie ermutigen die Opposition, sich in die Debatte einzubringen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an unsere Ausschusssitzung in der vergangenen Woche, in der Sie rund 15 Tagesordnungspunkte der Opposition zu dem Kinderbetreuungsbereich schlichtweg so verändert haben – nämlich an das Ende der Tagesordnung gestellt haben –, dass dies im Zusammenhang mit dem Gesetz nicht mehr behandelt werden konnte. Daraufhin sind die drei Oppositionsparteien übrigens geschlossen gegangen und haben die Jugendausschusssitzung verlassen, weil die Arroganz Ihrer Macht keine Grenzen mehr kannte.
Heute stellen Sie sich hier scheinheilig hin und sagen, wir sollen uns einbringen. Genau das haben wir mit 15 Tagesordnungspunkten getan, und das hat Sie überhaupt nicht interessiert.
Es geht nur um eins, nämlich um Einsparungen. Das hat gestern der Staatssekretär für Finanzen im Hauptausschuss gesagt. Es geht um 40 Millionen € Einsparungen bei der Kinderbetreuung im Land Berlin. Das ist der Hauptzweck dieses Gesetzes. Den Senator für Bildung stört das wenig. In dieser merkwürdigen VorabPresseerklärung zu seiner heutigen Rede, die im Internet nachzulesen ist, findet sich der interessante Begriff, dass es sich hier um „sozialgerechte“ Gebühren handelt. Also nicht etwa „sozial gerechte“, sondern „sozialgerechte“. Mir war dieser Begriff gänzlich neu.